Ich war in der Zwischenzeit nicht untätig, auch wenn ich eher langsam gelesen habe die letzten Wochen aufgrund von erhöhter Arbeitsbelastung und mangelndem Schlaf.
Und dementsprechend faul war ich auch, hier zu pflegen.
#16
Andrzej Sapkowski - Das Erbe der Elfen(Aus der POPSUGAR-Challenge: The next book in a series you started)
Ich habe die Kurzgeschichten vorher gelesen gehabt und in einer bewährten Büchergrabbelkiste (wo ich, wie man sieht, ein Gros meiner Bücher beziehe) also den ersten Band der eigentlichen Reihe entdeckt. Jetzt kann man darüber streiten, ob das erste Buch einer Reihe die Challenge abhakt. Ich denke jedoch, dass dies gültig ist, da die allgemeine Empfehlung ist, die Kurzgeschichten vor dem ersten Band der Serie zu lesen.
Ich möchte auch hier, aus zeitlichen Gründen, gar nicht so sehr ins Detail gehen, sondern mich mit einer gängigen Kritik an dem Werk auseinandersetzen. Dem Erbe der Elfen-Band wird mitunter vorgeworfen, dass er die Handlung noch nicht wirklich ins Rollen bringt und nichts substanzielles passiert. Und deswegen lohne es sich - aus der Sicht einiger - nicht, sich zu sehr mit dem Band zu beschäftigen.
Das kann man, wenn man möchte, so sehen. Ich hingegen muss zwar konstatieren, dass die Handlung sich nicht überschlägt, aber ich finde, dass Herr Sapkowski gerade dafür gelobt werden muss.
Der Ansatz ist schlichtweg ein anderer: Der Autor beschäftigt sich hier mit dem Einführen einiger Charaktere und der Welt, aber - und das ist ganz wichtig - er verliert sich nicht in der Langatmigkeit vieler anderer Autoren, die ihre Charaktere einführen wollen. Obwohl er Punkte wie Ausbildung von Charakteren thematisiert, langweilen sie einen eben nicht zu Tode. Das liegt daran, dass Sapkowski meines Erachtens ein außergewöhnliches Gefühl für die nötige Länge einer Szene hat, um die notwendige Erkenntnis zu präsentieren, ohne dem Leser zum Hals rauszuhängen mit unnötiger Detailverliebtheit.
Im Allgemeinen sind die Szenen in dem Werk nicht unbedingt kurz, aber sie werden nicht erst alle mühsam aufgebaut und tropfen dann aus, sondern sind fast immer mitten drin, als würde man nur den notwendigen Ausschnitt sehen müssen, um die Gesamtlage überblicken zu können.
Das fand ich persönlich sehr angenehm.
Zudem beherrscht Sapkowski etwas, was viele Autoren im Fantasybereich bei weitem nicht beherrschen, nämlich die Dialoge. Die Dialoge des Werkes ergeben einen ganz eigenen Reiz, weil sie eben den untergründigen Humor des Gesamtwerkes schön wiedergeben, selten zu lang sind, immer eine gewisse Bissigkeit haben und er darüber ebenso viele Informationen einbettet wie über die Beschreibungen.
Allgemein ist Sapkowski in seinen Beschreibungen selbst eher etwas lakonisch, aber doch meist prägnant und aussagekräftig genug.
Insofern hat das Werk mich erfreut, obwohl natürlich am Ende stehen bleiben kann, dass es eben doch recht kurz ist und noch nicht zu viel in der Handlung vorantreibt und ein eher gemäßigtes Tempo veranschlagt. Ich find das allerdings insgesamt gelungen, deswegen
7,5 von 10 Punkte.
#17
Fjodor Dostojewski - Der Spieler(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book made into a movie you've already seen)
Meine Mutter ist Gregory Peck-Fan. In meiner Kindheit war es so, dass es Sonntags einen gemeinsamen Fernseh-/Videonachmittag gab und abwechselnd suchten mein Vater und meine Mutter die Filme aus. Und meine Mutter ist, ich betone es gerne, Gregory Peck-Fan. Großer Gregory Peck-Fan. In den 90er Jahren habe ich also so gut wie jeden Film aus der Gregory Peck-Filmographie gesehen. Von den großen Filmen Moby Dick und To Kill a Mockingbird, über den Perlen wie On the Beach und eben auch die wenig guten Filme wie The Great Sinner.
The Great Sinner ist eine Verfilmungsvariante von Dostojewksis Spieler. Und es ist nur eine Variante, der ich nie viel Aufmerksamkeit geschenkt habe. Weder hat dieser unterdurchschnittliche Film mich je dazu gebracht, über das dahinterstehende Werk nachzudenken oder mich überhaupt darauf aufmerksam zu machen. Gänzlich lag der Film eher in den Untiefen meiner Erinnerung bis ich eben jenes Buch fand. Ich selbst habe in meinem Leben schon Dostojewski gelesen, nämlich die Dämonen, allerdings habe ich Dostojewski mehr aus der politisch überladenen Betrachung kennengelernt mit seinen unterschiedlichen Interpretationen in unterschiedlichen Russlands, immer eingebettet im politischen Diskurs und eben - für Dostojewskis Interpretation typisch - in christlicher Lesart.
Insofern waren Film und Buch nicht zusammenzubringen gedanklich, auch wenn das Buch nur aus der Interpretation am Rande kannte. Auf der einen Seite die dauernde psychologische Thematik des Autoren, die existenziell-verzweifelten Beziehungen zwischen den Akteuren und das wartende Unglück, auf der anderen Seiten der amerikanische Chic der 40er Jahre, eher ramontische Sehnsuchtsschwere amerikanischer Art und einfach ein bisschen Glücksspiel.
Und glaubt mir, das Erbtantchen aus dem Spieler lässt sich amerikanisch nicht darstellen. Nicht zu der Zeit, nicht mit den Mitteln der 40er und 50er Jahre.
Ich habe also das Werk aus dem Haushalt eines Gestorbenen übernommen (Haushaltsauflösung) und da dieser augenscheinlich ein großer Dostojewski-Freund und -Kenner war, dachte ich mir, dass ich diesen Unbekannten am besten darin ehre, dass ich seine zentralen Sammlungen lese.
Angefangen habe ich also mit dem Spieler, einem recht kurzen, aber dennoch interessanten Werk, welches wie so viele Werke Dostojewskis semi-autobiographisch ist. Sowohl die unglückliche Liebe des Protagonisten zu Polina, die in seiner Glücksspielsucht untergehen muss als auch seine Glücksspielsucht selbst.
Den Rahmen bildet dazu eine Geschichte eines russichen Obristen, der im Ruhestand noch zum General ernannt wurden ist, und sich selbst und sein Vermögen verpfändet, ebenso so unglücklich verliebt, als er sich in eine Frau verliebt, die wir heute als "Golddigger" bezeichnen würden. Während sie in einem Ort namens Roulettenburg auf eine Erbschaft und/oder auf das Glück im Spiel warten, geht alles erwartungsgemäß den Bach runter.
Wir folgen also der Rahmengeschichte und der Geschichte des Protagonisten, die beide in diesen Strudel geraten, der hier und da klassisch konstruiert seinen Höhepunkt finden muss, in einer Art wie Dürrenmatt sie geliebt hätte, schließlich ist es der Zufall (Glücksspiel), welcher die schlimmstmögliche Wendung herbeiführt. Natürlich nicht alleine, denn ausgerechnet die angeblich so schwer kranke Erbtante, auf deren Erbe alles wartet, kommt auch noch nach Roulettenburg, und verzockt Haus und Hof.
Insgesamt liest das Werk sich interessant und auch fix weg. Es ist erstaunlich gut gealtert und ist sicher leicht in die Moderne zu übertragen. Dostojewskis Erkenntnis sind menschlich und für die menschliche Natur recht allgemein und somit erstickt das Werk nicht in seiner Zeitgeistigkeit des 19. Jahrhunderts.
Ebenso interessant wie das Werk selbst ist seine Entstehung, welches selbst ein Vabanque-Spiel war. Ein abgerissener Dostojewksi, stark an seiner Spielsucht leidend, hat seinem Verleger quasi als Wette angediehen, dass er in einem Drittel eines Jahres ein fertiges Buch präsentieren könnte. Er diktierte das Werk seiner späteren Ehefrau in lediglich 26 Tagen.
Der eigene Lebensrahmen des Autoren macht das Werk noch um einiges interessanter.
Schlussendlich ist einzusehen, dass der Spieler zu den Klassiker der russischen Literaturgeschichte gehört und auch ich kann eine volle Leseempfehlung aussprechen.
8 von 10 Punkten.