Autor Thema: Suche nach Rollenspiel-Cons mit Anti-Harassment-Policy - Diskussion  (Gelesen 49487 mal)

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Offline Rhylthar

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Aber ist es nicht schlechte PR wenn ein RPG-Con mit so einer Klausel wirbt?
Als Normalo würde ich einfach davon ausgehen, dass auf einen Con normale, zivilisierte Menschen gehen und solche Klauseln völlig unnötig sind

Wer solche Klauseln öffentlich zur Schau trägt macht sich mMn sofort "verdächtig" als Gruppierung, im Sinne von "aha, so sind die also, die brauchen sogar ne Regel dafür. Ohje"
Das Argument hatten wir ja schon.

Es geht nicht um Werbung mit diesen Aussagen/Klauseln, sondern um die Festlegung von allgemeinen "Spielregeln", wenn man so will. Und um deutlich zu machen, dass man sich die Mühe macht, hier für alle eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Offline Archoangel

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Vor 20 Jahren hätte ich jetzt "+1" geschrieben, aber ich denke die Moderne hat auch ein paar Vorzüge. Es kommt halt auf die Formulierung an und die eine vom Knutpunkt fand ich recht gut:

Zitat
We trust that everyone participating at Knutepunkt care for each other, and do not generally seek to harm others. If you are told that your words or actions feel like harassment, or is making someone unsafe, please consider changing your behaviour.

When telling somebody that you would like them to change behaviour, try to be specific and clear. We know that this isn’t always easy, but clear communication will make it easier for both parties. If someone tells you they would rather not like your attention, it means just that. Respect it and go somewhere else, don’t take it personal. It can be hard both to give and receive such a message, but it is essential for calibrating the interaction and making sure everyone has a good event.

The organizers are grateful to everyone who helps making Knutepunkt a safe event by giving and taking messages in a good manner.

If you are feeling unsafe or harassed, it is usually best to work it out involved parties, even though this is often uncomfortable. If you are unable to do this, or if somebody does not leave you alone even after being asked to do so, we encourage you to leave the situation, and to seek out help from the organizers’ contact points for safety issues (please see below).
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Offline nobody@home

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@Grimtoot`s Little Sister:
Manchmal ist es hilfreich die Postings alle zu lesen ... das was du schreibst steht da nirgends. Das (theoretische) Problem besteht darin eine Entscheidung zu treffen was du tust wenn du eine Anschuldigung ohne Zeugen hast, die von einem Leugnen ohne Zeugen erwiedert wird. Wenn dann beide Seiten auf ihrem Standpunkt beharren und eine gütige Einigung nicht zu erreichen ist ... dann sind einige hier (ich zum Beispiel) der Meinung, dass es sinnvoller ist beide zu entfernen, als gar nichts zu tun. Auf diesem Wege entfernst du auf jedenfall den offensiven der beiden - entweder also den "Belästiger" oder das "Schandmaul". Denn i.d.R. wird nur eine der beiden Darstellungen die Richtige sein, du hast aber keine Möglichkeiten herauszufinden, welche die Richtige ist.

Solltest du anderer Ansicht sein - was du gerne darfst - so sagst du vermutlich, dass der Person, die behauptet das Opfer zu sein im Zweifel immer geglaubt werden solle. Damit öffnest du allerdings die Tür zum Mißbrauch. Weshalb ich eben im Zweifel beide Personen entfernen würde - irgendeine Lösung für den Konflikt braucht es ja.

Mißbraucht werden kann das auch, wenn man nur genügend bösen Willen unterstellen möchte. Denn entweder sagt dann der jeweilige Unschuldige nichts, wenn er weiß, daß er eh mit dem Schuldigen mitbestraft werden würde, und es köchelt unter der Oberfläche des bedrückten Schweigens fröhlich weiter...oder es läßt sich im schlimmsten Fall ausnutzen, um ein geeignetes "Opfer" von den anderen Teilnehmern zu trennen und sich alleine oder vielleicht gar mit ein paar draußen schon wartenden Freunden zur Brust nehmen zu können, schließlich wird man ja freundlicherweise gemeinsam vor die Tür gesetzt.

Offline Edvard Elch

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Ich glaube, die wichtigste Message ist eigentlich: "Liebe Menschen, das Thema ist uns wichtig, wir haben darüber nachgedacht, einen Aktionsplan ausgearbeitet und mindestens eine Person, an die ihr euch wenden könnt und die nicht in jedes verdammte Fettnäpfchen reinrennt, das es bei dem Thema gibt."

Wenn das bestimmte Menschen abschreckt: nicht mein Problem. Bei den meisten Leute, die mir da spontan einfallen würden, wäre mir deren Fernbleiben sogar ganz recht.
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Online Ludovico

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Ich glaube, die wichtigste Message ist eigentlich: "Liebe Menschen, das Thema ist uns wichtig, wir haben darüber nachgedacht, einen Aktionsplan ausgearbeitet und mindestens eine Person, an die ihr euch wenden könnt und die nicht in jedes verdammte Fettnäpfchen reinrennt, das es bei dem Thema gibt."

Wenn das bestimmte Menschen abschreckt: nicht mein Problem. Bei den meisten Leute, die mir da spontan einfallen würden, wäre mir deren Fernbleiben sogar ganz recht.

Das ist zwar die Botschaft, aber unterm Strich ist es wohl "Wir haben uns Gedanken gemacht und machen es so wie sonst auch, bloss dass ein Orga-Mitglied nun einen schicken Titel hat und es sich exklusiv um eine bestimmte Sorte Scheisse kümmert."

Offline Grandala

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Das ist zwar die Botschaft, aber unterm Strich ist es wohl "Wir haben uns Gedanken gemacht und machen es so wie sonst auch, bloss dass ein Orga-Mitglied nun einen schicken Titel hat und es sich exklusiv um eine bestimmte Sorte Scheisse kümmert."

Mir z.B. reicht das schon völlig. Anti-Harassment Zeug ist ja keine Zauberei. Man braucht nur ein wenig Empathie und Verständnis. Wenn dann noch einer willens ist Empathie und Verständnis in einem Bestimmten bereich zu übernehmen damit alle die dies in Anspruch nehmen wollen auch können haben wir doch schon alle gewonnen.
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Offline Rabe

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Zur Frage des grundlosen Verweises von einem Con aufgrund des 'Hausrechtes'.

IMHO (!)
Zum einen ist die Frage zu stellen wer das Hausrecht hat. Allgemein wird es aus dem Recht am Eigentum und der Unverletzlichkeit der Wohnung abgeleitet. Cons finden allerdings selten in Privat(-) Wohnungen statt und der Veranstalter ist nicht unbedingt der Eigentümer der Veranstaltungsräume. In einer privaten Mietwohnung ist das wenig von Bedeutung (Unverletzlichkeit der Wohnung). Bei einer städtischen Einrichtung (Stadthalle, Schule, Jugendzentrum) oder gewerblich vermieteten Veranstaltungsräumen (z.B. Gastwirtschaft) ist das aber schon eher die Frage. Hat der Eigentümer dem Veranstalter das Hausrecht (ausdrücklich) übertragen? Kann der Veranstalter z.B. Mitarbeiter des Eigentümers der Veranstaltung verweisen? Oder gibt es einen Vertreter des Eigentümers dem das Hausrecht grundsätzlich vorbehalten ist (gerne Hausmeister, oder der Wirt selbst, der sich nicht gerne aus seiner eigenen Gaststätte weisen lassen möchte)? Steht im Mietvertrag drin oder nicht.

Zum Zweiten gilt es bei vielen Veranstaltungen das sg. Antidiskriminierungsgesetz zu beachten, das sehr wohl ein eventuell vorhandenes Hausrecht einschränkt!

Zum Dritten wird in vielen Fällen ein Vertrag zwischen Besucher und Veranstalter geschlossen. Der Eigentümer einer Disko darf durch seine Vertreter gerne bestimmen (mit Ausnahmen s. AGG) wer in seinen Betrieb kommen darf. Ist allerdings einmal ein Besuchsvertrag geschlossen kann er nicht einfach nach Belieben aufgekündigt werden, nicht mal nach den Hausrecht, denn das wäre eine missbräuchliche Verwendung dieses Rechtes und würde die Rechte des Vertragspartners unangemessen verletzten.
Man kann einen solchen Vertrag auch nicht einfach nach Belieben annullieren. Einfach Geld zurückgeben ist keine Lösung. Geld muss nicht einmal fließen um einen gültigen Vertrag zu schaffen. Wenn man z.B. Spielleitern freien Eintritt gewährt, könnte ein Vertrag schon entstehen wenn man dem Spieleiter sein Rundenangebot bestätigt, zB. duch eEintrag in eine öffizielle Liste oder ein Programmheft odre eine Bestätigungs-Email.

Vielleicht kann man als Veranstalter auf die Kulanz des ungewünschten Gastes hoffen, aber der kann auf der Einhaltung des Vertrages bestehen.

Wird ein Vertrag gebrochen kann durchaus Schadensersatz gefordert werden. Dann redet man nicht mehr über ein paar Euro Eintritt. Und die Anwalts- und Gerichtskosten kommen auch noch dazu zu welchem Teil entscheidet das Gericht, aber Urteile zu 100% sind eher selten und bei dieser unklaren Sachlagen würde ich mich persönlich darauf nicht verlassen. Welcher Con-Veranstalter hat üblicherweise eine Rechtsschutzversicherung?

Soweit allgemein und grundsätzlich. Und das oben ist nur eine Meinung. Entschieden würde das Ganze eventuell tatsächlich erst vor einem Gericht. Aber das würde ich als Veranstalter, wie gesagt, nicht riskieren wollen.

Nach der langen Vorrede zum Thema des Threads:
Wenn der Con-Veranstalter einen Vertrag beenden will, dann ist es sehr hilfreich wenn er nachweisen kann, das der Vertragspartner den Vertrag zuerst gebrochen hat, zB. indem er z.B. gegen die ausdrücklich bekannt gemachten "Anti-Haressment-Policy" des Cons verstoßen hat, die entsprechend zum Teil des Vertrages gemacht wurde.
Wenn darin ganz klar steht, was man nicht duldet und jemand hält sich dann nicht daran, dann darf man ihn ggf. 'rausschmeißen' und hat außerdem bei dem, dann wesendlich unwahrscheinlicheren, Fall einer Klage bessere Chancen.

Eine solche Policy ist also sehr nützlich und hilft allen Besuchern sich klar zu machen welche Verhaltensweisen auf einer Con gewünscht bzw. was nicht gewünscht ist.
Und das ist garnicht so klar, denn es geht hier eher um die 'weichen' Probleme und Verhaltensweisen. Denn für anderes gibt es Gesetze und die Polizei die sich darum kümmern, aber das brauchen wir hier nicht vertiefen denke ich.

Die obigen Überlegungen decken aber nur einen Aspekt dieser Problematik ab.

Das Ziel eines Converanstalters ist, allgemein gesprochen doch, das sich jeder Besucher unabhängig seines Geschlechtes, sexueller Ausrichtung, Religion oder ähnlichem auf dem Con wohlfühlt. Das erreicht man aber für keinen der Beteiligten durch einen simplen Rausschmiss.

Ich würde mir wünschen, das es überall eine sichere Möglichkeit gibt, in der sich der Angegriffene ernstgenommen fühlen kann und der sich fehlverhaltende Besucher ohne Vorverurteilung erklären kann. Manchmal miteinander, manchmal einzeln. Manchmal hilft es, manchmal klärt es einfach wer ein Idiot ist und wer nicht und manchmal schafft es vielleicht auch Verständniss für den einen oder anderen Beteiligten.
Das bindet natürlich Ressourcen eines Veranstalters, aber es kann auch ein unglaublicher Pluspunkt für einen Con sein.

(In der Zeit in der ich das hier geschrieben habe sind schon mehr als 10 neue Beiträge geschrieben worden. Ich kann nicht so schnell lesen und meinen Text anpassen, dann sind wieder neue Beiträge da. Ich bitte vorauseilend um Vergebung.) ;)

Offline Barbara [n/a]

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Ich finde eine solche Policy sehr gut. Für mich ist es die Niederschrift und die aktive Umsetzung von gewünschten Verhaltensweisen und die Frage: "Wie gehen wir bei der Veranstaltung miteinander um?". Sie beschränkt sich nach meinem Verständnis nicht auf Konsequenzen wie "Rauswürfe", sondern sensibilisiert Orga, Helfer und Besucher für das Thema.
Zuständige Ansprechpersonen finde ich ebenso wichtig wie Ersthelfer.

Bei der Diskussion hier vermisse ich ein paar Schritte vor der Umsetzung während der Convention:
1. Diskussion und Erarbeitung innerhalb der Orga (immer wieder, nicht nur zur Einführung):
   - Was verstehen die einzelnen Mitglieder unter Harassment?
   - Wie können sie ihr eigenes Verhalten ändern/die vereinbarte Policy leben/umsetzen?
   - Welchen Handlungsbedarf sieht die Orga? Gab es schon Erfahrungen mit Harassment?
   - Welchen Einfluß sollen Besucher der Convention auf die Policy haben?
   - Welches gemeinsame Handlungsprofil definieren sie?
   - Wer innerhalb der Orga besitzt Kompetenzen zum Konfliktmanagement? Gibt es Schulungswillen dazu? Kann der Verein Fortbildungen unterstützen?
   - Konfliktsituationen zu erkennen und souverän darauf zu reagieren kann man innerhalb der Orga/Helfer mit Rollenspielen üben.
   - Welche Handlungs-/Reaktionsmöglichkeiten gibt es in den verschiedenen Eskalationsstufen? Welche sind erwünscht? (So können Ansprechpartner auch Spielleiter beraten und sind sicherer in der eigenen Reaktion.)
   - Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gibt es?

2. Kommunikation
   - Ist vor/zur Einführung dieser Policy eine Diskussion der Policy mit den Con-Besuchern gewünscht? Ich kann mir da gut als Workshop vorstellen mit der Überschrift: "Wie verbessern wir unser Miteinander mit Hilfe einer Anti-Harassment-Policy?". lohnt es sich, das zu wiederholen? Wenn ja, in welchen Abständen?
   - Wo soll die Policy veröffentlicht werden? Website? Aushang auf der Con? Auf den Flyern (z.B. als Icon mit einem QR-Code zur Website)?

3. Auf der Convention
   - Gibt es Räumlichkeiten, in denen Konfliktgespräche geführt werden können?
   - Eine klare und transparent kommunizierte Eskalationskette (wie sie im Thread schon gemannt wurde) finde ich gut: SpielleiterIn --> ggf. Ansprechperson --> ggf. Polizei
   - Woran erkennen Besucher die Ansprechpersonen? Gibt es Namensschilder?
   - Gibt es Angsträume in der Location (dunkle, verwinkelte Ecken)?
   - Einen Hinweis auf der Spielrundenankündigung zu Umgangston im Spiel und anderen Besonderheiten finde ich gut. Wie man das am besten umsetzt, weiß ich nicht.

Für mich ist eine solche Policy vergleichbar mit einem Leitbild in einer Firma. Wenn sie nicht von den Ausführenden (Orga, Helfer, ...) immer wieder hinterfragt und gelebt wird, ist sie wertlos.
« Letzte Änderung: 4.01.2018 | 22:33 von Barbara »
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Offline Glumbosch

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Das ist zwar die Botschaft, aber unterm Strich ist es wohl "Wir haben uns Gedanken gemacht und machen es so wie sonst auch, bloss dass ein Orga-Mitglied nun einen schicken Titel hat und es sich exklusiv um eine bestimmte Sorte Scheisse kümmert."
Genau, ist eigentlich keine 10 Seiten Diskussion wert. Daher wollte ich auch einfach nur wissen bei welchen Cons sich Gedanken gemacht und aufgeschrieben wurde.


Für mich ist eine solche Policy vergleichbar mit einem Leitbild in einer Firma. Wenn sie nicht von den Ausführenden (Orga, Helfer, ...) immer wieder hinterfragt und gelebt wird, ist sie wertlos.
Das ist richtig, auch den Rest deines Posts kann ich nur zustimmen.


Offline D. M_Athair

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Ich glaube, die wichtigste Message ist eigentlich: "Liebe Menschen, das Thema ist uns wichtig, wir haben darüber nachgedacht, einen Aktionsplan ausgearbeitet und mindestens eine Person, an die ihr euch wenden könnt und die nicht in jedes verdammte Fettnäpfchen reinrennt, das es bei dem Thema gibt."

Wenn das bestimmte Menschen abschreckt: nicht mein Problem. Bei den meisten Leute, die mir da spontan einfallen würden, wäre mir deren Fernbleiben sogar ganz recht.
Würde ich unterschreiben. Wobei ich eine Person für nicht ausreichend halte.
Wer in solch schwierigen Angelegenheiten ne "fachliche Handlungsempfehlung" für die Con-Orga (oder als Teil der Con-Orga) abgeben muss, sollte mindestens eine weitere Person zur Beratung an der Seite haben, die sich mit dem Thema beschäftigt hat. Außerdem ist das Geschlecht der Ansprechpersonen durchaus höchst relevant.



... ich hab jetzt noch ne Weile drüber nachgedacht und u.a. eigene und miterlebte Erfahrungen reflektiert:
Empathie und GMV sind zwar unverzichtbare Voraussetzungen für ne Ansprechperson, aber das reicht das nicht. Psychologische Grundkenntnisse (die man durch eigene Beschäftigung mit den entsprechenden Themen oder im Rahmen pädagogische/psychologischer Ausbildungen erwerben kann) halte ich für notwendig. Denn: Eine Grenzüberschreitung passiert in einer Situation - und ist davon abhängig, ob sie von einer Seite als solche empfunden wird. Die Bewertung kann sich nachträglich (z.B. durch das Auftauchen von Freundin oder Freund) ändern. Dadurch kann nachträglich aus einer einvernehmlichen Sache eine nicht-vernehmliche werden. Das gilt auch für politische, religiöse, ethnische Angelegenheiten - inklusive (un)passender blöder Sprüche. Da muss man schon ein bißchen die Nebel lichten können, um am Ende eine sachgemäß gute Entscheidung treffen zu können.

Entsprechend: Die Implementierung einer Anti-Harassment-Policy macht man nicht schnell mal neben bei. Zumindest, wenn sie wirksam sein soll und nicht bloß Augenwischerei.

Es gibt übrigens einen ganz guten Blog, deren Autorin über Harassment & Co. schreibt. Les ich gern - ist aber anstrengend. Ihre Perspektiven und Erfahrungen und Wunden sind ganz anders als meine. Ich teile auch etliche Schlüsse nicht, bewundere aber die Ausdauer und den Mut darüber zu schreiben.
Was man dabei lernen kann: Es ist kompliziert. Eine abgedrehte Welt voll verquerer, unbewusster, teil-bewusster Fragmente. Und das ist dann auch die Erklärung dafür, warum GMV und ein bißchen Empathie eben nicht reichen.


Für mich ist eine solche Policy vergleichbar mit einem Leitbild in einer Firma. Wenn sie nicht von den Ausführenden (Orga, Helfer, ...) immer wieder hinterfragt und gelebt wird, ist sie wertlos.
+1 und toller Beitrag!  :headbang:
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Offline Archoangel

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Ach ja ... diese Dame wird ja immer mal wieder gerne ausgegraben. Mit Extremisten zu argumentieren ist allerdings immer ... schwierig. Egal ob ihr Fokus auf Politik, Religion, Essen oder eben eine Meinung/Ansicht liegt. Denn entweder hat USA Probleme die so haarsträubend sind, dass kein zivilisierter Europäer freiwillig seinen Fuß aus US-amerikanischen Boden setzen dürfte (der Eindruck den man gewinnt wenn man den Blog liest) oder aber die Wahrnehmung/Deutung der Dame ist nicht der Norm entsprechend. Dem Blog nach ist es übrigens die Lösung aller Probleme der Welt, wenn man alle heterosexuellen weißen Männer mit erreichen der Geschlechtsreife vorbeugend tötet. Das ist mir dann - wie gesagt - doch ein bisschen zu extrem.

Unserem Thema hilft es auch nicht wirklich weiter ...
« Letzte Änderung: 5.01.2018 | 02:09 von Archoangel »
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Offline D. M_Athair

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Dem Blog nach ist es übrigens die Lösung aller Probleme der Welt, wenn man alle heterosexuellen weißen Männer mit erreichen der Geschlechtsreife vorbeugend tötet. Das ist mir dann - wie gesagt - doch ein bisschen zu extrem.
Werd bitte nicht albern. Danke!

Ich kann gut nachvollziehen, wenn man auf das Vokabular negativ reagiert. Ist auch so gar nicht meines ... und entspringt einer Strömung die ich insgesamt nicht besonders schätze. Was mir wichtig ist und weshalb ich das Blog trotzdem lese ist, dass die Autorin versucht hinter die Dinge zu schauen (was selten genug unternommen wird) und durchaus selbstkritisch Erfahrungen reflektiert.

Klar hat das ne Schagseite. Ist schließlich ihre Perspektive, sind ihre Erfahrungen und Beobachtungen und ist mit ihrer Identität verknüpft.
Dennoch wird deutlich (was einschlägige Forschungsliteratur bestätigt): Belästigungen und andere schädigende Verhaltensweisen sind Alltag. Besonders für Frauen aber nicht nur. Und: Der Rahmen ist ein gesellschaftlicher, der die individuelle Ebene übersteigt. Und genau deswegen versucht die Autorin aus Mechanismen der Sippenhaft auszubrechen:
Zitat
It wasn't about better men. It was about better people. Toxicity isn't limited to a single cis-gender. Everyone has the potential and socialization to be toxic. And toxicity impacts us all. [...]
Hell, we might've even been one of those people who have said "I've never seen x-ism in a community, so it must not exist" even though we wouldn't have been the target of that ism. At some point or another, almost all of us have done something toxic. We've erased, invalidated, whitewashed, demanded emotional labour, invaded space, perpetuated an ism, participated in a phobia, or simply reacted poorly when our privilege got pointed out to us.

An anderen Stellen fordert sie - im Rahmen der Anerkennung von Realitäten - auch Fehlerfreundlichkeit. Menschen treffen Entscheidungen, handeln affektiv, ... Das kann und darf auch daneben gehen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen blöden Taten und Grenzüberschreitungen. Die Unterscheidung gut hinzubekommen ist mMn eine zentral wichtige Entwicklungsaufgabe. Das hat mit Wahrnehmung, Übung und vielem anderen zu tun. GMV, Empathie und "Alltagswissen" sind da nur sehr begrenzt hilfreich.

... einige der Schlussfolgerungen finde ich nützlich. Manche auch nicht. Was aber sehr gut und deutlich sichtbar wird:
Es ist verdammt kompliziert ... und ungute Einstellungen, Verhaltensweisen, ... sind viel tiefer in uns angelegt, als wir uns eigestehen wollen. Und genau deswegen gibt es keine einfachen Lösungen. Eine Anti-Harassment-Policy ist nur dann gut und hilfreich, wenn die Implementierung gelingt und die Worte, die in so nem Dokument stehen mit Haltungen, Tun und Reflexion und Verbesserungsanspüchen verbunden sind. Ist das nicht der Fall, kann man's gleich lassen. Es wäre bestenfalls wirkungslos und schlimmstenfalls schädlich.


Edit: Ist jetzt leider sehr SC-lastig geworden. Da es hier aber um die Illustration dessen geht, warum ne bloße Policy nichts hilft und warum wir alle betroffen sind und wie kompliziert das Thema allgemein und im konkreten Einzelfall ist, kann es, denke ich stehen bleiben. Es geht ja gerade nicht um Schuldzuweisungen, Ideologien, ... und andere Bestandteile, die zentrale Bausteine von SC-Diskussionen waren.
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Offline Rhylthar

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Zitat
Empathie und GMV sind zwar unverzichtbare Voraussetzungen für ne Ansprechperson, aber das reicht das nicht. Psychologische Grundkenntnisse (die man durch eigene Beschäftigung mit den entsprechenden Themen oder im Rahmen pädagogische/psychologischer Ausbildungen erwerben kann) halte ich für notwendig.
Halte ich für manche Rollenspiel-Cons für nicht immer umsetzbar (und auch nicht für zwingend notwendig). Man kann nicht das Glück haben, wie bei der Padercon zufällig einen Lehrer in der Orga zu haben (wobei ich gar nicht weiss, inwieweit Chruschtschow z. B. in sowas geschult ist).

Auch das Geschlecht ist nicht für mich nicht zwingend wichtig. Idealerweise hat man verschiedene Ansprechpartner*innen, aber wir z. B. haben zwei männliche Beratungslehrer (psycho-soziale Beratung, also weit über die Rolle eines "Vertrauenslehrers" hinaus). An der Nachfrage nach Sprechstunden hat dies aber nichts geändert, seit die Kollegin, die vorher eine der Stellen inne hatte, gewechselt ist.

Dementsprechend halte ich die im Raum schwebende Aussage, "Entweder richtig oder sonst gar nicht!", für zweifelhaft. Alles ist besser als Nichtstun.
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Offline KhornedBeef

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Sonst stünden wir ja auch wieder wie am Anfang da: Toll, aber nicht zu leisten; und deswegen ist jede Forderung problematisch. Ne, dann lieber "wir tun unser Bestes, tut ihr Eures"
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Ich vergeige, also bin ich.

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Wer Fehler findet...soll sie verdammt nochmal nicht behalten, sondern mir Bescheid sagen, damit ich lernen und es besser machen kann.

Offline Irian

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Das ist imho ein guter Rat an Veranstalter: Seid euch bewusst, dass es diese Probleme geben kann (in verschiedensten Konstellationen und Varianten), macht euch Gedanken darüber, wie ihr damit umgehen wollt (und zwar immer wieder mal und nicht nur einmalig) und was ihr diesbezüglich dann nach außen kommuniziert und anbietet.

Da bin ich voll bei Rhylthar, besser das Beste geben und dabei Mist bauen, als daran scheitern, dass man gar nichts versucht hat.
Hinweis: Nein, ich will dir nicht verbieten, X, Y oder Z in deinem Rollenspiel zu tun. Nein, ich habe dich keinen Rassisten genannt. Ja, du darfst X, Y oder Z auch weiterhin tun (außer es ist illegal, dann ist es aber auch nicht mein Problem). Wenn du denkst, es gibt eine einflussreiche oder auch nur mäßig große Gruppe hier im Forum oder in der dt. Szene, die dir dein Rollenspiel verbieten will, liegst du sehr wahrscheinlich falsch, insb. weil es idR keinen interessiert, was du so tust.

Ucalegon

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@Barbara: Danke für den Vorschlag zur Umsetzung!

Es gibt übrigens einen ganz guten Blog, deren Autorin über Harassment & Co. schreibt.

Breakout, eine Con in Toronto, die Kate Bullock mitorganisiert, hat auch lesenswerte Standards. Da scheint es z.B. so zu sein, dass alle Rollenspielrunden die X-Card verwenden.

Offline Archoangel

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Klar kann man die X-Card verwenden, aber ...

Wir sollten mal sammeln welche Art von Übergriffen wir (das Tanelorn) schon auf deutschen CONs mitbekommen haben und wie diese dann gelöst wurden (gar nicht ist natürlich auch eine Option). Die Frage, die sich mir nach wie vor stellt lautet: wie groß ist das Problem tatsächlich hier bei uns? Wenn man Kates Seite verfolgt scheint das Problem in USA/Kanada ja einen ganz anderen Stellenwert zu haben, wobei die Auslegung was ein "sexual harrasement" ist dort offensichtlich eine viel strengere Betrachtungsweise hat. Wenn mich eine Mitspielerin auf einer CON mal wegen einen wahrgenommenen Ungerechtigkeit anbrüllt und dann nach Klärungsversuch wütend abrauscht würde ich mich nicht sexuell mißbraucht fühlen und von den langjährigen Freunden der Frau verlangen sie künftig zu meiden und ich würde auch nicht ihrem Arbeitgeber schreiben er möge sie bitte entlassen ... Kate macht das!

Ich finde - wie bereits mehrfach gesagt - diesen Passus zu Verhaltensregeln eine sehr gute Idee, unter anderem weil sie auch den CON-Veranstaltern mehr Rechtssicherheit gibt: sie können, sollte es zu einem nicht lösbaren Vorfall kommen, nun auf diesen Passus verweißen wenn sie jemanden dauerhaft entfernen. Und ich denke der symbolische Charakter eines solchen Passus dürfte vielen schon einmal ein gesteigertes Gefühl von Sicherheit geben, bzw. bei potentiellen Tätern die Alarmglocken losgehen lassen, Marke "Oh scheiße - wenn die sowas schon reinschreiben halte ich lieber mal den Ball flach".
Ob sowas wie die X-Card Verwendung finden sollte ... kommt ihr - für mein Gefühl von D - ein bisschen überkandidelt vor. Ich befürchte da immer den Mißbrauch solcher Sachen, habe aber eben auch entsprechend schlechte Erfahrungen aus dem Berufsleben. Normalerweiße habe ich den deutschen Gamer als ein sehr sozial kompetentes und rücksichtsvolles Wesen in Erinnerung (mal von Foren abgesehen ;) :P ). Klar - es kommt mal was vor, aber es löst sich i.d.R. eben auch recht schnell in Wohlgefallen auf.

Die Breakout-CON Vorschrift würde mich - aufgrund Aufbau und Inhalt - aber schon ein wenig abschrecken. Da fragte ich mich zum einen eben was die für Probleme haben, zum anderen fühle ich mich als Mann beim Lesen schon unter Generalverdacht.
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Dementsprechend halte ich die im Raum schwebende Aussage, "Entweder richtig oder sonst gar nicht!", für zweifelhaft. Alles ist besser als Nichtstun.

Also wenn man sich an Barbaras Vorschläge hält, dann geht man das Thema schon ernsthaft und mit einem gewissen Aufwand an.

Nun eine blöde Frage:
Wodurch wird dieser Aufwand gerechtfertigt?

Klar, wenn es häufiger Fälle von sexueller Belästigung auf einer Con gibt, dann ist es gut und richtig, sich sehr ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen, Prozesse und Prozessbeauftragte zu etablieren.
Aber wenn es nun so gut wie gar keine oder sogar keine Fälle gibt, dann frage ich, wodurch dieser Aufwand gerechtfertigt wird.

Oder gibt es doch wesentlich mehr Fälle, und wir haben hier auf Cons US-amerikanische Zustände (nach einigen Berichten scheint das R bei RPG dort eher für Rape zu stehen), bloß verdeckt?

@Archoangel
Die Breakout-Con würde mich auch abschrecken, insbesondere die X-Card. Ich stelle mir vor, dass ich z.B. Dark Fantasy leite und eine etwas sensiblere Person am Tisch habe, die trotz vorheriger Erklärungen, worum es im Abenteuer geht und wie ich leite (gehört für mich dazu) bleibt und dann die X-Card ständig antippt. Ein Vetorecht im Spiel find ich super, aber den SL dann zu zwingen, dass er die Szene ändern, retconnen oder überspringen muss, finde ich schon bedenklich, insbesondere weil man bei Cons nie weiß, wer am Spieltisch sitzt.

Die Idee mit Trigger Warnings find ich mittlerweile gar nicht mal so verkehrt. Dann weiß zumindest auch solch eine sensible Person vor Rundenanmeldung was Sache ist und kann diese ggf. zum Verlassen der Runde auffordern.
« Letzte Änderung: 5.01.2018 | 13:08 von Ludovico »

Offline Archoangel

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Also wenn man sich an Barbaras Vorschläge hält, dann geht man das Thema schon ernsthaft und mit einem gewissen Aufwand an.

Nun eine blöde Frage:
Wodurch wird dieser Aufwand gerechtfertigt?

Klar, wenn es häufiger Fälle von sexueller Belästigung auf einer Con gibt, dann ist es gut und richtig, sich sehr ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen, Prozesse und Prozessbeauftragte zu etablieren.
Aber wenn es nun so gut wie gar keine oder sogar keine Fälle gibt, dann frage ich, wodurch dieser Aufwand gerechtfertigt wird.

Oder gibt es doch wesentlich mehr Fälle, und wir haben hier auf Cons US-amerikanische Zustände (nach einigen Berichten scheint das R bei RPG dort eher für Rape zu stehen), bloß verdeckt?

Lies dir den Blog mal durch. Die Wahrnehmung ist mE hier das Stichwort. Und das Feindbild. Wenn du erstmal davon ausgehst, dass heterosexuelle weiße Männer generell aufgrund ihrer Erziehung "toxisch" sind, dann nimmst du viel mehr Dinge als harrasement wahr, als man dies hierzulande täte. Da langt es eben schon laut zu werden, oder im Spiel einen Conan-Macho-Krieger zu spielen um zu einer Verurteilung zu kommen. Ich denke aber, dass hierzulande ein generell höheres Niveau, auch zu Abstraktion, herrscht, weshalb ein Großteil der Probleme von über dem Teich bei uns von keinem Beteiligten als Problem wahrgenommen wird.

Zudem spricht die Tendenz (des Blogs) die Namen und Adressen von solchen "Tätern" zu veröffentlichen auch bereits davon, dass offensichtlich schon eine persönliche Beziehung stattgefunden hat (siehe auch Kachelmann-Beispiel), weshalb mE hier nicht von einem "realistischen Fall" gesprochen werden kann, nämlich eher sowas wie "Kölner Sylvesternacht".
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Also wenn man sich an Barbaras Vorschläge hält, dann geht man das Thema schon ernsthaft und mit einem gewissen Aufwand an.

Nun eine blöde Frage:
Wodurch wird dieser Aufwand gerechtfertigt?

Klar, wenn es häufiger Fälle von sexueller Belästigung auf einer Con gibt, dann ist es gut und richtig, sich sehr ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen, Prozesse und Prozessbeauftragte zu etablieren.
Aber wenn es nun so gut wie gar keine oder sogar keine Fälle gibt, dann frage ich, wodurch dieser Aufwand gerechtfertigt wird.

Oder gibt es doch wesentlich mehr Fälle, und wir haben hier auf Cons US-amerikanische Zustände (nach einigen Berichten scheint das R bei RPG dort eher für Rape zu stehen), bloß verdeckt?

@ Ludovico
Der Verweis auf Amerika kann allenfalls zur Inspiration dienen. Weniger als Referenz, denn wir kennen die dortigen tatsächlichen Verhältnisse nicht. Vielleicht nicht ein Mal sie selbst.

Aber nochmals: Es geht nicht darum, ob es "so gut wie keine" sind. Das ist zweitrangig.
Es geht darum, dass man die Fälle auf "nahe 0" oder im Idealfall "keine" oder zumindest "seit Jahren nicht passiert" drückt. (Quantitative Herangehensweise).
Und es geht darum, dass auch sich Belästigungen zu milden Belästigungen und milde Belästigungen zu ungefährlichen Witzchen abmildern (Qualitative Betrachtungsweise). Da mag es immer ein paar Schnellschießer und Gralshüter geben. Die interessieren mich aber im ersten Schritt nicht.
Wichtig ist, dass man sich vor Augen führt - auch und gerade als Mann -, dass zB sexuelle Anspielungen (auch im Spiel) keine Selbstverständlichkeiten sein müssen.
Da gilt es sensibel zu sein, aber eben nicht panisch oder voreilig. Hier im zweiten Schritt interessieren mich also die Schnellschießer.

Nehmen wir mal folgendes Beispiel (real passiert):
Nur männliche Spielrunde. A ist Spielleiter und stellt seine NSC gerne "realistisch(tm)" und dreckig dar, "das war halt so im Mittelalter". Noch kein Problem. Spieler B spielt eine 14-16 jährige Maid/Zauberin und trifft auf einem Con erstmalig auf diesen SL.
Im Spiel wird seine SC und ihre Begleiterin dann ziemlich grapschig angegangen. Noch kein Problem, ABER...
... einfach mal den Mitspieler betrachten: Wirkt er unangenehm berührt? Reagiert der SL darauf?
In unserem Fall erste Frage Ja, zweite Frage nein.
Solange es beim Mitspieler noch läuft unter "Komischer Kauz, aber macht ja trotzdem Spaß" muss ich nicht reagieren.
Bei der ersten Beschwer wäre ich ihm aber zur Seite gesprungen. Der erste Schritt kann das Angebot sein, dass ingame zu lösen ("Ein Wort, holde Maid und er ist einen Kopf kürzer!"). Der zweite Schritt ist dann Unterstützung bei der Ansprache an den SL.

Wohlgemerkt: DAS ALLES WAR VIRTUELL!!!

Wenn real etwas passiert, kann man davon ausgehen, dass das auf einem ganz anderen Level spielt. Mehr Emotionen im Spiel sind und auch mehr kriminelle Energie.*
Wenn man von ganz plumpen Anmachen mal absieht oder "zu lauten" Lästereien, sollte man aber nie vergessen, dass reale Personen, die keinen Flirt auf Augenhöhe im Sinn haben, dies gerne aus einer Position der Stärke tun.

X belästigt Y nicht, wo jeder das mitbekommt. Oder er belästigt sie dort, wo er sich sicher ist, dass eh keiner was sagt.
Kein Wunder, dass wir von solchen Fällen kaum was mitbekommen.

----

* Dem genannten Spielleiter unterstell ich eben keine kriminelle Energie. Er hielt das Verhalten seiner NSC "richtig, weil realistisch". Der ging da ganz rational dran ohne böse Absicht. Nichtsdestotrotz fühlte es sich unangenehm an.
« Letzte Änderung: 5.01.2018 | 13:12 von Greifenklause »
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@Greifenklause
Ich betrachte das halt wirtschaftlich aus der Kosten-Nutzen-Perspektive bzw. Aufwand-Nutzen-Perspektive in diesem Fall.

Zitat
Es geht darum, dass man die Fälle auf "nahe 0" oder im Idealfall "keine" oder zumindest "seit Jahren nicht passiert" drückt.

Also quasi den Status Quo erhalten (zumindest liest sich das bislang hier so). Meine Frage zielt darauf ab, ob die aktuellen Maßnahmen nicht bereits reichen, weil es scheinbar keine oder kaum Probleme gibt (man kann höchstens als Ziel ansetzen, es auf 0 zu minimieren. Aber ganz wird das nie gelingen).

Oder anders ausgedrückt:
Muß man viel Zeit und Aufwand in etwas stecken, etwas zu reparieren, was nicht kaputt ist?

Als Werbemaßnahme finde ich solche Formulierungen toll, aber wenn es nun nicht wirklich ein Problem gibt, muss dann wirklich der ganze Aufwand mit der Entwicklung und Implementierung eines Prozesses für solche Fälle vorgenommen werden?

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Zitat
Kein Wunder, dass wir von solchen Fällen kaum was mitbekommen.

Das ist die eine Möglichkeit, die mir persönliche immer die Alarmbimmeln angehen lässt. Die andere wäre:

Auf deutschen Rollenspielkonventions kommt sowas quasi nie vor.

Auch das ist eine Möglichkeit. Statistische Erhebungen dazu gibt es vermutlich keine, wehalb es mich ja ernsthaft mal interessieren würde, wer schonmal was erlebt hat und wann und wo. Meine Beispiele sind hier im Thread ja schön verteilt, aber bis auf theoretische Konstrukte lese ich hier wenig bis kaum andere Beispiele, was mich zu der Schlussfolgerung bringt, dass es wenig bis kaum Probleme gibt. Für wenig bis kaum Probleme langt aber mE der Hinweis in den CON-Richtlinien völlig aus, sowie die Benennung einer Vertrauensperson durch den Veranstalter, der meinetwegen ja auch einen orangenen Batch haben darf (welcher an entsprechender Stelle in den Richtlinien erwähnt wird).

Zudem bin ich es - von egal welcher Runde - gewohnt, dass die SL vor einem Abenteuer ein paar klare Worte von sich gibt und Spieler dann äußern, was ihnen eventuell nicht passt, bzw. im Spiel sich mitteilen. Auf Verdacht hin alles zu streichen/sich selbst zu zensieren kann hier nicht zielführend sein.
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Die Frage, die sich mir nach wie vor stellt lautet: wie groß ist das Problem tatsächlich hier bei uns?

Die Frage ist ehrenwert, ob es für die Policy relevant ist bezweifle ich. Es ist schön, wenn die deutsche Con-Szene da anscheinend keine Probleme mit hat. Ich kann das nicht beurteilen, ich bin praktisch nie auf Cons. Es geht um ein gesamtgesellschaftliches Problem - und sich dessen bewusst zu sein. Eine Policy soll ja präventiv sein, warum erst eine schreiben, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist? Schau dir mal an, was diese Frau im Arbeitsleben auf Twitter gesammelt hat. Jetzt stell dir vor, wievielen Menschen sowas wohl alltäglich passiert. Und danach, wie es wohl ist, wenn diese Personen Rollenspiel für sich entdecken - mit all den Klischees, die man sich vielleicht so erzählt. Meinst du nicht, dass es für solche Menschen interessant ist, dass auf der Con-Seite (sinngemäß) steht: "Bei uns nicht!"

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@Barbara: Danke für den Vorschlag zur Umsetzung!

Breakout, eine Con in Toronto, die Kate Bullock mitorganisiert, hat auch lesenswerte Standards. Da scheint es z.B. so zu sein, dass alle Rollenspielrunden die X-Card verwenden.

Alter, die Tante hat ja ein ziemliches Rad ab, wenn ich mir diesen Artikel von ihr durchlese.
Zusammenfassung: Zauber wie Charm Person fördern Rape Culture.
Joa...Ok!  :o

Offline Greifenklause

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@Greifenklause
Ich betrachte das halt wirtschaftlich aus der Kosten-Nutzen-Perspektive bzw. Aufwand-Nutzen-Perspektive in diesem Fall.

Also quasi den Status Quo erhalten (zumindest liest sich das bislang hier so). Meine Frage zielt darauf ab, ob die aktuellen Maßnahmen nicht bereits reichen, weil es scheinbar keine oder kaum Probleme gibt (man kann höchstens als Ziel ansetzen, es auf 0 zu minimieren. Aber ganz wird das nie gelingen).

Oder anders ausgedrückt:
Muß man viel Zeit und Aufwand in etwas stecken, etwas zu reparieren, was nicht kaputt ist?

Als Werbemaßnahme finde ich solche Formulierungen toll, aber wenn es nun nicht wirklich ein Problem gibt, muss dann wirklich der ganze Aufwand mit der Entwicklung und Implementierung eines Prozesses für solche Fälle vorgenommen werden?

Puh. Bitte verstehe das folgende Szenario nicht als zuuu plakativ und provokativ:

Szenario 1:
Du gehst auf ein Con. Eine Bekannte aus deiner Clique wird dort ganz blöd angegangen und fühlt sich den ganzen Tag scheiße. Was tust du? Was rätst du ihr? Was erwartest du bzw hättest erwartet von der Con-Orga o.ä.? Von den Zeugen?

Szenario 2:
Du wohnst in Hamburg. Du liest in einer Zeitung, dass auf dem fernen Con in Berlin (wo du noch nie warst) eine Frau vergewaltigt wurde. Was denkst du? Was denken Bekannte von dir, die von Rollenspiel keine Ahnung haben und es schon immer suspekt fanden? Wie würdest du dir wünschen, dass deine Zeitung darüber berichtet hätte? Was würdest du zukünftig von der Con-Orga in Berlin erwarten.

Szenario 3a:
Du sitzt in der Pause am Lästertisch. An sich nie ein Ding! Man lästert über alles und jeden, beleidigt aber niemanden direkt oder in Hörweite. Ein Aufstacheln hat niemals statt gefunden, sondern höchstens ein Dampf ablassen, um anschließend mit der Person seines Zorns oder der Person seiner Begierde wieder ganz entspannt parlieren zu können (die von der Lästerei nichts mitbekommen hat).
Nicht jedes Jahr ist der Lästertisch gleich besetzt. Wer nett ist, darf teilnehmen. Gerne auch mal ein "Männergespräch" mit zotigen Witzen.
Doch dieses Jahr ist es anders. Eben noch hat sich der Tisch über die hübsche Blonde am Uhrwerkstand unterhalten, durchaus auch detailreich.
Da stehen "zwei Neue" auf und begeben sich mit vielsagenden Blicken zur hübschen Blonden.
Annahme 1: Du bist heute seeeehr vorsichtig. Wie reagierst du?

Szenario 3b:
Wie 3a, aber du hast anfangs deine rosarote Brille auf und denkst dir (anfangs): "Die beiden neuen wollen sich nur aufspielen, die tun ihr schon nichts!". Eine Stunde später kommst du durch Zufall an einem Rollenspieltisch vorbei, wo alle drei und noch weitere Personen zusammensitzen. Die "hübsche Blonde" wird lautstark und schreit die beiden an - offensichtlich nicht ingame - "Könnt ihr es nicht endlich mal sein lassen. Ich habe euch gesagt, dass ich das nicht mag." Sie ist dem Weinen nah und wirkt - ebenfalls offensichtlich - hilflos.
Wie reagierst du?
Was erwartest du vom Spieltisch/den anderen Mitspielern.
Kleine Variante: Sie lässt die Formulierung fallen "Ihr Penner vom Lästertisch!" und meint (nur) mit diesen vier Worten auch dich.


Disclaimer:
Du musst mir nicht jede Frage beantworten.
Das sind nur mehr oder weniger realistische Szenarios, die zum Nachdenken anregen sollen.
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