Auch wenn ich Elf's Eingangspost selbst zu unreflektiert fand, glaube ich, dass ihn weniger das Abschlachten an sich störte. Wahrscheinlich auch nicht sehr das Abschlachten "böser" Kreaturen.
Sondern eher die stumpfe Definition, was böse sei und was nicht.
Ich wollte eigentlich nichts mehr hier posten (weil Eure Zurückweisung meiner These die beste Bestätigung ist, die ich mir denken könnte, und insofern eigentlich alles gesagt ist, was es hierzu zu sagen gibt), aber zu
diesem Statement muss ich was sagen: Nein, das
Abschlachten an sich stört mich genau so sehr wie die Rassenkonstruktionen der meisten Rollenspielwelten! Ich finde das nicht nur ethisch fragwürdig, sondern auch dramaturgisch
uninteressant. Ich finde es viel interessanter, ein Problem diplomatisch als mit Gewalt zu lösen.
Ich nenne mal ein Beispiel aus einer Runde, in der ich vor Jahren mal mitgespielt habe, es ging um das Frosthexer-Abenteuer (ich weiß jetzt nicht, wie weit der SL das umgemodelt hatte, habe das Originalabenteuer nie gelesen). Da bekamen wir heraus, dass der Frosthexer mit seinem Wetterzauber die Herausgabe eines Artefakts erzwingen wollte, das der örtliche Machthaber käuflich erworben hatte, das aber rechtmäßig dem Hexer gehörte. Es gelang uns, zwischen beiden Seiten zu vermitteln und eine friedliche Lösung zu bewirken. Ergebnis: das Artefakt wurde zurückgegeben, und der Frosthexer hob seinen Wetterzauber auf. Was wäre geschehen, wenn wir den Frosthexer umgebracht hätten? Wer hätte dann den Zauber aufheben sollen? Diese gewaltfreie Lösung war eines der besten Erlebnisse, die ich je mit dem Rollenspiel hatte.
Ich gebe zu, das mein Vergleich zwischen der Rollenspiel- und der Skinheadszene hinkt, aber eine gewisse Ähnlichkeit scheint es zu geben: da ist eine Subkultrur, die zwar (ursprünglich) keine rechte Ideologie hegt, aber Punkte bietet, an der Rechtsextremisten den Hebel ansetzen können und die Szene insgesamt nach rechts ziehen, so dass nicht rechts stehende Leute aussteigen oder gar nicht erst hingehen.
Bei den Skinheads waren es die Ressentiments gegen Jugendliche mit Migrationshintergrund, die sich nicht aus Rassentheorien speisten, sondern aus der simplen Empfindung, dass die mit der "weißen" Arbeiterjugend um die immer rarer werdenden Arbeitsplätze für Geringqualifizierte konkurrierten, sowie gegen die linksintellektuelle Mittelschichtjugend und das Establishment sowieso, verbunden mit hoher Gewaltbereitschaft. Da dachten sich rechtsextreme Gruppierungen wie die National Front oder das British Movement, die sind doch prima Fußvolk für uns, und der Rest war dann Geschichte. Es gibt allerdings auch heute noch nicht-rechte Skinheads, das wird in den Medien gern übersehen, und die setzen sich gegen diese Art von Vereinnahmung heftig zur Wehr!
Nun sind Rollenspieler natürlich keine Skinheads! Sie sind, jedenfalls im echten Leben, nicht sonderlich gewaltbereit und größtenteils auch nicht rassistisch eingestellt, und der "Skinhead-Effekt", den ich zu erkennen glaube, steckt hier noch in der Anfangsphase. Nun ist es aber, das kann sicher keiner leugnen, so, dass es in den
meisten (nicht in allen!) Rollenspielwelten Elemente gibt, bei denen Leute, die Gewalt und Rassismus ablehnen, sich früher oder später fragen: "Verdammt, was mache ich hier eigentlich?" Jedenfalls habe ich mir diese Frage gestellt! Schon seit den frühesten Anfängen von D&D gehört es zum Standard, dass
alle SCs, selbst Heiler, bewaffnet sind, getreu dem US-amerikanischen "Bürgerrecht", Waffen zu tragen, und Rassenkonstrukte, die zwar von realweltlichen Rassentheorien verschieden sind, aber doch ähnlich funktionieren (Stichwort: "Alle Orks sind böse, schlagt sie alle tot!") sind ebenso fest verwurzelt. Natürlich sind die Gewalt und der Rassismus im Rollenspiel
virtuell, wenn eine SC-Gruppe eine Horde Orks niedermetzelt, ist das nicht mit einer Bande Nazi-Skinheads zu vergleichen, die mit der Bierdose in der linken und dem Baseballschläger in der rechten Hand "Türken klatschen" geht!
Ich weiß jetzt nicht wirklich, wie groß das Rechtsextremismusproblem in der Rollenspielerszene wirklich ist. Aber die Geschehnisse auf dem Treffen vor drei Jahren ("Eigentlich müsste man zur Bragida gehen, da spricht heute der Lutz Bachmann") gab mir doch zu denken, ebenso der Verkaufsstand auf einem Con, an dem neben allerlei Wikingerkitsch und "Odin-statt-Jesus"-T-Shirts auch Rechtsrock-CDs feilgeboten wurden und der, obwohl ich das Problem der Orga gemeldet hatte, im nächsten Jahr mit unverändertem Sortiment wieder da war, und ich habe in den vorangegangenen Jahren, in denen ich vergeblich versucht hatte, eine Spielrunde zu finden, die mir zusagte, eine ganze Reihe von Leuten kennengelernt, die Mitglieder schlagender Verbindungen oder anderweitig in eine mehr oder weniger rechte Richtung verkorkst waren. Die meisten freilich waren nicht offensichtlich rechts, aber sie waren mir unsympathisch, und wir konnten keine Einigung über die Spielinhalte erreichen.
Und ich habe auch schon echt nette und unproblematische Rollenspieler kennengelernt! Ich würde das Hobby Rollenspiel auch gern wieder aufnehmen, obwohl mich die Band, die ich vor zweieinhalb Jahren gegründet habe, schon ganz gut beschäftigt, aber ich will das Rollenspiel
anders spielen, ohne Gewalt und Rassismus, und da bin ich in der einschlägigen Szene eben
nicht fündig geworden, weil die Leute, egal ob rechts oder nicht, so nicht spielen wollten.