Ich denke, mit „die Kunden wollen es so“ kann man es vereinfacht wiedergeben.
Die Vorstellungen, wie Rollenspiel abläuft“ der meisten Rollenspielrunden wurde in den 90ern geprägt.
Auch wenn etliche vielleicht später begonnen haben mögen, wurden sie dann wiederum von Leuten (auch Rollenspielautoren) inspiriert, deren Bild aus dieser Zeit stammt.
Und das Rollenspiel aus dieser Zeit funktioniert auch sehr sehr gut.
Und viele kommen auch aus dieser zeit wieder zum Rollenspiel zurück - aus nostalgischen Gründen.
Deswegen funktioniert dieses Spiel eben auch bei den meisten Kunden.
Und die Nachfrage bestimmt irgendwo auch das Angebot.
Was Du beschreibst, trifft sicherlich auf den deutschsprachigen Raum zu. In den USA gibt es mit Numenera und Fate durchaus Neuerungswellen, die wiederum Konzepte aus der Forge Mainstream-tauglich gemacht haben. Dazu kommt auch noch die Neo-OSR, die ironischerweise aus der Rückbesinnung auf D&D neues hervorbringt. Zwar nicht so innovativ wie im Eingangspost gefordert, aber immerhin.
Ich habe das Gefühl, die neueren Spielkonzepte aus den USA dringen in Deutschland nicht durch, da die heutigen Autoren tatsächlich in den 1990ern mit den damaligen Rollenspielen erwachsen wurden. Und ja, die Designs von damals haben damals funktioniert (wie sage ich es gern: "Wir waren jung, und wussten es nicht besser."). Heute graut es mir, wenn ich mich mit den Spielen von damals auseinandersetzen muss. Und ja, das tue ich sogar freiwillig, weil ich immer noch Designs aus den 1990ern leite. Aber schönes, rundes Spiel ist echt anders. Sei es AD&D 2nd, bei dem die Klasse und die Anfangsfähigkeiten alles waren (und THACO heute noch keiner versteht) oder WoD mit dem unglaublich sinnlosen Kampfsystem.
Heute ginge das runder. Aber der deutschsprachige Raum wirkt auf mich durch die DSA-Mauer wie abgeschnitten von der modernen Rollenspielpraxis. Würde sich DSA6 grundrevolutionieren, könnte man tatsächlich was bewegen. Aber was da rauskommt, wäre wohl weitweg vom gewohnten. So dass ein kommerzieller Erfolg fraglich wäre. Also bleibt es bei behutsamen Änderungen wie Schips, eindampfen der Sonderregeln etc wie DSA5 es geliefert hat. Und der wirtschaftliche Erfolg gibt Ulisses ja recht.
Genauso D&D5. Auch hier sehr konservative Rückschritte Richtung 1990er. Trotz "Inspiration" und verringerter Sterblichkeit. Aber auch hier: der kommerzielle Erfolg gibt WotC recht.
Ich bin gespannt, wie es mit dem anderen Platzhirsch aus den 1990ern läuft: Vampire 5. Da fürchte ich nämlich Dank Kenneth Hite riesige Innovationen, die das Spiel am Ende floppen lassen. (Übrigens: Vampire hat bereits in den 90er Jahren gefragt: was bedeutet es ein Mensch zu sein? Dazu brauche ich keine Roboter oder KI. Da reichen gute alte Vampire).