Ohne Zweifel, ein Roman will seine Leser auch bewegen, dies kann sogar sein Sinn sein. Aber Rollenspiel ist in dieser Hinsicht viel stärker auf eine aktive Tätigkeit gerichtet. Es steht außer Zweifel, dass Rollenspieler das, was im Buch steht, umsetzen.
Sorry, nein. Jedenfalls nicht einfach so, pauschal über den Daumen.
Ein Rollenspielbuch mag eine Anleitung sein, aber wenn dann ist es eine Anleitung, wie man sich gemeinsam etwas vorstellen kann, bzw. etwas in der Vorstellung tun. Ein Roman ist in vielen Fällen – nicht immer – auch eine Anleitung, wie der Leser sich die Ereignisse vorzustellen hat. Insofern besteht da ein großer Unterschied zu einer Bastelanleitung, die konkrete Handlungen an Objekten "vorschreibt". Und mit dem Begriff "umsetzen" würde ich ebenfalls etwas sorgsamer umgehen wollen, sonst stehen wir nämlich gleich ganz schön blöd da, wenn der nächste christliche Fundi Rollenspiel und Götzendienst verbindet. (Es sei denn, du willst argumentieren es gäbe eine solche Verbindung, aber dann ... naja, lassen wir das.)
Nun halte ich die überwiegende Mehrheit der RollenspielerInnen für klug genug, nicht irgendwelchen Blödsinn zu machen. ABER ... es gibt einen Trend, dass Rollenspielsysteme div. Dinge wie Gewalt (besondere Arten von Gewalt) als Stilmittel für ein ernstes und düsteres RS verkaufen nach außen auch so wirken wollen.
Ja, es gibt auch einen Trend zum Einsatz von Gewalt als Stilmittel in Filmen, Büchern etc. Verkauft sich halt, scheiß Kapitalismus.
Die Alternative heißt Zensur, mit anderen Worten, irgendwer entscheidet, was Kunst/Ernsthaft ist und was nur verkaufsförderndes Stilmittel ist. Wenn – alternativ – der mündige Konsument entscheidet, wird man damit leben müssen, dass der MK manchmal "falsch" liegt oder einen schlechten Geschmack hat. Anyway, wenn du Zensur willst, dann sag's, kann man drüber reden.
Die Spieler aber setzen das Ernsthafte nicht so um.
Moment mal: "Die Spieler"? Wohl eher "ich kenne Spieler, die". Nun, ich kenne Leute, die keine Horrorfilme vertragen und wenn sie doch mal einen schauen zwei Wochen lang davon Alpträume haben. Ich kenne auch Leute, die über bestimmte (relativ normale) Themen kein vernünftiges Gespräch führen können, da gehen einfach die Scheuklappen runter und Schluß ist. Nicht jedes Angebot wird wahrgenommen und es gibt jede Menge Deppen da draussen. Aber folgt daraus irgendwas? Meiner Meinung nach zumindestens nichts, was spezifisch für RSPs wäre.
Und genau das wissen die Hersteller. Die düsteren Elemente werden ausgebaut oder vertieft, ggf. mit Hintergründen unterlegt, womit eigentlich ein falscher Anreiz gegeben wird. Die Ernsthaftigkeit, die der Umgang mit div. Themen m.E. erfordert, verkommt nur zu einer Hülle. (Man bedenke diesbezüglich auch die Wirkung des Hobbys Rollenspiel nach außen.)
hä? Sorry, keine Ahnung was du sagen willst. "Mit Grusel werden Geschäfte gemacht", "Ja der Verlag gibt sich ernsthaft, aber _ich_ weis ganz genau, dass die das nicht so meinen und nur ein Deckmäntelchen suchen." Mal ehrlich, wie sieht deine Alternative aus? Schwierige Themen nur dann im RSP, wenn ein dickes Psycho-Selbsthilfebuch beiliegt? Alles reinwaschen, damit die Fundis keinen Angriffspunkt haben? RSP-Verlage, die sich im Gegensatz zum Rest der Welt nicht um ihre Profite kümmern?
Vor allem die unbewiesene Behauptung "die machen das für's Geschäft" finde ich etwas schwierig, es sei denn du kennst die entsprechenden Autoren und die haben das dir gegenüber so gesagt. (Selbst wenn, wäre die Frage, warum RSP-Verlage sich nicht am Markt orientieren sollten.)
---SNIP---
Wie oben schon angedeutet wurde ... wenn es zu div. Handlungen (Vergewaltigung, Massenmord usw.) in einem Spiel kommt, weil es sich zwangsläufig als Konsequenz ergibt, ist das durchaus O.K. Aber wenn es zu solchen Handlungen kommen soll (!), dann erhält das für mich eine recht fragwürdige Färbung. Letztlich müsste ich dann nämlich fragen, was denn so toll daran ist, einen Char spielen zu wollen (!), der eben diese üblen Dinge erlebt oder ausübt ... Ab einem gewissen Grad hinterlässt dies nämlichen einen außergewöhnlich negativen Eindruck.
Nun, manche Leute haben das Bedürfnis, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Gerade weil sie verstörend sind, und eine rein intellektuelle Diskussion über so ein Thema unter Umständen recht steril bleibt, vor allem weil sich sowieso alle einig sind, dass gewissen Sachen halt einfach Scheiße sind. Rollenspiel ist auch eine Möglichkeit mit solchen Themen umzugehen.
Diese Auseinandersetzung kann einerseits durch Einfühlen in den Char, (den man sich ausgedacht hat) erfolgen, d.h. man beschäftigt sich mit der Frage, wie man in dieser Situation, mit dieser oder jener Biographie handeln würde. Die meisten Leute die ich kenne, haben sich bspw. schon mal gefragt, wer oder wie sie im 3. Reich gewesen wären, unabhängig vom RSP. RSP ist eine Möglichkeit, für sich eine Antwort auf diese Frage zu finden, oder zumindest die Frage besser zu verstehen.
Der zweite Grund, aus dem so etwas interessant sein kann, ist der, dass man im Spiel eine Geschichte erzählen möchte, in der eben auch ein solcher Charakter vorkommt. Es kommt dann natürlich keine Geschichte nach dem Muster "Held rettet Drachen vor böser Prinzessin" raus, sondern eher ein Drama um menschliche Schwächen, Ängste etc. Wenn ich sowas im RSP haben will, spiele ich halt auch einen Charakter der mich ankotzt, bzw. Sachen macht, die mich ankotzen.
Hilft das?