Mannomann, die ganze Diskussion ist doch schwieriger und spannender, wodurch ich jetzt schon länger am PC haänge, als ich wollte
Hierauf kann ich nicht allgemeingültig antworten, weil es vom Einzelfall abhängig ist. Ich nehme mal das Wort "konstruiert" jetzt als nicht-wertend, sondern als eine plausible Situation, wie sie sich aus der Spielwelt ergeben kann. Und dann habe ich als Spieler einer Gruppe, egal auf welcher Seite des Tisches, überhaupt kein Problem damit.
Klar, allgemeingültige Antworten sind so gut wie unmöglich, gerade wenn wir hier spielstil- und systemübergreifend diskutieren wollen. Das Konstruieren einer Situation (oder besser Szene oder Encounter) im Sinne korrekter regeltechnischer Anwendung bewerte ich auch nicht negativ (mir ist gar nicht aufgefallen, dass bei dem Wort konstruieren negative Konnotationen mitschwimmen können), aber was ich kritisiere ist, dass der SL diese unlösbare Szene (diesen alternativlosen Encounter) den Spielern/Charakteren ohne deren "Verschulden" hinsetzt.
Die Plausibilität der Spielwelt ist dabei ein dehnbarer Begriff. Vielleicht haben die Spieler einer mächtigen Fraktion irgendwann auf die Füße getreten, und sehr wahrscheinlich ist es nicht unplausibel, dass diese Fraktion von sich aus (auch ohne Spielerfehler) sehr effektive Maßnahmen gegen sie einsetzt - aber jetzt überlegt die mal, wie oft das im Spiel vorkommt, dass eine gegnerische Fraktion eine unüberwindbare Truppe zur Gefangennahme der SCs aussendet (und die SCs keine Möglichkeit haben, die Konfrontation zu vermeiden oder zumindest zu ihren Gunsten zu beeinflussen). Plausibel ist das - aber mach das regelmäßig, und es gehen ein paar Spieler - aus gutem Grund.
Wenn Spieler es gewohnt sind immer alles genau abschätzen zu können, dann wird sie das vermutlich aus der Bahn werfen.
(Mir persönlich wäre das zwar nicht realitätsnah bzw. spannend genug, aber ich kann verstehen, was er meint)
Wenn dagegen eine gewollte und angenehme Verunsicherung erlaubt und erwünscht ist, dann wird es eher willkommen sein und auch niemanden aus den Socken hauen.
Realitätsnah und spannend sind schonmal zwei völlig verschiedene Dinge....
Realitätsnah finde ich zu mühselig zu diskutieren, damit stichst du mMn ein ganz anderes Fass an. wichtiger finde ich den Zusammenhang zwischen Abschätzbarkeit und Spannung.
So, wie ich leite und euch zu spielen bevorzuge, spiele ich viel mit offenen, riskanten Encountern. Gerade Kämpfe und Erkundungen, manchmal (seltener) auch soziale Situationen sind für mich deswegen spannend, weil ich davon ausgehe, dass das Ergebnis entsprechender Szenen
offen ist - zumindest graduell offen. Eine Szene, deren Ergebnis ein SL vorherbestimmt hat, finde ich nicht spannend. Eine solche Szene erfüllt an einem Spielabend eine andere Funktion (z.B. Infodump, Atmosphäre). Sie kann interessant sein, aber ist nicht riskant.
Damit offene Szenen Spannung herstellen können, muss eine gewisse Vorhersagbarkeit bestehen. Ich muss erwarten können, dass sich alle Beteiligten an die Regeln halten (ist bei deiner Gefangennahmenszene gegeben), ich muss eine gewisse Plausibilität der Spielwelt erwarten dürfen (ist wie oben gezeigt relativ, bei deinem Ziel aber nicht unbedingt das Problem) und ich muss erwarten können, dass das Ergebnis der Szene in einem "kausalen Verhältnis" zu den Aktionen meines Charakters und meinen Aktionen als Spieler steht. Außerdem muss ich natürlich berechtigt erwarten können, dass der SL offene Szenen offen spielt.
Die beiden letzten Punkte sind bei einer geplanten Gefangennahme nicht gegeben.
Die Verunsicherung, die entsteht, ist folgende: Ich weiß nicht mehr, ob eine "offene Szene" eine offene Szene oder eine Drehbuchszene ist. Dadurch verlieren offene Szenen an Spannung.
Was das Anbieten von Gnade angeht:
Ob sich meine NSCs daran halten, hängt davon ab, wie glaubwürdig sie sind (eine Ogerbande ist weniger glaubwürdig als ein Paladinorden), was für Motive sie haben, was die Charaktere ihnen für Gründe für Nachsicht geben, was für ein Genre/System ich leite usw. usf. Notfalls spielen die Würfel eine Rolle.