@Jiba.
Im Prinzip triffst du den Nagel schon auf den Kopf, selbst wenn ich zweiteilig antworten muss. Und ja, die Szene mit dem Verkäufer vereint beides.
Das moralisch Fragwürdige ist, dass es nicht in Ordnung ist, dass sich der Alte an den Verkäufer ran macht. Das ist grundsätzlich nicht Ordnung. Eine freundliche Geste - respektive eine freundliche Bedienung in einem Geschäft - ist keine Einladung zu mehr. Das ist es nie. Um die Sympathien für die Figur nicht zu gefährden, wird die Zurückweisung nun mit Homophobie und mit der Kirsche Rassismus oben drauf garniert. Man braucht sich dieselbe Szene einfach nur heterosexuell vor Augen zu führen (alter Mann, junge Bedienung), um zu verstehen, wieso es moralisch fragwürdig ist. Nur weil es mit einem Homosexuellen gemacht wird, fällt es vielleicht nicht gleich auf.
Daneben ist die Szene rein funktionell konzeptioniert. Eine Figur weigert sich und in der Folgeszene - getreu einem Beat-Sheet-Ablauf - wird seine Weigerung pulverisiert. Das Ganze geschieht dann wie oben erwähnt mehrfach, damit es auch wirklich greift. Die Figur muss begreifen, warum ihre Wahl falsch war. Nicht nur, dass sie zurückgewiesen wird. Nein, der andere ist ihr gegenüber feindlich eingestellt. Und um es noch mal zu unterstreichen, wird die andere Figur gänzlich diskreditiert. Auch hier hilft es, sich alternative Pfade anzuschauen.
Der Alte wird zurückgewiesen, vielleicht weil der Käufer zwar homosexuell, aber schon in einer Beziehung ist. Oder einfach, weil er kein Interesse hat, jedoch nicht homophob ist. (Beides würde den moralischen Faktor nicht aufheben!) Selbst dann würde die Figur die Zurückweisung für den Zuschauer noch verkraften können, weil der andere ja immerhin noch ein Rassist ist. Puh, Glück gehabt. Der Andere ist ein Arsch, den du nicht willst bzw. verdienst. Alter, das ging ja gerade noch einmal gut! Das ist bemüht. Überzogen und unnötig.
Und einige, meist spätere, Szenen im Film, sei es mit dem russischen Geheimdienst oder zwischen der Protagonistin und dem Schurken, doppelten einfach bekanntes, ohne irgendwas hinzuzufügen. Wenn ich hier den angedeuteten sexuellen Machtmissbrauch aufgreife, dann ist es zwar auf der einen Seite zwar gut, weil ein wichtiges Thema, aber auf der anderen Seite bemüht und. Dass der Schurke ein Arsch ist, der es nicht mag, dass sich eine Frau bzw. sie sexuelle Lust äußert, haben wir bereits gesehen. Und stattdessen, dass eine Faszination für die Protagonistin entwickelt wird, kommt sie einmal im Film vor, um zu zeigen, wie böse der Schurke ist. Es macht den Film nur länger und dient einzig der Funktion, den Schurken unsympathisch zu machen, was zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert war. Unnötig.
Hilft das?