Was ganz allgemein für nahezu beliebig große Gruppen funktioniert, sind Rollenspiele, die nicht für jeden Spieler eine eigene Figur im Spiel vorsehen. Die Parsely-Spiele von Jared Sorenson z.B. emulieren altmodische Textabenteuer – da ist es dann ziemlich egal, wer gerade einen Befehl erteilt; die Spieler können sich absprechen, oder jeder darf mal, oder wer gerade einen Einfall hat, nach Belieben. Das geht problemlos auch mit einem ganzen Hörsaal voll Leuten. (Jeder, der früher mal mit Freunden vorm Rechner zusammen Zork oder später auch Monkey Island oder sowas gespielt hat, erkennt das Prinzip sofort wieder. Wer sich da gerade gar nichts vorstellen kann, auf
dieser Kickstarter-Seite für eine neue Ausgabe wird es mit Beispiel erklärt.)
Der Knackpunkt ist bei Rollenspielen mit großen Gruppen ja am Tisch das Spotlight und sekundär in der Fiktion die Bewältigung vieler handelnder Charaktere. Wenn man den fiktiven Fokus mehrfach aufteilen und immer wieder neu verschieben muß, gelangt man schnell an die Grenze, schon bei der Zeit; und jede Handlung jeder Figur benötigt Zeit und Aufmerksamkeit zum Schildern und Abhandeln. (Sehr oldschoolige Dungeoncrawler lösten das Problem mit dem bereits erwähnten Caller, dem Sprecher der Gruppe, der gegenüber dem Spielleiter alles zusammenfaßt und ansagt, was die einzelnen Männchen machen. Das kann auch mit einem Dutzend Spielern funktionieren, aber dann ist jedes Männchen wenig mehr als wandelnde Treffer- und Schadenspunkte.)
Wenn man allerdings nur einen Blickpunkt in das fiktive Geschehen hat, also nur eine Figur, der man über die Schulter schaut oder durch deren Augen man das Geschehen wahrnimmt – den „Focalizer“ –, braucht man sich über Spotlight und tausend simultane Handlungen gar keinen Kopf mehr machen. Man hat dann viele Spieler, aber nur eine Figur (bei den Parsely-Spielen sogar nicht mal einen klassischer Charakter, sondern nur ein handelndes „du“).
Ob man das so möchte, ist natürlich eine andere Frage; ein Rollenspiel, wie es traditionell verstanden wird, ist das nicht. Es ist aber eine Möglichkeit für beliebig viele Teilnehmer und einen Spielleiter, die funktioniert.
Eine andere Möglichkeit hat Chiarina schon genannt: Erzählspiele, bei denen der Ball kontrolliert von einem Erzähler zum anderen geht (in seinem Beispiel ganz wörtlich).