Ich will was zum Film sagen. Ich bin rein, weil ich dachte, ach komm, pfeif drauf. Irgendwie ist Star Wars ja auch ein Teil einer umfassenden popkulturellen Bildung.
Wichtig ist es ja immer, zu wissen, wo jemand gedanklich herkommt, damit man weiß, ob man dessen Einschätzungen teilen kann oder ob das unsinnig ist. Ich starte aus diesem Grund also mit einem Disclaimer.
Disclaimer: Ich habe die ursprüngliche Trilogie mit ca. neun Jahren gesehen, und in diesem Alter und in einer Welt ohne Internet und so weiter, da war das natürlich eine unglaublich Erfahrung. Man lernt Science-Fiction kennen, lernt Drama und Epik kennen, es gibt weit und breit nichts Vergleichbares. Ich brauche euch nix erzählen, ihr wisst selbst, wie das war. Es war eine Art Erlösung.
Dann kamen die drei Prequels. Um meine Einstellung gegenüber den Prequels angemessen in Worte zu fassen, muss ich mit einem Gleichnis arbeiten.
Stellt euch vor, ihr bekommt ein junges Pony zum Geburtstag geschenkt. Ihr nennt es Butterblume. Ihr seht es heranwachsen und ihr liebt es von ganzem Herzen. Ihr spielt jeden Tag mit ihm, ihr striegelt und streichelt es, ihr bindet ihm Blumen und bunte Bänder ins Haar. Ihr füttert es ausschließlich mit zartem Klee.
Dann, ohne euer Zutun, wird euch das Pony weggenommen. Ihr müsst mit ansehen, wie das Pony von einem fetten, schwitzigen Mann brutal zugeritten wird, und der Mann schlägt das arme Pony auch noch dauernd mit der Faust.
Dann, wenn das arme Pony schon ganz kaputt ist, werdet ihr gezwungen, zuzusehen, wie das Pony in einen Fleischwolf geworfen wird, es wird zerschreddert und es wird Wurst daraus gemacht.
Und
dann werdet ihr gezwungen, die Wurst zu essen.
Das war meine Erfahrung mit den Prequels. Es war die Erkenntnis, dass es nichts Gutes und Schönes in der Welt geben darf und nicht geben kann. Wenn man so im Kino sitzt und schaut grübelnd dreimal zweieinhalb Stunden lang einer Art visueller Massenkarambolage zu, dann ist das ebenfalls eine Art Erlösung: Man erkennt, wie scheiße Star Wars eigentlich ist. Dass das Universum nicht entwicklungsfähig ist. Dass es immer nur ein paar Requisiten und Symbole neu anordnet. Dass die Produktionen lieblos und schludrig sind. Dass alles dumm ist und Kitsch. Und danach ist man frei.
Ich finde Jedis saublöd, ich finde die Macht lächerlich, ich finde Lichtschwerter nervtötend, ich finde ATATs und Sternenzerstörer peinlich, und Darth Vader total überspielt. Ich finde Stormtrooper uncool.
Und deshalb bin ich genau der richtige Mann, um mir einen Star Wars Film anzuschauen, weil ich da einfach völlig unbelastet rangehen kann und mir wirklich
gar nichts erwarte.
Disclaimer Ende. Jetzt mein Eindruck:
Solo ist ein einwandfreier Film. Ich hatte über weite Strecken vergessen, dass der Hauptdarsteller überhaupt Han Solo ist, weil sie den Kitsch-Level einfach deutlich runtergefahren haben und beispielsweise der ganze Jedi-Quatsch weg ist. Praktisch kein Laserschwert, kein beknackter C3P0, nix davon, hurra! Ab jetzt in unzusammenhängenden Stichpunkten:
- Solo ist eigentlich ein Warhammer 40K-Film, und das tut dem ganzen UNGLAUBLICH GUT (Eye of Terror, die Unterwelt, Bolterschüsse in die Gesichter usw.).
- Der Film hat echte visuelle Probleme, weil da irgendwas mit der Beleuchtung nicht passt.
- Ich steh voll auf diese ganzen Blickwelten. Der schummerige Eisnebelplanet, der donnernde Achterbahn-Lastenzug, der sich in die Kurve reinlegt. Wunderbar!
- Die Daenerys Targaryen ist super heiß, der steht das total gut, dass sie mal normal aussieht
- Ich mag diesen neuen Seitenlinien-Humor, da ist das Timing herrlich. Der Stormtrooper als Verkehrspolizist, wie er auf seinen Speeder aufsteigt, großartig.
- Ich hatte ordentliche Wouh!-Momente, z.B. als der Sternenzerstörer plötzlich im Mahlstrom parkt.
Oder als halt das blaue Benzin erst nicht auslöst, und sie fast in den Gratvitationsstrudel geschnullert werden, super!
- Das Pacing war einfach sehr gut. Der Han Solo macht eine Barrel-Roll und kegelt den imperialen Flieger weg, toll! Oder dieser Quatsch mit den Landefüßen, die die Steine hochwirbeln, so was will ich sehen, ganz hervorragend.
Ich könnte noch viel schreiben, vielleicht reiche ich noch ein paar Eindrücke nach. Der Film war freilich auch saudumm (an unendlich vielen Stellen, man denke an die Laser-Käsemesser vom Dings), aber das ist doch bei Star Wars total egal. Es ist ein klasse Science-Fiction-Film, mit der richtigen Geschwindigkeit und hin und wieder originell, ich hab kein einziges Mal auf die Uhr geschaut. Der Film ist vor allem deshalb ziemlich solide, weil er eigentlich nur grade noch so ein Star Wars Film ist. Also kann ich jedem empfehlen, sich den mal zu geben, gerade auch für Skeptiker wie mich.
Eine letzte Sache noch: Ich habe den Thread nicht gelesen, deshalb weiß ich nicht, ob das schon angesprochen wurde - der Feminismus-Bot war aber schon ein heftiger Akzent in dem Film, oder? Habt ihr da irgendwelche Gedanken zu? Ist der Wellenkamm des Feminismus wohl mittlerweile schon durch oder was, dass man das so heftig parodieren kann im weltweit größten Film-Franchise aller Zeiten?