Warum sollte das "nicht ganz fair" sein?
Weil dadurch mir allein die Schuld am Ende der Freundschaft zugewiesen ist. Die Logik ist, wenn er unbedingt Kinder haben will, ist das ja sein Problem, bei mir hat sich ja nichts geändert, er ist es, der ja unbedingt sein Leben verändern musste, warum sollte ich mich in irgend einer Form darauf einstellen müssen? Sieht man ja auch schon an den Antworten hier, dass das die gängige Reaktion ist. Ist übrigens bei beruflichen Veränderungen genau die gleiche Reaktion und genau so wenig fair.
Ich habe das ja früher ganz genau so gesehen und gehandhabt, habe ich ja auch geschrieben. Aber wenn ich heute noch mal die Chance hätte, würde ich versuchen, es anders zu machen. Eben versuchen, den anderen auf halbem Weg entgegen zu kommen. Wenn sich das dann als fauler Kompromiss erweist, der keinem was bringt, okay, dann muss man eben noch mal neu denken. Aber früher habe ich es nicht einmal versucht, sondern, genau wie das hier jetzt auch anklingt, gedacht, "nicht mein Problem", und dann, schlimmer, war ich enttäuscht von den anderen, denen mit dem Kind, denen mit dem verantwortungsvollen Job. Und dieses Enttäuschtsein, das ist sehr selbstgerecht und, wie ich schrieb, nicht fair. Jedenfalls dann nicht, wenn der andere durchaus noch Interesse an der Freundschaft zeigt, man selber nur keine Lust hat, sich den geänderten Umständen in irgend einer Weise anzupassen.
Ich hatte z.B. mal Rollenspielfreunde für ein Wochenende eingeladen. Die trafen um 17 Uhr an einem Freitag ein. Ich hatte gehofft, dann Feierabend machen zu können. Ich hatte aber einen Job mit Verantwortung, und es war dann etwas, das an dem Tag noch fertig werden musste, also gelang es mir erst um 18 Uhr, Feierabend zu machen. Einer meiner Freunde war darüber furchtbar angepisst.
Ein anderer Freund gefiel sich in der Rolle des "schlechten Einflusses", der die Väter in seinem Freundeskreis dann am Samstag zum Feiern mitschleppte und sie überredete, länger zu bleiben und mehr zu trinken, als sie eigentlich wollten. Erzählte das ganz selbstgefällig und voller Stolz. Und während er dann gegen mittag am Sonntag aufstand, sich ein Katerfrühstück machte und sich dann wieder auf die Couch legte, dachte er recht wenig darüber nach, dass die besagten Väter um 6:30 von ihren Kindern geweckt wurden und am Montag wieder arbeiten mussten. Wenn aber jemand sich nicht so leicht überreden ließ, wenig trank und früh nach Hause ging, dann sagte er nicht: "Naja, schön dass er es möglich gemacht hat, dabei zu sein." Sondern er sagte: "Bah, mit dem ist echt nichts mehr los, seit er Kinder hat."