Eine kleine Theorie dazu... ich weiß nicht, ob das schon angeklungen ist: Prinzipiell kann Systemhopping auch schlicht und ergreifende eine Überforderung / Übersättigung sein (jetzt mal ganz unabhängig von Zeit und Geld).
Wenn ich so zurückdenke, in meine Rollenspielanfangszeit in den frühen 0er Jahren... da war die Riege der Systeme für mich wahnsinnig überschaubar: DSA, D&D, WoD, Cthulhu, Shadowrun... manchmal kam wer mit Exoten wie Traveller, L5R, 7te See oder Kult um die Ecke. Sicher, damals gab es schon kleine und nicht so kleine Perlen und Geheimtipps, klar, aber die waren im Netz auch noch nicht so präsent.
Ich habe das Gefühl heute ist die Rollenspielszene sehr viel stärker vernetzt, das Neue liegt nur einen Link entfernt. Und dann haben wir noch Kickstarter, was jederzeit auch die kleinsten Nischen im Hobby bedienen kann.
Womit wir beim OP wären: Eine Abwehrhaltung muss nicht bedeuten, dass jemand nichts Neues kennenlernen will. Er wird sich nur vielleicht dagegen entscheiden, weil er dann auswählen müsste... und das fällt eben immer schwerer. Sich in das zurückzuziehen, was man kennt, ist leichter. Man hat sein Leib- und Magensystem, man hat seine Spieler, man bleibt dabei. Etwas Neues anzuschleppen ist auch mit sozialem Aufwand verbunden, denn man muss das Ganze schmackhaft machen. Man muss das Ganze dann auch selbst bewerben. Und das kann wiederum in einem Meer an Möglichkeiten wahnsinnig anstrengend sein.
Heute kann ich davon ausgehen: Jeder Rollenspieler, mit dem ich spreche, hat irgendein Spiel zu Hause im Schrank, das ich noch nie gespielt habe. Inzwischen überfordert mich das auch, weil es die Trennung zwischen Mainstream- und Special Interest irgendwo aufbricht. Heute ist alles Special Interest und es gibt viele Spiele bei mir im Schrank, die ich niemals in der Tiefe werde bespielen können, wie ich das will, weil sie so obskur sind (und das ohne wirklich obskur zu sein... von den meisten Spielwelten etwa gibt es für andere Systeme ebenfalls Ausprägung um Ausprägung... keine objektiv besser oder schlechter als die andere).
Wenn ich bei meinen Leisten bleibe, vermeide ich die Übersättigung, die der Markt nun einmal im Moment mit sich bringt. Es gibt quasi alles schon. Und nur weil ich z.B. auf Film Noir oder Wuxia oder Mantel-und-Degen stehe, heißt das noch nicht, dass derjenige, der ebenfalls darauf steht, das gleiche Film Noir oder Wuxia oder Mantel-und-Degen-Spiel im Schrank stehen hat.
Es ist eine ständige Verhandlung über das, was man spielen will. Bleibe ich bei dem, was ich schon habe, dann weiß ich, was ich habe und muss mir nicht im Zweifel neue Spieler suchen.
Ein zweiter Punkt ist, dass man in seinem Leib und Magen-System in der Regel gut ist. Wer jahrelang dasselbe Spiel spielt, der erreicht auf Regel- und auf Settingebene einfach eine Qualität, die eine flüchtige Bekanntschaft nicht hergibt. Bei vielen Spielen, die mich interessieren, steige ich tatsächlich deshalb nicht ein, weil es in meinem Freunden und Bekanntenkreis schon Leute gibt, die sich genau auf das oder etwas Ähnliches, das dann in Konkurrenz treten würde, spezialisiert haben. Ich müsste zu sehr arbeiten, um dieses Level zu erreichen.
Aber, zusammenfassend: Beim Altbewährten bleiben ist inzwischen sehr verführerisch... weil es einfach zu viel Anderes gibt.