Autor Thema: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?  (Gelesen 4748 mal)

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Offline Kaktusbombe

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Hallo zusammen,

es fällt mir immer schwer, meine Spieler(-charatere) in eine größere Geschichte einzubinden. Könnt ihr mir da Tipps dazu geben?

Kurzer Exkurs zu mir und meinen Spielern:
Ich bin sowohl als Spieler wie auch als Spielleiter eher Anfänger und meine Mitspieler sind auch auf ähnlichem Level. Wenn ich leite, dann spielen wir hpts. Dungeonslayers und dort habe ich bisher einfach einen Dungeon2Go aus der Tasche gezogen und bespielt. Mit entsprechend wenig Hintergrundstory oder einem größeren Ganzen.
Das macht auch allen beteiligten Spaß und ist gut, das ist nicht das Problem.
Aber wir erinnern uns alle an ein früheres Spiel, das mehrere Abende gefüllt hat, bevor es wegen zeitlichen Einschränkungen der Spieler zerlaufen ist. Da waren 6 Abende um und die Geschichte war gefühlt noch nichtmal zu 30% bespielt. Aber wir waren alle "im Spiel", weil die Geschichte uns "umschlossen" hat (eine andere Formulierung fällt mir spontan nicht ein). Das war zwar mit einem anderen Spielleiter (und einem anderen System), aber in die Richtung möchte ich auch gehen.

Ich habe auch schon selbst kleine Abenteuer erstellt und diese bespielt. Aber das sind alles in sich abgeschlossene und Kontext-unabhängige Geschichten gewesen. Wenn ich aber versuche, mir eine Geschichte zu überlegen, die auch mal für 3-5 Spieleabende reicht, komme ich an die Grenzen meiner Kreativität. Natürlich kann ich "Die Suche nach dem wichtigen Gegenstand XY" ausdehnen, indem ich den Spielern immer wieder Unwegsamkeiten vor die Nase setze ("Um den Gegenstand zu finden, müsst ihr zunächst durch den Wald [Encounter #1] an die Küste. Von dort über das Meer [Nebenquest für den Kapitän], den Dungeon finden [Nebenquest für den Wildnisführer] und untersuchen [Encounter #2].").

Alles schön und gut, aber man sieht auf den ersten Blick, dass die Geschichte dadurch (meiner Meinung nach) nicht "reichhaltiger" bzw. spannender wird.

Wenn ich mir dann die Geschichten anderer Leute anschaue, staune ich manchmal Bauklötze, wie die Spieler fest in einer Geschichte eingewoben werden, sodass jede Aktion der Spieler eine Reaktion der Spielwelt erzeugt. Da gibt es Kontrahenten, die gegen die Spieler agieren, es gibt Sagen und Mythen, auf die die Spieler im Lauf der Kampagnie stoßen und unzähliges mehr.
Meine Ideen fühlen sich dagegen immer nach "5 auf 5 Meter Sandboden + grüne Tapete" an, und meine Spieler sollen sich dann fühlen, als wären sie auf Tatooine.

Wie erschafft ihr solche Geschichten? Habt ihr da ein Schema, nach dem ihr vorgeht?

Wenn gewünscht, kann ich euch auch mit einem konkreten Beispiel versorgen, aber prinzipiell ist die Frage ja mal setting- und systemunabhängig.


Offline Lichtschwerttänzer

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #1 am: 8.08.2018 | 20:07 »
Gib dem Dungeon einen Sinn.

Solange alle  am  Spieltisch Spaß haben macht ihr genug richtig.
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Sigh. “No Steve. I have my sword and my bow, and my arrows and my cloak and this hobbit here. What could I have forgotten?”
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Offline Crimson King

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #2 am: 8.08.2018 | 20:19 »
Idealerweise sollten die Spielercharaktere eigene Motivationen haben, auf Abenteuer zu ziehen. Diese Motivationen sollten das Fundament für den Plot bilden. Das ist dann üblicherweise eher episch ausgelegt. Wenn ein Charakter beispielsweise auf der Suche nach einer bestimmten Person ist, verknüpfe Spielinhalte mit dieser Person oder Informationen zu dieser Person. Auf diese Weise sollten die Spieler von sich aus die Handlung weiter treiben wollen. Von der Vorstellung, dass die Last, die Story zu tragen, alleine auf deinen Schultern liegt, kannst du dich dann trennen.

Ansonsten gibt es einige einfache Hilfsmittel, um deine NSCs ein bisschen auszubauen. Relationship Maps verknüpfen NSCs untereinander und mit den Spielercharakteren. NSCs sollten ebenfalls eigene Motivationen haben und von sich aus agieren, wenn die Spieler nichts tun. Je besser du dein Setting, deine NSCs, Kreaturen etc. kennst, umso einfacher wird es dir fallen, auf Basis dieses tiefen Verständnisses zu improvisieren.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline Kurna

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #3 am: 8.08.2018 | 21:10 »
Mein Tipp ist, versuche dich in kleinen Schritten heranzuarbeiten. Es muss nicht sofort eine große Geschichte sein. Die Welt wirkt schon viel dynamischer, wenn du deine kleinen Abenteuer lose verknüpfst. Hilfreichg ist dabei aber, schon zu wissen, was du nach dem aktuellen Abenteuer machen willst.

Beispiele:
1) Du hast zwei Abenteuer, eine entführte junge Frau aus den Händen einer Orkbande befreien und einen Dungeon.
Verknüpfe sie, indem der Vater der geretteten Frau der Gruppe aus Dankbarkeit die Karte/Info zum Dungeon gibt.
2) In einem Dungeon findet die Gruppe etwas (alter Text/Artefakt/mag. Waffe), was sie nicht alleine entschlüsseln können.
Der Zauberer/Magister/..., dem sie es zeigen, lässt sich als Bezahlung etwas aus einem anderen Dungeon holen.
3a) Abenteuer 1: Orks überfallen immer wieder Reisende. Die Gruppe verfolgt sie zu einem Höhlensystem und räuchert sie dort aus. Nebenbei finden sie zu ihrer freudigen Überraschung in einem abgelegenen Raum ein kleines Warenlager. Abenteuer 2: Was die Gruppe nicht wissen konnte, das Warenlager gehörte nicht den Orks, sondern einer damit nicht verbandelten Räuber-/Schmugglerbande. Die attackieren jetzt die Gruppe um sich zu rächen. (Kommt noch besser, wenn es nicht direkt das nächste Abenteuer ist, sondern erst etwas später kommt.)
3b) Variante von 3a: Es gibt kein Warenlager, aber die Orks hatten überraschend gute Waffen. Diese hatten sie von Waffenschmugglern bekommen. Im zweiten Teil greifen diese dann an (oder müssen umgekehrt von der Gruppe enttarnt werden).

Was du also merkst: Man kann eine Geschichte auch langsam aufbauen, ohne schon selbst alles zu kennen. Trotzdem wirkt die Welt gleich viel lebendiger. Später kann man noch längerfristiger arbeiten. In einem Abenteuer finden sie ein Buch mit Heldensagen um die große Kriegerin XY. Dort liest man, dass sie unbekannt verschollen ist. In einem späteren Abenteuer findet man magische Handschuhe mit ihren Initialen. Mit solchen kleinen Hinweisen wird langsam ihre Hintergrund-Geschichte zusammengesetzt. Irgendwann, wenn es dir passt, kann dann eine Auflösung kommen: Die Gruppe findet das verborgene Grab und erfährt von ihrem letzten Abenteuer (und muss es jetzt an ihrer Stelle lösen). Oder es ist ganz anders und die Gruppe muss sie aus einem Verlies in einer Parallelwelt befreien?
 
Edit: Hilfreich ist auf jeden Fall auch, sich genau zu notieren, was so passiert ist. Das macht es später leichter, auf solche Sachen/Charaktere/Ereignisse zurückzugreifen.
« Letzte Änderung: 8.08.2018 | 21:29 von Kurna »
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Offline KhornedBeef

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #4 am: 8.08.2018 | 21:23 »
Ich schließe mich dem Tip an, erst gröbere Striche zu zeichnen, und dann auszuarbeiten. Dafür gibts auch noch bessere Formalismen, aber fang mit größeren Themen und Problemen an (ich meine so Epic High Fantasy groß) und überleg dann, wie die Schatten vorauswerfen, so dass Ausläufer in kleinerem Rahmen hervortreten. Die Orks mobilisieren, um die Welt zu retten? Monate vorher erlebt vielleicht das Heimatdort eines SC öftere, selbstbewusstere Raubzüge der örtlichen Orks...oder das Gegenteil dringt als Gerücht zu euch. Das gleiche kannst du auch mit abstrakteren Themen machen (Verrat). Und du musst auch nicht Drakulon den I. in allen Details ausarbeiten, sondern machst dir erstmal ne Skizze in der "Orktyp" oben steht. Wenn du dann nachher etwas ausarbeitest, baust du auf schon fertige, und erspielte, Verbindungen auf, und es wirkt wie cleveres Foreshadowing ;)
Aber wie gesagt, da gibt es noch konkrete Tipps. Koch erstmal mit Wasser, wirf ruhig nochmal um, was aufgrund bisheriger Hinweise noch nicht feststeht, und belausch Theorien der Spieler. Nichts ist so befriedigend wie das Gefühl, den richtigen Riecher gehabt zu haben. Außerdem kommt man als Spieler ja auch schon mal auf eine Theorie, hauptsächlich, weil sie cool ist.
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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #5 am: 8.08.2018 | 21:59 »
Die Orks mobilisieren, um die Welt zu retten?

Also, das wäre ja wirklich mal was Neues. Normalerweise stehen die Orks ja eher nicht so auf der Weltretter-Seite. ;)

Offline Kaktusbombe

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #6 am: 8.08.2018 | 22:37 »
Hm, ok...

Aber in dem Fall muss ich mir ja unzählige Fäden und Enden des Knäuels offen halten, die ich dann Schritt für Schritt weiterspinne bzw. beende?

Und die ganzen (noch) leeren Enden muss ich am Anfang der Geschichte erstmal auf machen?
Das klingt für mich wie: "Ihr läuft durch das Gelände (Ob Wald oder Küste ist noch offen) und werdet von X "Personen" (Weil Geschlecht, Rasse usw. noch offen sind) angegriffen."

... Jetzt mal übertrieben formuliert ;)

Offline KhornedBeef

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #7 am: 8.08.2018 | 22:47 »
Also, das wäre ja wirklich mal was Neues. Normalerweise stehen die Orks ja eher nicht so auf der Weltretter-Seite. ;)
;D ;D ;D ok, du ahnst, dass da das falsche Wort gelandet ist. Aber guter Punkt: Schreib hin "Die Orks drehen ein großes Ding", und du lässt dir später offen, ob es das Dritte Orkreich ist, oder, falls die Spieler Orkfans sind, es eigentlich um was Gutes geht.
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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #8 am: 8.08.2018 | 22:55 »
Hm, ok...

Aber in dem Fall muss ich mir ja unzählige Fäden und Enden des Knäuels offen halten, die ich dann Schritt für Schritt weiterspinne bzw. beende?
Oder dir einfach die Database erstellen nach der die NSCs dann nach ihrem Wissen (re)agieren Ethij, Stats, Taktiken, Ressourcen, Ziele usw
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Online Runenstahl

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #9 am: 8.08.2018 | 23:31 »
Mein Tipp: Guck dir ganz genau die Charaktere der Spieler an. Frag sie zu ihrem Charakterhintergrund. Versuche für jeden Spieler etwas zu finden was an seinen Charakter anknüpft. Das muß natürlich nicht alles in einem Abenteuer sein.

Einer der Charaktere ist Soldat ? Dann stricke eine Geschichte um alte Kumpels von ihm, eine verlorene Standarte oder einen Fürsten der die gesamte Einheit nach und nach ermorden läßt weil sie einst Zeugen von etwas waren was er unter den Tisch kehren möchte.
Der Charakter hat das Kämpfen in der Arena gelernt ? Ein einstiger Gegner nimmt die Sache viel persönlicher als er sollte und sinnt nun auf Rache...
Der Dieb hat vielleicht einen Ruf und wird von einem Ermittler gejagt. Oder aber ein Unterweltboß will ihn unbedingt anheuern und wird kein Nein akzeptieren.
etc.

Stell einfach Fragen über die Charaktere. Hat er Feinde oder Freunde ? Familie ? Wo / in welcher Kultur ist er aufgewachsen ? Ist er viel herumgekommen ? Wo hat er sein Handwerk gelernt. Wovon hat er gelebt ?
Ein Spieler muß nicht alles beantworten können. Ist auch okay wenn die Details erst später eingefügt werden. Aber je mehr Infos du bekommst, desto mehr Nährboden für coole Ideen wirst du haben. Das wichtigste dabei: Es muß in eine Richtung gehen die dem Spieler Spaß macht und seinen Charakter "aufwertet". Damit meine ich nicht unbedingt echte spielerische Vorteile. Es sind oft die Kleinigkeiten die die Welt mit Leben erfüllen. Der Charakter will Gladiator gewesen sein ? Lass hin und wieder mal einen NPC wissend nicken und erzählen das er einst einen der Kämpfe des Charakters gesehen hat und schwer beeindruckt war. Der Charakter war Soldat ? Anstatt das man die Queste des Abends vom Barden in der Taverne hört, ist es vielleicht der einbeinige Kriegsveteran der einen alten Kameraden um Hilfe bittet. Er würde ja selbst losziehen um den Orks das Handwerk zu legen, aber mit nur einem Bein... sofern der SC zustimmt wird er ihm dann schon vor der Queste seine alte Rüstung / Waffe etc schenken. Er selbst kann sie ja nicht mehr gebrauchen (muß keinen echten Bonus bringen, aber solch ein Gegenstand hat dann schonmal mehr Geschichte als die Ausrüstung des Heldens).
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Offline Scimi

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #10 am: 9.08.2018 | 00:42 »
Spiel ein Abenteuer.

Dann überleg dir, mit welchen Elementen du weiterspielen könntest und welche Fragen offen geblieben sind.
- Da waren Goblinbanditen? Wer hat die geschickt, vor was sind die weggelaufen, warum jetzt und hier?
- Die Gruppe hat ein rostiges Schwert gelootet? Was könnte der Händler, bei dem sie es verkaufen wollen ihnen interessantes über dieses Schwert sagen?
- Ein mächtiger Feind wurde besiegt? Wollen sich seine Freunde/Familie/Organisation rächen? Oder ist jemand Interessantes dankbar für sein Ableben?
- Eine Kiste mit Geld ausgeräumt? Was hat es mit dem Siegel auf den Münzen auf sich und warum will keiner die annehmen?
- Es gab ein bestimmtes Thema, z.B. Magie/Barbaren/Untote/Natur? Überlege dir Orte/NSCs/Herausforderungen, um das Thema zu vertiefen.

Bau beim nächsten Spielabend ein paar der Elemente ein, spar dir andere für später auf. Bau Informationsquellen ein (Gelehrte, Priester, Einsiedler), um offene Fragen zu klären. Nutze die, um die Gruppe auf eine Reise/in einen Dungeon/zu einer wichtigen Person zu schicken.

Du kannst immer auf Sachen aufbauen, die gut funktioniert haben, die deine Gruppe interessant fand oder zu denen du mehr Material hast und langweilige Dinge links liegen lassen. Im Prinzip hangelst du dich immer nur von Sitzung zu Sitzung vor, aber am Ende wird es aussehen, als hättest du das alles geplant. Du fängst an mit einer blöden Droiden-Kaufszene und am Ende ist der Todesstern zerstört und das Imperium zerschlagen.

Offline KhornedBeef

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #11 am: 9.08.2018 | 07:22 »
Die Kunst ist, möglichst viele Knäuelenden irrelevant zu lassen, bis man hinkommt :)
Du legst nur ganz grob fest, worum es am (dicken) Ende gehen soll, und überlegst, wie das am Anfang des knäuels zupft. Gerade so sehr, dass die Charaktere es nicht ignorieren.

Klar geht das auch einfacher. "Wir müssen die 5 Menschenreiche gegen B
General Bösefies vereinen!" Und dann hat man in jedem Reich 5 Aufgaben, bis man die überzeugt hat, bumm, 25 Abenteuer plus Finale. So laufen halt Romane nicht typischerweise, weils vorhersehbar ist, aber es geht :).
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Offline 1of3

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #12 am: 9.08.2018 | 10:02 »


Wie erschafft ihr solche Geschichten? Habt ihr da ein Schema, nach dem ihr vorgeht?

Vielleicht. Ich würde mit einer reichhaltigen Startsituation beginnen, in der schon viel Handlung angelegt ist. Also typisches Beispiel: Ihr sollt das Territorium XY in Besitz nehmen. Ihr habt folgende Ressourcen. Man erzählt sich dies und das. Viel Spaß.

Ausgeführt wird das z.B. im Werwolf-Intro 'Manitou Springs'. Gibt's umsonst. Das Szenario haben wir aber auch schon mit D&D und diversen anderen Spielen gemacht.

Der Vorteil an solchen reichen Situationen ist, dass man nicht alles von vornherein planen muss. Sie machen aber gewisse Dinge wahrscheinlich. Also dieses Territorium muss bestimmt aufgeräumt werden. Es gibt bestimmt auch nützliche Sachen, denn wieso sollte man sich sonst dafür interessieren. Nachbarn gibt's wohl auch. Usw. Die einzelnen Elemente können dann nach und nach hineingezogen werden, aber sie warten immer schon möglich und irgendwie erwartet.

Total komplexe Sachen passieren, wenn "Geschichten" durcheinander passieren. Also sie SCs machen irgendwas, machen dann zwischendurch was anderes und greifen noch mal auf jene Sache zurück usw.

Offline sindar

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #13 am: 9.08.2018 | 11:51 »
Flexibel bleiben bei alledem! Die besten Geschichten produzieren naemlich oft die Spieler. Sich von denen leiten lassen kann alles enorm vereinfachen, wenn man denn gut improvisieren kann.
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Offline Kaktusbombe

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #14 am: 9.08.2018 | 17:54 »
Flexibel bleiben bei alledem! Die besten Geschichten produzieren naemlich oft die Spieler.

Meine Spieler sind in dieser Hinsicht leider nicht gerade ergiebig. Ich habe nur einen Spieler, mit dem ich tatsächlich auf Autopilot leiten könnte, weil er mir solche Aufhänger zuhauf liefert. Leider ist er nur in Ausnahmefällen mit dabei und von den anderen Spieler kommt leider so gut wie nichts.

Du kannst immer auf Sachen aufbauen, die gut funktioniert haben, die deine Gruppe interessant fand oder zu denen du mehr Material hast und langweilige Dinge links liegen lassen. Im Prinzip hangelst du dich immer nur von Sitzung zu Sitzung vor, aber am Ende wird es aussehen, als hättest du das alles geplant.

Ich kann mir jetzt nur schwer vorstellen, dass ein solches Vorgehen nicht irgendwann völlig unplausibel wird?

Oder was mache ich zB, wenn ich zwar das Ende einer Rahmengeschichte im Blick habe, aber nicht weiß, wie ich die Spieler am Anfang platziere und "schubse", damit die auf dem richtigen Karren landen?

Ein Beispiel:
Endziel: "Die Charaktere bewahren ihren Herrscher davor, von den bösen Nachbarn getötet zu werden und sichern dadurch den Fortbestand des Staates."
Anfang: "Ihr seid gerade auf eurem Gutshof am See und fischt."
Dazwischen: 3 Spieleabende mit den Spielern



Offline KhornedBeef

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #15 am: 9.08.2018 | 18:19 »
Das ist ja ein überschaubares Beispiel (3 Abende aber auch knapp, je nach Spielstil)
Wie tötet der böse Nachbar denn vielleicht? Invasion, Ninjas, ein Unfall beim Reitturnier? Oder Full-On-Song-of-Fire-and-Ice-Intrige mit unwissenden Bauernopfern und drölfzig Sers?
Eine Armee aus Söldner würde dazuführen, dass diese am Gutshof ein wenig die REisekasse füllen wollen, und natürlich einen Zettel dabei haben..Oh hey, auf dem Weg haben sie ein paar Familien und gute Freunde verprügelt oder massakriert.
Bei einem klassischen Aufmarsch an der Grenze wird es wohl eine Heerschau geben.
Ninjas sind am schwierigsten, das passt vielleicht bei SCs "vom Fach", die von so etwas automatisch Wind kriegen, Familie bei der Schwarzen Hand haben, oder ehemals der Spionageminister waren...
Zum Reitturnier kommt eine mysteriöse, aber vielversprechende Einladung (ein Gegenplot, natürlich)
Und bei Intrigen will ein alter Mentor oder Freund warnen, dass es bald rund geht...und wird ermordet.

Das wäre so der Hook. Am Ende der ersten Session müssten die Spieler grob herausfinden können, warum es zu dem Ereignis kam, und grob wissen, was los ist. Im nächsten Teil stellt sich dann heraus, mit welcher Opposition sie es zu tun haben, und dann geht es um die Wurst.

So zerlegst du dir das. ISt zeitlich etwas knapp, deswegen brauchst du robuste Möglichkeiten, um den SC mal einen Hinweis zuzuschustern.
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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #16 am: 9.08.2018 | 18:33 »
Ich nehme gern den „Wenn die Spieler nicht da wären“ - Ansatz.

Es gibt ein Startgebiet, vielleicht klassisch ein Dorf, bei DS zum Beispiel Crimlak oder eine Festung irgendwo im Grenzland (;)) oder irgendwas ähnliches. Da platziere ich dann drei miteinander konkurrierende Interessengruppen, drei wichtige Orte und drei direkt anspielbare NSC. Dann überlege ich mir, was schrittweise so passieren würde, wenn die Spieler nicht da wären. Bestenfalls ist die Startsituation dann so, dass es offensichtlich bald krachen wird. Dann brauchen die Spieler nur noch einen Grund, warum ihre SC sich mit der Gegend beschäftigen und los gehts.

Ganz spontan aus der Hüfte geschossen und nur zur Verdeutlichung:

#####Goldrausch an den Gebirgsquellen des Grenzflusses####
Interessengruppen:
- Die Männer des Barons. Stellen die Miliz und die Trecks durch die Wildnis. Der Baron braucht das Informationsnetz der Gilde, ihr immer stärker Einfluss auf die Märkte und Politk ist ihm ein Dorn im Auge. Die Gilde zu diskreditieren und in ihre Schranken zu weisen, käme ihm gelegen.
- die Handelsgilde will den Handel mit geschürftem Gold kontrollieren und versucht daher, das Gebiet zur Freistatt zu erklären. Sie versorgen heimlich die Goblins mit Waffen, damit diese die Männer des Barons vertreiben. Langfristig sollen die Barbaren die Miliz ausschalten und unter Kommando der Gilde die Wachen stellen.
- die Goblins sehen den Fluss als heilig an und wollen weder die einen nocn die anderen Eindringlinge akzeptieren. Sie profitieren aber ebenfalls von den ins Gebiet kommenden Waren und arbeiten als Wildnisführer, Boten oder bieten unehrenhaftere Dienste an, wo sie gebraucht werden.

Orte:
- Lager der Goldgräber
- Gebirgssee (Goblinlager in nahen Höhlen, sehr reich an Edelsteinen, aber auch größtes Heiligtum)
- verlassener Wohnturm (wird von Gilde und Goblins als Treffpunkt genutzt, einige Milizmänner nutzen den Ort aber parallel, um Alkohol zu verstecken und zu schmuggeln. Bisher weiß man nichts voneinander.)

Personen:
- Wachkapitän Brandt: ist mit seiner Miliz chronisch unterbesetzt.  Braucht Leute, die diskret nachforschen, warum die Goblins gut bewaffnet sind.

- Lagervorsteher Luciéne
will sich weder von der Gilde noch von der Miliz bevormunden lassen. Die Goblins stören ihn selten, allerdings will er bald in Richtung See weiterschürfen. Will wissen, wer geschmuggelten Schnaps in sein Lager bringt.


- Finster
Ein rätselhafter Halbelf mit Glutaugen, der nur nachts Auftritt. Er will die Eindringlinge davon abhalten, bis zum See zu gelangen. Er ist ein Druide und weiß vom großen Übel, das unter den Höhlen schläft. Die Goblins sind zu unbedeutend, es zu wecken. Die Goldgräber hingegen... Finster weiß aber auch, dass die Goblins im offenen Konflikt unterliegen. Er braucht daher Helfer innerhalb des Lagers, der Gilde oder der Miliz.


#######

Alles was ich jetzt noch brauche, ist eine Tabelle, die Schritt für Schritt festhält, was die Fraktionen als nächstes tun, ohne dass es eine Einmischung der Spieler gibt.

Und dann lassen wir die Spieler einfach da rein und warten ab, was sie tun.
Es verstößt gegen die Hausordnung, aus dem Necronomicon zu zitieren.

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #17 am: 9.08.2018 | 19:42 »
Hallo Kaktusbombe,

interessante Frage, die schon viele spannende Antworten hervorgebracht hat.
Ich habe auch für einen Moment überlegt, ob ich kurz ausführe, wie ich große Kampagnen plane, aber nach deinen Antworten hier habe ich das Gefühl, dass dir große Planung nicht viel helfen wird, weil sie ja sowieso nie so durchgezogen werden wird. Darum ein etwas anderer Ansatz, der dir vielleicht hilft.

Schritt 1: Plane deinen One Shot, so wie du ihn bisher auch immer geplant hast.
Schritt 2: Nachdem das Abenteuer fertig gespielt ist, setz dich in Ruhe hin und geh die einzelnen Stadien des Abenteuers nochmal durch. Für jede Szene und jeden Akt stell dir folgende zwei Fragen:
Warum waren die Gebenheiten dort so, wie sie waren?
Wie würde jemand auf die durch die Handlungen der Charaktere entstandenen Fakten reagieren, wenn er eine andere Interessenslage hätte als diese oder ihr Auftraggeber?

Damit bekommst du im Normalfall genügend Plothooks für neue Abenteuer, und deine Spieler bekommen das Gefühl tatsächlich Einfluss gehabt zu haben.
Und damit das ganze nicht so abstrakt wirkt, hier ein konkretes Beispiel:

Natürlich kann ich "Die Suche nach dem wichtigen Gegenstand XY" ausdehnen, indem ich den Spielern immer wieder Unwegsamkeiten vor die Nase setze ("Um den Gegenstand zu finden, müsst ihr zunächst durch den Wald [Encounter #1] an die Küste. Von dort über das Meer [Nebenquest für den Kapitän], den Dungeon finden [Nebenquest für den Wildnisführer] und untersuchen [Encounter #2].").

Gehen wir sie mal durch:
Encounter #1 --> Warum kam es dort zu einem Encounter? Purer Zufall? Oder lag jemand auf der Lauer, dessen Hinterbliebene oder Auftraggeber sich jetzt an den Charakteren rächen wollen könnten? Gibt es im Hintergrund vielleicht sogar einen verborgenen Gegenspieler, der den Auftraggeber der Charaktere sabotieren möchte und jetzt versuchen wird an anderer Stelle für Ärger zu sorgen?
Was bedeutet das in die Zukunft? Zum Beispiel könnte es sein, dass die Räuberbande vor Ort zwar regelmäßig die Gegend unsicher machte, als bewaffneter Eingreiftrupp aber immerhin dafür sorgte, dass die Goblinbande aus der Nachbarschaft in Schach gehalten blieb. Jetzt, da die Röuber ausgeschaltet sind, haben di eGoblins freie Bahn - und die Bevölkerung fordert von den Helden, die ja immerhin Schuld an der verschlechterung sind, dass sie das wieder geradebiegen

Nebenquest für den Kapitän --> Warum ließ der Kapitän ausgerechnet die SCs diese Nebenquest machen, und nicht jemand anderen? Was waren die zwingenden Gründe dafür?
Was bedeutet die Handlung der SCs für die Zukunft? Vielleicht verschiebt sich dadurch das Machtgefälle im örtlichen Hafen, der Kapitän lässt sich zum Piratenbaron ausrufen. oder alternativ aufgrund der erfolgreichen Nebenquest wird der kapitän zum Commodore der örtlichen Marine befördert, ist mit den neuen Aufgaben aber heillos überfordert.

Das schöne ist, wenn du so jede Szene durchgehst, kriegst du pro Abenteuer bestimmt 2-3 Ideen für neue One Shots. Davon setzt du eine Idee um, die anderen schreibst du erstmal nur auf. Und dann kannst du irgendwann das machen, was ich von irgendwoher als das "Daily Soap Prinzip" kennengelernt habe:
Du nimmst Plothook aus Storystrang 1, setzt ihn um. Dann nimmst du Plothook 2 aus Storystrang 2. Dann gehst du zurück zu Storystrang 1 und bedienst dich wieder von da. Und dann wechselst du munter hin und her. Für die Spieler ergibt sich irgendwann das Bild, das alles mit allem zusammenhängt.
Und du hangelst dich munter von einem Abenteuer zum nächsten... Querverbindungen ergeben sich da ganz automatisch.
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Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas

Offline Scimi

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #18 am: 10.08.2018 | 00:47 »
Ich kann mir jetzt nur schwer vorstellen, dass ein solches Vorgehen nicht irgendwann völlig unplausibel wird?

Oder was mache ich zB, wenn ich zwar das Ende einer Rahmengeschichte im Blick habe, aber nicht weiß, wie ich die Spieler am Anfang platziere und "schubse", damit die auf dem richtigen Karren landen?

Ein Beispiel:
Endziel: "Die Charaktere bewahren ihren Herrscher davor, von den bösen Nachbarn getötet zu werden und sichern dadurch den Fortbestand des Staates."
Anfang: "Ihr seid gerade auf eurem Gutshof am See und fischt."
Dazwischen: 3 Spieleabende mit den Spielern

Es kann im Prinzip nicht unplausibel werden, weil du bei meinem Vorschlag eben kein Fernziel verfolgst, sondern einfach mit dem kochst, was schon gegeben ist.

Die Helden hocken auf ihrem Gutshof und angeln, gut. Dann kommt das Abenteuer, das du für die Sitzung vorbereitet hast — Seemonster, Nachbarhof wird von Banditen überfallen, Kutsche mit Prinzessin hat einen Achsbruch, irgendwas.

Nach der ersten Sitzung gehst du hin und überlegst dir, was in der Sitzung tatsächlich passiert ist und was davon du weiterstricken könntest. Daraus baust du dann die nächste Sitzung: Der Vogt will die Charaktere verhaften, weil die "Prinzessin" eine Hochstaplerin war, der sie zur Flucht verholfen haben. Die Gruppe beschließt, das wiedergutzumachen und die Verbrecherin zu verfolgen. Oder sie erschlagen den Vogt. Oder sie suchen sich einen Dungeon, um die Geldstrafe zahlen zu können.

Das ist dann die nächste Sitzung: Sie stellen die "Prinzessin" in der nächsten Stadt und geraten mit ihren Kumpels von der Diebesgilde aneinander. Sie fliehen vor dem Gesetz und müssen sich bei den Gesetzlosen im Wald Verbündete suchen. Sie meistern die Gefahren des alten Grabhügels und finden truhenweise Silbergeld.

Und so weiter und so fort. Du weißt am Anfang nicht, wo die Reise endet. Aber wenn die Helden am Ende die Diebe aus Brückhagen vertrieben, dem Waldläuferprinzen zu seinem rechtmäßigen Thron verholfen oder das Schwert des Geisterkönigs in eine letzte Schlacht geführt haben, wird das im Rückblick so aussehen, als habe das alles mit dem Nachmittag am See begonnen. Die Charaktere haben volle Entscheidungsfreiheit in dem, was sie tun, aber ein Schritt nach dem anderen führt nach und nach zu einer größeren, verzahnteren Geschichte.

Offline Kaktusbombe

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #19 am: 10.08.2018 | 17:53 »
Okay, also wenn ihr das so macht und es bei euch funktioniert, dann werde ich das bei der nächsten Gelegenheit auch probieren.

Vielen Dank schonmal für die Tipps bis hierher!

Offline Drantos

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #20 am: 10.08.2018 | 19:03 »
Hallo,
du hast ja bereits viele nützliche Anregungen erhalten. Wenn ich mir schnell was zusammen zimmern muss, denke ich mir meistens ein paar (vielleicht drei) Fraktionen aus, die bestimmte Interessen haben, untereinander in Beziehung stehen (Konkurrenten, Verbündete, etc.), bestimmte Ressourcen und Vorgehensweisen haben. Dann wirft man die Abenteurer dazwischen und bekommt in der Regel ein gutes Spiel. Als Beispiel Clint Eastwood in " Für eine Handvoll Dollar". Clint ist die Abenteurergruppe. Er hört, dass es in der Stadt zwei konkurrierende Fraktionen gibt und sieht eine Gelegenheit. Er ballert ein paar Typen weg und bekommt so das Vertrauen der anderen Fraktion. In Wirklichkeit zieht er sein eigenes Ding durch, am Ende sind die Bösen ausradiert und die "normalen" Dorfbewohner von ihren Unterdrückern befreit. Man kann so ein Szenario noch würzen, wie zum Beispiel bei "Romeo und Julia", wo es eine Liebesbeziehung zwischen Personen verfeindeter Gruppen gibt, waszu weiteren Konflikten führt. Die Möglichkeiten sind da endlos.

Falls keine Probleme mit der englischen Sprache bestehen, kann ich die unten aufgeführten Bücher empfehlen. Die bieten viele Anregungen, wie man spannende Abenteuer kreiert und auch mit wenig Aufwand für den Spielleiter verwaltet. Ist natürlich viel auf D&D 4e bezogen, aber auch für andere Rollenspiele sehr brauchbar:

http://www.drivethrurpg.com/product/108572/The-Lazy-Dungeon-Master

http://www.drivethrurpg.com/product/144108/Dungeon-Masters-Guide-2-4e

http://www.drivethrurpg.com/product/56694/Dungeon-Masters-Guide-4e

Offline Lord Verminaard

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #21 am: 10.08.2018 | 20:23 »
Hallo Kaktusbombe, willkommen im Tanelorn! :)

Deine Frage ist schon ziemlich, sagen wir mal, fundamental. ;D Ich kann dir sagen, wie ich gewöhnlich vorgehe, aber wo die Einfälle dann im einzelnen herkommen, das ist eben die Kreativität, die man nun mal braucht. Wenn du die wirklich nicht hast, dann wird es schwer, dann brauchst du vielleicht eher vorbereitetes Material, für Dungeonslayers gibt es davon ja einiges. Vielleicht klappt es aber auch mit der richtigen Inspiration, z.B. aus dem Quellenmaterial/Kanon, aus den Hintergründen der Spielercharaktere, oder aus Filmen, Serien und Romanen, die du gerade schaust/liest und die zum Thema passen. Du brauchst gute Ideen, NSCs, Hintergründe, Geheimnisse und Konflikte, und dann musst du aber auch gut überlegen, wie du die Charaktere damit in Berührung bringst.

Hierzu brauchst du gute Plot Hooks, die die Charaktere in die größere Handlung hinein ziehen. Du musst deine Hintergründe und NSCs ins Spiel einführen, erst mal Exposition machen, Plattformen aufbauen, nicht mit der Tür ins Haus, nicht alles und sofort und auch sofort auflösen, sondern langfristiger denken, mit dem richtigen Timing. Ich entwickle so was auch immer fortlaufend, viele Dinge müssen bei mir auch erst mal gären und ich feile immer weiter daran herum. Aber jeder ist da anders.

Vielleicht wäre es für dich zielführender, ein ganz konkretes Projekt in der Abenteuerwerkstatt aufzumachen und dir da ganz konkrete Ideen und Hilfe zu holen, statt nach abstrakten Tipps zu fragen?

Ein Beispiel:
Endziel: "Die Charaktere bewahren ihren Herrscher davor, von den bösen Nachbarn getötet zu werden und sichern dadurch den Fortbestand des Staates."
Anfang: "Ihr seid gerade auf eurem Gutshof am See und fischt."
Dazwischen: 3 Spieleabende mit den Spielern

Wenn das ein konkretes Beispiel ist, müsste man da z.B. jetzt wirklich ins Detail gehen, wer sind die Charaktere und ihre Hintergründe, was haben sie für Motivationen, wo ist dieser Gutshof und warum sind sie da, was ist über die Gegend bisher bekannt, was gibt es ggf. an offiziellem Hintergrund? Dann könnte man sich den restlichen Hintergrund überlegen bzw. mit dem Quellenmaterial arbeiten, wer ist der Herrscher, wer ist der böse Nachbar, warum will der böse Nachbar den Herrscher töten, wie will er das anstellen? Gut wäre ein doppelter Boden, nicht alles ist so, wie es anfangs scheint. Und dann überlegt man, wie man die Charaktere da rein zieht und wie das in etwa ablaufen könnte, wo Flaschenhälse sind, wo Ungereimtheiten sind, und schraubt dann an dem Hintergrund auch noch mal rum, dichtet die Löcher ab, bereitet dann die wichtigen Schauplätze, Figuren und Spielwerte vor, und wenn man das alles gemacht hat und eine gute Vorstellung davon hat, wer die handelnden Figuren und ihre Ressourcen und Ziele sind, und wo man mit dem Abenteuer hin möchte, dann kann man auch spontan viel besser auf Unvorhergesehenes reagieren, als wenn man das nicht hat.
« Letzte Änderung: 10.08.2018 | 20:25 von Lord Verminaard »
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Offline Der Oger (Im Exil)

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #22 am: 10.08.2018 | 20:39 »
Zitat
Meine Ideen fühlen sich dagegen immer nach "5 auf 5 Meter Sandboden + grüne Tapete" an, und meine Spieler sollen sich dann fühlen, als wären sie auf Tatooine.

Wie erschafft ihr solche Geschichten? Habt ihr da ein Schema, nach dem ihr vorgeht?

Wenn gewünscht, kann ich euch auch mit einem konkreten Beispiel versorgen, aber prinzipiell ist die Frage ja mal setting- und systemunabhängig.
Verständnisfrage: Hast erstmal nur Du diese Wahrnehmung,  oder bekommst Du auch das Feedback von Deinen Spielern?

Ansonsten bin ich immer gut damit gefahren,  in Vorbereitung zu investieren,  quasi,  die Knochen zu liefern, damit mein Hirn Kapazitäten für Haut und Haare frei hat,  also die Textur der Welt,  das Szenenbild, die Beschreibung. Ich bemuehe mich auch,  möglichst viele Interaktionspunkte zu schaffen,  denen die Spieler nachlaufen können ( und bin trotzdem immer wieder überrascht,  was sie trotzdem noch finden.)
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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #23 am: 10.08.2018 | 20:50 »
Es gibt hier sicher mehrere Straßen, die nach Rom führen, aber meine war in diesem Fall, um im Bild zu bleiben, querfeldein.

Ich nehme mal meine längste D&D-Kampagne, die ich bisher geleitet habe. Meine Welt ist da mehr oder weniger mit dem Abenteuer mit gewachsen. Ich habe zwar schon vor dem ersten Tag eine Karte gezeichnet, Länder benannt und grobe Beschreibungen geschrieben, aber wirklich mit Leben gefüllt habe ich sie am Bedarf der Story und die Story hat sich stark daran orientiert, was die Spieler getan haben.
Dabei gab es von Anfang an einen Antagonisten, mit eigener Agenda und - was für mich beim kreativen Prozess sehr wichtig war - einem von mir angelegten Pool an Ressourcen. Dadurch gab es immer einen Handlungszwang für meinen Antagonisten, der auf das reagieren musste, was die Spieler taten. Wollte ich einen Kampf, musste ich mir selber erst mal im Klaren darüber werden, wo der Antagonist die Leute herbekommen hatte, um diesen Angriff zu führen.
Ich hatte auch eine Liste mit NSCs und habe mir gelegentlich überlegt, wo die sich zwischenzeitlich aufhalten würden, wenn sich ihre Wege von dem der Spieler getrennt hatten. So wusste ich immer, auf wen die Spieler wo treffen können und warum derjenige dort war. Bei wiederkehrenden NSCs gibt das mMn ein viel organischeres Gefühl.
Und letztens: die Spieler sind immer die Protagonisten. Auch wenn sie Teil einer großen Welt sind, liegt der Fokus immer auf den Spielern. Das heißt nicht, dass ohne sie nichts passiert, aber sie müssen die Geschichte wesentlich beeinflussen.
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Offline 1of3

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Re: Wie webe ich Helden in eine größere Story mit ein?
« Antwort #24 am: 11.08.2018 | 08:40 »

Oder was mache ich zB, wenn ich zwar das Ende einer Rahmengeschichte im Blick habe, aber nicht weiß, wie ich die Spieler am Anfang platziere und "schubse", damit die auf dem richtigen Karren landen?

Ich würde mir zunächst mal gar kein Ende vornehmen. Das ist eine Art Perspektivwechsel. Die Prinzessin wird also entführt. OK.

Es ist natürlich gut, wenn wir vorher annehmen können, dass die SCs sich irgendwie für die Entführte existieren. Entführ besser gleich Bruder oder Verlobten eines SCs.

Aber ob das mit der Rettung jetzt einen oder drei Abende dauert oder ob die SCs sagen: "Kümmert uns nicht", alles egal. Du solltest nur wissen, was mit dem Entführten passiert, wenn die SCs nichts tun.

Du musst keine abendfüllenden Abenteuer machen. Du brauchst nur hinreichend viele, das sie zusammen abendfüllend werden. Und wenn die SCs von drei Sachen, die du ihnen hinwirfst nur ein bis zwei machen, ist das OK. Was übrig bleibt kommt aufgekocht, dann vielleicht später noch mal.