Ich versuch mal der Reihe nach durchzugehen:
Erstmal noch ein Wort zu Millionenstädten im Allgemeinen und Ioria im Besonderen. Vergiss was ich letzte Nacht geschrieben habe.
Wie gesagt muss jede Stadt erstmal irgendwie versorgt werden. Und wenn der Bedarf über die Überschüsse des direkten Umlands (von ca 1/2-1 Tagesreise) hinausgeht, muss es eine gewisse Infrastruktur geben, die die Überschüsse anderer Gebiete in die Stadt transportiert.
Ganz besonders wenn die Millionenstadt dann auch noch auf einer relativ kleinen Insel liegt, brauchen wir _richtig_ Infrastruktur und Logistik, um die Versorgung zu gewährleisten.
Das ist aber in organisierten Staaten an sich nicht so das Problem.
Was jedoch ein Problem ist, ist wenn die Millionenstadt in einer derartig entvölkerten Welt liegt, dass es schlicht niemanden _gibt_, der die Überschüsse erwirtschaften könnte. Und _da_ sehe ich aktuell bei Lorakis richtig schwarz.
Es wird ja für mittelalterliche Gesellschaften gerne kolportiert, dass man 10 Landmenschen braucht um 1 Stadtmenschen zu ernähren. Ich hab grad keine genauen Zahlen zur Hand, darum sind wir mal sehr großzügig und sagen: _3_ Landmenschen erwirtschaften genug Überschüsse, um 1 Stadtmenschen zu versorgen. So aus dem Ärmel ist das schon eher die Quote nach der Grünen Revolution.
Das bedeutet dann also: Ioria braucht ein Einzugsgebiet von über _3 Millionen (Demi)Menschen_, die _alle_ in der Landwirtschaft tätig sind und _keine_, wirklich _keine_ andere Stadt versorgen müssen. Das wäre also nach dem von den SM-Autoren vorgegebenen Bevölkerungsstand die Fläche von _zwei Deutschlands_, auf der es obendrein wie gesagt keine andere Stadt geben darf. Wie wir sehen, gibt das die Landkarte nicht her.
Also kurz und gut: so wie im Setting beschrieben ist Ioria als Millionenstadt absolut unglaubwürdig, um nicht zu sagen Kappes. Außer vielleicht, die Nahrung wird magisch erschaffen, aber das scheint mir wiederum das Magiesystem nicht herzugeben.
Selbst wenn man wie von mir empfohlen die Gesamt-Bevölkerungszahlen etwa verachtfacht, funktioniert das dann zwar für die jeweiligen Länder und ihre eigenen Städte -- aber eine Millionenstadt mitten im Meer zu versorgen könnte knapp werden.
Womit will Ioria eigentlich die ganzen Lebensmittelimporte bezahlen?
Rom war zu seiner Blütezeit zwar ähnlich groß -- dies war aber nur möglich weil sie aus einem riesigen Weltreich massenweise Ressourcen als Tribut eingezogen haben. Soweit ich weiß, ist Ioria nicht die Hauptstadt eines gesamtlorakischen Imperiums. In der Weltbeschreibung steht auch was von Nahrungslieferungen aus den umliegenden Ländern. Wie gesagt: bei diesen Bevölkerungsverhältnissen haut das nicht hin.
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Familienplanung: selbst wenn an jedem Wegrand das perfekte Pillenkraut wächst, halte ich es für nicht glaubwürdig, dass sich die Bevölkerung auf dem gezeigten postapokalyptischen Niveau einpendeln soll.
In einer Welt mit geringer Kindersterblichkeit (bei uns durch Hygiene und Medizin, in Fantasywelten vielleicht mehr durch Magie), in der man aber nach wie vor auf Erwerbsarbeit angewiesen ist, dürfte sich _im Idealfall_ eine Bienenkorb-Demographie einstellen (statt einer Pyramide). Will heißen, alle Altersgruppen sind ungefähr gleich stark vertreten, bis sie dann nach oben raus nach und nach an Altersschwäche sterben.
https://de.wikipedia.org/wiki/AltersstrukturAber: dieses Gleichgewicht wird sich eher dann einstellen, wenn alle erreichbaren Flächen landwirtschaftlich genutzt werden, nicht bei 1/10 davon.
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Und schließlich:
Eine Fantasywelt sollte sich doch weniger am echten Mittelalter, sondern mehr an Märchen orientieren. Und da braucht es eben riesige Wälder in denen man sich verirren und auf Einhörner treffen kann, oder Gebirge in denen Riesen leben.
Das ist schon sehr extreme Frühzeit-DSA-Denke. Kann man machen, muss man aber nicht. Nicht jeder steht auf Märchenmotive oder Hotzenplotz-Fantasy.
Aber vor allem: die Settingbeschreibung (im Regelwerk) schlägt zwar oft diesen "Land des Schwarzen Auges" Friede-Freude-Eierkurchen Schwurbelton an, aber gibt dieses "Ihr seid in einem Märchenwald in einer Märchenwelt" Feeling überhaupt nicht her. Da ist eher die Rede von Feudalreichen, die untereinander oder intern intrigieren, gelegentlich mal ein sozialverträgliches Scharmützelchen um eine Hafenstadt führen, und ansonsten eben angeblich wie spätmittelalterliche oder renaissancezeitliche Staaten strukturiert sind und funktionieren. Und DAS beisst sich halt mit den "Nobody Home" Zahlen.
Was du beschreibst, habe ich weiter oben schon erwähnt, unter der neumodischen Bezeichnung "Points of Light". Ja, das _wäre_ ein absolut valider Ansatz für ein "wildes" Fantasysetting, beisst sich aber mit der Existenz von Flächenstaaten von 1 Million Quadratkilometer ( = etwa DE+FR+Benelux zusammen).
Wenn, dann müssten die Königreiche dort klein und isoliert sein, und kaum gemeinsame Grenzen existieren, weil 80% des Landes unbeanspruchte Wildnis ist. Dann kannst aber das ganze politische Tralala in die Tonne kloppen.