Eigentlich geht mit dem Begriff der "Diversität" los und dann der Frage, warum das überhaupt erwünscht sein sollte. Mehr Mischung ist ja erstmal nicht intrinsisch "besser". In der Diskussion zum Thema bekommt man aber oft den Eindruck, dass es messbare Quoten geben würde.
Es gibt da halt zweit Ebenen und zwei Ansätze.
Materialmäßig den einen, der im (leider nicht soo seltenen) Extrem jedes Werk an einer einheitlichen PC-Quote messen will - und meiner Meinung nach eben keine Diversität sondern eine neue PC-Verordnete Einheitsbrühe ist - und Diversität als Angebot, sprich es gibt eine Menge diverses Material, so dass die Wahrscheinlichkeit etwas für einen passendes zu finden entsprechend steigt.
Auf Spielerseite ist es so, dass doch eine Menge Leute mehr/neue Mitspieler suchen bzw. sich zumindest professionelles Material bei der aktuellen Marktgröße nur für wenige anzubieten lohnt. Damit wäre "mehr Spieler" für viele ein weiterer Vorteil und wenn es da Gründe geben sollte, warum ganze Bevölkerungsteile da ausgeschlossen sind, sollte es zumindest für diese spielermangelgeplagten Bereiche Sinn machen sich mögliche Hemmnisse mal anzuschauen.
Zuletzt als kleinerer und leider selbst wieder RL-konfliktträchtiger Teil wäre eben die Quelle an neuen Kulturen und bisher vernachlässigten Konflikten, welche neues Material generieren können für die, welche vom bisherigen Angebot so langsam satt sind und nach etwas Neuen schauen.
Bei dem Thread geht es ja auch nicht darum, dass irgendwer zur Leistung aufgefordert werden soll. Bloß um Möglichkeiten für die, die was tun wollen.
Alles andere ist Unsinn und Nebelkerzen.
Exakt, mir geht es um die Analyse, was ggf. im Argen auf praxistauglichem Detaillevel liegt und welche Lösungsmöglichkeiten es dafür gäbe.
In wie weit jeder darauf dann eingehen wollte/kann, wäre seine Sache, würde dies dann aber hoffentlich nach dem Lesen hier mit etwas mehr Verständnis zu der Sache oder auch ein paar nützlichen Werkzeugen tun.
Was wir noch nicht hatten: Haben verschiedene Menschen unterschiedliche Ansprüche an Rollenspiel und kann (oder gar muss) Rollenspiel dem entgegenkommen? Und wenn ja, wie?
Genauer haben wir hier die Teilfrage: Was haben die Kraft RL-Abweichungen aus der bisherigen Hauptgruppe Spieler herausfallenden potentiellen Spieler aus diesem Hintergrund heraus für unterschiedliche Ansprüche (+nähere Betrachtung dieser, denn wir wollen ja Lösungen finden)
Angesichts dessen, das wir ein Nischenhobby sind, wäre deine Frage für eine generelle Einzugserweiterung bezgl Spieler natürlich dort auch generell interessant.
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Bisher haben wir ja von Hürden gesprochen, die bezwungen werden müssen, damit auch andere Leute ihren Weg zum Rollenspiel finden. Wie sieht es aber mit Stärken des Rollenspieles aus? Wie kann man Appetit auf das Spielen machen, damit auch Leute dazu finden, die sich sonst eher ausgeschlossen aus sozialen Aktivitäten fühlen?
Was mir zum Beispiel auf Cons aufgefallen ist, ist, dass dort viele Besucher mit körperlichen Behinderungen waren, die aber im Hobby selbst keine Rolle spielen. Selbst im Vergleich mit eher mainstream Dingen, wie Gamescon oder buchmesse, fand ich den Anteil an Leuten mit körperlichen behinderungen auf RS-Cons höher. habt ihr ähnliche Erfahrung gemacht? Hast das ganze vielliecht da schon einen Reiz, der inherent bereits zu stärkerer Inklusion führt?
Rollenspiel war meiner Erfahrung nach stets ein Sammelbecken für die, die "ausgeschlossen aus sozialen Aktivitäten" (des Mainstreams) waren und darüber hinaus. Das führt aber halt auch zu einer entsprechenden Anzahl von Personen mit eigenen Problemen und andererseits auch vereinzelt zu dem, was "toxische Toleranz" genannt wurde: Solange es keinen in der Gruppe direkt betraf, wurden auch Leute mitgeschleppt, die sonst (aus unterschiedlichsten Gründen) nahezu überall rausfliegen.
In so weit war das schon immer "vor den Würfeln sind alle gleich", aber üblicherweise auf lokalem (Leidens- wie auch Bekanntheits-)level.
Mit der medialen Öffnung und leichten Vermainstreamung der Szene haben diejenigen, die nicht eh im Privatleben isoliert bleiben, nun die Situation, dass ihre Schutznische plötzlich "offen" ist und andere Leute wieder Mainstreammaßstäbe anlegen - unter anderem andere, mindest genauso gestörte Gestalten wie der kleine Anteil aber sehr lauter im RL frustrierte "Aktivisten".
Meint ihr denn, das bei einer bestimmten Schublade von Leuten jeweils vorhersagbar ist, was in Bezug auf Rollenspiel* zu erwarten ist und was möglicherweise ein Problem sein könnte?
Mir scheint das nämlich immer noch alles ziemlich individuell und nicht gut schubladisierbar zu sein.
Verschubladisierung ist ein Werkzeug, leider auf beiden Ebenen "argumentativer Missbrauch" und als "analytische Teilbetrachtung".
Die konstruktive Betrachtung erfordert sogar eine Verschubladisierung denke ich. Die fehlende Differenzierung ist ja gerade Quelle von (Verständnis und folgend Real-)Problemen. Umgekehrt ist aber eine Einzelfallbetrachtung für jedes Individuum auch einfach nicht leistbar.
Also sollte es darum gehen das Problemfeld möglichst günstig was sowohl Aussagekraft auf der einen wie Restfehler auf der anderen Seite angeht aufzuteilen und so dem Problem Stück für Stück Herr zu werden.
Allerdings bietet sich eine politisch motivierte Zuschneidung und insbesondere Belabelung von entsprechend groben Schubladen auch als rhetorische Keule an.
Anekdotischer Einwurf: "Bildungsunterschiede" und folgend Kommunikationsprobleme habe ich oft genug auch nicht "quer" nach dem formellen Bildungslevel erlebt, sondern "längs" nach "technisch-praktischen" oder eher "geistig-künstlerisch" fokusierten Denken.
Meine Hypothese wäre eher, dass es viel bewirken würde, wenn ein gewisses Bewusstsein und eine grundlegende Bereitschaft zur Repräsentation von Diversität in einem Produkt erkennbar ist. Eine Meta-Botschaft sozusagen.
Es gibt nämlich meiner Meinung nach durchaus übergreifende Gemeinsamkeiten, die Mitglieder unterrepräsentierter Gruppen kennen:
1. Quasi nicht-existieren in einem Setting (weil nicht explizit beschrieben / bebildert)
2. Existent, aber sehr stereotyp beschrieben
3. Existent, aber nur in Nebenrollen / für Plot und Setting nicht relevanten Funktionen
Wenn in einem Rollenspielabenteuer auch mal ein homosexueller Charakter in einer plotrelevanten Funktion auftaucht und nicht stereotyp beschrieben wird, freut das nicht nur den schwulen Leser (und sagt ihm „Du bist Teil unserer Community“), sondern vielleicht auch Frauen, People of Color oder Menschen mit Behinderung. Denn die Botschaft dahinter ist doch: Wir als Verlag haben uns bewusst entschieden, in respektvoller Art und Weise einer Figur die Bühne zu überlassen, die nicht Mitglied der Mehrheitsgesellschaft ist.
Abenteuer sind aber typischerweise lokale Ausschnitte und mit dem Sichtfokus durch die Spielercharaktere auch noch eng in ihrer Darstellung begrenzt. Die Leute sind die Leute, die eben da geographisch rumlaufen mit ihrer lokalen Kultur (und folgend Sichtweisen) und ihr Sexleben ist eh als Privatsache nahezu unsichtbar. Ohne Clicheeübertreibung oder ganz speziellem Abenteuerfokus wird da dann keiner etwas mitbekommen. Ich würde gar vermuten, dass sich ein Haufen Spieler keine Vorstellungen über das Sexleben ihres eigenen Charakters gemacht haben.
Klar sollten rein statistisch irgendwo entsprechende Farbtupfer auch so abfallen. Aber wir reden hier primär um Spielergewinnung. Da mag sich ein betroffener Spieler freuen, dass im 7. Abenteuer dann entsprechend etwas auftaucht, aber dazu müsste er eben auch schon 6 Abenteuer erst einmal mit bleibendem Interesse hinter sich gebracht haben.
In Settingbänden und Weltbeschreibungen würde so etwas denke ich aber problemlos reinpassen/sollen - und somit auch erklären, dass nicht alle Gegenden und damit das Spiel an sich x-istisch ist, sondern Gegend/Kultur Y da halt den Sündenfall und damit Hintergrund auch für entsprechende Konflikte und folgende Abenteuer hat. Dann kann der Leser (oder Zuhörer, wenn der SL die Zielgegend umreißt) gezielt überlegen, ob er da mitgehen will oder lieber anderswo oder mit einem anderen Charakter spielt.
Zusätzlich: Wer in prominenter Position steht, wird üblicherweise auch unter diesem Fokus herausgehoben und "besonders" oder "interessant" gemacht - üblicherweise generell unter reichhaltigem Einsatz von Clichees und Übersteigerungen (abgesehen davon, dass die zentralsten NSC die Bigbadguys sind...). Und damit ist bei entsprechender Empfindlichkeit ja auch wieder Tür und Tor für Mecker geöffnet.
Wobei auch nicht so entspannte Historiker Fantasy-Rollenspiele spielen — und irgendwann dann Settings schreiben, die besser passen. So wie auch Physiker Pulp Science-Fiction spielen, und manchmal auf Hard Science-Fiction schielen; und das dann irgendwann in ihrer Runde anbieten.
Und so entstehen dann die Settings, die nicht entspannte Historiker und Physiker mögen. Und wenn sie technisch gut wurden, spielen sie auch andere.
Eben, so einer würde das entsprechend akzeptieren "als Spiel", sich ein passenderes Spiel suchen oder auch beginnen selbst zu schreiben. Er würde aber nicht ein Fass aufmachen und Diskriminierung/x-ismus zu schreiben.
Ihr überseht, was das wichtigste für eine florierende RSP- Community ist: geile Spielleiter.
Ja, und schon in der bestehenden Szene haben Leute erheblich unterschiedliche bis inkompatible Vorstellungen, was denn nun "geile Spielleiter" sind. In dem Sinne sehe ich keinerlei ableitbaren Nutzen hier.