@maarzan:
Teil 1 lässt sich aber auch als unbewusstes Vorurteil lesen, dass den Mitspieler ob seiner menschlichen Eigenschaften angreift ( "der klaut doch wie ein Pole", "die hat wieder ihre Tage..." ). Problem? Ja. Assozial? Normalerweise nein. Korrigierbar ohne größere Eingriffe? Absolut.
Diese Unterscheidung ist mir deshalb so wichtig, weil eben die Benutzung solcher Unworte eben nicht automatisch bedeutet asozial zu sein. Der Wunsch auf Achtung solcher Probleme ist eben nicht ein Vorwurf gegenüber den Mitspielern. Ein entsprechendes Aufmerksam machen des Regelwerkes auf diese Probleme hilft dabei dem Spiel mit entsprechenden Mitspielern.
Kann alles sein. Aber genau deshalb ist es eben falsch aus "kann dieser Fall sein" dann eine Aussage und insbesodners generelle Forderungen für alle möglichen Unterformen ableiten zu wollen. Im Eingangspost habe ich z.B. 5 verschiedene Varianten aufgelistet, welche ich mit Frauen am Spieltisch erlebt habe.
Bezgl. Grundvoraussetzungen:
Klar, eine gemeinsame Sprache muss sein. Unterschiedliche Systeme/Stile erfordern darüber hinaus auch noch weitere spezifische Qualitäten - zumindest um voll teil zu nehmen, aber bis dahin ist es ja für alle Teilnehmer üblicherweise noch ein Weg.
Wichtiger ist da wohl die Grundbereitschaft sich auf eine Rolle einzulassen und den RL-Balast/Konditionierungen zurück zu lassen.
Anekdote: In China habe ich Magic-Spieler angesprochen, wie das mit Rollenspiel aussieht. Das war grob bekannt, aber nicht sozial akzeptiert. Nach der Aussage hat Spielen für junge Leute von Seiten der Eltern etc. eh eine geringe Akzeptanz, aber da es wohl nicht vermeidbar ist, dann wenigstens Sachen, wo man "mit dem Kopf gewinnt". Rollenspiel wurde hingegen als kindlicher, verweichlichter Eskapismus angesehen. In wie weit einer der erzählt und 2 die nicken repräsentativ sind, kann ich nciht beurteilen. Aber selbst wenn so jemand dann spielen würde (weil z.B. in Europa weit weg von den Eltern) würde das wohl auf das Spiel abfärben und mit so manchen Stilen inkompatibel sein.
Was andere Minderheiten angeht ist das Problem wahrscheinlich z.T. auch ein Kulturelles. Ich mein die meisten Rollenspiele bauen ja mehr oder weniger auf irgendeinem schon vorher existierendem Genre auf. Kann man mit der Vorlage nichts anfangen ist man vermutlich nicht besonders interessiert an dem Spiel. Gerade die Typische EDO-Fantasy ist nunmal ein sehr europäisches Genre.
Und zumindest wenn die Autoren die Exotischeren Kulturen wirklich ausarbeiten werden die in der Regel auch interessanter und komplexer und nicht nur reine Stereotypen (wobei sie dann natürlich trotzdem oft noch Wilde bleiben).
Die Umsetzung spielt auch eine Rolle.
Ich kann aus eigener Anschauung sagen, dass die meisten Umsetzungen von Ostasien-Settings ein bißchen weh tun, wenn man die Sprachen versteht. Als Angehöriger dieser Minderheit macht mir das große Probleme und verdirbt fast alle Fantasy-Ostasien-Settings, die ich kenne.
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Die "aufnehmenden" Runden müssen aber auch etwas damit anfangen können, sonst sind die abgehängt. Wobei, wenn die Runde neu gegründet ist, wird Diversistät hier sicher auch nicht mehr abgelehnt als andere Systemwechsel.
Problematischer dürfte es da wohl mit den überzogenen und widersprüchlichen Erwartungshaltungen sein. Ein nicht entspannter Historiker etc. würde bei der "europäischen Mittelalteranlehnung" der typischen Settings auch seine Krisen bekommen. Ein Rollenspiel ist eben kein historisches oder kulturwissenschaftliches Werk ggf noch PC-gespült.
Und nach dem was in amerikanischen Foren zu lesen ist, kann es eh KEINER richtig machen.
Ignorierst du fremde Kulturen grenzt du aus.
Versuchst du dich amateurhaft zeigst du keinen Respekt.
Forschst du ernsthaft udn übernimmst maßgeblich reale Vorlagen bestielst du eine Minderheit um ihre Kultur.
Bügelst du reale Probleme platt igorierst oder leugnest du reales Unrecht.
Reproduzierst du diese realen Probleme, dann wird dir genau diese Gesinnung und deren Unterstützung dann persönlich zugeschrieben.
Und in einer ähnlichen Falle wie Materialanbieter sitzen dann ja auch willige Mitspieler, die sich auf solches Material bzw. ein Spiel mit potentiellen Opfertypen einlassen.
Doppelte Punktzahl, wenn dann nicht nur realweltliche Korrektheit gefordert wird, sondern als angemesen empfundene erfundene Elemente gefordert werden und damit letztlich Geschmacksraten.
Sobald "Aktivisten" im Spiel sind, ist eh kein konstruktiver Umgang mehr möglich.
Meine Messlatte wäre deshalb, keiner kann sich beschweren, dessen Gruppe nicht mehr verdreht und als Clichee dargestellt wird als seine westlichen Entsprechungen.
Dahingehend wäre es ja interessant, ob generische Rollenspiele mehr Menschen, die sich minderheiten zugehörig fühlen, anlocken, als die großen bebilderten mit fester Welt. Dann könnte ja eine Förderung eben dieser da auch schon was bewirken. Quasi ein großes Werk nur mit Regeln und ohne Welt, dafür aber Hinweisen zum Weltenbau.
Hier wäre glaube ich ein Blick auf andere nicht so bei uns verbreitete Genres wertvoll. Also welche Genres werden bei uns nicht bespielt oder welche kennen wir nicht?
Wer "groß" ist und nicht ausdrücklich eben ein spezifisches Thema hat, sollte zumindest deutlich machen können, dass sein System entsprechende Diversität bedienen kann. Rein generische Spiele haben ja durchaus ihre eigenen Einstiegs-/ Akzeptanzprobleme.
Aus der Betrachtung der Einsteigerproblematik bei einer eigenen öffentlichen Gruppe:
These1: Arschlöcher (auf beiden Seiten) wird man per Regeln oder Verhaltenshinweisen eh nicht einfangen können. Das sind dann auch typischerweise RL-Probleme, welche wir als Spielszene nicht reparieren können.
These2: Was danach noch übrig bleibt sind primär Kommunikationsprobleme.
These3: Die Erwartung/Erfahrung mit Ablehnung und Anfeindung ähnelt dann in der Praxis der Einbindung von introvertierten oder zumindest leicht sozialphoben Personen an sich.
These4: Auch am Tisch sitzen oft Leute, die ähnliche Problem haben oder hatten und ihre eigenen Probleme oder auch im homogenen Fall subkritischen Eiegenheiten haben, damit aber nicht in der Lage sind Integrationsarbeit zu leisten.
Zumindest in meiner Schulzeit war die feste Rollenspielumgebung zu einem maßgeblich Anteil auch ein Sammelbecken der Außenseiter, autistisch Angehauchten, Introvertierten, Gemobbten, Streber, Stotterer etc. und hatte für die damit auch quasi Selbsthilfecharakter. Dazu kamen noch ein paar ausdrückliche "Bildungsbürgerkinder", aber die "Coolen" hatten besseres zu tun und ließen das zum Teil auch Spüren.
Wer in einem Forum da jetzt groß drüber diskutiert, dürfte darüber zumindest weitgehend weg sein und ich kenne jetzt nicht die aktuelle pschologische Zusamemnsetzung von Jugendgruppen, aber das dies sich jetzt grundlegend geändert hätte, würde ich ohne allgemeien Bestätigung jetzt einmal nicht glauben. Eher hat meiner Sicht nach der PC-Aufstieg da noch einmal gesiebt und hat die reinen "Genussspieler" zum PC-Getrieben und die anderen zurück gelassen.
Maßnahmen:
A) Eine Bewußtseinsschärfung - quasi wie ein medzinischer Beipacktzettel, noch ganz ohne "Forderungen" - für mögliche Triggerfelder sollet zumindest das Feld für einen aufmerksamen Dialog bereiten.
B) Wie bei erster Hilfe ist in einer Gruppe wenig Unterstützung zu erwarten. Daher würde ich vorschlagen: Neue Spieler bekommen ausdrücklich einen Mentor aus der Spielerschaft zur Seite gestellt als Ansprechpartner. (Doppelter Pluspunkt, wenn das derjenige ist, der sonst dominant/aggressiv/spotlightgrabbend auftritt und jetzt quasi ein Nebenziel/Weg für Anerkennung bekommt) Klar sollten eigentlich alle helfen, insbesondere der SL, aber gerade der SL hat üblicherweise eh schon arg viel zu tun und muss außerdem noch weiter als neutrale Institution wirken. Da ist "Förderung" problematisch, insbesondere, wenn auch andere Leute mit Problemen noch mit am Tisch sitzen.
Bei einem Mentor hat man persönliche Betreuung, die der Neue ausdrücklich mit Fragen und Problemen "belästigen" darf, man muss Probleme nicht direkt vor einer größeren Gruppe ansprechen und vertreten (oder sich "dumm" präsentieren).
So ein Mentor sollte Rollenspiel, ggf. dieses Spiel oder gar diese Gruppe kennen und kann damit als Insider aus der Außenseitersicht unverständliche oder gar antagonistische Eindrücke erklären (und dass diese eben typischerweise nicht persönlich sind) oder ggf umgekehrt als "Funktionsperson" einen anderen Mitspieler auf Problemverhalten hinweisen, ohne das dies als SL-Maßregelung oder aber "Besserspielerei" empfunden wird und kann auch im kleinen Kreis erfolgen statt daraus direkt eine groß aufgehängte Grundsatzdebatte ggf. ink. "Anklage" und folgend Mitspieler im direkten Gefechtsmodus zu machen, weil es jetzt um Grundsätzliches/die eigene Haut geht. Das problematisch empfundene Verhalten mag ja auch nach eigentlichen/ursprünglichen Statuten völlig OK sein, aber eben einen Neuling vor Probleme stellen , die dieser z.B. im Gegensatz zu einem erfahreneren Spieler dann nicht bedienen kann oder ihn irgendwo vermeidbar triggern, wenn man das nur genauer wüßte. Umgekehrt kann der Mentor dann auch den Neuen über seine Fehler (zumindest aus seiner Sicht als Insider) briefen und auch umgekehrt so eine öffentliche Bloßstellung vermeiden.
C) An den Spielleiter: Neulinge haben eh genügend Neues zu lernen und Schwierigkeiten zu überwinden. Lasst den Scheiß mit der neutralen Gruppenfindung "jeder für sich" oder gar die Eigeninitiative beim Anschluss an eine bestehende Gruppe. Sorgt dafür, dass es einen auf Spielerebene vertrauten Zugang zur Gruppe gibt (aber nordet den Neuling auch darauf, dass dies mit entsprechender Loyalität zu erkaufen ist! Welpenschutz für Backstabber und Partydiebe erzeugt auch Krach!)