Die Schieflage: Heteronormativität benötigt keine Rechtfertigung im Plot, Diversität aber schon?
Ein Extrafokus auf sexuelle Belange benötigt eine Rechtfertigung.
Sehe ich auch sehr anders: Wenn irgendein beliebiges NSC-Paar in ner Stadtbeschreibung erwähnt wird, seien es nur die Wirtsleute, die Eltern eines anderen NSCs, etc. wird eine Setzung über die sexuelle Orientierung gemacht. Heterosexualität ist dabei übrigens auch ne sexuelle Orientierung Sie wird nur oft nicht explizit benannt, aber ein mit einer Wirtin verheirateter Wirt ist (meistens jedenfalls) heterosexuell. Und dabei ist egal, ob die Beziehung nun plotrelevanz hat oder nicht, sie existiert. Nicht-heterosexuelle Beziehungen existieren dagegen aber meistens nicht. Das Beispiel aus Dragon Heist ist deshalb meiner Meinung nach eben ein wichtiger Schritt.
Könnte das nicht auch einfach an deinen Vorurteilen gegenüber deinen Mitspielern und Materialschaffern und dem krampfhaften Festhalten Realweltvorstellungen der westlichen Jetztzeit statt dich auf Spielwelten einzulassen hängen?
Das ein halbwegs menschenähnlicher Charakter das Ergebnis einer heterosexuellen Aktivität ist, dürfte auch dir bekannt sein. Dazu ist die formelle Beziehung über weite Schichten und Zeitalter eben keine Frage der persönlichen Präferenz, sondern des Bedürfnisses Nachwuchs zu generieren und daraus auch dem mal mehr oder weniger ausgeprägten entsprechendem öffentlichen Druck. Was die Leute dann insgeheim sind oder machen lässt sich dann wie gesagt nicht an der Stirn durch einen dahergelaufenen Außenseiter feststellen.
In anderen Kulturen ist das lockerer, bleibt aber immer noch Privatsache. Wenn dein Charakter das wissen will, muss er eben fragen oder genauer beobachten. Wenn du das unbedingt OT wissen willst, fehlt dir wohl der Wille tatsächlich auf das Spiel einzugehen. Aber Dank Diversität gibt es ja bereits Spiele, wo das tatsächlich ausgeprägter oder gar fokusiert behandelt wird – inkl. big playern. Was fehlt dir da jetzt noch?
Bezgl. „Richtigmachen“:
Meiner Meinung nach hat keiner mehr „Respekt“ im kreativen Umgang verdient als der Respekt oder umgekehrt Ironie, Clichees, Überspitzungen, Sarkasmus etc , den man auch gegenüber sich selbst walten lässt oder erwarten würde.
Bösartigkeiten gehen natürlich nicht, aber die wären dann entsprechend zu belegen, wie bei jeder anderen Beschuldigung.
Wer hingegen glaubt, es würde (nur) etwas falsch gemacht, hat jede Möglichkeit es besser zu machen und sei es mit besseren Alternativartikeln in Internetforen zu dem Thema.
Das ist tatsächlich der Idealzustand. Aber in dem leben wir leider noch nicht. Menschen fallen unter anderem deshalb aufgrund ihres Andersseins auf, weil sie nicht ausreichend in Medien repräsentiert sind. Das Phänomen nennt sich Symbolic Annihalation. Das, was in Medien abgebildet wird, prägt unser Bild von Normalität.
Deshalb interessiert es vielleicht dich nicht, ob der Kneipenwirt schwul ist, mich als homosexuellen Spieler aber schon. Und deshalb ist ein Rollenspielprodukt, das sich um Repräsentation bemüht, für jpotentielle) Spieler*innen aus unterrepräsentierten Gruppen eventuell attraktiver.
Wer von einer Fantasykneipe auf die „Normalität“ schließt, dürfte noch ein paar Probleme mehr haben. Von Symbolic anhilation kann doch wohl auch erst dann gesprochen werden, wenn diese Symbols real da (und extern erkennbar) wären. Und dann kommt noch das entsprechend beschränkte Eindrucksvolumen der sprachlichen Vermittlung im RSP und des generellen Spielfokus. Und der liegt oft genug so, dass auch die Sexualität der anderen Spieler einfach
generell unerwähnt bleibt.
Bezüglich Geschlecht tritt so ein Ungleichgewicht wohl tatsächlich öfters auf (und fällt wegen der sprachlichen Differenzierung bei Bezeichnungen und Anreden auch auf) , weil die Spielleitung in "nebenrangig" geführten Rollen einfach unbewußt auf ihr eigenes Muster und damit Geschlecht als Vorlage für Schnelllösung zurückfällt.
Aber schon Hautfarbe fällt in der Beschreibung doch oft genug gänzlich hintenüber. Der Torwächter kann ohne weitere Nachfrage jede Hautfarbe oder Orientierung haben. Was dann üblicherweise alleine interessiert: Lässt er uns rein oder nicht?
Schön wäre ja, wenn überhaupt erstmal ein repräsentatives Abbild der Realität angestrebt würde. Die Anzahl nicht-hererosexueller, schwarzer oder behinderter Protagonisten in Filmen, Romanen oder Rollenspielprodukten kommt selten auch nur annähernd an die Verteilung dieser Gruppen in unserer (westlichen) Realität heran. Da ist noch deutlich Luft nach oben. wenn ich schaue, wievielen Menschen mit nichtweißer Hautfarbe ich täglich auf dem Weg zur Arbeit begegne? Wievielen Menschen mit Behinderung? Und wieviele davon tauchen in westlich orientieren Rollenspielwelten auf? Oder in Filmen, Serien? (Und nein, im westlichen Mittelalter gabs die alle auch)
Und selbst wenn sie auftauchen, stehen ihnen dieselbe Vielfalt an Rollen zur Verfügung wie weißen, heterosexuellen, nichtbehinderten Personen?
Wie gesagt, mir geht’s nicht um Checklisten oder Quoten. Aber um „Alternative Realitäten“ geht’s hier nun wirklich nicht.
Wenn ein Spiel die jetztzeitige Realität abbilden will, dann ist die Reproduktion realer jetztzeitiger Bevölkerungsverteilungen (bzw. der des gewählten Settingausschnitts) sicher ein Maßstab - sonst eben nicht.
Ansonsten wäre halt zu schauen, was das Spiel wirklich will - und sollte dann sein Setting entsprechend stricken mit den gewünschten Verteilungen. Und Diversität wäre dann doch wohl, dass es da gerade diverse Angebote mit den unterschiedlichsten Zielsetzungen gibt.
Was machst du nebenbei bei Talislanta, da gibt es erst gar keine Menschen?
Wie "realistisch" darf es dann sein beim Besetzen der negativ besetzten Rollen?
Und den "Hightech"-Afrikastaat dürfte es dann "nach realen Proportionen" gar nicht geben.
Feminismus und Diversity fluten doch seit ca. 5 Jahren wirklich jeden erdenklichen Medienkanal. Ich kenne eine ganze Reihe von Leuten, allesamt tiefenentspannt liberal, die sich mittlerweile darüber ärgern, weil sie den Eindruck haben, dadurch würden ununterbrochen Sachinhalte geblockt.
Mediale Schlagwortverbreitung (und im Fall von Diversity: -verhunzung) und wirklich Arbeiten an einem Problem abseits von Aufmerksamkeits- und ggf Pöstchen-/Fördermittelgenerierung sind halt leider zwei völlig unterschiedliche paar Schuhe.
Wobei ich den Eindruck habe, dass Arbeit und damit Verbesserung von Aktivistenseite gar nicht gewünscht wird, denn dann gräbst man sich ja selbst das Wasser der Empörungsgrundlage zum Aktivistensein ab.
Ist jetzt nicht so, als wäre das Abstreiten, dass bestimmte Gruppierungen in einem Großteil der Medien, speziell der Konsummedien, unterrepräsentiert sind und dass dort immer noch in großem Maße bekannte Stereotype reproduziert werden, zielführender.
Zu "Großteil der Medien" wäre dann in entsprechenden Foren fachnah zu diskutieren. Im Rollenspielbereich sehe ich das jetzt nicht. Die bigplayer sind inzwischen bewusst inklusiv gestaltet, es gibt darüber hinaus spezifische Angebote was Themenfokus wie auch Settinghintergründe gibt. Was fehlt da jetzt noch?
Zum Thema Blockade von Sachinhalten:
Ich sehe hier jede Menge Mecker zu Verfehlungen des Rollenspiels, bzw. oft genug auch generell der Medien, aber an Details, die tatsächlich bearbeitbar wären bzw. Antworten zu den Vorschlägen fehlt es dann doch.