Auch für mich ist dieser Thread ein ziemlicher Augenöffner. Ich habe nicht ganz so gravierende Probleme, vor meinem geistigen Auge Bilder entstehen zu lassen wie Sphinx, würde mich aber doch im unterem Spektrum einordnen. Wenn mir jemand etwas beschreibt, kann ich es mir vorstellen, aber ich glaube, ich bin ziemlich schlecht darin.
Simple und alltägliche Dinge wie ein Apfel klappen noch ganz gut, und ich kann mir auch vorstellen wie es aussehen würde, wenn ich meine Wohnzimmerwand hellblau streiche, aber bei allem, wo ich mir das Bild aus einer etwas detaillierteren Beschreibung „zusammenbauen“ muss, klappt das nicht wirklich. Zum Beispiel stelle ich im Rollenspiel den riesigen und prunkvollen Ballsaal, den der SL beschreibt, nie groß genug vor, wahrscheinlich weil ich im Alltag eben eher in Einfamilienhäusern und Bürogebäuden unterwegs bin. Auch irgendwelche Details wie z.B. die Mamorsäulen, den Kronleuchter, die Wandteppiche etc. sind dann nicht wirklich dabei, oder wenn dann irgendwie schemenhaft.
Das ist der nächste Punkt: Ich habe kein besonders klares Bild vor Augen, eher so einen ganz flüchtigen Eindruck, als wenn man etwas aus dem Augenwinkel sieht und dann ist es wieder weg. Scheinbar brauche ich sehr viel Konzentration für klare und länger anhaltende Bilder. Ganz schwierig wird es bei Personen. Es ist mir noch nie passiert, dass ich eine Buchverfilmung gesehen habe und dachte: Also den Charakter hatte ich mir ganz anders vorgestellt. Eben weil ich ihn mir nicht so richtig vorgestellt habe. Es ist mir zum Beispiel schon passiert, dass ich mitten in einem Buch „vergessen“ habe, dass der Hauptcharakter als dunkelhäutig beschrieben wurde. Ich hatte vielleicht ganz am Anfang mal flüchtig ein Bild im Kopf, als der Charakter zuerst beschrieben wurde, aber das war wohl nicht klar genug, um mir im Gedächtnis zu bleiben. Erst als das noch einmal erwähnt wurde, fiel es mir wieder ein.
Auch interessant: Im Wikipedia-Artikel wurde ja nur auf das bewusste Vorstellungsvermögen abgestellt, und auch Sphinx meinte, dieses Problem beim Träumen nicht zu haben. Ich würde behaupten, dass es mir auch in Träumen so geht, dass ich zwar Bilder sehe, aber ganz oft nicht klar, sondern nur bruchstückhaft/ schemenhaft/ flüchtig. Insbesondere bei Personen. Wenn mir bekannte Personen in meinen Träumen auftauchen, dann ist es nicht so, dass ich ihr Gesicht klar erkenne, sondern ich weiß einfach, dass sie es sind. Mag aber auch daran liegen, dass ich sowieso ein ganz schlechtes Gedächtnis für Gesichter habe und der Alptraum jedes Phantomzeichners wäre…
Wenn ich Spielleiterin bin, suche ich mir übrigens gern aus dem Internet Bilder, um den Spielern zeigen zu können, wie ein wichtiger NSC aussieht, oder ich suche Landschaftsfotos, wenn die Charaktere z.B. aus der Stadt in eine Wüstengegend fahren. Obwohl die Spieler das gern mögen (und neulich sogar die Frechheit hatten, mich bei einem selbst ausgedachten Monster zu fragen, ob ich denn bitteschön nicht mal ein Bild davon zeigen könnte…
), glaube ich, dass ich es eher für mich selbst mache. Oder es ist Eskapismus, weil ich es hasse, Abenteuer vorzubereiten und vielleicht lieber stundenlang im Internet nach Bildern suche, weil ich keinen Bock habe, mich um die wirklich wichtigen Elemente des Abenteuers zu kümmern...