Danke an korknadel und Rumpel, die mir weitere Dimensionen erschlossen haben:
Es geht einfach nur um die Vorstellung, wie eine solche Textstelle auf Betroffene wirken mag, und da kommt dann eben die Schmerzgrenze ins Spiel. [...] Aber es wird auch welche geben, die der Text verletzen kann. Man kann den Betroffenen ja nicht vorschreiben, welche Schmerzgrenzen sie gefälligst haben sollen. Und der Text ist tatsächlich nicht sonderlich eindeutig. Man kann den -- vor allem mit einigem Abstand -- ganz harmlos lesen. Aber Leute, die aufgrund schlechter Erfahrungen sensibilisiert sind, lesen den nun einmal anders, und für die müsste der Text eben eindeutiger formuliert sein. [...] Okay, wir passen lieber ein bisschen mehr auf, als dass wir von den Betroffenen verlangen, doch gefälligst nicht so empfindlich zu sein, denn das Mitgefühl mit denen ist uns im Zweifel wichtiger als künstlerische Freiheit/Provokation/Rechthaben -- selbst wenn wir deren Empfindlichkeit vielleicht nicht ganz nachvollziehen können.
Kann ich sehr gut nachvollziehen und würde ich auch unterschreiben.
In diesem Sinne finde ich das jenseits aller Geschmacksfragen eine sehr schöne Entscheidung der Verantwortlichen.
Das dagegen kann und will ich keineswegs unterschreiben. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass in Bezug auf den Umgang mit der Textstelle unterschiedliche Infos im Spiel sind.
Paradox schrieb von "Streichung der Textpassagen". Wenn das passiert, dann bedeutet das, das Rausradieren von LGBT-Leiden. Das mag für konkret Betroffene eine Lösung sein, weil sie ihr Leid nicht "ausgestellt" sehen. Für alle anderen LGBTQIA+ bedeutet es aber das Herausradieren von Leiden, das sie/wir erlebt haben bzw. das in der Geschichte immer wieder vor kam und zwar genau in dem Sinn, wie es die russisch-tschetschenische Seite will: "
Es kommt nicht mehr im Text vor, weil es gar nicht existiert."
Und das finde ich völlig inakzeptabel! (Zumal auch die Schließung des WW-Studios wirkt, als hätte Paradox was gegen LGBTQIA+ Awareness bzw. ein Problem damit differenziert Stellung zu beziehen.)
Wenn das Umschreiben, das
Modiphius angekündigt hat, wahr ist, dann kann daraus noch was werden.
Aber gerade, wenn ich hier mit einer metaphorische Lesart der Marke "Vampire stehen hier für (bestimmte) Menschen in der wirklichen Welt“ herangehe, wie du es vorschlägst, wird es für meine Begriffe richtig unangenehm.
1) Ja, diese Lesart ist extrem unangenehm.
2) Nein, genau die hatte ich nicht vorgeschlagen. Der Vampir als Personifizierung der psychologischen Schattenseiten und Abgründe von Menschen, die potentiell in jedem Menschen lauern, das war meine Lesart. Das ist etwas völlig anderes als das Böse und Verbrechen auf konkrete Gruppen zu projizieren.
... soll heißen: Ein Spiel wie Vampire muss sich - in einer globalen und eng vernetzten Welt - viel mehr damit beschäftigen, welches Vampirbild sie vertreten. Die 90er-Herangehensweise ist ziemlich invalide geworden.
Fazit:
Ich stimme mittlerweile zu, dass die Textpassagen so nicht gelassen werden können. Dafür sind sie einfach zu schlecht gemacht und laden zu - biographisch bedingten, völlig unterschiedlichen und gegensätzlichen Deutungen ein.
Die Lösung, die Textstellen zu streichen, sehe ich nach wie vor als völlig inadäquaten Umgang.