Autor Thema: [Erzählt mir von] Armitage Files  (Gelesen 1606 mal)

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Offline Ludovico

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[Erzählt mir von] Armitage Files
« am: 29.11.2018 | 09:39 »
Hallo Leute!
Was könnt ihr mir über die Armitage Files erzählen?
Ich weiß bislang bloß, dass es eine Kampagne ist, die vom Aufbau her dem Dracula Dossier ähnelt und für ToC ist.

Da ich so eine Kampagne wohl eher leiten als spielen werde, könnt ihr gerne auch Spoiler-Infos hier posten.

Offline Scimi

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #1 am: 29.11.2018 | 12:02 »
In den Grundzügen ist es ein Kampagnenbaukasten, der auf einer Idee basiert, die dann von den Dracula-Dossier-Produkten aufwändiger und vor allem zugänglicher umgesetzt wurde. Das einzig Fixe in jeder Kampagne ist ein Handout mit vagem Inhalt, das den SCs in die Hände fällt. Von den Spielern wird erwartet, dass sie den Hinweisen des Handouts nachgehen (z.B. einen Ort besuchen, der erwähnt wird, einen Namen recherchieren, herausfinden, woher das Blut auf dem Papier stammt, alles Mögliche halt). Von der SL wird erwartet, dass sie dann dazu ein Abenteuer improvisiert, das die Stoßrichtung der Spieler bedient und die vorherigen Ereignisse der Kampagne dabei als Input verwendet. Zur Unterstützung gibt es eine Reihe von generischen Personen, Orten, Organisationen usw., die man als Zutaten verwenden kann und ein paar Tipps und Beispiele, wie sich das dann leitet.

Vom Setting her gehören die Armitage Files zum "Arkham Inquiry"-Campaign Frame aus dem Grundbuch, wo die Idee ist, dass die ganzen Akademiker aus dem Umfeld der Miskatonic University, die in Lovecrafts Geschichten auftauchen, sich um den inzwischen greisen Professor Armitage gesammelt und einen Geheimbund zur Erforschung und Abwehr des Mythos gegründet haben. Die SCs sind Studenten oder Angestellte der Miskatonic U, die an der Seite oder im Auftrag von den ganzen Doktoren Wilmarth, Dyer und Peaslee gruslige Ermittlungen durchführen.

(Klicke zum Anzeigen/Verstecken)

Die Idee der Kampagne ist auf jeden Fall cool, aber meiner Meinung nach zu locker umgesetzt. Im Gegensatz zum Dracula-Dossier fehlt dem ganzen ein starkes Thema, ein klarerer Antagonist oder eine Vorstellung davon, was eigentlich Sache ist (beim DD ist zumindest klar, dass es Vampire gibt, dass die Romanereignisse so oder so ähnlich stattgefunden haben, dass Edom existiert und dass Dracula aktiv ist und an einem Bond-Schurken-Masterplan arbeitet und darum dringlichst aufgehalten werden muss). Der einzig rote Faden bei den Arkham Files sind tatsächlich die Handouts, alles andere bleibt einem frei überlassen. Auch die ganzen Orte, Personen etc. sind ziemlich generisch und uninspiriert, anders als die ganzen Recherchen und Ideen, die Ken Hite in das Dracula Dossier gepackt hat.

Ich finde die Idee des Ganzen immer noch stark und kann auch die Handouts gut leiden. Aber bei dem Rest des Materials habe ich das Gefühl, dass einem das Buch da kaum Mehrwert bietet im Vergleich dazu, sich direkt alles selbst ausdenken. Z.B. könnten die Ermittler, wenn sie den Hinweisen nachgehen, mit einem Seemann oder einem Stadtbewohner oder einem Arbeiter reden wollen. Und vielleicht müssen sie zu einer Arztpraxis oder ein Küstenstädtchen oder in eine Bibliothek. So ein Seemann könnte natürlich ein unschuldiger Zeuge sein, aber vielleicht auch ein entlaufener Sträfling. So eine Arztpraxis könnte natürlich eine moderne, neutrale Atmosphäre haben oder eher ein düstere, beklemmende Ausstrahlung. Danke, Armitage Files, auf sowas wäre ich von selbst nie gekommen…  ::) Schon beim ersten Lesen fand ich viel von dem Material mau, seit ich gesehen habe, was mit dem Dracula Dossier geht, ist es schlicht unterwältigend.

Soll nicht heißen, dass ich das total gern mal spielen oder leiten würde. Aber da so viel von dem Material meiner Einschätzung nach nur Füllung ist und man die Handouts etc. ja wahrscheinlich ausdrucken will, braucht man da vielleicht nicht unbedingt ein gedrucktes Buch, sondern kann mit einer PDF-Version arbeiten…

Offline Ludovico

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #2 am: 29.11.2018 | 18:36 »
Wow! Danke Scimi! Das ist eine sehr detaillierte und hilfreiche Kritik der AF.

Tegres

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #3 am: 29.11.2018 | 19:03 »
Hinweis: Die Handouts in Farbe bekommt man als PDF auch als Kunde der reinen Totholzvariante.

Offline tannjew

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #4 am: 30.11.2018 | 08:02 »
Ich habe es bereits geleitet und schreibe die Tage ein paar Erfahrungen nieder.
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Offline tannjew

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #5 am: 12.12.2018 | 15:22 »
Ich komme leider jetzt erst mit deutlicher Verspätung dazu, ein paar Worte zu den Armitage Files zu schreiben.

Zuerst muss ich sagen, dass ich die Prämisse großartig finde. Hier wurde kritisiert, dass man sich letztlich doch recht allein gelassen fühlt. Das ist sicherlich der Fall, wenn man sonst kein Quellenmaterial verwenden kann.
Ich habe mir den Luxus erlaubt, meine Quellenbücher zu Arkham, Dunwich, Kingsport und Innsmouth zu entstauben sowie nochmal die Klassiker von Lovecraft als Hörbücher/-spiele zu hören. Damit hatte ich eine große Spielwiese und konnte so einige der Hinweise, die man in den Armitage Files findet, in Bezug setzen.
So ausgestattet kann man die Armitage Files optimal ausreizen und sich dabei kreativ austoben. Noch heute sprechen meine Spieler von damals von der roten Box…

Meines Erachtens nach setzen die Armitage Files Spieler voraus, die mindestens gut Englisch verstehen können, besser noch sehr gut, denn die Dokumente sind ein wesentliches Element der Kampagne. Und dabei spielen nicht nur der textliche Inhalt, der nicht immer ganz eindeutig ist und somit Interpretationsspielraum lässt, auch die optische Gestaltung eine wichtige Rolle.
Die Bilder, Kritzeleien und sonstigen Darstellen enthalten ebenfalls (mögliche) Hinweise und sollen beim Grübeln über die Dokumente in die verschiedensten Richtungen lenken. Wenn man, wie ich, die Texte für seine Gruppe ins Deutsche übersetzt fehlt einfach diese optische Komponente. Und das macht sehr viel aus.

Zudem ist das Spiel rund um die Armitage Files stark auf Improvisation ausgelegt. Man muss als SL Spaß dran haben, aber die Spieler müssen genauso Interesse haben von sich aus aktiv zu werden, möglichen Hinweisen nachzugehen bzw. Verknüpfungen zu suchen, die das Rätsel lösen. Es ist also sehr detektivisch, im Gegensatz zu einer echten Detektivgeschichte sind aber Tat und Täter völlig frei in der Entscheidungsgewalt vom Spielleiter.
Im Prinzip sollte es eine Art Ping Pong Spiel zwischen SL und SC werden… wenn sich beide Seiten darauf einlassen können.

Und wie bei einem Ping Pong Spiel muss man am Ball bleiben. Wenn man sehr unregelmäßig spielt und viel von dem vergisst, was bei den letzten Spielterminen ermittelt worden ist, wird es sehr zäh.

Also sehe ich folgende Voraussetzungen, um Spaß an den Armitage Files zu haben:
   - Gute bis sehr gute Englischkenntnisse auf beiden Seiten
   - Umfangreiches Quellenmaterial für Arkham + Region ist griffbereit
   - Spaß am gemeinsamen Improvisieren einer Lovecraft Geschichte
   - Ausreichend Zeit und regelmäßige Spieltermine, um die Ermittlungen bis zum bitteren Ende am Leben zu halten
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Offline Scimi

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #6 am: 12.12.2018 | 18:22 »
Was mich da besonders interessiert: Hast du das restliche Material aus dem Abenteuer, also die Orte und NSCs sinnvoll verwenden können? Oder hast du dich da komplett aus deinem erweiterten Quellenmaterial bedient?

Offline tannjew

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #7 am: 14.12.2018 | 08:59 »
Die NSC ja, da habe ich ein paar von verwendet. Die Orte nicht - die sind atmosphärisch beschrieben und wenn ich die auf Deutsch vorliegen hätte wäre es mir womöglich gar in den Sinn gekommen die vorzulesen - aber nicht in Englisch.

Wichtiger Input war für mich, neben den Briefen, die Beschreibung der Armitage Inquiry (hier habe ich so gut wie gar nicht auf die Pegasus Bücher zurückgegriffen) und die Tipps zum Improvisieren, das Beispiel etc.

Ergo hast du Recht, die Armitage Files sind eher ein Werkzeugkasten, aus dem man sich neben der Handouts (Briefe) bedient, den man aber nicht vollumfänglich nutzen wird. Man mag das als Verschwendung betrachten, aber ich halte die Armitage Files auch nicht für mit klassischen Abenteuern vergleichbar.
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Offline Ludovico

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Re: [Erzählt mir von] Armitage Files
« Antwort #8 am: 27.12.2018 | 14:07 »
Danke euch allen für die Infos. Ich denke, ich werde erstmal die Finger davon lassen.