#10
Erich Maria Remarque - Die Nacht von Lissabon(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book that takes place in a single day)Die Nacht von Lissabon ist ein ungewöhnliches Buch, oder hat es mich als solches empfinden lassen, weil ich sehr von der Lektüre von "Im Westen nichts Neues." geprägt war.
Dementsprechend war die Erwartungshaltung schon groß, dass das unaussprechlich Unmenschliche auch in diesem Werk wieder Ausdruck findet und alles andere atmosphärisch überlagert.
In Wirklichkeit ist es genau andersherum. Zwar geht die Geschichte um Flucht und was es aus den Menschen macht, aber Remarque beschreibt weniger die Fluchterfahrung, obwohl er die Flucht selbst beschreibt, sondern was dieses Ganze aus den Personen macht. Es geht weniger um die Unmenschlichkeiten der Bürokratie, der Folter, der Verfolgung und der Denunziation - die gleichwohl angerissen werden, aber hier nicht so plastisch gemacht werden - sondern eher im speziellen Fall, was die Flucht aus dem Charakter Schwarz und seiner Frau macht.
Was Remarque dazu gebracht hat, von Flucht und Vertreibung so zu schreiben, als sein sie normal, ist sicher eine interessante Frage und sicherlich auf seine gesamte Lebensgeschichte zu spiegeln.
Vor diesem Hintergrund von Flucht und Vertreibung, Rassenhass und Schikane, macht Remarque eine letztlich tragische, und dadurch auf seine Art letztlich schöne, Liebesgeschichte greifbar. Sie fällt nur selten aus dieser Art und nur in einer Szene fällt Remarque auf die hohe Plastizität seiner Beschreibungen beim Thema Gewalt zurück. Eine Szene, die einen ordentlichen Bruch in der Erzählung ergibt, aber auch die entsprechende Tragweite hat.
Insgesamt hat mir die Lektüre viel Spaß bereitet, gerade durch die sehr atmosphärische Schreibart. Im Besonderen ist mir der Umgang mit dem Thema der Erinnerung hängen geblieben, da der Charakter Schwarz immer wieder von der Furcht spricht, dass seine Erinnerung ihn betrügen wird, weil er so in seine Geschichte involviert ist. Dieses Thema ist einmal kurz zu repetativ dargestellt, stellt aber insgesamt einen schönen, zusätzlichen Faden dar.
Auch für dieses Buch kann ich eine Leseempfehlung aussprechen. 8 von 10 Punkten.
#11
Jon Hollins - Dragon Lords - Das Gold der Narren(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book inspired by mythology, legend, or folklore)In Kürze: Gute, alte, völlig überdrehte D&D-inspirierte Fantasy, die sich irgendwo zwischen Guardians of the Galaxy, Ocean's Eleven und der Hobbit einordnen will. In Teilen lustig, in Teilen gerät das Ende etwas aus den Fugen. Insgesamt unterhält es durch seinen Aufbau, seine Absichtlichen Anachronismen und seine Charaktere und die Fehlschläge der Truppe ausreichend, dass man es angenehm lesen kann. Wer also gerne sehen will, wie mächtige, gierige Drachen terrorisiert werden, ist gerne zur Lektüre eingeladen. Ist aber insgesamt höchstens Durchschnittskost, aufgrund seiner Vorzüge vielleicht etwas darüber. 6 von 10 Punkten.
#12
Malmsturm - Die Fundamente(Aus der POPSUGAR-Challenge: A "choose-your-own-adventure"-book)In Kürze: Es ist Malmsturm!
8,5 von 10 Punkten!
#13
Christopher R. Browning - Ganz normale Männer: Das Reserve-Polizeibataillon 101 und die "Endlösung" in Polen(Habe ich nicht in meine POPSUGAR-Challenge bekommen, deswegen zählt es einfach zum Ziel der 40 Bücher)Aufgrund meines historischen Hintergrundes habe ich sicherlich viele verstörende Quellen und Zeitzeugnisse gesichtet, studiert und auf diese Art auch erlebt, aber die nüchterne Art, wie Christopher Browning die Untaten gewöhnlicher Männer in diesem Werk beschreibt, auf jegliches Pathos verzichtet und die Quellen sprechen lässt, ist beeindruckend und bedrückend.
Der vorsichtige, sorgsame Umgang mit den Quellen, die Zurückhaltung in den Thesen und die sehr konsequente Darstellung sind überaus gelungen und machen das Werk so zu einem der besten Bücher zu Thema Massenmord, die ich gelesen habe.
Ich habe in meiner Edition bereits das kritische Nachwort auf die Kritik und das Werk Goldhagens, und fand diesen Disput auch sehr aufschlussreich und vorbildlich erarbeitet.
Einziger Grund zur Verwunderung blieb für mich - und dafür kann das Werk nur indirekt etwas - dass ich in anderen Rezensionen zum Buch immer wieder las, dass der Spannungsbogen, das reißerisch-erzählerische Narrativ fehlen würde oder das gar keine Immersion mit den Tätern erreicht werde. Ich kann Mr. Browning nur dankbar dafür sein, dass er allen Pathos herauslässt bei diesem Thema, und dass er gar nicht versucht, eine tiefe Immersion zu seinen beschriebenen Personen zu entwickeln. Gleichwohl macht er die unterschiedliche Motive und Handlung verständlich und menschlich genug, und dadurch bleibt seine Warnung, dass wir alle diese ganz gewöhnlichen Männer sein können, die Teil von Mord und Totschlag werden, umso deutlicher im Raum.
Ein wichtiges Werk. 9 von 10 Punkten.
#14
Marc-Uwe Kling - Die Känguru-Chroniken(Aus der POPSUGAR-Challenge: A book about someone with a superpower - ja, ein sprechendes, kommunistisches Känguru ist Superpower genug ;-))In aller Kürze:
Immer dann, wenn die subtilen Spielarten von Philosophie und Kritik auftauchen, gelingt es Kling - meines Erachtens nach - Feinsinn und Humor zu verbinden.
Wenn er in der einen oder anderen Szene den Holzhammer rausholt, sowohl humoristisch oder eben auch in der Darstellung, erscheint es mir platt und in der Vielzahl der Szenen auch repetativ. Da reicht der Bezug zu Bud Spencer und Terrence Hill nicht.
Aber über Humor und Geschmack lässt sich bekanntlich nicht (und das heißt eigentlich vorzüglich) streiten.
Deswegen sei genannt, dass die Darstellung der Buchform gefällig ist, dem Text gut zu folgen ist. Gut wird das vor allem, wenn Kling irgendwann anfängt mit seinem Stil etwas zu brechen, aber diese Bruchstellen dann im späteren immer wieder mal aufnimmt. Diese thematische und stilistische Entwicklung ist wahrscheinlich die Stärke des Buches.
So ist es ein brauchbares Werk schnell lesbarer, nicht gänzlich oberflächlicher Unterhaltung. Es trifft nur meistens nicht das, was ich als witzig empfinde, oder erzeugt bei mir keine tiefe Nachdenklichkeit.
Es ist trotz meiner durchschnittlichen Bewertung ein bemerkenswerter Lichtblick in der deutschen Comedy-/Kleinkunstlandschaft. 4 von 10 Punkten.
So viel zu meinem aktuellen Stand. Von meinem Seitenschnitt von 40 Seiten bin ich weit entfernt im Moment, liege bei 18,2. :-)