#29
Andreas Melhorn - Abenteuer Gestalten(Challenge: 40 Bücher lesen)Abenteuer Gestalten versteht sich als praktisches Hilfsmittel für SL und Autor*innen von Rollenspielabenteuern. Dabei finden sich allgemeine Hinweise zum Aufbau einer funktionierenden Story ebenso wie zuverlässige Brainstorming- und Storytelling-Techniken und kurze Übersichten zum konkreten Aufbau eines Rollenspielabenteuers in unterschiedlichen Genre. Eine Besonderheit des Buches sind die handschriftlichen Notizen von Frank Heller, Daniel Heßler und Judith C. Vogt, die auf kleinen gelben Klebezetteln ihren Senf zu Abschnitten des Textes dazugeben und so weitere Blickwinkel aufzeigen und Ideen ergänzen.
Kurz: Ich mochte es. Die kurzen Abschnitte lesen sich ganz hervorragend auch mal zwischendurch. Und auch wenn ich nicht jedem Tipp persönlich etwas abzugewinnen vermochte, würde ich alles in allem doch sagen, dass durch die praktische Herangehensweise viel rauszuholen ist. Gerade wenn es um das kurzfristige Gestalten solider Storys geht, ist dieses Buch eine echte Fundgrube. War für mich auch cool, mal eine übersichtliche Einführung in verschiedene Themenfelder zu bekommen (mir waren etwa Begriffe wie Combat as Sport/War tatsächlich noch nicht geläufig... ich bin ja wirklich interessiert und belese mich - aber ich bin halt auch erst seit 2009 im Hobby und gelegentlich merkt man das eben auch. Schön, dass auch mal an Küken wie mich gedacht wird.
) Gelegentlich wird es durch die große Auswahl an Themen etwas oberflächlich - aber die ausführliche Literaturliste macht das mehr als wett.
Alles in allem ein wirklich praktikables Buch. Nicht so theorieüberfrachtet und abgehoben sondern mit Mut zur Lücke und dadurch einfach so unglaublich nützlich und kompakt.
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Aşkın-Hayat Doğan, Frank Reiss und Judith Vogt (Hrsg.) - Roll Inclusive. Diversity und Repräsentation im Rollenspiel(Challenge: 40 Bücher lesen)Roll Inclusive ist ein populärwissenschaftlicher Essay-Band, der sich den Themen Diversität und Repräsentation im Rollenspiel von verschiedenen Seiten nähert. In den Blick genommen werden unter anderem die Themenfelder Geschlechter und Sexualität, Behinderungen, Neurodivergenzen und People of Color. Viele Artikel wurden von direkt Menschen aus den jeweiligen Gruppen geschrieben. Dabei will der Band keinen Schlussstein setzen, sondern vielmehr einen Anstoß für weitere Diskussionen bieten.
Ich möchte hier nicht jeden Artikel auseinandernehmen, das würde zu lange dauern und wäre auch nicht zielführend. Lieber konzentriere ich mich darauf, ob das Buch hielt, was ich mir davon versprach. Ich habe mir den Band gekauft in der Hoffnung, praktische Hinweise zu bekommen, wie mehr Diversity im Rollenspiel aussehen kann - sowohl IT als auch OT, sowohl privat zuhause als auch beim Schreiben von Abenteuern oder auf Cons.
Zwei Beiträge waren in dieser Hinsicht für mich besonders hilfreich, das waren die zu Barrierefreiheit und zu psychischen Auffälligkeiten.
Der Artikel zu psychischen Auffälligkeiten von David Grade empfiehlt, heruntergebrochen, psychische Auffälligkeiten nicht als festgeschriebene Krankheiten zu betrachten (Mein Charakter hat diese und jene Krankheit. Dazu gehören laut Wikipedia diese und jene Symptome und das muss so dargestellt werden, sonst ist es ne andere Krankheit.) sondern sich stattdessen an Symptomen zu orientieren (Mein Charakter fürchtet sich davor, alleine in geschlossenen Räumen zu übernachten, seit diesem und jenem Ereignis. Deswegen wird er immer grantig, wenn absehbar ist, dass der Abend nicht als Gruppe am Lagerfeuer sondern in einer gemütlichen Taverne mit Schlafmöglichkeiten enden wird.). Das gibt die Möglichkeit, die Auffälligkeiten darstellbar, fassbar und entwickelbar zu machen. Es rückt außerdem von der Idee ab, dass eine Auffälligkeit automatisch eine Krankheit sei, die schlecht und nur durch Heilung zu bekämpfen wäre.
Der Artikel zur Barrierefreiheit von Christian Vogt nimmt unterschiedliche Arten von Bedürfnissen körperlicher und psychischer Art und Barrieren, die ihnen im Weg stehen können, in den Blick und gibt ganz konkrete Hinweise, wie die Barrieren beseitigt oder wenigstens abgeschwächt werden können. Seien es treppenfrei zu erreichende Spielräume, barrierefreie Toiletten, readerfreundliche Textdokumente oder ruhige Räume für Menschen, die sonst dem Gespräch nicht folgen können. Fand ich gut, denn gab mir konkrete Handlungsanweisungen, was ich für wen tun kann.
Aus eben diesem Grund mochte ich auch das Toolkit mit Werkzeugen am Schluss des Buches, auch wenn ich die einzelnen Ideen für sich genommen nicht immer ganz so fantasievoll bzw. hilfreich fand.
Aus beruflichen Gründen gefiel mir auch der Artikel zur historischen Authentizität im Rollenspiel von Aurelia Brandenburg. Am Ende steht da auch bloß das, was alle Studierenden der Geschichte bei uns im ersten Semester lernen - nämlich, dass Geschichte ein Konstrukt ist und die Idee, wir könnten genau wissen, "wie es gewesen ist", ziemlicher Quatsch ist. Daneben dann die rollenspielspezifische Ergänzung, dass übermäßige Akkuratesse einen Hintergrund oder eine Geschichte auch nicht geiler macht und ein Abweichen davon dem Spiel sehr zuträglich sein kann und nicht wehtut.
Womit ich zugegebenermaßen weniger anfangen konnte, waren speziell die Artikel zum Themenfeld People of Color. Die Entscheidung, zwei Autoren zum gleichen Thema schreiben zu lassen, fand ich schon etwas merkwürdig, weil sie sich dann doch inhaltlich echt doppeln. Auch hätte ich mir weniger Belehrungen, warum es wichtig ist, PoC in mein Spiel zu integrieren gewünscht und dafür mehr konkrete Ideen, wie genau das aussehen kann. Also über "Dein Magiermeister könnte ja auch mal Schwarz sein!" hinaus (Merkwürdigerweise bedient gerade das bei mir im Übrigen das Klischee vom Weisen aus dem Morgenland und wäre daher genau nicht der Weg gewesen, den ich eingeschlagen hätte. ^^). Ansonsten belief sich das gefühlt für mich immer nur auf "Im Zweifelsfall frag halt PoC aus deinem privaten Umfeld". Leider ist mein privates Umfeld sowas von mega überhaupt nicht divers. Alles weiße, männliche Heteros und so ziemlich in meinem Alter. Deswegen bin ich auf Handreichungen, Leitfäden etc. angewiesen. Da hätte ich mir einfach weniger Einführung und forsch vorgetragene Forderungen und mehr Konkretes gewünscht.
Ein Buch also, dessen einzelne Beiträge ich durchaus durchwachsen fand. Es erreicht aber sein selbstgesetztes Ziel - eine Diskussion anzuregen bzw. anzuheizen und als Ideengeber zu fungieren. Definitiv habe ich über alle behandelten Themen nachgedacht, mich im Geiste mit den Autor*innen gestritten oder nackenknackend genickt, wenn mir etwas sehr bekannt vorkam. Manchmal war ich auch sauer und hab Sachen gar nicht verstanden. Und habe mich dann kritisch hinterfragt, warum gerade diese und jene Aussage mich jetzt so auf die Palme bringt. Fand ich gut!
Wenn es mir auch nicht so viele praktische Tipps wie erhofft an die Hand gab und ich nicht jede aufgestellte Forderung umsetzen kann oder auch nur möchte, hat es mich doch für einige Themen sensibilisiert, die ich so vorher nicht auf dem Schirm hatte. Und deswegen empfehle ich das Buch auch weiter.
#31
Alan Moore, Dave Sim, Frank Miller, Neil Gaiman, Todd McFarlane - Spawn (Origins Collection 1)(Challenge: 40 Bücher lesen, Tanelorn-Challenge: Ein Buch, in dem jede Menge Waffen vorkommen)Al Simmons hat nach seinem Tod einen unglückseligen Pakt mit dem Teufel geschlossen und ist nun als Spawn zurück auf die Erde gekehrt. Schnell stellt er fest, dass der Teufel ihn reingelegt hat. Mitnichten kann er in sein altes Leben zurückkehren und zusätzlich sitzen ihm verschiedene Gegenspieler im Nacken. Und nun sitzt er in der Klemme. Zwar hat er gewaltige Kräfte - aber sie sind begrenzt und wenn sie aufgebraucht sind, muss er als Dämon zurück in die Hölle kehren und seien Platz an der Spitze einer infernalen Armee antreten.
Ich hab mir diesen Sammelband gekauft, nachdem ich die
AVGN-Folge zu Spawn-Spielen und einen ziemlich genialen
Fanfilm auf Youtube gesehen habe. Fand die Hintergrundstory ansprechend (ich steh ja auf tragische Edgelords und Spawn bedient das schamlos^^). Lustigerweise stellte sich im Verlauf des Buches heraus, dass dieser Comicheld total up my alley ist! Spätestens die Gaststory von Neil Gaiman hatte mich gewonnen. Außerdem haben mich einige Aussagen des Autors über sein Konzept sehr angesprochen - ein Held ohne künstlich gesetzte Grenzen - Spawn schnetzelt seine Gegner brutal weg, wenn ihm danach ist, statt sie etwa brav der Polizei abzuliefern. Und er hat wirklich die abgefahrensten Superkräfte, bis hin zu
, die er allerdings nur unzuverlässig beherrscht und zudem ja nur begrenzt einsetzen kann, so dass es trotzdem nicht langweilig wird. Dafür wird es phasenweise umso alberner. Spätestens beim Zigarre rauchenden Erdferkel hatte ich nen Lachmuskelkater. Der Comic nimmt sich bei aller "edgyness" (mit dem Helden könnteste nen Dreitagebart rasieren) dennoch selbst nicht allzu ernst.
Dass der zweite Band noch nicht hier liegt, hat seine Ursache lediglich darin, dass sie ihn heute im Comicladen nicht mehr auf Lager hatten.