Ich habe zwei Sterne gegeben.
Positiv:
Das Setting gefällt mir außerordentlich gut, es ist tief mit der nordischen Mythologie verbunden und die Mischung aus brutaler Natur und einem märchenhaften Zugang finde ich spannend. Das Ganze wird von den Illustrationen auch wunderbar unterstützt und ich freue mich schon sehr darauf, in dieser Welt zu spielen.
Negativ:
Dass die Grundregeln unvollständig sind, wurde ja bereits mehrfach kritisiert. In meinen Augen ist das Setting ohne übernatürliche Elemente (Zauber/Götterwirken) nicht sinnvoll bespielbar, weshalb ich es wirklich unglücklich finde, dass genau diese Regeln fehlen (hätte man stattdessen die Ausrüstung oder das Bestiarium nachgereicht, hätte ich damit geringere Probleme).
Einen Punkt habe ich außerdem für die schlechte Übersetzung abgezogen - hier hatte ich beim Lesen bisweilen den Eindruck, dass es überhaupt kein Lektorat gegeben hat. So finden sich Absätze beinahe wortgleich doppelt im Buch (etwa zur Bestimmung von Mineralien auf den Seiten 18 und 19 oder zu den Ilhana auf Seite 22), es gibt falsche Übersetzungen (die auf Seite 22 erwähnten "tückischen Alpinen" sollen wohl "tückische Gebirgshänge" sein), zahlreiche holprige Sätze, falsche Grammatik und schlechten Stil (z.B: "Wenn man sich in einen Wald wagt, liegt die größte Schwierigkeit für Wanderer darin, dass sie rasch die Orientierung verlieren" - Seite 33). Ich bin bei solchen Sachen normalerweise weder besonders aufmerksam noch besonders pingelig. Beim Grundregelwerk haben die sprachlichen Fehler allerdings ein Ausmaß erreicht, das für mich das Lesevergnügen deutlich gemindert hat. Da ich das Grundregelwerk bislang nur gelesen, aber nicht am Spieltisch verwendet habe, kann ich noch nicht sagen, ob sich die mangelnde Genauigkeit auch bei den Werten und Tabellen bemerkbar macht oder ob hier alles passt.
Schließlich hat mich auch das Regelsystem sehr abgeturnt. Ich hoffe, dass sich das Ganze am Ende flüssiger spielt als es sich liest, aber für mich passt es nicht zu einer rauen, mythischen Welt, dass der Kampf vor allem aus Rechenoperationen bestehen dürfte. Im Moment kann ich insbesondere noch keinen Vorteil darin erkennen, dass die Initiative jede Runde mit diversen Modifikatoren neu berechnet wird und auch innerhalb einer Runde Veränderungen anfallen können. Ich habe den Eindruck, das System verlangt viel Rechenarbeit, ohne aber Vorteile anderer komplexer Systeme, nämlich entsprechende taktische Möglichkeiten, zu bieten. Ich hoffe, diese Einschätzung stellt sich beim Praxistest als unzutreffend heraus.
Insgesamt hoffe ich daher, dass die Trudvang Chronicles sich am Spieltisch besser machen als beim Lesen und ich meine Bewertung daher dann nach oben korrigieren kann. Wer, so wie ich, noch zwischen der englischen und der deutschen Version schwankt, dem würde ich aber schon jetzt eher zur englischen raten (wobei ich diese nicht kenne und daher nur vermuten kann, dass sie besser geschrieben ist).