Ja, hab ich.
Da geht es halt um zwischenmenschliche Beziehungen, Fehlentscheidungen, die das Leben in die falsche Richtung gebracht haben und vielleicht auch andere Menschen betroffen haben. Liebe, Verantwortung, Pflicht, Trauer, Verlust, die Bereitschaft sich/etwas zu ändern.
Eigentlich nichts anderes, als bei Geschichten in nicht alltäglichen Settings mit charakterlichem Tiefgang.
Ich finde Setups mit einem übernatürlichen Touch oft einfacher, weil man ein Vehikel hat, um diese Themen aufzugreifen und in eine interessante Geschichte zu packen.
Tatsächlich habe ich noch nichts gespielt, was wirklich so alltäglich war, dass ich darin hätte vorkommen können (außer vielleicht mal in einem Jeepformszenario), sprich hier in meiner Stadt, in einem Umfeld, das meinem entspricht.
Der Kunstgriff, ist dann eben den Ort des Geschehens wenigstens in ein anderes meist dennoch westlich geprägtes Land zu verlegen (z.B. Amerika), eine andere Gesellschaftsschicht zu verkörpern, mit der Erzählform zu spielen/zu experimentieren (wie z.B. bei Jeepform) oder die Art der Story anders zu gestalten (z.B. Roadtrip oder sowas).
Zu nah an meinem eigenen Leben mag ich Rollenspiel aber auch einfach nicht haben, außer gespickt mit experimentellen Stilmitteln.
Hui, ich bin überrascht von den ganzen Rückmeldungen und sage erst mal "Danke schön"
Stellvertretend möchte ich mal auf diesen Post hier konkret eingehen, da ich den Gedanken des "Ventils" sehr interessant finde. Ich sollte auch noch einmal deutlich, dass es mir nicht ausschließlich um Teenager-Dramen geht. In meinem konkreten Beispiel "Life is Strange" war es nur das, was mich am stärksten getriggert hat - eben weil wir alle vermutlich dass noch aus früheren Jahren kennen.
Auch suche ich nicht zwangsläufig nach einem neuen System. Ich könnte mir z.B. gut vorstellen, das mit dem regelarmen Cthulhu oder Vampire-Gerüst zu stemmen.
Und ja - Dramatisierung ist vermutlich da. Kaum einer möchte monotonen Alltag ausspielen, d.h. 5 Ingame-Tage lang arbeiten, essen, Hausarbeit machen und schlafen gehen. Aber dramatisiertes Rollenspiel ohne jegliches übernatürliches Zeug fasziniert mich einfach.
Ein Beispiel: in einem selbst geschriebenen Cthulhu-Abenteuer spielten beide Spieler Detectives, die den Fall eines Serienkillers aufklären sollten. Als Hintergrund hatte sich einer Spieler überlegt, dass er geschieden war und seinen Sohn am Wochenende sehen konnte. Spontan beschlossen war, dass zu Beginn des Abenteuers der Sohn bei eben jenem Spieler für eine Woche blieb, da die Ex-Frau verreiste. Die Spieler begann, herzerwärmend immersives und tolles Rollenspiel als Vater und als "Onkel in Spé" aufzuziehen.
Nach etwa 2 Sitzungen hatte ich deutlich mehr Spaß an dem improvisierten "Freizeit"-Spiel, als an dem eigentlichen Plot voller Tatorte, übernatürlichem Mythos und sonstigen übernatürlichen Scheiß. Wir spielten eine halbe Stunde lang aus, wie die beiden Cops mittags mit dem kleinen Jungen Hotdogs kaufen gingen, auf ihrem Stamm-Basketballplatz Körbe warfen und über das Leben sinnierten.
Mir ist bewusst, dass man da definitiv die richtigen Spieler zu braucht (und vermutlich auch eine gewisse Intimität, um sich vollständig fallen lassen zu können), nichtsdestotrotz ist das trotz aller Drachenhorte, Geisterhäuser, Serienkiller, Magiertürme usw. der Moment gewissen, der mir am meisten am Herzen liegt.
Ich grübele immer noch, warum genau.