Wir haben "The Thanatos Factor" nun fertig gespielt.
Beim Ringkampf hatte ich vor dem Spielabend noch mal überlegt, ob der NSC denn überhaupt bereit wäre seine Pistole einzusetzen und entschied mich für nein, da er zögerlich ist Menschen umzubringen und der SC ihn ohne gezogene Waffe angegriffen hatte. Insofern gab es dann einen Kampf, in dem beide versuchten den jeweils anderen mit Angriffen auf den Kopf K.O. zu schlagen, wenn sie in der besseren Position waren bzw. erst einmal in diese bessere Position zu kommen. Das ging eine Weile (3-4 Runden) hin- und her, obwohl zwei Treffer gelandet wurden (aber Standard-Faustkampf ist scheinbar nicht so gefährlich und Martial Arts konnte keiner). Dann war allerdings der zweite SC herangekommen und gegen zwei Leute hat der NSC dann keine Chance mehr und wurde überwältigt.
Im späteren Verlauf der Mission gab es dann auf Grund geschickter Vorgehensweise (hauptsächlich List und Heimlichkeit) meines Spielers sehr viele tote NSC (die Mission läuft ja quasi zwangsläufig darauf hinaus, dass man sich mit mindestens einer der feindlichen Söldnergruppen anlegen muss) allerdings auch einen toten SC. Da lief es mit dem Verstecken beim Legen eines Hinterhaltes nicht so gut und die Gegner waren in der Überzahl und so kam es dazu, dass es einer der Gegner tatsächlich noch schaffte zurück zu schießen. Das war dann noch der Anführer-NSC mit den höchsten Werten. Die Abzüge auf den Angriff waren hoch (11-30 Meter Overlay, Firer walking -20, Target well camouflaged -10, Auto-firing -30 ab zweitem Schuss) und Deckung war auch vorhanden, aber 10 Kugeln sind halt nun mal 10 Versuche und bei zwei Treffern am Kopf hilft dann auch die Panzerung dort nicht mehr und man kann sich weiteres Rechnen sparen.
Unsere "Erkenntnisse"
:
- Die Abhandlung ist deutlich einfacher und schneller als einem Silhouetten und Schadenstabelle erst glauben machen. Wenn man mal ein, zwei einschlagende Kugeln in entsprechender Zone gegen die getragene Panzerung durchgerechnet hat, bekommt man sehr schnell ein Gefühl dafür, ob man künftig überhaupt rechnen muss, oder ob die Antwort ohnehin auf "das Ziel ist tot" hinausläuft. Dafür macht es gerade bei automatischem Feuer (10+ Kugeln) Sinn erst mal für mehrere Kugeln zu würfeln. Denn sobald man feststellt, dass ohnehin eine genügende Anzahl an Kugeln (je nach Trefferzone und Panzerung sind das so 1-3) die anvisierte Trefferzone trifft, braucht man weder würfeln noch die Silhouette oder die Schadenstabelle auszupacken. Tot ist tot. Wir haben im Testspiel die Silhouetten und die genaueren Werte in der Schadenstabelle also tatsächlich nur in Randfällen gebraucht.
- ME ist sehr sehr tödlich. Wenn es jemand mit Tötungsabsicht (= eine der Kopf- oder Torsozonen wird anvisiert) schafft auf einen SC/NSC zu schießen, ist derjenige in den allermeisten Fällen erledigt, selbst wenn der Angreifer durch die Umstände hohe Abzüge hat. Dies gilt besonders wenn Angreifer eine automatische Waffe benutzt und daher nicht "nur" 4 Kugeln sondern 10+ verschießt.
- Hat es einen Grund, dass es Overlays für Entfernung 11-30 Meter und höher gibt? Für uns wäre es vom Rechnen her einfacher gewesen vor dem Angriff z.B. noch mal 30 Punkte vom Angriffswert abzuziehen, als später mit "made by X" herumzurechnen.
- Die Art wie die Initiative gehandhabt wird, spielt sich sehr gut, die Kämpfe haben sich nicht so brettspielig angefühlt, wie in anderen Systemen. Es ist in ME auch meistens notwendig sehr genau zu beschreiben, was der Charakter tut, um die Aktion dann regeltechnisch abhandeln zu können. Dadurch bleibt man vom Gefühl ziemlich in der Geschichte drin. Das System spielt sich nicht so "abstrakt" (keine Ahnung, ob das der richtige Begriff ist), wie andere.
- Die Initiative zu bestimmen dauert allerdings eine Weile, wenn viele Personen in den selben zwei Sekunden beteiligt sind (bei dem Hinterhalt war es 3 vs. 4), das hat an dem Punkt dann doch ziemlich aus der Erzählung rausgerissen. Aber ich hoffe mal, das ließe sich mit Übung und vorberechneten Werten auf dem Charakterbogen lösen, die man dann nur noch ablesen muss.
- ME ist uns viel zu tödlich. Wir wollen zwar, dass Kämpfe gefährlich sind und schnell gehen, aber das hier ist für uns deutlich zu viel des Guten.
Wir haben daher beschlossen lieber auszuprobieren, wie sich einige der tollen Ideen von ME (die Art der Initiative-Handhabung, die Art der Martial-Arts-Handhabung, generell der Aufbau des Kampfsystems außer Schadenshandhabung) machen, wenn wir sie in das Homebrew einbauen, an dem ich gerade schraube. Da haben wir ein anderes Schadenssystem, das nicht ganz so heftig ist.
Mein Kumpel hatte außerdem letztens von sich aus (ich hatte nix in die Richtung gesagt
) den GM's Companion gekauft und ist sehr begeistert davon, was ihn da an Material erwartet hat, das entweder direkt oder nach etwas Anpassung für Shadowrun verwendbar ist. Besonders die vielen Bodenpläne, die wirklich viele typische Locations abdecken und die Namenslisten haben es ihm angetan.
Und ich hab auch mal in den "Operatives Kit" reingeschaut (kam aber noch nicht dazu, den wirklich ausführlich zu lesen) - der scheint auch toll zu sein, besonders wenn man in RL in der Richtung überhaupt keine Ahnung hat. ME hat echt eine Menge guter Ideen und Material und davon gedenken wir Einiges zu nutzen, auch wenn das System als Gesamtpaket so wie es aussieht nicht für uns geeignet ist.
Nachtrag: Vom RL ausgehend ist es vermutlich völlig realistisch, dass man erledigt ist, wenn es jemand schafft 10+ Kugeln mit einer brauchbaren Trefferchance auf einen abzuschießen. Insofern ist der Kritikpunkt so zu verstehen, dass uns ME zu realistisch ist für das Spiel, das wir spielen und die Geschichte, die wir erzählen wollen.