Nachdem an etwas versteckter Stelle gerade mal wieder die Frage aufkam...
Aber ich möchte im Moment eher optimistische Settings bespielen (und nicht "grim and gritty"), (...)
Was ist denn ein eher optimistisches Setting?
... und nachdem ich neulich schon in
diesem Thread den Eindruck hatte, dass der eine oder andere gar nicht versteht, was ich meine, mache ich dazu mal einen allgemeinen Thread auf. Um zu erklären, worum es mir geht. Um passende Settings zu sammeln. Und natürlich, um offene Diskussionen zum Thema zu ermöglichen, falls jemand etwas Bereicherndes dazu zu sagen hat
.
Also, was ist für mich ein optimistisches Setting? Nun, am besten lässt sich das erklären, indem man es von pessimistischen Settings abgrenzt. Ein
pessimistisches Setting ist eines, in dem die Welt
per se eher schlecht ist - die Lebensumstände und ganz besonders die Menschen (oder kulturschaffenden Völker oder was auch immer). Meist sind die "Helden" nicht wirklich die Guten - denn Gute gibt es nicht, oder sie sind schlicht die naiven Trottel, die als erstes ins Gras beißen - sondern die am wenigsten Bösen. Und nicht selten kann man auch gar nicht wirklich gewinnen, sondern höchstens das Verlieren weiter rauszögern. Solche Settings haben in den letzten beiden Jahrzehnten nicht nur im Rollenspiel, sondern auch in den Medien einen hohen Marktanteil. Beispiele wären Game of Thrones, World of Darkness oder Warhammer 40K.
Ich will die pessimistischen Settings jetzt an dieser Stelle gar nicht bewerten (obwohl ich mich zurückhalten muss
), sondern sie lediglich zur Abgrenzung nutzen.
Was ist demnach ein optimistisches Setting? Ein
optimistisches Setting ist eines, in dem es noch echte Helden gibt. In denen die Welt nicht nur schlecht ist, sondern Gutes und Schlechtes enthält. In dem das große kitschige Happy-End noch möglich ist. Zu einem optimistischen Setting gehört aber auch eine gewisse positive Grundstimmung: die Helden sind häufig optimistisch und trauen sich etwas zu, "der Zweck heiligt die Mittel" ist kein legitimes Vorgehen, es muss nicht an jeder Ecke zwischen Pest und Cholera gewählt werden, und Humor kommt nicht nur in Form sarkastischer Sprüche vor.
Ein typisches Genre, in dem diese Stimmung verbreitet ist, ist das Abenteuergenre. Die alten Sandalen-, Musketier- und Piratenfilme (Stichwort "Swashbucking") sind hier gute Beispiele, die Schatzsucher- und Entdeckerromane des 19. Jahrhunderts (Henry Rider Haggard, Karl May,...), aber auch modernere Vertreter wie Indiana Jones oder viele der bonbonbunten Space-Opera-Reihen der 60er- bis 80er-Jahre (Star Wars, Star Trek, Valerian,...). Ein weiteres Genre, in dem diese Stimmung häufig ist, sind Märchen (nicht nur Grimm, sondern auch 1001 Nacht etc.) und Sagen.
Im Rollenspiel treffen wir diese Grundstimmung besonders häufig in Kitchen-Sink-Settings an (zumindest bieten sie meist genügend Regionen, die für solches Spiel geeignet sind). Settings mit einer starken Spezialisierung auf eine bestimmte Stimmung dagegen neigen in letzter Zeit eher zum Pessimismus und zu einer starken Thematisierung von Unterdrückung, Krieg, Horror, Weltuntergang, Technophobie etc. Dedizierte Vertreter des Optimismus fallen mir dagegen weniger ein -
Hollow Earth Expedition (das Abenteuerspiel schlechthin) und
Space:1889 (das die viktorianische Aufbruchsstimmung des "everything goes" umsetzt) wären hier zwei Beispiele.
So, jetzt hoffe ich, dass meine Verwendung des Begriffs "optimistisches Setting" etwas klarer geworden ist. Und vielleicht habt ihr ja noch Vorschläge für Rollenspielsettings, die dieses Thema besonders gut umsetzen?