Ein Bisschen Optimismus kann ja auch daher rühren, dass das Töten der Gegner eben nicht immer (vielleicht aber manchmal) mit moralischen Dilemmata, seelischen Zusammenbrüchen und PTBS einhergehen muss. Frag mal Soldaten, die aus Überzeugung ihr Land, ihre Familie oder andernorts Unterdrückte verteidigen, wie gut sie mit dem Töten von Menschen zurecht kommen. Ich möchte solches Leid, solche seelischen Abgründe und diese Widerwärtigkeit eines toten Menschen mit all den nachfolgenden Konsequenzen explizit _nicht_ als elementaren Bestandteil meines Rollenspiels sehen. Wie angedeutet: es kann auch _mal_ eine Rolle spielen. Aber für "Optimismus" oder auch ein "positiv gefärbtes Setting", sehe ich dafür keinen Platz. Und da macht es die etwas einfachere Schwarz-Weiß-Färbung mit einer Handvoll klar definierter Bösewichte doch deutlich einfacher. Gut und Böse mögen auf den ersten Blick platt, zweidimensional und langweilig erscheinen. Aber für mich persönlich steht da auch ein klarer Gewinn bei an.
Hm, ich würde schon trennen zwischen "Möchte ich nicht!", "Macht es einfacher!", "Hat einen Gewinn!" und "Ist optimistisch!"; das sind in meinen Augen sehr unterschiedliche Aussagen, und während ich dir bei drei davon auch persönlich zustimme, würde ich mich bei der Verbindung querstellen. Eindimensionalität, Pulp & Co. werden bspw. immer gute Stilmittel sein, um Spaß und Unterhaltung zu schaffen (und vielleicht nicht über Fragen wie Optimismus nachdenken zu müssen), aber für mich vermitteln sie oft auch eine pessimistische Weltsicht.
Naja, eskapistisch ist der "Wir können alle Probleme lösen, indem wir miteinander reden"-Ansatz ja leider auch. Habgier, Rache, Machtsucht, Fanatismus usw. sind ja durchaus real, und die gehen nach meiner Erfahrung durch Reden auch nicht weg. Ebensowenig wie das Kategorisieren (und sehr unterschiedliche Behandeln) von Menschen nach empfundener Nähe. Ich persönlich empfinde es jetzt nicht als weniger eskapistisch, sich diese Probleme - die ich jeden Tag real erlebe - wegzudenken, als ab und zu jemandem einen "der ist jetzt ECHT böse, Ende der Diskussion"-Button anzustecken.
Moment, ich WILL doch gerade diese ganzen negativen Sachen. Das Entscheidende ist, wie man damit umgeht, und hier kann ein Setting optimistisch werden. Doctor Who ist wie schon angesprochen ein hervorragendes Beispiel: In praktisch jeder Folge gibt es Genozid, Arschlöcher, Einsamkeit und andere schlimme Dinge, aber trotz allem steht im Hintergrund fast immer eine optimistische Grundeinstellung, verkörpert durch den Doktor und die Art und Weise, wie er (oder sie) die Dinge angeht. Das heißt nicht, dass alles Friede-Freude-Eierkuchen endet, und manchmal sterben uuuunglaublich viele Menschen durch die Taten von Menschen, die sich definitiv nicht "rehabilitieren" lassen – oder auch mal durch die fehlgeleiteten Taten des Doktors selbst. Damit Doctor Who so optimistisch sein kann, braucht es diese negativen Dinge sogar; andernfalls wäre der Optimismus überhaupt nichts wert und wahrscheinlich genauso krass eskapistisch wie eine Schwarz-Weiß-Zeichnung. Optimismus hat für mich etwas mit Überzeugung und Glaube zu tun, nämlich Überzeugung und Glaube an etwas Besseres, das durchaus möglich ist.
Rumpel hat das oben auch schon sehr schön ausgedrückt. Wenn ein Setting zu entrückt von realen Problemen ist, kann ich es nicht mehr optimistisch oder pessimistisch nennen, weil es praktisch keine Aussage über die Sicht realer Probleme trifft – und dabei geht es ja bei Optimismus und Pessimismus.
Ich denke bspw. auch gerade über Star Wars nach, das hier schon gefallen ist ... Schwierig! Die ersten drei Filme sind ja schon sehr "märchenhaft", und das ist für mich zumindest auf den ersten Blick kaum optimistisch, sondern eher entrückt von der Realität. Auf den zweiten Blick allerdings tut es das natürlich trotz allem, und da müsste ich ernsthaft überlegen, was die Aussage ist: Ist es Luke, der sich am Ende, durch all seine Erfahrungen, gegen die Wut seines Vaters entscheidet und den Imperator nicht niederstreckt, obwohl er die Gelegenheit dazu hat? Okay, das ist optimistisch (mancher Pessimist würde es nämlich "dumm" nennen =P), und sein eigener Optimismus führt sogar dazu, dass Vader "rehabilitiert" wird und seine Probleme für ihn aus dem Weg räumt. Was auch wieder ziemlich optimistisch ist. The Last Jedi stellt diese ganze Optimismus-Thematik ja dann praktisch auch wieder sehr bewusst in den Mittelpunkt. Andererseits bin ich mir sicher, dass hier und dort in der alten Trilogie Weltsichten durchkommen, die eher pessimistisch sind, gerade abseits der Hauptfiguren. Da kann es durchaus auch Dissonanzen geben.