Wichtiger Punkt! Eberron kann sich sicherlich noch ein Stückchen weiter weg vom "generischen" D&D bewegen, um mehr Eigenidentität zu bekommen, aber zu sagen dass es nur ein üblicher Kitchen Sink mit drei Extrazutaten ist, lässt die etlichen interessanten Verdrehungen echter D&D-Klischees außer Acht.
Moment, das schließt sich für mich aber gar nicht aus. Mein Hauptkritikpunkt war nicht, dass Eberron generisch ist, sondern dass die durchaus interessanten Zutaten stellenweise eine ziemlich inkohärente Mischung ergeben, Kitchen Sink eben. Das ist für mich ein ganz anderer Kritikpunkt als Generik.
Im Gegenteil sehe ich in den genannten Klischee-Verdrehungen sogar die Extrazutaten, die du beschreibst, weil ich finde, dass sie eben nicht immer zum Rest von Eberron passen, sondern einfach nur coole Ideen sind, die auch in jedem anderen D&D-Setting auftauchen könnten, das irgendwie ein bisschen "anders" sein möchte.
Die Warforged bspw. sehe ich als ein Positivbeispiel (!) an: Die verdeutlichen nicht nur die Industrialisierung, die in der Genre/Epochen-Idee von Eberron grundlegend mitschwingt, sondern sind auch gut in den großen Krieg eingebunden. So sollte das sein!
Wenn man aber sowas wie die Drow, die Orcs oder die Shifter nimmt, muss man schon ein paar Gedankensprünge machen, um die irgendwie als inhärent passend zu erklären. Ich würde die vermutlich am ehesten in die ganze kolonialistische Indiana-Jones-Ecke des Pulps ordnen (oder die Shifter in die Noir-Monster-Filme ...?), aber beim Lesen habe ich da definitiv nicht dran gedacht. Das waren für mich einfach nur cool designte Ideen, die man aber genauso gut auf jedes zweite andere Setting verfrachten könnte, ohne dass sie herausstechen würden.
Die Kalashtar bzw. ihren Reiz habe ich zugegebenermaßen nie so wirklich verstanden, aber das ist bestimmt subjektiv. Für mich hat es sich immer mehr nach "Hm, wie packen wir Psionics auf eine interessante Weise in ein Setting?" angefühlt.
Ist das jetzt per se schlecht? Nicht unbedingt, aber es hilft auch definitiv nicht, mich für ein Setting zu begeistern. Dafür brauche ich EINE Idee, also für ein Setting lieber so High-Concept-Sachen wie Planescape, wo sogar die Kitchen-Sink-Mentalität SELBST noch in eine große Narrative und letztlich einfach ein rundes Konzept eingebunden ist (hier die Weltsicht, die Gesinnungen, aus denen Konflikte erwachsen, letztlich also gut, böse und alles, was dazwischen passiert). Das hilft mir dann nämlich auch beim Spielen, weil ich immer ganz selbstverständlich weiß, was die großen Themen im Hintergrund sind.
Man müsste übrigens auch nicht das ganze Setting zerfetzen, um das zu ändern. Die neue Idee mit Dragonmark Families als "Fantasy Corporations" bspw. passt sehr gut rein. Davor waren das eher so Fraktionen für Intrigen, weil Intrigen mit Fraktionen bei D&D nun mal ein gewisser Standard waren (seit Vampire/Planescape), aber wenn man jetzt die wirtschaftlichen Hintergründe des Pulps und der 1900er Jahre mit einbindet, wird das sehr viel organischer. Genauso bei bspw. Orcs und Elfen: Man müsste weiter weg von "Was sind Orcs und Elfen? (oder auch NICHT, haha!)" und direkter hin zu "Welche Rolle nehmen sie in einer Indiana-Jones-esquen Wildniskampagne ein?" Wobei das wirklich nur ein Beispiel ist; mir ist schon klar, dass sich Eberron etwas breiter aufstellt.
tl;dr ... Ich möchte Eberron nicht als "Fantasy mit coolen Ideen", sondern lieber als ein durchkonzipiertes Genre(s)/Epochen-Setting auf Fantasy-Basis. Und die Grundlagen dafür sind definitiv da. Vielleicht ist es (für mich) wirklich vorrangig an seiner Entstehungsgeschichte gescheitert.