Neben all dem, was hier oben schon geschrieben wurde - insbesondere die Ausführungen von General Kong - ist mir das hier eingefallen:
Es gibt Spiele, die gezielt für Comic-Leser und mit Comics "der alten Schule" (DC- und Marvel-Heftchen oder maximal "Sonderbänden" und "Taschenbüchern", wie sie in den 70er- und 80er-Jahren bei uns hießen) sozialisierte Rollenspieler geschrieben wurden, von ausgewiesenen Comic-Experten und mit Comic-Schwerpunkt. Diese Spiele reden viel über das Medium "gedruckter Comic" und versuchen häufig, Comic-Eigenheiten zu imitieren und das Spiel an einen Comic anzugleichen. Dazu gehören
Capes, Cowls and Villains Foul (dort sind die Spieler eher "Autoren" als "Schauspieler" - und der Spielleiter trägt den Namen "Redakteur", es wird davon ausgegangen, dass jeder Spielercharakter einzigartige Fähigkeiten hat und diese Fähigkeiten sehr frei und flexibel einsetzt),
Icons (es gibt eine Unterteilung in Heft / Seite / Panel für die Zeiten; Fähigkeiten haben eine Standardfunktion, die immer da ist, aber sie können für zusätzliche Tricks und Manöver eingesetzt werden, sobald man nur Entschlossenheitspunkte dafür ausgibt),
BASH (ähnlich wie Icons, mit einer Punktewährung namens "Hero Dice", die ebenfalls aus Comics entlehnte Situationen und Tricks ermöglicht),
Save the Day, zum Teil
Supers! und auch
Mutants and Masterminds.
Es gibt Spiele, die das alles noch weitertreiben, zum Beispiel das kürzlich erschienene Spiel
Is It A Plane!? von Christopher Dean (Psychic Cactus Games, 2018). Dort wird überhaupt nicht gewürfelt, sondern die Spieler müssen spielrelevante Aktionen in Panel-Form selber zeichnen - im Strichmännchen-Gekritzel-Schnellverfahren mit der Stoppuhr daneben. Aus dem, was die Spieler dann simultan zusammengekritzelt haben, wird versucht, eine Szene und eine verständliche "Lösung" abzulesen... sehr neuartig und sehr lustig, fast ein Party-Spiel! Das hat schon etwas von "Die Montagsmaler" oder "Scharade-Spielen".
Auf der anderen Seite des Spektrums stehen Systeme, die das Superheldengenre ebenso zelebrieren, aber anders erklären und darstellen, teilweise mit recht übergenauen, überregulierten und zahlenverliebten Regeln, die auch nicht jedermanns Geschmack sind. Diese Spiele gehen größtenteils noch auf die ältere Generation der sehr "wargaming"-artigen Rollenspiele zurück, mit Bodenplänen, Hex-Feldern, Trefferzonen, "Facing" und so weiter:
Hero System bzw.
Champions (das Superhelden-Spiel, aus dem das eigentlich genre-unabhängige Hero System erst entwickelt wurde) ist dort der bekannteste Vertreter, auch
Villains & Vigilantes ist noch sehr aufwendig und ähnlich detailliert, wenn es um Reichweiten, Geschwindigkeiten, Schaden, Erholungsraten und so weiter geht. Hero System kann quasi komplett als Miniaturenspiel auf Hex-Feldern gespielt werden, was das Kämpfen angeht, und eine einzelne Kampfrunde kann weit über eine Stunde reale Spielzeit in Anspruch nehmen. Es gibt aber genial geschriebene Abenteuer und Charaktersammlungen insbesondere für diese beiden alten Spiele, die ich jetzt mal simulationistisch nennen möchte.
Für das Mutants and Masterminds-System sind unheimlich viele, ja fast beängstigend viele Erweiterungsbände mit optionalem Material erschienen. Ich halte es für das am schönsten illustrierte Superhelden-Spiel, auch wenn ich ja zurzeit ein anderes Spiel stark promote. So gibt es für M&M auch einen Band namens
Paragons, in dem es um Menschen mit Superkräften in einer ansonsten normalen realistischen Welt geht - dieser Band erschien soweit ich mich erinnern kann ungefähr zu der Zeit, als noch die TV-Serie
Heroes aktuell war. Er ist nur für die zweite Edition von M&M erhältlich. Aktuell ist allerdings die 3. Edition.