Auch der Heldenbegriff hat sich ja über die Jahrhunderte gewandelt. Die Taten und Abenteuer von Helden der Antike, des Mittelalters und der Neuzeit unterscheiden sich ganz erheblich. Der moderne Heldenbegriff ist stark von altruistischen Idealen geprägt: ein Held ist in erster Linie, wer sich in Gefahr bringt / Risiken eingeht um anderen zu helfen. Dieses altruistische Element geht dem Heldenbegriff früherer Zeiten vollständig ab. Mittelalterliche Helden (z.B. Siegfried, Valtari etc) hatten ganz eng definierte Loyalitäten und verfolgten ansonsten ausschließlich ihre eigenen Interessen. Da wurde der Drachen nicht erschlagen, um eine Prinzessin zu befreien oder ein Dorf zu retten, sondern um an den Schatz zu kommen. Helden der Antike konnten alles mögliche sein, aber selbstlose Diener der Allgemeinheit waren sie nicht.
Die grundsätzlichste und hilfreichste Definition von "Held" ist meines Erachtens:
Ein Held ist, wer von anderen für seine Taten bewundert wird.
Das setzt nun also voraus, dass man überhaupt erstmal _tätig_ wird. Ohne Tat kein Heldentum.
Die notwendigen Eigenschaften sind also diejenigen, die man benötigt, um erfolgreich tätig zu werden. Und das muss man dann tun.
Nehmen wir mal einen Angsthasen, der selbst nur seinen eigenen Vorteil sucht, und möchte, dass die anderen für ihn als Schutzschild her halten?
(Wäre das noch ein Held ?)
Nein, sowas ist bestenfalls ein Antiheld -- übrigens auch ein etablierter literarischer Begriff. Wobei der klassische Antiheld gerade durch seine Schwäche sympathisch wirkt -- so eine Figur wie du da gerade beschreibst klingt für mich hochgradig unsympathisch.
Wie dem auch sei, der Zweck von Antihelden ist, dass sie irgendwann über sich hinauswachsen, und dann eben doch richtige Heldentaten vollbringen können.
Das Problem mit "Normalos" im Rollenspielkontext ist ja, dass die zu überwindenden Hindernisse nicht trivial sein können. Man wird ja auch als Autofahrer nicht an jeder Ampel als Held bejubelt, an der man erfolgreich angehalten hat ohne jemanden zu überfahren. Schwierige Aufgaben wiederum kann man mit "durchschnittlichen Stats" qua Definition kaum schaffen, sonst wären sie ja nicht schwierig.
Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: hat tatsächlich irgendjemand Lust, mit "Normalos" in Abenteuer zu ziehen, und dann in 93% der Fälle zu scheitern, weil man halt die erforderlichen Würfelproben nicht schafft? Für mich selbst kann ich das definitiv beantworten: Nein.
Ein System, das ermöglichen soll, mit Normalos im richtigen Moment Heldentaten zu vollbringen, braucht dafür spezielle Mechanismen - sowas wie Edge, Karma, Glück, nennt es wie ihr wollt. Damit ist er aber halt streng genommen schon nicht mehr normal, und der Spieler dürfte das auch wissen.