Wo geleitet: Huhn-Zuhause, 29.+30.11.2020
System: The Sealed Library
Autor_in: Matt Sanders
Dauer: ca. 6 h
The Sealed LibraryTag 1 nach Barrikadenbau, Tagebuch der Asistenzbibliothekarin Huhn.Türen und Fenster sind gesichert, aber das ständige Klopfen und die fernen Schreie sind grauenerregend. Ich versuche mich davon zu überzeugen, dass da draußen noch andere Überlebende sein könnten. Wie auch immer es stehen mag – ich muss heute mit meiner Arbeit beginnen: die bedeutendsten Werke – oder wenigstens das, was davon übrig ist – auswählen und in die Katakomben in Sicherheit bringen. Ich hoffe, die Nahrungsvorräte reichen solange, bis ich meine Aufgabe erfüllt habe.
Tag 2, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Habe mit dem Auswahl- und Verräumprozess begonnen. In der ägyptologischen Abteilung fand ich eine Art merkwürdigen Fetisch: ein mit Schriftzeichen versehener Knochen mit daran befestigter toter Ratte. Sah so aus, als würde er schon länger dort hängen. Habe ihn eingepackt. Man weiß nie, wofür man Dinge noch brauchen könnte.
Anschließend Stunden mit dem Herumrücken der antiken Steintafeln von Etaschneraki-Man verbracht. Schade, dass ich die Übersetzung dazu nicht finden kann. Wird spätere Generationen wohl erneut beschäftigen müssen. Ob der Ersteller des Rattenfetischs sie mitgenommen hat? Wenn ja, warum? Und ist er noch hier? Bin etwas besorgt, will mich aber auch nicht ablenken lassen. Viel zu tun. Falls sich jemand hier versteckt, kann er mich vermutlich blind an meinem Geruch und dem Knuspern der Flöhe erkennen. All das zählt nicht mehr. Der Gedanke daran, wie in vielen Jahren Menschen diese Bibliothek entdecken und erforschen, hält mich am Laufen und bei Verstand … glaube ich.
Das Ungeziefer ist überall. Büchermaden haben fast das komplette Werk von Frikkade Insumo gefressen. Habe die betreffenden Bereiche isoliert. Lange werde ich der Maden nicht mehr Herr.
Kurz vor der Abenddämmerung krachte noch ein riesiger Felsblock in die Kinderbuchabteilung. Raben kommen herein. Sie sehen so hungrig aus wie ich.
Tag 3, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Bin heute einer Spur gefolgt. Habe die Buchbinderei gefunden. Habe die Originalmanuskripte von *unleserlicher Tintenklecks* entdeckt! Die Vorlagen ihrer modernen Klassiker, die lange als verschollen galten. Dummerweise ist mir Tinte darüber gelaufen.
Lediglich ein Exemplar des Meisterwerkes „Sturm im Sandgeschäft“ habe ich retten können. Habe es memoriert und verbrannt. Nur Vergänglichkeit ist ewig! Hätte möglicherweise weniger Wein trinken sollen. Aber nach all dem fauligen Fleisch war mein Magen anders nicht mehr zu beruhigen. Als nächstes lese ich die Vorlagenmanuskripte des „Gewächshauses“ vom Jon Doe sr. und jr. Vielleicht verbrenne ich das als nächstes. Hätte die Ewigkeit verdient, der Schmöker.
Fuck, der Wein ist leer …
Tag 4, Tagebuch der Assistenzkröte Huhn.Hätte weniger trinken sollen. Was habe ich getan? Habe ich wirklich Originalmanuskripte verbrannt? Finde nur Asche. Bin spazieren gegangen, um mich zu sammeln. Und hatte plötzlich eine Eingebung! Der Knochen! Die Ratte! Asche! Es ist alles so klar! Ich kann den Tresor nun öffnen. Muss die wichtigsten Werke dort sammeln.
Beginne mit dem Zettelkatalog der Bibliothek. Die Schränke zu verräumen, wird schwer – aber was könnte mehr Informationen bieten als eine Übersicht dessen, was sich hier einst befand?!
Tag 5, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Glaubt mans? Habe heute einen voll ausgestatteten Arbeitsplatz gefunden – komplett mit Studentenfutter, Crossaints und Pott Kaffee! Daneben ein Haufen unwichtiger Englischlehrbücher. Satt und wach habe ich mich tiefer in den Keller gewagt als je zuvor. Hinter dem Tresor befindet sich ein Bereich der Bibliothek, den ich noch nie gesehen habe. Alles voll magischer Zauberbücher. Heilkunde, Rituallehre … Packe wahllos die Bücher zusammen, die am wertvollsten aussehen. Mögen die nach mir Kommenden mir meine Unwissenheit in diesen Dingen nachsehen. Wäre noch tiefer gegangen, wurde aber von einer Ratte gebissen. Fühle mich furchtbar. Muss schlafen. Hoffentlich entzündet sich der Biss nicht. Übertragen Ratten Tollwut? Und warum riecht es hier so verbrannt?
Nachtrag: Brandgeruch kam ausgerechnet aus der Kochbuchabteilung. Jemand hat den kompletten linken Teil des Ostflügels in Brand gesteckt. Konnte löschen, aber die Kochbuchabteilung ist hin.
Tag 6, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Möchte noch einmal Studentenfutter finden *lechz*. Habe heute festgestellt, dass das letzte Brot schimmelt. Nach dem Mist mit dem Fleisch neulich habe ich den Schimmel lieber großzügig weggeschnitten. Aber jetzt ist fast kein Brot mehr da und der kümmerliche Rest schmeckt irgendwie verdächtig.
Immerhin – um auch etwas Positives zu berichten – habe ich die Chronik der Bibliothek aufstöbern und in den Tresor bringen können. Der letzte Wissensspeicher füllt sich!
Habe in den Überresten des Brandes gestern die Spitzen von Brandpfeilen entdeckt! Sie werden immer aggressiver und sie kommen näher … Lange werden die Barrikaden sie nicht mehr aufhalten. Habe mir auf Stuhlbeinen einige behelfsmäßige Speere geschnitzt. Ich werde nicht kampflos zugrunde gehen!
Tag 7, Tagebuch des Assistenzhungerhakens Huhn.
Langsam wird die Nahrung knapp! Weitere Lebensmittel verderben, Mäuse fressen mir den Rest vor der Nase weg. Muss strikter rationieren. Werde schwächer. Muss mit mehr Bedacht meiner Aufgabe nachgehen. Noch so viel zu retten! Draußen trommeln sie an die Türen. Ich dachte die ganze Zeit, sie wären dumm, instinktgetrieben. Aber sie lernen schnell. Bald werden sie mich überlisten. Habe solchen Hunger. Nachts träume ich schlecht. Habe im Traum die Atlanten bereist, auf der Suche nach meinem Einhorn. Molly Grue bedauerte mich. Ihr Einhorn kam spät – meines hingegen hat mich verlassen.
Tag 8, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.SIE KOMMEN NÄHER! Der erste schaffte es heute durch die Barrikaden! Konnte ihn mit einem Regal erschlagen, doch er hat mich schwer am Bein verwundet. Ich will nicht sterben. Ich habe Angst. Ich muss meine Aufgabe erfüllen, sonst war alles umsonst! Sie dürfen den Tresor nicht betreten! Habe Werkzeug gefunden und die Barrikaden erneut verstärkt. Doch mir läuft die Zeit davon. Meine Kräfte schwinden.
Tag 9, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Heute haben sie das große Buntglasfenster über dem Haupteingang mit Steinen zerschmettert. Jahrhundertalte Kunst – in Scherben. Paradox, dass es ausgerechnet das Bild der Bibliothek von Alexandria zuerst traf. Werde ich hier verbrennen müssen, wie Alexandria brannte? Habe den Haupteingang notdürftig mit dem Regal mit den Neuerscheinungen verstellt. Die braucht jetzt sowieso niemand mehr. Ist es nicht merkwürdig? Früher sollte das Regal neue Leser anziehen. Jetzt hält es andere vom Eintritt ab.
Immerhin scheint jetzt die warme Sonne in die Vorhalle und ich habe Herrn Pistorius‘ geheimen Vorrat an Räucherspeck gefunden. Man, ging der uns früher mit diesem geräucherten Stinkezeug in der Mittagspause auf den Sack. Ich leiste bei jedem Bissen stumme Abbitte. Danke, Herr Pistorius! Wo er wohl jetzt ist? Ob er mit den anderen draußen am Holz kratzt? Ich hoffe, er ist tot.
Verbrachte den Rest des Tages im Kartenraum bei den Atlanten. Ob hier der Eingang ins Wunderland liegt, wie in meinem Traum?
Tag 10, Tagebuch des Assistenzglückspilzes Huhn.Heute ist mein Glückstag! Erotikromane und ein wirklich interessantes Schachbuch, ein weiterer geheimer Vorrat an Studentenfutter und ein nur auf den ersten Blick ärgerlicher Wassereinbruch auf der Flussseite versüßen mein Elend! Schade um die abgesoffene Kalligrafie – aber ich habe meine Wunden reinigen und etwas trinken können. Jetzt speise ich wie ein König! Danach eine anregende Runde Schachaufgaben. Und nachher … mache ich es mir mit den Romanen im Wunderland bequem.
Tag 11, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Habe ein weiteres Ritual entdeckt gestern Nacht. Das grüne Gewürz im Studentenfutter war in der Tat ein Tor ins Wunderland! Und dieser Kreis aus Salz könnte die gesamte Bibliothek dorthin bringen! Ich bräuchte die Werke nicht in den Tresor schaffen, wenn es mir gelingen könnte, die ganze Bibliothek in Sicherheit zu bringen! Muss nur noch die richtigen Zeichen entschlüsseln. Mahlzeiten fallen heute aus. Muss recherchieren.
Habe morgens die Leiche eines weiteren Eindringlings im Keller entdeckt. Wo kam er herein? Warum ist er tot? Und warum fressen ihn die Ratten nicht? Ob er absichtlich dort platziert wurde, um mir Angst zu machen?
Tag 12, Tagebuch der Assistenzbibliothekarin Huhn.Bin heute Morgen mit einem mordsmäßigen Hunger erwacht und habe das gesamte restliche Brot vertilgt. War dumm – aber sooo gut! Jetzt muss ich mich entscheiden, welche Regale ich als nächstes zu Barrikaden verarbeite. Denke, auf die Kinderbücher muss die nächste Generation dann wohl verzichten. Melde mich morgen wieder.
Tag 13, Tagebuch der Assistenzbibiothekarin Huhn.Schreibe diesen Zeilen auf den radierten Kassenbüchern der Bibliothek. Mein Papier ging zur Neige. Bald werde ich wichtigere Werke als nur die Verwaltung dieser Institution schänden müssen.
Habe heute die klassischen Philosophen gesichtet. Müsste ich sie nicht alle sichern? Ein lautes Klopfen direkt über mir im Dachstuhl ließ mir keine Zeit zum Nachdenken. Lediglich einen Arm voll wahlloser Bücher nahm ich mit, ehe ich auch diese Abteilung verloren geben und verbarrikadieren musste.
Abends habe ich durch die zerbrochene Bibliothek von Alexandria den Sonnenuntergang beobachtet. Der Staub auf den Straßen legte sich, die Dächer glühten im Abendrot. Ich frage mich, ob das Haus meiner Kindheit auch noch im letzten Licht erstrahlt oder ob es längst unter Asche begraben liegt.
Tag 14, Tagebuch der Assistenztotengräberin Huhn.Heute war Tag der Toten in dieser Gruft von Bibliothek. Habe bei den Schauerromanen einen Schädel gefunden. Auf einem kleinen Sockel montiert. Ein Schädel mit einem beschissenen Monokel. Einem kleinen, goldgerahmten Monokel mit roter Uhrkette, wie Herr Pistorius es trug! Der Sockel trug am Boden eine Beschriftung. Ich wagte es nicht, sie zu lesen.
Bin zu Pistorius‘ Schreibtisch gegangen. Das Buch zur Thaumaturgie, seine tägliche Mittagslektüre. Wollte seiner gedenken und einen Abschnitt daraus lesen – aber das Buch war hohl und anstelle von Gebeten habe ihm dann Hochgeistiges zu verdanken gehabt. Schreibe wirr. Hätte die Flasche nicht leeren dürfen.
Habe beschlossen, das Ritual zur Versetzung der Bibliothek fortzusetzen. Alles, was ich dafür brauche, ist hier! Ich muss es nur entschlüsseln.
Weitere Eindringlinge im Keller. Musste flüchten, wurde erneut verwundet. Denke, ich habe auf der Flucht den Weg in den düsteren Teil des Wunderlandes gefunden und sitze nun fest, denn er war eine Einbahnstraße. Seltsame leuchtende Pilze. Ungute Sporen. Krampfhafter Husten. Ist das Blut? Muss schlafen. Brauche morgen all meine Kraft für das letzte Ritual. Ich bin müde.
„The Sealed Library“ ist ein Spiel für eine Person. Dabei spielt man den (Assistenz-)Bibliothekar oder die Bibliothekarin einer Bibliothek, die als letzte Bastion nach einer Apokalypse noch steht. Ziel ist es, die wichtigsten Werke zu retten, sodass das Wissen der Menschheit der kommenden Generation zur Verfügung steht. Dabei muss man sich entscheiden, was man retten will und dabei gegen die ständige Bedrohung von außen und in Form von Ressourcenknappheit ankommen.
Die Regeln sind recht einfach. Jeder Tag besteht aus zwei Phasen: Handlungen und Führen des Tagebuchs. In der Handlungsphase wird mit einem w6 gewürfelt, wie viele Handlungen man durchführt. Entsprechend viele Spielkarten werden gezogen. Wie bei „Ein ruhiges Jahr“ wird dann auf einer Tabelle geschaut, welche Herausforderungen die einzelnen Karten bringen. Gelegentlich muss von einem Jenga-Turm gezogen werden. Kippt der Turm um, wird die Bibliothek überrannt. Man kann auch anderweitig versterben, wenn die Karten einem das mitteilen (etwa durch Verhungern, schwere Verletzungen etc.). In der Tagebuchphase schreibt man dann die Erlebnisse des Tages in beliebiger Länge auf.
In meinem Fall habe ich tatsächlich 14 Runden gespielt, ehe mein Charakter leider an ungesunden Pilzsporen verstarb.
Grundsätzlich war das Spiel ein netter Zeitvertreib, allerdings hatte ich einige Probleme damit:- Es gibt hinten im Buch einen Abschnitt „Debriefing“ – den darf man AUF KEINEN FALL vor dem Spiel lesen, denn er spoilert ziemlich. Leider sagt einem das Spiel nirgendwo, dass man den nicht vorab lesen darf. So habe ich mir versehentlich ziemlich viel Spielspaß geraubt, einfach nur weil ich wie gewohnt die Regeln lesen wollte, ehe ich losspiele.
- Das Spiel geht implizit von einem fäntelalterlichen Setting aus, ohne einem das aber zu Beginn deutlich mitzuteilen. Ich habe mir eine typische, moderne Uni- oder Stadtbibliothek vorgestellt und erst mitten im Spiel festgestellt, dass das nicht so recht passen will. Plötzlich schießen Leute mit Pfeilen. Und warum ich mir, als das Papier meines Tagebuchs alle war, überlegen sollte, welche Bücher ich ausradieren will, ergab sich vor einem modernen Setting auch nicht – die heutige Welt fabriziert so viel Papiermüll, dass ich so viel Tagebuch gar nicht hätte schreiben können, dass ich die Schrift aus nem Shakespeare kratzen müsste, nur um mein Buch zu schreiben.
- Der Jenga-Turm kann quasi nicht umfallen – ich habe fast das komplette Kartendeck durchgespielt und man muss schon wirklich schlecht in Jenga sein, damit auch nur vage Spannung aufkommt bei der Anzahl an gezogenen Steinen.
- Manchmal wird eine Frage gestellt, etwa: „Isst du das schimmelige Brot“, und dann soll man einen Stein aus dem Jenga-Turm ziehen. Es wird aber nirgendwo gesagt, was der Steinzug für eine Auswirkung hat. Teilt er mir mit, ob ich das Brot esse oder kann ich mich dennoch frei entscheiden? Da ein umfallender Jengaturm ja den Sturz der Barrikaden bedeutet – was hat mein Brot mit der Stärke der Barrikaden zu tun?
- Das Spiel ist durchweg für mein Empfinden etwas konfus gewesen, wenn es um sein Kernthema ging. Der Klappentext vermittelte mir, dass es vor allem um die Frage gehen würde, was mir persönlich wichtig ist, was ich bewahren möchte. Tatsächlich kommen solche Fragen aber erstaunlich selten vor. Viel öfter habe ich mich ganz praktisch mit Nahrungsmitteln, der Bibliothek als solcher und diesen mystischen vielleicht-magischen Gegenständen beschäftigt. Und im Debriefing wird nochmal ein ganz anderer Fokus genannt, den das Spiel angeblich hätte haben sollen (und bei mir dann logischerweise nicht hatte, weil ichs mir ja gespoilert hatte).
- Die gestellten Fragen und Herausforderungen waren irgendwie zu eng formuliert und nicht so richtig „inspirierend“. Das hängt auch mit dem konfusen Kernthema zusammen, bei dem Philosophen plötzlich neben der Frage standen, ob ich beim Brot den Schimmel wegschneide oder nicht. Ich wusste oft nicht so recht, was das Spiel von mir will. Wenn doch mal danach gefragt wurde, was mir wichtig ist, dann waren es beispielsweise „antike Philosophen“. Ich kenne mich nicht mit antiker Philosophie aus – ergo konnte ich auch keinen hochgeistigen Monolog darüber führen, ob ich nun Platon oder Aristoteles wichtiger finde und warum. Stattdessen saß ich da und musste mir irgendwie was ausdenken, was jetzt dieses Ereignis erfüllt, ohne tatsächlich über diese Philosophen zu sprechen. War irgendwie frustrierend. Lieber wären mir offenere Fragen zu bestimmten Themenbereichen gewesen. Etwa „Du willst auch die philosophischen Überlegungen der Menschheit bewahren. Welche müssen unbedingt gesichert werden?“ Ähnlich mit gefundenen Gegenständen oder Bedrohungen. Statt mir vorzugeben, dass ich einen Knochen mit toter Ratte dran finde (was eins der ersten Ereignisse im Spiel war und überhaupt nicht passen wollte), wäre es schöner gewesen, mir zu sagen, dass ich etwas Überraschendes finde und mich entscheiden zu lassen, was es ist. Das hätte die Fragen für mich viel interessanter gemacht.
- Das Phasenmodell hatte so seine Tücken – die in der Tabelle aufgeworfenen Fragen können recht lange Denkprozesse auslösen. Wenn ich viele Ereignisse an einem Tag hatte, hab ich oft am Ende schon wieder vergessen, was ich am Anfang gemacht habe – insbesondere, wenn die Ereignisse sich nicht logisch aufeinander bezogen. Hab mehr als nur einmal in der Tagebuchphase nochmal die Karten einzeln durchgehen und mich selbst an den Tag erinnern müssen. Wäre schon sinnvoll gewesen, das Tagebuch parallel zu schreiben.
- Insgesamt war mir der Material- und Zeitaufwand für den Spielspaß, den ich am Ende rausgezogen habe, einfach zu groß. Kartenspiel, Jengaturm, Würfel, Marker, Notizbuch … all das, bloß um am Ende ein semi-zufälliges Tagebuch zu generieren. Ein Spielelement weniger hätte dem Ganzen gutgetan. Die Spielvariante ohne Jengaturm ist vermutlich die sinnvollere.
Das ganze Spiel wirkt schnell zusammengeschustert und weder so wirklich getestet, noch konsequent zu Ende gedacht. Es will fürchterlich tiefgründig sein, weiß aber selbst nicht genau, wovon es eigentlich handeln möchte – postapokalyptischer Survival, magische Entdeckungen oder doch lieber Selbsterkenntnis? Ich mein ok – dafür, dass ich das Teil aus diesem gewaltigen Spendenbundle hatte, hab ich definitiv meinen Geldwert wiederbekommen und hatte auch durchaus Spaß dabei, das Tagebuch einer etwas verwirrten Bibliothekarin zu schreiben. Aber irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass es deutlich besser hätte sein können.