Autor Thema: Wirkmechaniken, oder was Regeln regeln - Entwurf einer Theorie  (Gelesen 4879 mal)

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Offline Alexander Kalinowski

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Es geht mir also, anders als anderen Rollenspieltheorien weniger um eine Klassifizierung von Spieler-Vorlieben, sondern mehr um eine Klassifizierung von Rollenspiel-Systemen und -Regelwerken.
[...]
B ist deswegen so regelintensiv, weil es die Illusion einer fairen Welt erschaffen will
An den Spieler-Vorlieben gibt's also kein Vorbeikommen. ;)



Mich macht dieser Vergleich ziemlich stutzig. Bedeutet dies tatsächlich, dass in einem modernen Spieltm sich niemand mehr konkret mit der Herausfoderung befasst? Das wird weg-abstrahiert im Sinne von Herausforderung -> Wähle passenden Skill -> (Miß-) Erfolg -> Herausforderung geschafft / gescheitert - echt jetzt?  :think:
[...]
Diese moderne Spielweisetm klingt sehr ... bedauerlich langweilig fadenscheinig armselig ... suche passendes Wort:(
Nein, es ist eine andere Art der Herausforderung, wie bereits beschrieben. Man sollte nicht vergessen, dass viele Fans modernertm Spielweise mit der Old-School aufgewachsen sind und irgendwann zum x-ten Mal irgendwelche Gänge im Detail auszukundschaften vielleicht etwas langweilig und zäh wird. Außerdem ist es eine (Pacing-)Frage worauf der Fokus liegen sollte.



weswegen ich beim etwas ungelenken Begriff "Wirkmechanik" gelandet binen.
Ich halte den Begriff für gut, denn es beschreibt wie Spieler auf ihre Umgebung einwirken können. Allerdings ist das leider überhaupt nix Neues - es enspricht im Wesentlichen DFK (Drama, Fortune, and Karma).

Kann man C in diesem Zusammenhang noch als modern bezeichnen?
Modern ist im Wesentlichen ein inhaltsleerer Marketingbegriff, eine positiv besetzte Form von "neu".

Beispiel Detektiv-Abenteuer:
Bei A bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler nicht darauf kommen.
Bei B bleibt das Abenteuer stecken wenn die Spieler ihren Recherche- oder Wahrnehmungswurf versemmeln.
Bei C gibt es kein Risiko dass das Abenteuer stecken bleibt (siehe GUMSHOE).
Knights of the Black Lily bietet eine weitere Variante: B mit der Option bei Fehlschlag nach C zu wechseln - allerdings unter Kosten. Diese Kosten sind idR geringer als "Wir sterben" oder "Wir lösen das Abenteuer diesmal nicht". Sie sind auch frei kallibrierbar durch den Spielleiter oder Szenario-Autor und bilden damit ein Werkzeug des Risikomanagements in Rollenspielen: wenn man als Spielleiter nicht bereit ist die SCs sterben zu lassen oder die Spieler (diesmal) nicht mit dem Risiko des Scheiterns des Abenteuers konfrontieren will, dann muss man sich eben etwas weniger Schwerwiegendes einfallen lassen, um das es geht: Beispiele: Der Endgegner entkommt, es entgeht einem ein Artefakt, ein geliebter NSC kommt ums Leben. Jedesmal wenn die Spieler nach Scheitern von B Metacurrency ausgeben (also Option C ziehen), dann erhöht sich das RIsiko, dass am Ende des Abenteuers irgendsoetwas passiert.

Nun gehen ja auch Abenteuer der Art A und B oft davon aus dass es weitergehen muss, das heißt selbst wenn die Spieler nicht darauf kommen oder ihren Wurf versemmeln, dann wird der Spielleiter bzw. der Abenteuer-Autor sich große Mühe geben ihnen trotzdem noch irgendwie eine zweite (oder dritte, oder vierte) Chance zu geben damit das Abenteuer weitergeht.
Und mit der oben beschriebenen Variante kostet es die Spieler etwas und sie wissen auch, dass sie es etwas kostet. Kurzfristiger Gewinn gegen langfristigen (also am Ende des Abenteuers) Schaden.

Damit will ich nicht C rechtfertigen oder in Schutz nehmen - ich will nur sagen dass Herausforderung für die Spieler bei jeder Art von Rollenspiel in gewisser Weise eine Illusion ist, weil der SL die Herausforderungen in der Regel so zu gestalten versucht, dass sie lösbar sind - oder aber bereit sein muss vollkommen ergebnisoffen auch abseits des vorbereiteten Plots zu spielen.

C nimmt hier eine "Abkürzung", indem es die Illusion der Herausforderung fallen lässt. Damit nimmt C die Gefahr eines Fehlschlags heraus. Aber hat leider den Nachteil dass manche Spieler ohne diese Illusion der Herausforderung den Reiz des Spiels nicht mehr verspüren.
Als erfahrener Spieler verspürt man den Reiz auch unter A und B nicht, wenn man merkt, dass der SL nicht bereit ist uns alle verrecken zu lassen - oder nicht einmal uns alle mit dem Scheitern des Abenteuers ärgern will! Daher die PESA-Frustrierten. Wenn (falls!) dies alles also nur ein Scheinrisiko ist, dann sollte man vllt. eben einen anderen Wetteinsatz finden, der einem nicht zu hoch ist. Damit kriegt man allemal mehr Spannung ins Spiel als mit einem Scheinrisiko, dass man rein theoretisch sterben könnte. (Natürlich ist das für die PESOS-Leute alles immer noch nicht reizvoll genug. ;) )
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Ich halte den Begriff für gut, denn es beschreibt wie Spieler auf ihre Umgebung einwirken können. Allerdings ist das leider überhaupt nix Neues - es enspricht im Wesentlichen DFK (Drama, Fortune, and Karma).

Was haben Drama, Karma, Fortune mit dem Thema hier zu tun? Ich seh das ehrlich gesagt nicht so recht. Magst du das noch mal erläutern?

Offline Alexander Kalinowski

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Gerne. :)

Zitat
Drama resolution relies on asserted statements without reference to listed attributes or quantitative elements.
Wenn Spieler lediglich korrekt die Vorgehensweise beschreiben (asserted statements) müssen wie sie eine Falle aufspüren und deaktivieren (also keine Skillwürfe, keine Metacurrency zum Einsatz kommen), dann entspricht das der Drama Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik A.

Zitat
Fortune resolution relies on utilizing a random device of some kind, usually delimited by quantitative scores of some kind.
Wenn Spieler einen Charakter mit Fallen Entschärfen als Skill haben und sie die Falle durch einen erfolgreichen Wurf entschärfen können, dann entspricht das der Fortune Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik B.

Zitat
Karma resolution relies on referring to listed attributes or quantitative elements without a random element.
Wenn ich eine Falle durch den Einsatz eines Gummipunktes (Fate Point, Fortune Point, Karma Point, Destiny Point, whatever) entschärfen kann, dann entspricht das der Karma Resolution der Aktion "Falle Entschärfen". Wirkmechanik C, zumindest insofern die Wirkmechanik auf einem quantitativen Element fußt (tut sie das nicht, dann entspricht sie Drama resolution).
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