Beispiel: Um im Plot weiterzukommen müssen die Charaktere durch eine Tür. Wenn die Party die einfachen Würfe des Schlösser Knacken wiederholt verhaut, dann kann es schon mal vorkommen, dass die Party wie der Ochs vorm Berg vor der beknackten (aber nicht geknackten!) Tür steht und frustriert und gelangweilt sind. Die Antwort des Failing Forward ist es, dass die Gruppe die Tür zwar aufbekommt, aber mit Komplikatione versehen (zB, eine Wache wird alamiert). Das kann (muss aber nicht) zu neuen aufregenden Situationen führen etc pp.
Was die Befürworter von Failing Forward übersehen, ist, dass die Spieler manchmal auf die tollsten Ideen kommen, wenn sie vor einem unerwarteten Problem stehen. Im Falle der verschlossenen Tür könnte sich daraus ein ganzer, irrer Subplot emergent(!) entwickeln, der die Spieler durch eine kleine Odyssee durch die Gassen der Stadt führt (auf der Suche nach einem Ersatzschlüssel oder was weiß ich).
Megavolt hat Recht. Schlaues Beispiel.
Schlaues Beispiel
für Failing Forward. Denn: Was du im zweiten Absatz beschreibst,
ist Failing Forward.
Failing Forward, so wie ich es kennengelernt habe, bedeutet eindach nur, dass aus dem Fehlschlag ein neuer Arc entsteht und man die Spieler nicht in eine Sackgasse rennen lässt (das einfache, monolitische, abblockende "Nein, hier geht's nicht weiter" gibt es so nicht, stattdessen öffnen sich neue Optionen). Das, was du da beschreibst, Alexander, ist eine "No, but"-Situation, wie ich sie aus vielen narrativen Rollenspielen auch kenne. "No, but" ist genauso ein Werkzeug wie "Yes, but". Der narrative SL würde vielleicht beschreiben, wie der Schlüssel abbricht, die Tür aber vorher dieses charakteristische Knacken von sich gibt, dass auf ein Schloss bestimmter Machart hinweist. Und dann lässt er die Spieler selbst grübeln oder legt einen Brotkrumenpfad aus, nach dem Motto "Hey, du meinst, dass du im letzten Dorf eine Schlosserei gesehen hast." Oder auch nicht. Die Spieler können ja selbst was erfinden.
Unterschiedliche, als narrativ verstandene Spiele gehen mit solchen Situationen unterschiedlich um. In "Fate" könnte zum Beispiel der Spieler wählen, was ihm lieber ist: Er kriegt die Tür trotzdem auf und es passiert etwas Schlimmes (Erfolg mit Haken). Oder er kriegt die Tür nicht auf und muss aktiv nach einer anderen Möglichkeit suchen, die Tür zu öffnen (Fehlschlag).
PbtA löst die Konsequenzen meist sogar komplett vom Schlösser knacken-Move ab. In vielen PbtA-Spielen ist ein Fehlschlag hauptsächlich eine Erlaubnis für den MC, einen seiner eigenen Moves zu machen. Und das kann je nach Setting etwas sehr anderes sein, das sich aus der Schlüsselsituation ergibt, aber nicht die Tür öffnet. Etwa, dass das kaputte Schloss großen Lärm macht und Encounter aufscheucht. Dass nur die Hälfte der Gruppe durch die Tür kommt, bevor das kaputte Schloss mit Schlüssel ins Schloss fällt und sich dann unöffenbar verkeilt. Dass der Schlüssel nachgemacht werden kann, aber eben der Schlosser dafür auch einen Preis verlangen wird (das klassische PbtA "Ugly Bargain or Hard Choice"). Der MC hat sogar die Erlaubnis, die Konsequenzen dieses Fehlschlages erstmal nicht anzuspielen. Dann liegt der Ball bei den Spielern, bis die SL eine passende Lücke gefunden hat, um den "Fail Forward"-Moment einzugliedern.
Also, um mit diesem Missverständnis aufzuräumen:
Fail Forward bedeutet explizit nicht, dass das Problem, was den Fehlschlag auslöst, dann unter enormen Anstrengungen und Konsequenzen irgendwie doch gelöst wird. Das ist nur
eine spezifische Spielart, wie Fail Forward sich ausdrücken kann – ich glaube, ich habe klar gemacht, dass es noch viele andere gibt. Gemeint ist aber eigentlich: Lasse immer einen Ausweg aus der Sackgasse. Blocke die Spielerentscheidungen nicht ab. Wenn die gute Ideen haben, geht's weiter. Also eigentlich genau das, was du selbst forderst, Alexander.