Autor Thema: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?  (Gelesen 10152 mal)

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #25 am: 11.07.2019 | 14:55 »
Ja, dass die Idee steinalt ist, ist klar. Sie wird halt oft genug nicht umgesetzt.
war nur ein Einwurf, keine Erwiderung. :)
Also "Hossa! Ich erinnere mich da an was!"
Ich bin viel lieber suess als ich kein Esel sein will...
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Nicht Sieg sollte der Zweck der Diskussion sein, sondern
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Joseph Joubert (1754 - 1824), französischer Moralist

Offline Seraph

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #26 am: 11.07.2019 | 14:59 »
Man könnte einen Dungeon auch eher Richtung Exploration spielen , sei es Gralssuche wie bei Indy oder untergegangene Zivilisation.

Ja! Mehr davon, bitte :)
Die Encounter könnten dann z.B. darin bestehen, nicht Monster zu bekämpfen, sondern verschiedene Schlüsselpositionen im Dungeon zu finden und parallel zu aktivieren, die Tore öffnende Artefakte zu finden oder auch gegen die Einflüsse der Natür (Dungeon wird langsam unter Wasser gesetzt) anzukommen.
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Offline BobMorane

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #27 am: 11.07.2019 | 15:02 »
Das alte D&D Abenteuer Rahasia ist auch ein schönes beispiel für einen Dungeon in dem es nicht nur aufs metzeln ankommt.

Die SC sollen die namensgebende Elfenprinzessin befreien, die sich in der Gewalt von Hexenschwestern befindet. Diese haben sich in enem Tempel des Elfenvolkes verschanzt und die Prietser vor Ort magisch versklavt.

Offline Eismann

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #28 am: 11.07.2019 | 15:09 »
Wenn ich da so an Shadowrun denke, wo bisweilen ewig über Lageplänen, Patrouillenwegen und Sicherungsmaßnahmen gebrütet wird, um möglichst nicht bei dem erwischt zu werden, was man halt eben so vor hat, dann würde ich sagen, dass es sich a) auch nur um Hightech-Dungeons handelt und b) häufig versucht wird gar nicht erst bemerkt zu werden.
Außer man greift direkt zu Plan B wie "Bullets".

Offline Megavolt

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #29 am: 11.07.2019 | 15:30 »
Meine Analogie wäre nicht "Dungeon Crawl = Metzelabenteuer", sondern stattdessen "DnD = Metzelabenteuer"

Die Einschätzung rührt aus meinen Erfahrungen mit der OSR her, wo die Dungeons immer alle weird bis bat shit crazy sind und wo es genau darum geht. Meine Einschätzung von DnD mag daher rühren, dass ich von DnD nur echt wenig Plan habe.

Wenn ich mir aber so DnD Sachen anschaue, wie White Plume Mountain oder Tomb of Horror und Konsorten, dann ist das noch näher an meinem Verständnis von OSR und bei beiden Abenteuern gehts zum Beispiel nicht ums Kämpfen.
« Letzte Änderung: 12.07.2019 | 06:01 von Megavolt »

Offline rillenmanni

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #30 am: 11.07.2019 | 15:52 »
Da wurde ja nun schon einiges geschrieben, während ich brav gearbeitet habe. :) Ich will auch mitreden!

Es gibt eben einfach ganz unterschiedliche Ansätze. Ob sie nun eher ursprünglich sind, auf Konflikt ausgelegt (mE oft: Bier & Bretzel), ob sie als atmosphärische Bühne dienen, ob sie als Teil der Handlung erforscht und genutzt werden müssen (weil das Abenteuer eben nicht rein ortsbasiert ist, sondern auch handlungs- und/oder beziehungsbasiert) etc.

Manchmal sind die Dungeons auch einfach nicht gut, dh ohne Bedacht konstruiert. Das Stichwort Soziologie fiel hier schon, und dann gibt es natürlich die ganz profanen Dungeonbeschaffenheiten. Wenn ich ein ganz einfaches und dabei sehr bekanntes Negativbeispiel nennen mag: Silvanas Befreiung aus der DSA1-Basisbox. Wir haben hier einen sehr kleinen Dungeon mit kurzen Distanzen zwischen den Räumen, der natürlich einigermaßen hellhörig ist. Eigtl geht es darum, die olle S. zu befreien (dh sie auch nicht unnötig in Gefahr zu bringen). Aber schon der Einstieg ist auf Krach vorprogrammiert, und es gibt auch im weiteren Verlauf nur sehr bedingt die Möglichkeit, leise zu sein. Ein Kampf ist nun einmal nicht leise, außer man vermeidet ihn, oder besitzt & nutzt andere Möglichkeiten, ihn leise zu machen. Aber ich glaube nicht, das dieses Abenteuer für Helden-Rookies lösbar ist ohne dass sich die Gegner frühzeitig versammeln und darüber einen zu großen Vorteil erlangen, WENN der SL die Fünfe nicht gerade sein lässt und beide Augen zudrückt.

Davon abgesehen muss "Dungeon" ja nicht auf finstere Tunnel beschränkt sein. Grundsätzlich kann man jedes unübersichtliche Gebiet wie einen Dungeon spielen.

Beispiele zu nennen ist eigtl müßig, weil sie am Ende den Eindruck erwecken, es könnte sich um bloße Sonderlocken im Einheitshaarschnitt der Metzel-Dungeons handeln. Ich denke mal, dass es da eine Menge gibt. Ein paar Beispiele, die heute noch nicht genannt wurden:

# Lamentations: Forgive us!
# Lamentations: The God that crawls

Lamentations-Abenteuer wurde ja mit gutem Grund schon genannt, weil das gesamte System sehr die ursprüngliche Idee betont. Es gibt da Schwankungen, und auch die beiden von mir genannten Abenteuer haben unterschiedliche Tendenzen (in God that crawls gibt es genau einen Gegner, und den willst du nicht sehen!). Beide sind TPK-Fallen, und es liegt an den Spielern, die Situation ihrer SC über diesem Level zu halten. (Wobei Lamentations leider ein wenig zu Unfairness neigt, was der ursprünglichen Idee abträglich ist - Bürger Dirk Remmecke mag mir hier zustimmen.)

# DSA1: Der Orkenhort

Man glaubt es nicht! :) Bedingt durch die Hintergrundgeschichte eröffnet sich hier ein Dungeon, der die ganz ursprünglichen Ideen bedient: a) Schaffe möglichst viel an Wert raus, b) benutze deinen Grips, um deine Chancen (Würfeln!) zu verbessern, c) vermeide jeden Kampf, und wo das nicht geht, siehe b).
Für mich einer der "most underrated dungeons". :) - Für die wenigen von euch, die es ob meines ständigen Herausposaunens noch nicht wissen: Ich hatte den Dungeon 2008 oder 09 nach 21/22 Jahren Pause erneut als Spieler erlebt und als einziger (!) überlebt, weil ich bis zum Schluss im Sinne des Dungeons agiert habe. :)

# DSA4: Unter Wudu
# Systemfrei: Kidnap the Archpriest

Das sind eigtl beides sog. "Heists". In den Dungeon-Teilen des Abenteuers geht es darum, nicht negativ bzw gar nicht aufzufallen, und überdies sollte Vorsorge für die Flucht getroffen worden sein. Wer in die Bredouille einer kämpferischen Handlung gerät, sollte - und kann, das Abenteuer lässt das ja zu - zusehen, leise zu sein und ggf die Spuren zu verwischen. Kidnap the Archpriest ist eigtl weniger Abenteuer, als eher Baukasten, aber mE eine echte Granate.

# Traveller: Nacht der Entscheidung

Wurde das echt noch nicht genannt? :) - Hier ist die von Invasoren eingenommen Stadt der Dungeon, und die SC müssen irgendwie von A nach B gelangen, einmal mittendurch. Und wer nicht kreativ ist, Optionen nicht nutzt, wer in unnötige Kämpfe verstrickt wird, der wird scheitern. Das ist ein echter Klassiker.

# LabLord: Höhlen der Fäulnis

Hier weiß ich ehrlich gesagt gar nicht: Ich liebe dieses Abenteuer, weil es in seiner Schlichtheit so gut angelegt ist, aber es war doch ein ziemliches Gemetzel! :) Vielleicht lag es auch daran, dass wir alle ziemlich viele Mietlinge mitnehmen durften. Da war es mit der Heimlichkeit ohnehin nicht weit her. Grundsätzlich aber lohnt es sich auch hier, heimlich und gewieft vorzugehen, um die Gegebenheiten nutzend die Höhle zu befreien!
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Offline Little Indian #5

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #31 am: 11.07.2019 | 21:56 »
Nicht per Definition. Ich finde nur, man muss als SL häufig ein wenig mehr Arbeit reinstecken, damit es nicht darin endet.

Ja, da könnte was dran sein. Da ich im Moment wenig Zeit für Abenteuervorbereitung habe, nehme ich die Abenteuer meist so wie sie sind und peppe sie nur wenig mit eigenen Elementen auf. Dass die Gruppe wenig Interesse an sozialer Interaktion oder an Konfliktlösung jenseits von Gewaltanwendung hatte, kann auch daran liegen, dass es von Anfang an das erklärte Primärziel war, den Dungeon einfach nur zu durchqueren (auf dem Weg nach Skullport). Da halten lange Gespräche eigentlich eher auf. Es ist allerdings sonst auch nicht gerade so, dass meine Spielergruppe sich immer geradewags auf den Weg zum Missionsziel macht. Die lassen sich schon sehr gerne mal von irgendwelchen Nebensächlichkeiten ablenken.

@ hassran, YY und andere:
Es stimmt natürlich, dass man Monster auch auf andere Weise überwinden kann als durch einen direkten Angriff (Magie, Schleichen, Fallstellen usw.). Das hätte ich mir bei meinen Spielern etwas mehr gewünscht. Vielleicht sollte ich mal ein etwas tödlicheres Regelsystem verwenden, um den Glauben an die Effektivität des Frontalangriffs etwas zu erschüttern. Allerdings gibt es in diesem Dungeon schon auch einige böse und aggressive Monster, die recht plötzlich auftauchen, was ein gewaltfreies Vorgehen sehr erschwert.
Einen gewichtigen Unterschied zwischen Fallen und Monstern sehe ich in diesem Zusammenhang eigentlich nicht. Fallen sind doch eigentlich nur mechanische (oder magische) meist immobile Monster. Allerdings fällt mir jetzt auf, dass der Level tatsächlich fast völlig fallenfrei ist. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass dort noch ziemlich viele intelligente Wesen leben, für die es schon sehr mühselig wäre, sich dauernd durch irgendwelche verminten Gänge vorzubewegen.

@hassran:
Vielleicht unterlige ich da einem Vorurteil, aber ein differenzierte Interpretation von Drow - zumindest wenn es um den Umgang mit anderen Völkern geht - habe ich bisher nicht wahrgenommen. Natürlich gibt es Ausnahmen (wie etwa Drizzt), aber ansonsten sehen Drow andere Völker doch eigentlich immer als Ressource an, die man ausbeutet (als Nahrung, Sklaven oder Opfergaben). Bestenfalls heuern sie Nicht-Drow mal als Söldner an. Um als (halbwegs) Gleichberechtigte mit ihnen verhandeln zu können, muss man entweder deutlich mächtiger sein als sie oder aber etwas besitzen, dass sie haben wollen (eine wichtige Geisel zum Beispiel). Somit ist eine sinnvolle soziale Interaktion einer kleinen Abenteurergruppe, die (wie es in dem Abenteuer der Fall ist) auf eine deutlich überlegene Drow-Einheit trifft, ziemlich schwer. In dem Abenteuer wäre es tatsächlich sogar für die Gruppe machbar gewesen, eine bessere Verhandlungsposition zu erlangen, da sie eine wichtige Geisel hätten erhalten können (wobei sie allerdings nicht wussten, wie wichtig die Person war). Die Idee mit der Geiselnahme wurde von ihnen auch diskutiert, aber verworfen.
Vielleicht habe ich da ein paar wichtige Quellen über Drow übersehen, aber das was ich bisher über sie gefunden habe (und der Inhalt des Abenteuers) bestätigen meines Erachtens meine Interpretation.
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Offline schneeland

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #32 am: 11.07.2019 | 22:39 »
Vielleicht habe ich da ein paar wichtige Quellen über Drow übersehen, aber das was ich bisher über sie gefunden habe (und der Inhalt des Abenteuers) bestätigen meines Erachtens meine Interpretation.

Grundsätzlich kommt das, glaube ich, schon hin. Wobei es zumindest denkbar wäre, sie auch als berechnende Opportunisten, mit teilweise vorhandenem eigenen Ehrencodex zu spielen (wie Jarlaxle und die Bregan D'aerthe).
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Offline Greifenklaue

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #33 am: 11.07.2019 | 22:44 »
Ich habe jetzt - nach langer Zeit - mal weider ein klassisches Dungeon-Abenteuer geleitet, und zwar Level 3 aus "Dungeon of the Mad Mage" für D&D 5e. Gut, wir haben es nach Tiny Dungeons-Regeln gespielt und nicht den Original D&D-Regeln, aber ich glaube nicht, dass das ein entscheidender Faktor war.
Metzelabenteuer = Hack'n'Slay ungleich taktisches Kämpfen

Kann ich bei Tiny Dungeons nicht beurteilen, ob es taktisches Kämpfen unterstützt oder nicht.

Dazu sollte ein Dungeon immer einen guten Exploring-Aspekt besitzen, nimm beispielsweise den Einstiegsdungeon in der Starterbox. Der ist einfach interessant zu erforschen und hat verschiedene Wege und Möglichkeiten.

Wer Spaß an Rätseln und Fallen ausknobeln hat, sollte auch nicht zu kurz kommen.

Zuguterletzt gilt, je größer der Dungeon, desto eher lohnt es sich die verschiedenen Fraktionen kennenzulernen und gegeneinander auszuspielen. Im ersten Level des Dungeon od the Mad Mage gibt es zwei konkurrierende Gruppen. Wenn ich natürlich alles tothaue, wird es schwierig!
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Offline YY

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #34 am: 11.07.2019 | 22:54 »
Vielleicht sollte ich mal ein etwas tödlicheres Regelsystem verwenden, um den Glauben an die Effektivität des Frontalangriffs etwas zu erschüttern.

Ja, ist ja schon angeklungen: Das Regelwerk und damit verbunden der Spielstil sind dafür zentrale Aspekte.
Wenn man "combat as sport" spielt, braucht man natürlich gar nicht an andere Löungswege denken, weil die Frontalmethode relativ zuverlässig funktioniert.

Sobald man das anders macht, ändert sich die Herangehensweise deutlich - das muss man als SL dann aber erstens zulassen und zweitens auch ein Stück weit einfordern.

Wenn ich da so an Shadowrun denke, wo bisweilen ewig über Lageplänen, Patrouillenwegen und Sicherungsmaßnahmen gebrütet wird, um möglichst nicht bei dem erwischt zu werden, was man halt eben so vor hat, dann würde ich sagen, dass es sich a) auch nur um Hightech-Dungeons handelt und b) häufig versucht wird gar nicht erst bemerkt zu werden.

Das ist dann allerdings mMn das SR-Gegenstück zum stumpfen Haudrauf-Dungeon, nämlich leicht bis mittelschwer dysfunktional - auch wenn die Probleme eigene/andere sind. 
Mit anderen Ansätzen löst sich die Planungsstarre in Wohlgefallen auf.
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Offline takti der blonde?

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #35 am: 11.07.2019 | 23:20 »
Zur Darstellung der Drow: im Groben und Ganzen hast du recht. Aber ich denke, dass auch im Rahmen dessen sich Möglichkeiten zur Handlung finden, die nicht in direkter Konfrontation münden müssen. Schneeland hat ja schon ein paar Sachen angedeutet. Vielleicht wollen die Drow ja auch nur einen Tribut aus den Abenteurern erpressen? Oder sie versuchen aktiv den Konflikt zu vermeiden, weil sie einem Kampf für zu ressourcen-aufwändig halten (um dann später den SCs in den Rücken zu fallen). Bei einem mega Dungeon kann ich mir auch vorstellen, dass man sich einen Waffenstillstand zu erhandeln versucht, weil bereits zu viele Fronten offen sind.
Aber du hast natürlich recht, es gibt Völker mit deutlich breiterem Spektrum an Handlungsmöglichkeiten.

Grüße

Hasran

Offline tartex

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #36 am: 12.07.2019 | 01:04 »
Ich denke, es gibt eine Menge Dungeons, die an abwechslungs- und interaktionsarmen reinem Gemetzel leiden, aber das ist meiner Meinung nach keine genuine Eigenschaft von Dungeons sondern eine Eigenschaft von schlechten Dungeons.

Ich habe noch keine Gruppe von über 14jährigen erlebt, die z.B. bei Silvanas Befreiung die Orkfamilie (den zweiten Encounter) gemetzelt hätten. Okay, abgesehen von der Ulisses-Let's-Play-Gruppe, die da mit der Einstellung "Alte Abenteuer sind Scheiße, da soll man alles töten, deshalb bringen wir die jetzt um, und dann motzen wir rum, wie Scheiße alte Abenteuer da sind, weil wir da einfach alles töten." rangegangen ist.

Ein guter Dungeon bietet einen soliden Mix aus Exploration, sozialen und Action-Encountern, die sich je nach Spielerverhalten natürlich in jedem Fall drehen können.  Am ödesten finde ich persönlich übrigens leere (und verwinkelte) Dungeons, wo es nichts zu finden gibt. Dann lieber noch ein reines Schlachtbrett.
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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #37 am: 12.07.2019 | 03:45 »
Schöner Thread übrigens. Abo, weitermachen. ^^
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Pyromancer

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #38 am: 12.07.2019 | 07:20 »
# Traveller: Nacht der Entscheidung

Wurde das echt noch nicht genannt? :) - Hier ist die von Invasoren eingenommen Stadt der Dungeon, und die SC müssen irgendwie von A nach B gelangen, einmal mittendurch. Und wer nicht kreativ ist, Optionen nicht nutzt, wer in unnötige Kämpfe verstrickt wird, der wird scheitern. Das ist ein echter Klassiker.

Die Krux da ist, dass es nicht wie ein Dungeon aussieht und die Kraftverhältnisse (Invasions-Streitmacht in Divisionsstärke vs. 4-6 Spieler-Charaktere) so klar sind, dass Kampf von vorne herein aussichtslos erscheint. D.h. es wird hier keine falsche Erwartungshaltung an dumpfes Dungeon-Crawl-Metzeln geweckt, weswegen es die Spieler wahrscheinlich auch nicht machen.

Offline Crimson King

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #39 am: 12.07.2019 | 08:30 »
Kurzer OT-Einwurf zu Drow:

Ich hatte vor ca. 25 Jahren die Drow of the Underdark-Box erworben, in der die Drow-Kultur weit ausgearbeitet wird. Da wird einerseits klargestellt, dass die Lolth-Anhänger unter den Drow vollkommen dominant sind, d.h. wenn man auf Drow trifft, werden die sich höchstwahrscheinlich maximalarschig und hinterfotzig verhalten. Das heißt nicht, dass man mit denen nicht verhandeln könnte. Man darf ihnen nur keinen Meter weit vertrauen, was die Einhaltung von Verhandlungsergebnissen angeht.

Es gibt außerhalb der Lolth-dominierten Städte Splittergruppen, die andere Götter anbeten, ggf. sogar welche, die in Bezug auf Götter flexibel sind. Im Detail weiß ich das nicht mehr, weil das alles zu lange her ist. Diese Drow sind jedenfalls nicht zwangsläufig chaotisch böse.

Generell wird in dem Buch klar gemacht, dass das böse Verhalten der Drow nicht durch ihre Natur bedingt ist, sondern ausschließlich durch ihre Kultur.

Ich weiß auf der anderen Seite nicht, ob neuere Supplements da etwas überschreiben.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
Wenn hinten, weit, in der Türkei,
Die Völker aufeinander schlagen.
Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
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Offline Huhn

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #40 am: 12.07.2019 | 08:38 »
Ich teile den Eindruck des Threaderstellers, dass viele Dungeons Crawls eindeutig zu viel Monsterschnetzelei beinhalten. Aber wie hier im Thread auch von vielen schon gesagt wurde, ist das ja auch eher ein Zeichen eines langweiligen/schlechten Dungeons und nicht Grundvoraussetzung für einen solchen. Ein guter Dungeon beinhaltet halt noch mehr als zu tötende Monster.

Andreas Melhorn gibt in "Abenteuer Gestalten" eine ganze Reihe Elemente an, die in einem Dungeon eine Rolle spielen können (Zeit, Motivation, Information, Taktik, Monster, Bewegung, (Beleuchtung)) und weitere Elemente, denen SC im Dungeon begegnen können (Antagonisten, Fallen, Schätze, Tricks, Nichts). In beiden Fällen sind Monster/Antagonisten nur eine Möglichkeit. Ein guter Dungeon zeichnet sich durch eine gelungene Mischung der Elemente aus, denke ich.

Melhorn unterscheidet des Weiteren zwischen zwei Arten von Dungeons: "Dungeon als Sportarena" und "Dungeon als Kriegsschauplatz". Die Sportarena ist das, was die meisten Dungeons heute machen: Eine Reihe von wohlbalancierten Encountern mit üblicherweise einem stimmigen Grundthema (Der Dungeon des Nekromanten beinhaltet Skelette etc.). Der Dungeon als Kriegsschauplatz hingegen ist nicht unbedingt fair - statt einzelner Encounter handelt es sich um einen Raumkomplex mit Gefahren, die nicht unbedingt der Gruppenstärke angepasst sind und die zudem noch aufeinander reagieren (wer Krawall macht, lockt vielleicht das dicke Vieh von nebenan an). Dadurch wird der Raum zum "taktischen Kriegsschauplatz", den die SC kreativ nutzen müssen, um weiterzukommen. Monster sind dabei nicht unbedingt zu besiegen - sie können z.B.  auch in ihre eigenen Fallen gelockt oder umgangen werden. Modernes D&D ist Sportarena. OSR ist für mich eher Kriegsschauplatz.
Der "Dungeon als Sportarena" ist statisch und somit für die SL leichter zu handhaben, der "Dungeon als Kriegsschauplatz" ist dynamisch und stellt damit höhere Anforderungen an die SL, ist dafür aber tendentiell in der Vorbereitung einfacher, weil man eben einfach alles reinschmeissen kann ohne auf Encounterstärke etc. zu achten.

Realismus im Dungeon ("Woher kriegen all die Orks hier eigentlich ihr Frühstücksbuffet?", "Warum ersticken wir hier unten nicht alle?", "Warum frisst die Sphinx nicht einfach alle Goblins auf?") hält Melhorn nur insofern für angebracht, als er zum Spielspaß beiträgt - also wenn etwa das ausgeklügelte Belüftungssystem den SC als Geheimgang dienen kann oder so. Gruppenabhängig kann auch mehr oder weniger Realismus erwartet werden. Es gibt ja Leute, die sich gerne über sowas Gedanken machen. Mir hingegen ist diese Art Realismus eher unwichtig. Wenn ich mir Gedanken über die Bewetterung großer Schachtanlagen machen möchte, lese ich ein Sachbuch und spiele keinen Dungeon Crawl. Übermäßig viel "Realismus" im Dungeon macht einem übrigens zuverlässig jedes Spielsystem madig - ein Freund von mir hat mal ausgerechnet, wie man in Pathfinder eine monopolistische Franchise-Tavernenkette à la McDonalds eröffnen könnte, wenn man nur einen einzigen Dungeon geschafft hat. Darüber war er dann total sauer und hat monatelang versucht, das Geld- und Belohnungssystem in Pathfinder zu "verbessern". ;D Melhorn meint dazu schon ganz richtig, dass wer anfängt sich über solche Dinge Gedanken zu machen, sich ernsthaft fragen sollte, ob diese Art Abenteuer überhaupt das richtige für diese Gruppe ist. Denn ein guter Dungeon erfreut (zumindest mich) eben auch durch seine gewisse Prise "Weil isso!" (meine Worte, nicht die von Melhorn).  ~;D

Schöne Dungeonideen stecken für meinen Geschmack übrigens in den Fighting Fantasy-Spielbüchern. Auf sowas hätte ich ja als SL wie als Spielerin mal Lust. Weniger und knackigere Kämpfe, dafür viele interessante Räume mit Fallen und Rätseln. Und keinerlei Logik, warum sich da wo was und wie befindet.  :d

Offline YY

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #41 am: 12.07.2019 | 09:07 »
Modernes D&D ist Sportarena. OSR ist für mich eher Kriegsschauplatz.

Ja, eben CaS vs. CaW.
Wann da für D&D der flächendeckende Umbruch zu CaS kam, weiß ich so auf Anhieb nicht - gefühlt irgendwann, als eine 3 an der Edition stand.
Gerade fürs Dungeoncrawling war das mMn insofern eine Fehlentwicklung, weil hauptsächlich deswegen der Schwenk zum "Metzeldungeon" ziemlich vorprogrammiert war.
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Offline Feuersänger

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #42 am: 12.07.2019 | 09:31 »
Hmmmh.
In unserem Jargon File (siehe Sig) hatten wir ja eine recht flapsige Beschreibung gewählt:
Dungeon: wörtlich "Verlies", geläufige Übertragung auch "Gewölbe". Typischer Schauplatz von Abenteuern in Fantasy-RPGs. Gemeint ist ein abgeschlossener (oft unterirdischer) Bereich, der auch verzweigt sein und aus mehreren Ebenen bestehen kann. Er ist in der Regel von diversen Monstern bevölkert, mit Fallen durchsetzt und mit Schätzen bestückt, die von den Spielern jeweils bekämpft, überwunden und eingesackt werden wollen. Am Ende steht oft ein besonders harter Gegner (genannt "Boss") und ein -> Macguffin, das nicht selten die einzige konkrete (In-Character) Motivation bietet, den Dungeon überhaupt zu durchkrauchen. Diese Tätigkeit nennt man Dungeoncrawl.

Was natürlich so etwas grob ist, da auf andere Interaktionen mit Dungeonbewohnern als Kampf überhaupt nicht eingegangen wird.
Wenn ich aber mal so drüber nachdenke, kamen glaub ich schon gerade in den älteren Dungeonmodulen, die ich so kenne, nichtkämpferische Interaktionen häufiger vor als in neueren. Ich sag mal Stichwort Burg Bernstein. Aber es gab auch damals solche und solche. In "Temple of Elemental Evil" erinnere ich mich jetzt an keinerlei friedliche Encounter (abgesehen von dem Prinzen da) und auch keine große Hirnarbeit, wie man Monstergruppe X jetzt umgehen oder austricksen könnte.

Was auch noch fehlt ist, dass Dungeons typischerweise aus "Räumen" bestehen, die entweder direkt oder durch "Gänge" miteinander verbunden sind. Gänsefüßchen weil ja Pyros Beispiel zeigt, dass es manchmal auf den ersten Blick anders aussieht.

Andererseits sind "alte" Dungeons auch sehr durchwachsen in Sachen Ökologie. Bei manchen haben sich die Autoren sichtlich Gedanken gemacht: da gibt es eine Latrine, in der ein Ootyugh haust, und die Gänge sind blitzblank und staubfrei, weil sie regelmäßig von einem Gallertwürfel durchgeputzt werden. Bei anderen wiederum hast in Raum 3 vier schwerbewaffnete Orks, in Raum 4 ein Rudel Harpyen während in Raum 5 ein Rechtschaffen-Guter Lammasu in seiner Bibliothek sitzt und liest, und am Ende liegt eine Bruthöhle mit einem Drachenwelpen darin. Ballaballa.
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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #43 am: 12.07.2019 | 11:50 »
Gänsefüßchen weil ja Pyros Beispiel zeigt, dass es manchmal auf den ersten Blick anders aussieht.

Da kann man aber auch andersrum sagen: Wenn man einen Schritt zurück tritt und die Augen weit genug zukneift, ist schnell alles irgendwie ein Dungeon - mit einer ausreichend abstrakten Formulierung hinsichtlich Unumgänglichkeit, Herausforderungen und Zielsetzung ist das leicht gemacht, steht einem aber am Ende mehr im Weg, als dass es hilft.
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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #44 am: 12.07.2019 | 11:57 »
Da kann man aber auch andersrum sagen: Wenn man einen Schritt zurück tritt und die Augen weit genug zukneift, ist schnell alles irgendwie ein Dungeon - mit einer ausreichend abstrakten Formulierung hinsichtlich Unumgänglichkeit, Herausforderungen und Zielsetzung ist das leicht gemacht, steht einem aber am Ende mehr im Weg, als dass es hilft.

Wenn man das auf die Spitze treibt, dann gewiss. Aber mE erfüllt die Nacht der Entscheidung durchaus die Kriterien eines ursprünglichen Dungeons. Dass Dungeons nicht nur eine Kombination aus dunklen Räumen und Gängen sein müssen, sondern auch andere Terrains aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit, (relativen) Abgeschlossenheit und des labyrinthischen Charakters in Frage kommen, ist mW eine ziemlich alte Aussage. (Tja, nur den Beleg habe ich spontan nicht zur Hand.)

@tartex: Ich muss mir Silvanas Befreiung wohl wirklich noch einmal im Detail durchlesen. :)
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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #45 am: 12.07.2019 | 12:02 »
Selbst Dungeons, die als reine Metzeldungeons angelegt zu sein scheinen, müssen sich nicht darin erschöpfen. Momentan leite ich Princes of the Apocalypse für D&D5E mit einer Gruppe. Das Abenteuer besteht auf den ersten Blick aus einer Abfolge an Dungeons, durch die eine Gruppe sich durchschnetzeln kann. Teilweise ist das auch so passiert, aber es gab immer darüber hinaus gehende Interaktionen mit Dungeonbewohnern oder ihren Verbündeten, die zu einigen Umwegen und alternativen Lösungsansetzen geführt haben.

Es kommt auf die Gruppe, die Systemkenntnis, das Regelwerk und natürlich die unmittelbaren Spielwünsche an, ob ich Dungeons baue und wie ich sie anlege - oder wie ich vorgegebene Dungeons frisiere bzw. ausspiele. Meistens strebe ich eine 50:50 Balance an, mit etwa 50% Kampfbegegnungen und 50% sozialer Interaktion oder Erforschung. Wenn ich ein System neu ausprobiere, wird mehr auf Kämpfe geschaltet, weil ich die Regelmechanismen wirken sehen will, wenn ich die Gruppe kenne, kann ich einschätzen, welche Problemlösungsstrategien die Spieler/Charaktere neben Kämpfen noch beherrschen oder bevorzugen. Kampf ist dann häufig Folge eines Scheiterns dieser Strategien, wenn z.B. eine Heimlichkeitsmission misslingt oder eine Verhandlung zu keinem Ergebnis führt.

Aber ehrlich gesagt ist die Schwierigkeit bei einem Dungeonbau doch, für 10 - 20 Räume gute Ideen zu haben, sie den Regeln entsprechend auszuformulieren und dabei nur 6 - 7 Kämpfe unterzubringen, und das ergäbe nur eine einzige Dungeonebene. Selbst ein kleineres Dungeon, 8 - 12 Räume mit 4 - 6 Kämpfen, muss irgendwie gefüllt werden.

"Typische" Begegnungen für soziale Interaktion in Dungeons, in denen es nicht zum Kampf kommen muss, sind Gefangene, Konkurrenten, Neutrale, Rivalen oder Rebellen.

Gefangene können hilfreiche verbündete oder Informanten sein. Sie wurden von der mächtigsten Gruppierung im Dungeon (meinetwegen ein Orcstamm oder ein Dämonenkult) gefangenen genommen und würden den Charakteren unter Umständen helfen, meistens im Austausch gegen Sicherheitsgarantien, aber eventuell auch gegen Racheversprechen oder andere Anliegen. Ist ein beliebtes Motiv in vielen Dungeons.

Konkurrenten sind andere Fraktionen (Abenteurergruppen), die ins Dungeon mit bestimmten Zielen eingedrungen sind. Auch mit denen lässt sich verhandeln, je nachdem, wie kompatibel die Ziele der Gruppe mit den Zielen dieser Konkurrenten sind. Eignet sich besonders für riesige Dungeons, wo vielleicht konkurrierende Fraktionen für sich kleine Stützpunkte erobert haben. Kann ich mir z.B. in der Earthdawnstadt Parlainth gut vorstellen. Gibt's auch im Megadungeon von 13th Age. Beispielsweise könnte in eine von Dämonenkultisten und Orcs bevölkerte Ruine einer Zwergenstadt eine Expedition zwergischer Abenteurer vorgestoßen sein, um legendäre Schmiedewerkzeuge zu erbeuten, was eventuell das Vorhaben der Abenteurer, ein Dämonentor zu schließen betrifft (weil eine Methode dafür darin bestehen könnte, die Werkzeuge zu nutzen).

Neutrale können Wesen oder Gruppen sein, die keine übergeordneten Ziele haben, die mit den Zielen der Gruppe Berührungspunkte haben, und mit keiner Fraktion in Verbindung stehen, deren Ziele für die Abenteurergruppe von Bedeutung sind. Die Neutralen können so mächtig sein, dass sie sich nicht in das Geschehen im Dungeon einmischen müssen, und durch ihre Macht einen sicheren Hafen für sich geschaffen haben. Beispielsweise könnte ein Nekromant ein einer verschütteten Zwergenhauptstadt archäologische Nachforschungen betreiben, ohne sich um den Zwist zwischen den Orcs und den Dämonenkultisten in den anderen teilen der Stadt zu kümmern.

Rivalen sind für die Hauptfraktion der Monster im Dungeon das, was die Konkurrenten für die Abenteurer sind: eine andere Gruppe, deren Ziele nicht oder nur teilweise mit den ihren übereinstimmen oder die sogar den Zielen der Hauptgruppe widersprechen. In der Sunless Citadell für D&D3E sind das die Kobolde und Goblins. In der erwähnten Zwergenruine könnten die Orcs und die Dämonenkultisten jeweils Teile erobert haben, welche die andere Fraktion gerne in ihrem Besitz hätte. Die Orcs haben den alten Tempel des Moradin erobert (bis auf einige Schatzkammern, die von Golems bewacht werden, an die die Orcs sich nicht herantrauen), den die Dämonenkultisten gerne schänden würden, weil es Teil ihres Plans ist, um einen Dämonensturm zu entfesseln. Momentan wird der Tempel aber vom Schamanen der Orcs bewohnt (und im Namen von Gruumsh geschändet, nicht im unaussprechlichen Namen irgendwelcher Dämonenlords). Umgekehrt hätten die Orcs gerne die Schmieden in ihrer Gewalt, wo sie ihre versklavten, zwergischen Gefangenen dazu antreiben würden, ihnen meisterhafte (magische) Waffen zu schmieden, aber die Dämonenkultisten geben diese Räume nicht her, weil sich dort kleine Feuerdämonen beschwören lassen. Im Beispiel sind die beiden Rivalen etwas extrem unsympathisch, aber das hindert gewitzte Charaktere vielleicht nicht daran, die einen gegen die anderen auszuspielen.

Rebellen schließlich sind jene Untergruppierung oder Einzelpersonen einer Dungeonfraktion, die nicht mit den gegebenen Zielen ihrer Fraktion übereinstimmen und eventuell sogar (mit Hilfe der Abenteurer) planen, zu desertieren oder zu putschen. Vielleicht gibt es ein paar Orcs, denen das Leben in einer alten Zwergenstadt nicht gefällt, und die lieber reich beladen mit den bisher erbeuteten Schätzen in ihre kargen Höhlen zurückkehren würden, um dort ihren neuen Reichtum zu verschleudern. Für die ist ihr Raubzug erfolgreich beendet, und sie können nicht verstehen, warum ihr Häuptling immer noch Beutezüge ins Umland unternehmen und diese Dämonenpaktierer vertreiben will. Oder jemand will schlicht Häuptling werden anstelle des Häuptlings. Bei den Paktieren gibt es vielleicht ein paar Aussteiger, die nur auf eine Gelegenheit gewartet haben, sich vom Kult loszusagen. Oder der Dämonenkult ist von einem anderen Dämonenkult unterwandert.

Je größer das Dungeon, desto mehr dieser Gruppen lassen sich unterbringen. Gefangene, Konkurrenten oder Neutrale sind immer gute Möglichkeiten, um auf Rivalen oder Rebellen hinzuweisen, aber auch besiegte Gegner können über solche Informationen verfügen. Unbewohnte Orte/Räume können Spuren der Aktivitäten einer Gruppierung enthalten, z.B. tote Briefkästen der Rebellen, Spuren der Sklavenarbeit Gefangener, Spuren von Kämpfen oder Verhandlungen zwischen Rivalen, Hinweise auf die Neutralen oder Spuren des Eindringens der Konkurrenten. Das isnd auch alles Gelegenheiten, Dunegeonräume interessant zu machen, ohne auf Kämpfe zurückgreifen zu müssen. Da kommen eher die Fertigkeiten der Charaktere und die Kombinationsgabe der Spieler zum Zug.

Das sind natürlich alles Idealsituationen. So ein Dungeon zu konstruieren erfordert (zumindest für mich) Zeit und Hirnschmalz.
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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #46 am: 12.07.2019 | 13:15 »
Kühler Text, Tümpelritter. :)

Davon abgesehen: Ich habe es ja weiter oben selbst gemacht, glaube ich: Die Behauptung steht ja im Raum, dass Schnetzeldungeons ein Hauch von schlechtem Design umwehe. Das mag ich auch entkräften. Denn ist primär wohl eine Frage der Design-Absicht. Ich erinnere an Dungeon Slayers (Bier & Bretzel): In den späteren Veröffentlichungen wollte man ja mal zeigen, was DS noch alles so kann, dass es eben mehr kann als "Dungeon!". Aber die frühen Veröffentlichungen und viele der vielen verfügbaren freien Materialien, haben ja mE einen bewussten Anspruch, dass (man sein Hirn zwar nicht ausschalten soll aber) man in den Dungeon gehen möge, um dort viel Spaß (!) mit dem Entvölkern derselben zu haben. Und das macht DS mE ganz gut. Ich hatte zumindest viel Spaß beim Schnetzeln. Wenn man sich also dafür verabredet, muss niemand negativ überrascht sein.
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Offline tartex

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #47 am: 12.07.2019 | 15:09 »
@tartex: Ich muss mir Silvanas Befreiung wohl wirklich noch einmal im Detail durchlesen. :)

Es gibt da keine Gebrauchsanweisung, wie man mit der Orkfamilie, die gerade beim Abendessen sitzt, umgehen soll. Keinen Zeigefinger (weird für Kiesow), nur eine Illustration. Sagt keiner, das man sie nicht umbringen soll. Trotzdem tuen es die wenigsten. Es wird auch nicht erklärt, warum eine Orkfamilie da wohnt, aber wenn man sich darüber 30 Sekunden Gedanken macht, ist man auch dankbar, dass der Pädagoge nicht ausgepackt wurde. Show, don't tell!

Wen übrigens die geringen Distanzen zwischen den Räumen wegen Geräuschentwicklun stören: der Kobold mit seinen Illusionsfähigkeiten ist der wirkliche Dungeonmaster hier und hat genug Motivation allen, inkl. der Piraten und Goblins, die Suppe zu versalzen.

Wirklicher Schwachpunkt von Silvanas Befreiung ist, dass nicht bereits vor der Raumbeschreibung das Konzept dargelegt wird, sondern erst ganz am Ende des Textes. Das kann man schon seit den 90igern nicht mehr machen. Usability ist eh was anderes.


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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #48 am: 12.07.2019 | 15:33 »
Das ist dann allerdings mMn das SR-Gegenstück zum stumpfen Haudrauf-Dungeon, nämlich leicht bis mittelschwer dysfunktional - auch wenn die Probleme eigene/andere sind. 
Mit anderen Ansätzen löst sich die Planungsstarre in Wohlgefallen auf.

Wenn man das "ewig" streicht, ist das etwas, was zumindest die Spielrunden, die ich so kennengelernt habe, durchaus gerne mal gemacht haben und auch ihren Spaß daran hatten. Von daher ist das mit dem dysfunktional wohl Ansichtssache. Es zeigt zumindest, dass die Zielsetzung nicht zwingend "alles umbringen" lauten muss und so auch nicht praktiziert wurde.
Am Ende geht es eben auch um Belohnungsmechanismen. Wenn die Belohnung nicht dadurch erreicht wird, dass man alle Probleme zu Nägeln macht, oder sogar aktiv andere Ansätze belohnt, dann ist die Motivation auch nicht so groß einfach alles umzutreten.

Offline D. M_Athair

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Re: Sind Dungeon Crawls per Defition reine "Metzelabenteuer"?
« Antwort #49 am: 12.07.2019 | 17:11 »
Denn ist primär wohl eine Frage der Design-Absicht. [...] Wenn man sich also dafür [= zum Schnetzeln] verabredet, muss niemand negativ überrascht sein.

Ich glaube, dass die Gleichung Dungeon Crawls = reine "Metzelabenteuer" letztlich v.a. auf Wahrnehmungsfehlern beruht.

1) Schnetzel-Abenteuer sind überzufällig häufig Abenteuer in Dungeons - für Gruppen, die genau so was wollen.
2) Es gibt Spieler.innen, die diese Art des Rollenspiels zutiefst verachten und als Feindbild aufgebaut haben.
3) In der Generalisierung und unter Beibehaltung von Wahrnehmungsfehlern wird dann die ambiguitätsintolerante Aussage hinausposaunt: "Dungeons sind hirnlose Klopper oder bestenfalls was für Freunde von combat as sport". Die
Realität schaut aber deutlich diverser aus. Die Mehrzahl der Dungeons sind mAn keine "Metzelabenteuer". (Spieler.innen, die "Metzelabenteuer" nicht mögen, machen sie aber - falscher Annahmen wegen - auch gern zu solchen. Ursache: Confirmation Bias.)
« Letzte Änderung: 12.07.2019 | 17:14 von D. Athair »
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