Ein Unterschied mag darin liegen, daß sich Fate spätestens seit Core bewußt als "Baukasten" zum Selbermachen präsentiert. Da gibt's unter anderem keine großen offiziellen Listen an Feats oder Fertigkeiten oder Ausrüstung, die bitteschön genauso offiziell erweitert werden wollen, wenn man gerne mehr hätte; das sind schon ab Werk Sachen, die sich die Gruppe (und im Zweifelsfall speziell die SL) mit Unterstützung durch diverse Vorschläge und Daumenregeln selbst zurechtbasteln kann und auch ausdrücklich darf.
Das sehe ich als großes Problem, was Fate-Produkte angeht.
Wenn man das Ganze noch ein bisschen expliziter nicht braucht als in anderen Systemen, muss es eben schon einen deutlichen Mehrwert bieten, damit man es "trotzdem" kauft.
Das bieten viele Fate-Settings mMn nicht, während man z.B. bei D&D5 gut aufbereitete Kampagnen u.Ä. bekommt.
Und wenn sich schon die D&D5-GRWs gut verkaufen und man damit nicht nur neue D&D5-Spieler, sondern komplett frische Rollenspieler gewinnt, wird man auch klassische Kaufabenteuer und Kampagnen besser los - davon lösen sich viele Einsteiger nur langsam.
Ich weiße aber mal darauf hin, dass die Entwicklung derzeit klar in eine Richtung geht: Vereinfachung!
Siehe DSA 5 zu 4, D&D5 statt vorherige Editionen und Pathfinder, Shadowrun 6 statt 5, 4 oder 3. Splittermond im Vergleich zu DSA. Überall wird es einfacher.
Für DSA5 wollte man das vielleicht irgendwann mal, passiert ist es aber nicht.
In Sachen Regelumfang sehe ich da keinen relevanten Unterschied zu DSA4, Fokusregeln hin oder her - weglassen konnte man früher auch.
Auch Splittermond ist recht komplex und vor Allem umfangreich. Da greifen mMn Regeln besser ineinander und sind eher aus einem Guss wie bei DSA, aber das ist in Sachen Umfang allemal in der gleichen Gewichtsklasse wie DSA.
Wie viele Meisterschaften gibt es da noch mal? Wie viele Zauber? Wie viele Waffen und Rüstungen mit wie vielen besonderen Eigenschaften u.Ä.? Das ist doch nicht einfacher oder gar minimalistisch, sondern wie gesagt "nur" wesentlich besser aufgestellt (was eine Heidenarbeit und eine Riesenleistung ist).
Was SR6 angeht, warte ich mal noch ab. Das wird wohl nicht spürbar einfacher als SR4 zu Editionsbeginn und der weitere Verlauf wirds zeigen - ich prophezeie eine ähnliche Entwicklung wie bei DSA5.
Bleibt D&D5. Da kann ich es tatsächlich nachvollziehen, aber man muss auch sehen, dass das keine radikale, möglichst weit gehende Vereinfachung ist, sondern mehr eine bewusste Selbstbeschränkung, um die schlimmsten Wucherungen von 3 und 3.5 (teils mit 3rd party-Material) oder PF nicht zu wiederholen.
Schlank und einfach ist dennoch anders: Mit PHB, DMG und Monster Manual ist man bei ca. 1000 Seiten, ohne MM sinds immer noch 640.
Trotzdem ist das mMn ein guter Weg: Kaum Powercreep oder rules-bloat, sondern umfangreiche Kampagnen und ansonsten viel Drumherum und Nippes für jene, die das wollen - von schicken Würfelsets über Retro-Produkte und diversen Fluff-Guides, selbstreferentiellem Merch-Kram wie die Stranger Things-Box bis hin zur
Waterdeep: Dragon Heist-Platin-Edition für 500 Schleifen...wer will, greift zu, der Rest lässt es bleiben und hat trotzdem ein gefühlt vollständiges Spiel.
Ergo 1 (D&5): Ja, damit ist endlich der "Beweis" geführt, dass steter Produktausstoß auch ohne Regelwucherung geht. Von schlank und einfach oder gar minimalistisch ist D&D5 aber immer noch Welten entfernt. Da verzerrt der Vergleich mit den absurden Auswüchsen von 3.5 oder PF die Wahrnehmung.
Ergo 2 (Allgemein): Den großen Trend zur (möglichst weitgehenden) Vereinfachung sehe ich nicht, höchstens die versuchte, aber nicht immer geschaffte Abkehr von der willenlosen Wucherung teils undurchdachter, ungetesteter oder schlecht formulierter Regeln.
Dass man z.B. auf ein
dumpster fire wie SR5 nicht noch weiter Sprit kippt, ist jedenfalls keine große Errungenschaft oder ein genialer Designansatz, sondern eine längst fällige Notwendigkeit - allerdings auch da weniger aufgrund des reinen Umfangs, sondern wegen der Inhalte, die diesen Umfang ausmachen. Blöderweise bedeutet eine Reduzierung im Umfang nicht automatisch ein handwerklich besseres Produkt, von daher bleibt das spannend.
Werbung und Manipulation spielen im Rollenspielbereich keine große Rolle.
Das habe ich doch auch geschrieben
Eher manipulieren die Käufer Verlage dazu, das zu drucken.
Indem sie sagen, was sie wollen (teils über Umwege) und das dann auch tatsächlich kaufen?
Wo ist da die Manipulation?
Das ist doch lediglich sinnvolle Kommunikation von Nachfrager und Anbieter.