Statt "Der Kampf war hart, meine Wunden sind tief. Ich spucke Blut, gehe auf die Knie und schäle mir den Brustpanzer vom Leib, bevor ich die Klerikerin schwer atmend um Heilung bitte." ist (leider) eher "Ich habe nur noch 10 von 20 LP. Wunden heilen bitte." die Regel.
Das hat für mich mit erzählerischem Tiefgang o.Ä. nichts zu tun. Wer Bock drauf hat, möge das so machen, aber ich will mir nicht wegen jedem Furz und Feuerstein blumiges Geschwafel aus den Fingern ziehen (müssen).
Dann doch eher:
Dabei ging es nicht permanent um theatralisches Kampfblabla und den üblichen Wirtshausschnack am Rande, sondern darum, den Charakteren Farbe zu geben; und es ging um das Spiel abseits des Wegesrandes bis hin zu Hochzeiten, Universitätsgründungen, um "großes politisches oder emotionales Kino" usw. usf.
Da sehe ich für mich deutlich mehr den Knackpunkt. Nicht nur "große" Aktionen, die das Spielgeschehen prägen, sondern umgekehrt auch die ganz kleinen Sachen - ein einzelner Spruch, eine Handlung, eine Geste zum richtigen Zeitpunkt prägen das Bild eines Charakters für mich viel mehr. Das passiert manchmal ganz trocken in der dritten Person und funktioniert "trotzdem".
Leider und glücklicherweise zugleich lässt sich das nicht gut planen und nur bedingt gezielt lernen/trainieren.
Gilt in ähnlicher Form für das Thema Kampf - wenn alles kreativ und außergewöhnlich sein muss, ist nichts mehr kreativ und außergewöhnlich.
Das sticht nur raus, wenn es tatsächlich ungewöhnlich ist und dafür müssen für mich sowohl die Umstände passen als auch eine spielmechanische (!) Außergewöhnlichkeit bestehen.
Kann man bis zu einem gewissen Punkt vorbereiten/anbieten, aber das wars dann auch schon. Wirklich forcieren lässt sich das nicht.
Als ich es wagte einen Angriff zu spielen, also ich erzählte halt die Handlung die mein Charakter nun machen würde, schaute mich der SL böse an. "Würfel erst mal ob du triffst ehe du hier irgendwas ansagst!" Habe dies getan und wollte dann nochmals ansetzen jedoch wurde mir der Mund verboten und ich solle bitte einfach nur den Schaden auswürfeln.
Gehört so ein bisschen zum nächsten Punkt: Dass man darauf achtet, was man wann wie erzählt, finde ich ziemlich wichtig.
Die Erzählung in den richtigen Kontext zu einer Probe zu bringen, ist mMn unumgänglich.
Dass man das Erzählen dann aber komplett vermeiden will oder aktiv abstellt, bedarf schon einer Erklärung.
Dazu habe ich nur Folgendes anzubieten:
- Kampfrunden: Je mehr Kampfrunden ein Kampf hat, desto genervter werden alle vom Ausschmücken. Wir haben es probiert, wirklich - aber bei DSA oder auch Splittermond kommt man da einfach schnell an den Punkt, wo das nach dem dritten Kampf keiner mehr will.
Wenn in einer Kampfrunde oder in einer Kampfaktion schlicht nichts wirklich Relevantes passiert, dann entsteht da schon eine Art ludonarrative Dissonanz.
Selbst wirklich gut beschriebene Manöver und Verletzungen werden blass und langweilig, wenn sie keine spielmechanische Entsprechung finden.
Ist die tatsächliche, sprich regelseitige Folge der Verlust der ersten 4 Lebenspunkte von insgesamt 80 und es tut sich auch sonst nichts, was sich irgendwie greifbar auswirkt, dann habe ich natürlich nach wenigen Wiederholungen keinen Bock mehr, mir tolle Sachen auszudenken oder auch nur anzuhören, wenn die direkt nach dem Aussprechen sowieso in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.
Wenn ich was Tolles erzähle, muss sich auch spielmechanisch was Tolles tun bzw. umgekehrt ist die regeltechnisch greifbare Auswirkung die Grundvoraussetzung für so eine Erzählung.
Anders wird das doch ein absurdes Zerrbild.
- Komplexität des Regelwerks: Je mehr taktische Optionen das Regelwerk selbst bietet, desto eher werden diese auch mit ihren regeltechnischen Bezeichnungen angesprochen.
Das ist dann nicht nur unproblematisch, sondern sogar gut und nützlich, wenn diese ganzen
crunchy bits in einem sinnvollen Kontext zueinander stehen und damit aus sich heraus eine Narrative erzeugen (können).
Allerdings ist das nicht so einfach umzusetzen, daher ziehe ich vor den wenigen Systemen den Hut, die das wirklich stimmig hinbekommen.