Ich habe mal meinen ersten Teileindruck aus dem Midgard-Forum kopiert und stelle es hier ein:
So, und dann habe ich mal eine Stunde herumgeblättert:
Die Karte ist schön und ebenso die Illustrationen. Ich habe mich gefreut, eine Reihe alter Bekannter wiederzutreffen und auch die neuen Illus fügen sich gut ein. Sie gefallen mir so gut, dass ich mir sogar noch ein paar mehr gewünscht hätte, aber es muss sich ja alles rechnen. Die einzige Ausnahme ist die Gnomin. Die ist mir einfach zu toonig und für meinen Geschmack ein Stilbruch zum Rest. Vielleicht ist es auch was Persönliches, was ich mit den Gnomen habe.
Gelesen habe ich erst mal nur selektiv und zwar Medjis, die Inseln unter dem Westwind und Waeland. Bei Medjis hat mich sehr gefreut, dass doch viele Ideen aus dem Quellenbuchprojekt übernommen wurden und andere in einem etwas anderen Gewand reingenommen wurden. Danke auch für die Erwähnung von vielen MitstreiterInnen aus dem Projekt. Da hatte ich gar nicht mit gerechnet. Ich hätte mir da zwar ein paar Sachen anders gewünscht, aber das große Kunststück ist doch wohl zumindest geglückt: Man kann vor diesem Hintergrund spannende und wirklich exotische Abenteuer spielen. Und ein Kuschelmedjis ist es wirklich nicht geworden. Eine "Einigt-das-Land-und-zündet-ein-paar-zivilisierte-Länder-an"-Kampagne könnte seinen Reiz haben. Wer in Medjis einen hohen Grad erreicht, von dem prallen Katanas und Armbrustbolzen wahrscheinlich einfach ab.
Bei den Inseln unter dem Westwind dachte ich bei der Zeichnung erst an eine Cartoon-Einlage mit lustigen 50er Jahre Aliens samt 50er Jahre Robotern. Ich dachte kurz "Bist du hier in Midgards Witze-Ecke gelandet"? Und der Text geht ja auch reichlich beschaulich los, kriegt dann aber eine echt bittere Wendung. Nun wird sich wahrscheinlich keine Gruppe je zu einer mehrjährigen Kampagne in diese ferne Gegend aufmachen, aber für einen wirklich verstörenden Besuch reicht's. Wobei ich mir dann als Spieler wirklich wünschen würde, das Kapitel im Weltenbuch auch gar nicht gelesen zu haben und wirklich ahnungslos dort zu stranden. Das wäre zumindest auch mein Tipp an potenzielle Spielleiter: Bittet eure Spieler, diese Seiten zu ignorieren. Und für die Begegnung würde ich mir dann eine gruseligere Illustration aus dem Netz holen.
Waeland habe ich dann eher überflogen. Dabei ist mir das Problem aufgefallen, was alte Hasen hier und da mit dem Weltenband haben werden: Wenn man das entsprechende Quellenbuch schon gelesen hat, ist der dazu gehörige Artikel natürlich ein bisschen öde: Man liest noch mal in kurz, was man sowieso schon weiß. Aber so ist es eben. Und der Weltenband ist nun einfach vorrangig ein Werkzeug für alle ohne existierendes, volles Midgard-Regal.
Als letztes habe ich mir den Schwarzalben-Artikel durchgelesen. Positiv: Das ist das Beste, was ich bei Midgard über die Schwarzalben bislang gelesen habe. Negativ: Ich finde, dass der Funke immer noch nicht überspringt und dass wegen der verschiedenen Völker oder Gemeinschaften das Gesamtbild dann doch zu allgemein oder zu oberflächlich bleibt. Scheint mir fast, als wären und blieben sie auf Midgard einfach eine ungeliebte Bande. Ich kann gar nicht genau sagen, wo es für mich hapert.
Vorfazit: Es wäre reichlich unverfroren, sich nach der Lektüre von gerade mal 10% des Buches eines Urteils erdreisten zu wollen. Aber für einen ersten Eindruck reichts: Das Buch ist jedenfalls mit sehr viel Liebe, Sachkunde und Fantasie zusammengestellt worden. Man merkt, dass es letztlich das Ergebnis eines jahrzehntelangen Schaffensprozesses ist und dass vorher viele dumme, platte oder peinliche Ideen einfach schon ausgeschwitzt und verworfen waren. Was übrig geblieben ist, hat Hand und Fuß und Niveau - wenigstens im von mir gelesenen Teil. Midgard ist Midgard und diesem Stil ist man sich treu geblieben. Es gibt keine oder kaum High-Fantasy-Elemente und die Welt hat und behält eine gewisse Logik. Das ist sehr gut. Jeder Spielleiter sollte so ein Buch im Schrank stehen haben. Es fasst die Quellenbände knapp zusammen und ersetzt sie auch zum Teil, bzw. kann über das Fehlen hinwegtrösten. Als Spieler würde ich mir das Weltenbuch nicht komplett durchlesen wollen - das Kapitel aus dem Herkunftsland meiner Figur sollte erst mal reichen. Für mich macht es einen großen Reiz aus, Rollenspiel mit einer anfangs weißen Karte zu spielen. Und der Band gibt dem Spielleiter wahrscheinlich eine Masse Material, um seine Spieler und nicht nur die Spielfiguren zu überraschen. Richtig klasse sind die kleinen Kästen mit harten Fakten zu den einzelnen Ländern. Man kann Bevölkerungsdaten ja ignorieren, wenn einem das zu statistisch ist, aber Haben ist einfach besser als Brauchen. Ob es einen Wettermacher und ein Seereisenkapitel unbedingt gebraucht hätte, aber Haben ...
Das Einzige, was ich mir jetzt spontan noch gewünscht hätte: Irgendwie fehlen mir die nicht spielbaren Menschenähnlichen - die Orks, die Arracht, Riesen, Schrate, Vogel- und Fischmenschen ,(Wölflinge) ... mit jeweils einem kleinen Kapitel, insofern sie auch "kulturschaffend" sind. Vier Seiten über Orks würden ihnen etwas mehr Substanz geben und mehr aus ihnen machen als bloßes Schwertfutter. Aber irgendwas ist ja immer.
So weit ich es gelesen habe, eines der besten Quellenbücher, die Midgard bislang rausgegeben hat. Und ja, es fehlen mindestens vier Lesebändchen, auch wenn das den Ausbruch der Anarchie zu bedeuten hätte.