Der Major setzt sich zu Andras auf den Baum, hört ihm dann aufmerksam zu.
Er ist zunächst sehr schweigsam und zurückhaltend, aber aufmerksam. Ein, zweimal seht ihr den Anflug eines Grinsens über sein Gesicht huschen - einmal, als Andras das erste mal von Wollsäckel spricht und einmal, als er endet und direkt nach einem Sadisten fragt.
Es vergehen ein paar Herzschläge, ehe er antwortet - und er tut dies, wie euch scheint, durchaus bedacht und aufrichtig.
"Habt Dank, Herr Andras, dass Ihr so offen mit mir sprecht, und erlaubt mir diesen Gefallen zu erwidern. Es ist stets erhellend so tiefe Einblicke in die Sichtweisen jener zu erhalten, die außenstehend und eher unbeteiligt sind."
"Lasst mich damit bebinnen euch zu bekennen, dass ihr ein gutes Stück der Geschichte schon selbst erraten oder viel eher: erforscht und erarbeitet habt. Ich habe nur wenige Korrekturen vorzunehmen, ehe ich Euch, wenn Ihr es mir gestattet, einen Rat an die Hand geben will."
"Zunächst einmal habt Ihr natürlich Recht. Die Kinder von Eschenberg, die in den letzten Wochen verschwunden sind, befinden sich in unserer Obhut - und ja, ich wähle dieses Wort durchaus bewusst, denn zu keinem Zeitpunkt waren sie einer Gefahr ausgesetzt, die jene übersteigt, in der sie ohnehin schon schweben, ganz ohne ihr Zutun oder ihr Wissen. Sie befinden sich an einem Ort, der nur wenigen bekannt ist, es wird sich um sie gekümmert und es geht ihnen ausnahmslos gut."
"Um zu erklären, wie es dazu kam, dass wir die Kinder an uns nahmen, muss ich jedoch etwas weiter ausholen. Wie Ihr sicherlich wisst, ist Eschenberg als Teil der Befreiung der nördlichen Gebiete vor etwa zwei Wochen unter das Protektorat des Imperators gestellt worden. Wir haben, wie in solchen Fällen üblich, einen Teil der Einwohner rekrutiert, um unsere weiterziehenden Truppen zu verstärken, den anderen Teil haben wir in ihr normales Leben zurückkehren lassen."
"Womit wir jedoch zunächst nicht gerechnet hatten, war der langanhaltende opportunistische und durchaus starrsinnige Widerstand, der uns nach erfolgreicher Beendigung der Kämpfe entgegenschlug. Fürst Novak, der derzeit offiziell das Kommando über die hier stationierten Truppen und die Verwaltung der Region übernimmt, wurde allein in der ersten Nacht seit Übernahme der Verwaltung dreimal Ziel von Anschlägen auf sein Leben."
"Zunächst hielten wir diese Anschläge für das Werk der Herrin Sibilja, in welchem Fall wir zur Wurzel des Übels vorgegangen wären und sie beseitigt hätten. Die Attentäter konnten uns jedoch glaubhaft versichern, dass alle drei Einzeltäter waren, eigenmotiviert und vorrangig aus Frust, Trotz und Starrsinn handelnd."
"Die Situation drohte also zu eskalieren, und Fürst Novak überlegte sich gut, was er tun konnte, um eine solche Eskalation zu verhindern - denn, seien wir ehrlich: Ein Aufstand der Bevölkerung hätte zwar einen großen Teil der in Eschenberg stationierten Soldaten das Leben gekostet, aber er wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Auslöschung der Bevölkerung und der Brandrodung der Siedlung geendet."
"Niemand von uns wollte das."
(to be continued)