Autor Thema: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?  (Gelesen 2450 mal)

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Tarendor

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In Abenteuerrezensionen und Foren liest man immer wieder, dass Szenarien LINEAR seien.
Was bedeutet das genau, und wie kann man es verhindern?
Dabei geht es nicht darum, jedes Abenteuer zum Sandkasten zu machen sondern um die klassische Abenteuerstruktur.

Wie sehen NICHT-LINEARE klassische Abenteuer und Szenarien aus?

Offline Hotzenplot

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #1 am: 28.08.2019 | 13:52 »
Ich versuche es kurz und knapp:

Ein lineares Abenteuer ist für mich ein Abenteuer, in dem Szenen in einer festgelegten Reihenfolge nacheinander stattfinden. Eine Szene muss mit einem bestimmten Ergebnis, nämlich dem Ausgang zur nächsten Szene (i. d. R. ein sogenannter Flaschenhals), beendet werden. Ein Ausbrechen aus diesem Verfahren ist bei streng linearen Abenteuern nicht möglich und führt unter Umständen zu einem Scheitern des Abenteuers - es funktioniert dann schlicht nicht so wie vorgesehen.

Verhindern kann man das auf verschiedene Weise. Es gibt m. E. zwei Herangehensweisen:
1) Man geht von einer Linearität aus, öffnet aber die Szenen. Man schafft also mehr "Eingänge" und "Ausgänge" der Szenen. Man kann dadurch z. B. von Szene 6 nach Szene 2 gelangen. Außerdem kann man Szenen durch im Abenteuer überhaupt nicht vorgesehene Handlungsweisen erreichen.
2) Man fängt erst gar nicht mit einer linearen Struktur an. Eine Sandbox wäre hier eine Möglichkeit.

Edit:
Noch ein Hinweis: "Wie verhindert man sie" klingt so, als wären lineare Abenteuer per se schlecht. Dieser Meinung bin ich nicht. Es ist eben etwas völlig anderes als ein offenes Abenteuer. Manchmal sind lineare Abenteuer ziemlich nützlich.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 13:55 von Hotzenplot »
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Mein größenwahnsinniges Projekt - Eine DSA-Großkampagne mit einem Haufen alter Abenteuer bis zur Borbaradkampagne:
http://www.tanelorn.net/index.php?topic=91369.msg1896523#msg1896523

Ich habe die G7 in 10 Stunden geleitet! Ich habe Zeugen dafür!

Ich führe meinen Talion von Punin in der Borbaradkampagne im Rollenhörspiel
https://rollenhoerspiel.de/

Offline unicum

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #2 am: 28.08.2019 | 14:45 »
@Tarendor
Schreibst du noch etwas mehr zu deiner Frage?

Für mich ist Lineares Abenteuer ~ Railroading und das Gegenteil dazu ist Sandboxing.

Insofern,... wenn man nicht-lineares Abenteuer haben will muss man imho sandoxing machen.

Klassisches Lineares Abenteuer ist imho ein Reiseabenteuer,... das vielleicht nicht viel mehr als eine Abfolge von Überfällen und Unglücken ist.
Ein Nichtlineares Abenteuer ist vielleicht eher etwas in Richtung Stadtabenteuer wo die Spieler einen Mord aufklären müssen da ist nicht klar an welche Stelle die Spielfiguren zu welcher Zeit kommen, wo sie davor waren und wo sie danach hingehen.

Ansonsten bin ich ziemlich bei Hotzenplots aussagen, SO negativ sehe ich lineare Abenteuer nicht, sie haben durchaus ihre Berechtigung. Sie sind eher etwas für Anfänger zum reinkommen (sowohl als Meister als auch als Spieler) auf Cons ist das Zeit-Management vielleicht etwas leichter und die Anforderungen an die Improvisationskünste des Meisters sind geringer.

Offline Rhylthar

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #3 am: 28.08.2019 | 14:50 »
Zitat
Wie sehen NICHT-LINEARE klassische Abenteuer und Szenarien aus?
Wenn ich es mal im MMORPG-Jargon sagen sollte: Es beginnt mit einem Questhub. Den SC liegen mehrere Angebote vor, sie entscheiden dann, welches sie annehmen und verfolgen wollen. Daraus entwickelt sich das weitere Geschehen.
“Never allow someone to be your priority while allowing yourself to be their option.” - Mark Twain

"Naja, ich halte eher alle FATE-Befürworter für verkappte Chemtrailer, die aufgrund der Kiesowschen Regierung in den 80er/90er Jahren eine Rollenspielverschwörung an allen Ecken wittern und deswegen versuchen, möglichst viele noch rechtzeitig auf den rechten Weg zu bringen."

Für alle, die Probleme mit meinem Nickname haben, hier eine Kopiervorlage: Rhylthar.

Online 1of3

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #4 am: 28.08.2019 | 15:03 »
Um Abwechslung zu schaffen, gibt es verschiedene Methoden:

  • Location-basiert: Dinge passieren, wenn sich die Figuren zu einem Ort begeben. Dungeons funktionieren typischer Weise so, geht aber auch anderenorts. Ziemlich äquivalent funktioniert z.B. auch: "Wenn sie Person XY ansprechen..."

  • Zeitgesteuert: Gewisse Dinge passieren zu bestimmten Zeiten, egal was die Protagonisten gerade tun oder wo sie sind.

  • Multiple Angebote: Statt ein Auftraggeber kommen kurz nacheinander mehrere auf die Gruppe zu. Oder es hängen mehrere Aufträge am Schwarzen Brett aus oder sie schnappen mehrere Gerüchte auf etc.

  • Zufällig: Unter bestimmten Bedingungen, z.B. bei jeder Rast / jedes mal bei Sonnenaufgang / einmal im Monat / wenn die Handlung hängt, wird eine Zufallstabelle konsultiert und dann passiert was.

  • Durch Probe freigeschaltet: Gewisse Dinge, also z.B. Geheimgänge, werden nur offenbar, wenn eine gewisse Probe geschafft wird. Funktioniert nur für "optionale" Anteile.


    Sogenannte Sandboxen sind häufig nur Kombinationen dieser Maßnahmen. Natürlich hilft es auch, wenn die Dinge jeweils für sich interessant sind. Also wenn die einzelnen NSCs Motive und Persönlichkeit haben. Wenn die Magic Items nach einer gewissen Logik funktionieren usw. Wenn die Dinge also in solcher Weise plastisch sind, dann kommen die Leute von ganz allein auf Ideen.

    Und natürlich kann man sie auch einfach nach Sachen fragen, gern auch pointiert.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 15:36 von 1of3 »

Offline Chaos

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #5 am: 28.08.2019 | 15:03 »
Für mich ist Lineares Abenteuer ~ Railroading und das Gegenteil dazu ist Sandboxing.

Nicht so wirklich (IMHO wenigstens)

Bloß weil man nicht ge-railroadet wird, ist es noch lange keine Sandbox.

"Jemand wurde ermordet, und ihr müsst den Fall lösen" ist ein "normales (also nicht-Sandbox) Abenteuer, das linear gestaltet sein kann, oder auch nicht. Ob es linear ist oder nicht, entscheidet sich z.B. daran, ob die Hinweise und Indizien zwingend in einer bestimmtes Reihenfolge abzuarbeiten sind, oder ob das Abenteuer bestimmte Entscheidungen oder Erkenntnisse zwingend voraussetzt, damit es weitergehen kann. Wenn die Gruppe z.B. immer nur genug Anhaltspunkte für einen bestimmten Untersuchungsansatz - einen Verdächtigen zu verhören, ein Beweisstück zu untersuchen etc - hat, ist es Railroad. Aber solange ich den Mord untersuchen MUSS, bevor es weitergeht, auch wenn es da keine genauen Vorgaben gibt, wie oder in welche Reihenfolge, ist es noch keine Sandbox.

"Hier in der Gegend gibt es Einiges zu erledigen, unter anderem ist da ein ungelöster Mordfall. Reizt euch irgendetwas davon, oder reist ihr doch lieber weiter?" ist dann schon eher eine Sandbox.
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Offline Crimson King

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #6 am: 28.08.2019 | 15:14 »
Als lineares Abenteuer würde ich eines bezeichnen, dessen Szenen/Inhalte ausschließlich in der vorgegebenen Reihenfolge durchlaufen werden können. Dabei ist ein lineares Abenteuer nicht notwendigerweise komplettes Railroading und kann durchaus ergebnisoffen sein. So kann das Ergebnis einer Szene durchaus Einfluss auf Folgeszenen und den Ausgang des Abenteuers haben. Nur die Reihenfolge der Szenen kann nicht geändert werden.

Das Gegenstück wären meines Erachtens offene Abenteuer, die ausgehend von einer wohldefinierten Startsituation durch die Entscheidungen der Spieler und die Reaktionen der Spielwelt Handlung erspielt wird.
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Offline Issi

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #7 am: 28.08.2019 | 15:16 »
In Abenteuerrezensionen und Foren liest man immer wieder, dass Szenarien LINEAR seien.
Was bedeutet das genau, und wie kann man es verhindern?
Dabei geht es nicht darum, jedes Abenteuer zum Sandkasten zu machen sondern um die klassische Abenteuerstruktur.

Wie sehen NICHT-LINEARE klassische Abenteuer und Szenarien aus?
A. Ein Lineares Abenteuer ist wie ein Drehbuch oder ein Roman geschrieben : Szene für Szene. Was nacheinander  passiert , ist festgelegt, und kann/ darf idR. auch nicht verändert werden.
Die Figuren sind darin Marionetten,  die die einzelnen Stationen ablaufen müssen.

Wie bei einer Schnitzeljagd geht es von Station zu Station.

B. Ein Ergebnis-offenes Abenteuer arbeitet dagegen mit "dem Plan des Bösen."
D. h. es gibt einen Plan, was passiert, wenn die Figuren nicht eingreifen. Ein sogenanntes Worst Case Szenario.
Wenn sie aber eingreifen, kann sich alles noch zum Guten wenden oder die Pläne zunichte machen.

 Bei B haben die Spieler größeren Einfluss auf die Geschichte, als bei A.
Bei B ist das Abenteuer auch nicht wie ein Roman aufgebaut.
Es gibt NSC, ihre Motivationen, und was sie vorhaben. Die Figuren können aber größtenteils frei entscheiden : Wann, wie wo und ob sie in die Geschichte eingreifen.

Edit.
Wie verhindert man sie?
Bei einem Kaufabenteuer, das linear aufgebaut ist? Am besten nicht spielen.
(Ansonsten müsste man es umschreiben )

Bei einem Abenteuer, das man selbst schreibt?
1. Baue NSC (gib ihnen Motivationen, gib ihnen einen Plan)
2. Überlege dir, was Schreckliches passieren würde, wenn die Helden nicht eingreifen. (Darin steckt die Dramatik )
3. Setze dir einen Zeitplan, was unabhängig von den Helden, wann passiert.
(Die Ereignisse sollten die Dramatik stückchenweise ansteigen lassen).
4. Lasse das Ende offen. Du kannst nicht wissen, was die Figuren tun werden.
5. Baue im richtigen Verhältnis  Hilfsmittel und Hindernisse ein. Es soll schaffbar sein, aber auch nicht zu leicht.
6.Überlege dir, was die Helden an diesen Auftrag bindet. Sorge dafür, dass sie dem Abenteuer nicht davonlaufen können.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 16:49 von Issi »

Offline Alexandro

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #8 am: 28.08.2019 | 15:23 »
A. Ein Lineares Abenteuer ist wie ein Drehbuch oder ein Roman geschrieben : Szene für Szene. Was nacheinander  passiert , ist festgelegt, und kann/ darf idR. auch nicht verändert werden.
Die Figuren sind darin Marionetten,  die die einzelnen Stationen ablaufen müssen.
Wie bei einer Schnitzeljagd geht es von Station zu Station.

Das ist so nicht richtig. Es gibt einige Abenteuer die so geschrieben sind, bei denen aber durchaus Reihenfolge und Ausgang der Szenen verändert werden kann, ohne dass das Abenteuer nicht mehr funktioniert. Z.B. Reiseabenteuer, bei denen erst der Banditenüberfall, dann die wilden Tiere und dann die Feenwesen beschrieben werden, es aber nichts ausmacht, wenn man deren Reihenfolge ändert oder einzelne ganz weglässt.

Linear =! Railroading.
Wer beim Rollenspiel eine Excel-Tabelle verwendet, der hat die Kontrolle über sein Leben verloren.

Offline Crimson King

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #9 am: 28.08.2019 | 15:24 »
Es gibt keinen grundsätzlichen Widerspruch zwischen Linearität und Ergebnisoffenheit, es sei denn man definiert Linearität auf die Gesamtheit aller Handlungsdetails bezogen und nicht nur auf die Reihenfolge der Szenen bzw. Handlungsorte und -elemente.

Beispiel: wir nehmen einen Dungeon mit drei hintereinander angeordneten Räumen. In Raum 3 ist der Boss. In Raum 1 und 2 kann man jeweils wichtige Hinweise oder Gegenstände finden, um den Boss besiegen zu können. Je mehr man findet, umso leichter wird der Endkampf. Das Abenteuer ist vollkommen linear, aber für jeden der Räume wie auch für das Finale ist das Ergebnis offen.

Man kann natürlich lineare Abenteuer so definieren, dass man Raum 1 und 2 erst verlassen kann, wenn man alle Hinweise und Gegenstände gefunden hat, und der Boss in Raum 3 dann automatisch besiegt wird. Die Definition erscheint mir aber intuitiv als unpassend.
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Offline Issi

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #10 am: 28.08.2019 | 15:30 »
Das ist so nicht richtig. Es gibt einige Abenteuer die so geschrieben sind, bei denen aber durchaus Reihenfolge und Ausgang der Szenen verändert werden kann, ohne dass das Abenteuer nicht mehr funktioniert. Z.B. Reiseabenteuer, bei denen erst der Banditenüberfall, dann die wilden Tiere und dann die Feenwesen beschrieben werden, es aber nichts ausmacht, wenn man deren Reihenfolge ändert oder einzelne ganz weglässt.

Linear =! Railroading.
Ich habe hier ja extra wie verlangt Prototypen bzw. Extreme beschrieben.
Natürlich gibt es auch Abstufungen dazwischen.

Edit. Ich kann Abstufungen, Vermischungen nicht erklären, ohne vorher mal die Extreme beschrieben zu haben.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 15:32 von Issi »

Offline Wonko

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #11 am: 28.08.2019 | 15:31 »
Nein, linear und Sandbox und Railroading haben miteinander zu tun, sind aber weitgehend voneinander unabhängig. Ich kann zum Beispiel eine Sandbox konstruieren, die aus lauter linearen Abenteuern besteht. Wenn die einzelnen Abenteuer nichts miteinander zu tun haben, bekommt man gewissermaßen einen Stern und die Erfahrung wird sich kaum von einer linearen Kampagne unterscheiden.

Apropos, die Frage ging nach linearen Abenteuern und nicht nach linearen Kampagnen. Unter einem Abenteuer verstehe ich ein in sich abgeschlossenes Szenario, während eine Kampagne aus mehreren Abenteuern besteht. Ein Beispiel für ein klassisches lineares Abenteuer ist ein lineares Dungeon: Raum A führt zu Raum B, der zu Raum C und so weiter. Das geht natürlich auch weniger physisch: Szene A enthält Hinweise auf Szene B, die auf C und so weiter. Wenn es keine Abkürzungen, Geheimgänge oder Teleportation von A nach C gibt, gibt es schlicht und einfach keinen anderen Weg. Der Vorteil von linearen Abenteuern ist natürlich ihre Planbarkeit. Der Designer weiß ziemlich genau, was alles passiert ist, wenn die Spieler bei C sind, deshalb kann er C perfekt darauf abstimmen. Der Nachteil ist die beschränkte Handlungsfreiheit. Die Spieler haben, nachdem B erledigt ist nur die Wahl nach C zu gehen oder das Abenteuer abzubrechen. Keine Wahlmöglichkeit bedeutet für viele keine Spannung.

Ein nichtlineares Abenteuer zu designen ist herausfordernder, kann aber auch befriedigender sein. Im klassischen Dungeon würde man Alternativpfade, Abkürzungen, Fallgruben schaffen. Wie das geht beschreibt die Artikelserie Jaquaying the Dungeon.

Allgemeine Szenarien kann man zum Beispiel entwerfen, indem eine gewisse Art von Struktur aufbaut: Node-based scenario design

Es gibt auch Werkzeuge - teilweise die gleichen - um nicht-lineare Kampagnen zu bauen. Aber deren Ausgang hängt fast immer stark von den Handlungen und Motivationen der Spieler ab. Deshalb gibt es in der Richtung auch kaum veröffentlichte Produkte.

Offline unicum

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #12 am: 28.08.2019 | 15:49 »
"Hier in der Gegend gibt es Einiges zu erledigen, unter anderem ist da ein ungelöster Mordfall. Reizt euch irgendetwas davon, oder reist ihr doch lieber weiter?" ist dann schon eher eine Sandbox.

Ja,... ich war in an der Stelle schon einen Schritt weiter - da ist die entscheidung den Mordfall zu untersuchen schon gefallen.

Auch in einer Sandbox laufen manche dinge linear ab. Also der Bäcker steht um 2 Uhr auf und um 6 Uhr gibts brötchen,... ein sehr linearer Vorgang aber ohne ihn würden die Leute in der Sandbox keine Brötchen haben.

Und natürlich kann man zwischen verschieden Dingen springen,... also mitten im Railroading-Style Abenteuer aus dem Zug springen - das kann natürlich fatal sein. Ein sprung aus einem fahrenden Zug ist ja immer gefährlich  >;D (*) aber vieleicht fällt man ja in weichen Sand  :)

(*) Ungefähr selbiges habe ich auch mal wirklich gesehen, SL kommt im Spieleverein an und geht die Treppe runter zu seinen Spielern,... eine Stunde später kommt er wieder hoch und meint "Jezt sind sie am Abenteuer vorbeigelaufen." Als er hinausgegangen war konnten sich einige der anwesenden im Erdgeschoss die diese Worte gehört haben (incluive mir) ein Lachen nicht verkneifen.

Offline Issi

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #13 am: 28.08.2019 | 16:13 »
Zu den Mischformen:
Ich hoffe der OP wird dadurch nicht verwirrt.

Innerhalb eines Schienenabenteuers (Mit gesetztem Anfang und Ende), kann es auch Sandboxige Elemente geben. Vielleicht sind die Helden z. B an einem Ort, an dem es, für einen gewissen  Zeitraum völlig egal ist, was sie als nächstes tun oder nicht tun.
Sie können sich dort relativ frei bewegen, bevor es dann zurück auf die Schienen geht.

Oder es gibt eine Schnitzeljagd innerhalb einer Sandbox. Wo dann Stationen nach und nach abgeklappert werden müssen u. Ä.


Was vielleicht ein wichtiger Unterschied ist:
In einem Ergebnisoffenen Abenteuer hat der Bösewicht am Ende keinen Text, den er aufsagt.  Es gibt keine Endszene, die genauso passieren muss. Und es wird dem SL auch nicht aufgetragen, die Helden am Ende genau dort hinzubekommen.

Eine Sandbox innerhalb eines Plots ist idR. örtlich begrenzt. Also es gibt einen Raum in dem sich die Abenteuerer frei bewegen können. Völlig egal wo sie hingehen, ist es innerhalb eines Plots zumindest nicht.
Damit die Helden ihm nicht davonlaufen können, sind sie in irgendeiner Form an diesen Ort gebunden.

Beispiel: Ein Dungeon aus dem man so schnell nicht rauskommt, ein Ort oder ein Gebäude in Abgeschiedenheit, ein Piratenschiff auf offener See, ein wichtiger Auftrag/ Verpflichtung /Not, damit die Helden an den Ort gebunden sind. 


In der Extremform des Linearen Plots, spielen die Spieler Figuren in der Geschichte des Autors. Sie ist praktisch schon abgedreht. Einflussmöglichkeiten gibt es kaum oder nur scheinbar.

Bei einem Ergebnisoffenen Plot, werden die Helden in ein Szenerio mit eingebauter Dramatik gesteckt, und man schaut zu wie sich das ganze entwickelt. Wie es sich entwickelt, und wie es ausgeht, hängt von den Taten und Entscheidungen der  Helden ab.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 16:32 von Issi »

Online nobody@home

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #14 am: 28.08.2019 | 17:04 »
Ein "lineares" Abenteuer ist aus meiner Sicht eins, in dem die Szenenabfolge weitgehend oder komplett fest vorgegeben ist. (Sehr kurzes Beispiel: "Erst kommt der Überfall auf das Museum, dann die Verfolgungsjagd dem Zeppelin des Schurken hinterher, und erst am Schluß der große Showdown bei den Pyramiden.") Was sich innerhalb der Szenen selber abspielt und wie die Spielleitung die Übergänge bewerkstelligt, kann dabei flexibel sein; nur der (zumindest gewollte) Ablauf des Abenteuers als Ganzes liegt von vornherein schon fest.

Das ist nun nicht zwangsläufig eine "objektiv schlechte" Art, an Abenteuerdesign heranzugehen (auch wenn man's natürlich wie jeden Ansatz dazu gründlich vermasseln kann). Während der Planungsphase nicht über alle möglichen Alternativabläufe nachzudenken, kann potentiell einiges an unnötiger Anstrengung ersparen -- schließlich werden die Spieler und ihre Charaktere das Abenteuer vermutlich eh nur einmal durchspielen, warum also für ein Dutzend denkbare Szenarien Vorbereitungen treffen, wenn am Ende doch nur eins jemals tatsächlich eintritt? --, und das nötige Material für ein lineares Abenteuer läßt sich auch recht einfach und intuitiv in der vorgesehenen Reihenfolge organisieren, so daß man sich dann im Verlauf der Sitzung idealerweise nur noch von vorne nach hinten durcharbeiten muß. Die Hauptnachteile bestehen wie bei so ziemlich jeder Art von halbwegs fester Vorgabe darin, daß Spieleraktionen, die den angedachten Plan auf die eine oder andere unvorhergesehene Weise zwangsläufig über den Haufen werfen, die SL dann während der Sitzung selbst zu sehr plötzlichem Improvisieren zwingen können, und daß natürlich Spieler, die den Braten riechen und nicht mitmachen wollen, sich möglicherweise mal wieder mehr oder weniger lautstark über "Railroading" beschweren.

Offline Lord Verminaard

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #15 am: 28.08.2019 | 17:25 »
Man muss ja unterscheiden zwischen einem linear aufgeschriebenen Abenteuer, und einem linear geleiteten Abenteuer.

Ein Abenteuer als eine Abfolge von Ereignissen aufzuschreiben, ist zunächst mal nicht falsch. Es ist vielleicht manchmal, gerade bei Kaufabenteuern, ärgerlich und unzureichend, aber für den Hausgebrauch oftmals das Einfachste. Es spricht nichts dagegen, die Handlung des Abenteuers einmal vorher durchzuplanen und zu schauen, ob es irgendwelche Sollbruchstellen oder Widersprüche gibt, wo man den Hintergrund noch mal nachjustieren sollte, bevor man startet.

Ein Problem wird daraus erst, wenn das linear aufgeschriebene Abenteuer so (über-)konstruiert ist, dass es überhaupt nur funktioniert, wenn jede der Szenen auch genau so wie geplant und genau in der Reihenfolge wie geplant passiert. Denn dann sieht sich der SL genötigt, eben dafür zu sorgen, dass die Szenen genau so wie geplant passieren. Viel besser ist es, wenn der SL in der Lage ist, die Reihenfolge umzustellen, einzelne Szenen wegzulassen, andere zu improvisieren wo benötigt, oder auch einen unerwarteten Ausgang einer Szene so in das Abenteuer einzuweben, dass die grobe Richtung trotzdem noch passt. Worauf man achten sollte:

  • Der Plot sollte durch Kräfte angetrieben werden, die bereits in der Ausgangssituation angelegt sind. Also nicht es passiert A, B und C und deshalb eskaliert dann alles. Sondern die Eskalation war eigentlich von Anfang an unausweichlich, es war nur die Frage, wann und wie es passiert, z.B. durch A, B und C.
  • Coole Schauplätze und Schlüsselszenen sollten so angelegt sein, dass es einfach von Anfang an einen richtig guten Grund für die Charakter gibt, dorthin zu gehen. Es gibt dort und nur dort einen Gegenstand, eine Person oder eine Information, die von entscheidender Bedeutung ist. Und nicht, der Gegenstand ist ursprünglich wo ganz anders und dann kriegen sie ihn aber nicht und die Bösen gehen dann zu dem anderen Ort und da kriegen sie die Bösen wieder nicht und dann kommt es endlich zu der Schlüsselszene.
  • Die SCs sollten nicht die einzige Partei sein, die agiert. Der Bösewicht oder vielleicht auch andere Beteiligte tun ebenfalls Dinge, und dadurch werden die SCs, selbst wenn sie sich nicht an das Skript halten, früher oder später wieder auf den Plot gestoßen. Motivation und Ziele sind hier sehr wichtig, übrigens auch die Motivation der SCs, wenn diese gut durchdacht ist, flutscht der Plot auch gleich viel besser.
  • Richtige Flaschenhälse, durch die der Plot einfach durch muss, sollten möglichst vermieden werden, erfahrungsgemäß ist es aber bei einem szenischen / plot-getriebenen Aufbau schwer, auf Flaschenhälse gänzlich zu verzichten. Hier gilt: Transparent damit umgehen. Den Flaschenhals nicht als etwas anderes verkaufen, als er ist. Spieler nicht für dumm verkaufen. Lieber kurz und schmerzlos abhandeln und dann weiter im Plot.

Das mal so aus der Hüfte geschossen.
« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 17:30 von Lord Verminaard »
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Offline Issi

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #16 am: 28.08.2019 | 18:38 »
  • Richtige Flaschenhälse, durch die der Plot einfach durch muss, sollten möglichst vermieden werden, erfahrungsgemäß ist es aber bei einem szenischen / plot-getriebenen Aufbau schwer, auf Flaschenhälse gänzlich zu verzichten.
Flaschenhälse sind mMn.  nicht perse böse.
Ich würde sagen es gibt nur schlecht gemachte und gut gemachte.
Wenn man einen braucht, dann lieber nicht kleckern sondern klotzen.
Scheinbare Entscheidungsmöglichkeiten werden gefühlt mehr als Verarsche aufgenommenen, als wenn es schlicht keine gibt.

Beispiel: Wenn es vorgesehen ist, dass die Helden an einen bestimmten Ort gelangen, dann wird es idR. besser aufgenommen, wenn:
 A.  dieser Ort die einzig mögliche und oder sinnvolle Option ist. Weil... die Helden dort z. B. vor einer akuten Gefahr Schutz suchen. Oder es andere, dringliche Gründe gibt, die nichts anderes zulassen.

B. Statt, dass sie, wenn sie nicht dorthin laufen, immer in einer Sackgasse landen.
Oder immer wieder eins vor den Latz geknallt kriegen.*
In dem Fall führt die Illusion, dass die Spieler eine Wahl hätten, nämlich uU. immer wieder zu unnötiger "Bestrafung."

Edit.
*
Das Gefühl in so einer Situation zwangssgeschient zu werden, entsteht vor Allem bei B.
Also Situationen wo den Spielern nicht plausibel und annehmbar genug verkauft wird, dass ihre Figuren (zumindest in dieser Situation ) keine Wahl haben.

Je mehr man versucht, keinen Flaschenhals erkennen zu lassen, indem man scheinbare Entscheidungsmöglichkeiten zulässt, desto schlimmer kann es werden.
Dann doch lieber plausibel verkaufen, warum es keine gibt.


« Letzte Änderung: 28.08.2019 | 19:05 von Issi »

Offline tartex

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #17 am: 28.08.2019 | 19:05 »
Wie sehen NICHT-LINEARE klassische Abenteuer und Szenarien aus?

Ganz klassisch ist ein Dungeon als nichtlineares Abenteuer. Oder jedes locationbasierte Abenteuer. Alles, wo eine Karte im Mittelpunkt steht. Überland oder nicht.

Ein Dungeon kann zwar auch linear sein, wenn man einfach von Raum zu Raum gescheucht wird, aber das ist dann schon nicht mehr so klassisch.
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Offline Caranthir

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #18 am: 28.08.2019 | 19:13 »
Lineare Abenteuer haben einen festgelegten Anfang, einen fest vorgegeben Lösungsweg und ein vorher definiertes Ende. Wenn Rezensenten von "lineraren Abenteuern" schreiben, meinen sie aber meist Abstufungen dieser harten Definition.

Wie man das umgehen kann, ist einfach: Die Ausgangslage lässt sich je nach Interessen der Spieler und deren Charaktere variieren. Darunter fällt auch der Grund, weshalb die Charaktere überhaupt aufspringen sollten. Und dann gibt es eben nicht nur den einen Lösungsweg, sondern den Abenteurern eröffnen sich verschiedene Möglichkeiten, die sie auf unterschiedliche Art angehen können. Je nach Lösungsweg ergeben sich vielleicht auch weitere Szenen. Die Ereignisse im Abenteuer beeinflussen dann den Ausgang des Ganzen.
Lese: Fate of Cthulhu, Fate Horror Toolkit, Dragon Age RPG, The Expanse RPG

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Offline felixs

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #19 am: 28.08.2019 | 19:25 »
wie kann man es verhindern?

Wie man kann, ist an vielen Stellen beschrieben.

Ob man muss, ist eine andere Frage. Meiner Meinung nach muss man gar nicht.
Gut gemachte lineare Abenteuer sind mir lieber als schlechte oder mittelmäßige Sandkästen oder offene Abenteuer.

Sowohl als Spielleiter als auch als Spielleiter habe ich nichts gegen Abenteuer mit einer Struktur, die einer klaren Abfolge folgt. Muss man dann halt vorher klären und ggfs. während des Spiels nochmal klar kommunizieren. ("Entweder wir spielen das jetzt so, oder es wird nicht funktionieren. Die Geschichte ist gut. Wenn ihr das nicht wollt, können wir was anderes spielen und jemand anderes leitet." Oder so.)
Viele Szenarien funktionieren nur so. Und für den Spielleiter ist es erheblich weniger Aufwand.
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Offline Vasant

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Re: Was sind lineare Abenteuer und wie verhindert man sie?
« Antwort #20 am: 30.08.2019 | 13:12 »
John Arcadian hat mal etwas zur Island Design Theory geschrieben. Die soll bei der Vermeidung von linearen Abenteuern helfen. Möglicherweise ist das für dich interessant.
Den Essay gibt's auch – in überarbeitet und ausführlicher, wenn ich mich recht entsinne – in Unframed.