Wir haben ja schon mal drüber gesprochen. Ich schreib trotzdem mal was dazu.
Ich denke, die Rolle der Spielleitung hängt auch ganz stark mit der Gruppendynamik und anderen Faktoren zusammen. Wie verhalten sich die Spielenden, wie ist die Beziehung der Spielenden untereinander und zur Spielleitung. Wie sind die Einstellung und der Zugang der Spielenden (inkl. SL) zu ihren Figuren, zum Setting, zum Regelwerk...
Ich selbst erlebe als Spielleiter da ganz Unterschiedliches.
Ich als SL habe es am Liebsten so, wie in dem
Werner Fussballspiel. Am Anfang des Abends den Ball ins Spiel bringen und sich dann entspannt zurücklehnen, die Show genießen und kommentieren. Yep, ich bin gerne Fan meiner Spielenden und derer Spielerfiguren.
Aber dafür müssen die eben auch ein bisschen was liefern. Man kann schlicht kein Fan von Langweilern sein. Dazu gehört, dass die Spielenden aktiv werden, aber auch, dass sie für ihre Spielendenfigur Rückschläge in Kauf nehmen und Vertrauen zur SL haben, dass sie die Figuren nicht über Gebühr misshandelt. Wie sehr hängt natürlich vom Setting, Genre und Stimmung ab, klar. Man braucht da entweder vorher einen Konsens oder der entwickelt sich im Spiel, wenn die Beteiligten empathisch sind und einfach "zueinander passen".
Und - mir ganz wichtig - ich brauche Zuverlässigkeit beim Ausspielen der Spielendenfiguren. Was man so über Aktionen von Spielendenfiguren hört und wie sehr die Spielenden deren Verhalten variieren ist mitunter erschreckend. Wenn die SL ihre Figuren so variabel handhaben würde wäre der Teufel los! Daher nehme ich mir als SL auch heraus, bei krassen Abweichungen vom Charakter der Spielfigur nachzuhaken und ggf. an das vereinbarte Konzept zu erinnern. In letzter Instanz ist es natürlich den Spielenden überlassen. Aber - überspitzt formuliert - Spaß macht es mir langfristig nicht, einen Haufen opportunistischer, moralisch mäandernder Wendehälse zu spielleiten. Solche Spieler habe ich allerdings auch fast nie.
Ich merke übrigens in letzter Zeit zunehmend, dass die neue Generation von Spielenden viel mehr dazu tendiert, sich aktiv am Setting zu beteiligen und das zu improvisieren. Mein Eindruck ist, dass das früher anders war, dass Spieler wenn sie etwas zum Setting beitrugen mehr so ihre Hintergrundgeschichte in das Setting einbanden und das ganze im Voraus und mit einigem Einlesen und Vorbereitung taten. Heute entsteht das oft ganz spontan am Spieltisch. Wow! Chapeau!
Was das Setting und Plot angeht, da habe ich tatsächlich meist ziemlich die Autorität. Aber nicht erzwungener maßen, sondern ganz natürlich. Ich kenne mich darin meist einfach am besten aus. Beides passe ich tendenziell an die Spielenden an, den Plot dabei deutlich lieber als das Setting. Ich sehe das Setting als den Rahmen, in dem wir alle uns bewegen.
Was die anderen Runden angeht, in denen ich manchmal als Spieler unterwegs bin - auch da ist es ganz unterschiedlich. Ich hab grad ein improvisiertes Monster of the Week Szenario mit PbtA gespielt, das mir sehr gut gefallen hat und wo wir sehr viele Freiheiten hatten. Ich habe aber auch schon MYZ gespielt, wo es mir überhaupt nicht passte, wie sich meine Figur (durch die Regeln vorgegeben?) entwickelte. Und ich spiele gerade DSA (
), wo es - je nach Spielleiter - deutlichere Hierarchien und mehr Vorgaben für Spielende gibt - nicht nur vom Setting her, sondern auch vom Plot und vom Charakter her. Ganz große Ausreißer sind da ncoh nicht vorgekommen, wären aber für mich ein Grund, die Runde zu verlassen. Unser Delta Green Abenteuer wird von unserer alteingesessenen HEX Runde gespielt und läuft wie immer geschmiert. Wir sind da so sehr aufeinander eingeschossen, dass ich gar nicht sagen könnte, wo da die Autorität des Spielleiters aufhört und die der Spielenden beginnt. Ich mag den Synergie-Effekt beim Rollenspiel.