Welche Vorteile erlebt ihr, bzw. erkennt ihr bei so langen Spielrunden?
Welche Nachteile gehen damit einher? Oder anders formuliert: können damit einhergehen?
Habt/Hattet ihr solche Runden? Wie sind eure Erlebnisse?
Meine "Bubenrunde" existiert in der aktuellen Zusammensetzung seit 2004. Sie ist seither eine reine Schulfreundschaftsrunde (Moment, stimmt nicht ganz! Siehe unten), vorher gab es auch "Neig'schmecktes". Die meisten kenne ich seit etwa 1990 (da war ich 16), mit zwei von den beiden habe ich seit 1995 fünf Jahre lang die G7 gespielt. Wir sind eigtl eine Cthulhurunde, machen aber dann und wann einen Abstecher. Folgende Personalien hatten wir seit 2004 (nicht):
1. 2005? Mein Versuch, meine damalige, wie heutige Herzensdame mit in die Runde zu bekommen, wird abgeschmettert. Begründung: "Wir sollten eine reine Männerrunde bleiben. Wenn eine Frau am Tisch ist, können wir nicht mehr nach Belieben rülpsen und furzen." Konsequenz: Ich furze seither wie bekloppt und mit großer Wonne.
Und gegen meine Begründung kann nichts eingewandt werden: "Hey, sorry, keine Mädchen!". Im Nachhinein bin ich über die ablehnende Haltung meiner Buben nicht unglücklich. Weil sich das Leben von Herzensdame und mir schlicht verkompliziert hat (Kinder und so), was ein Problem sein kann, wenn beide Teil der Runde sind, und wohl auch, weil ... aber seht unten bei Personalie 3.
2. Zwischenzeitlich spielte ein anderer Schulfreund von uns (den kenne ich seit 1984) mit, der stieg dann aber wieder aus. Er war für unsere Runde zu sensibel. Weil wir uns gern auf den Arm nehmen, eine Spitze, die auf der Zunge liegt, auch aussprechen. (Nebenbei: Der Uli Lindner kann das ganz gut. Wenn man seine Art kennt, dann kann man sich uns auch ganz gut vorstellen.
) Ich mag das sehr gern, und die Sache zeigt eigtl nur, wie gern wir uns mögen. Weil wir uns trotzdem mögen.
Aber jenes "sechste Rad am Wagen" nahm die Dinge im negativen Sinn persönlich, hatte Schwierigkeiten zu erkennen, dass das einfach der Rundenhabitus ist, nichts Persönliches. Ich spiele seither manchmal zu anderen Gelegenheiten mit ihm. (Bei mir ist ihm auch zweifelsfrei klar, dass ich ein echt Netter bin, der einfach oft Scheiße redet.)
3. Seit fünf Jahren haben wir ein neues sechstes Rad am Wagen, weil einer der Spieler den Menschen (alle anderen kannten ihn vom Live-Rollenspiel - ein Hobby, das der Rest meiner Bubenrunde gemeinsam teilt) mit Nachdruck in die Gruppe gebracht hat. Ich mag ihn sehr gern, aber ich sehe auch, dass er (mE) noch immer nicht wirklich Fuß gefasst hat in der Runde. Der Akzeptanzgrad ist nicht bei allen Beteiligten voll gegeben, was man an diversen Details bemerken kann, wenn man aufmerksam ist, was aber - denn, auch wenn es nicht glaubt, wir sind auch echt manchmal zu nett zueinander
- nie auf den Tisch gekommen ist. Manchmal denke ich, dass man das ansprechen müsste, und dass er aufgrund der besonderen Konstellation einfach nicht in die Runde passt. Andererseits habe ich selbst rein gar keine Probleme und will daher auch nicht der sein, der in seinen Augen derjenige ist, der gegen ihn interagiert.
Zur Organisation: Wir sind mittlerweile über ganz Deutschland verteilt: Drei in Südwestdeutschland, einer in Rot-Bayern, einer in Hamburg, einer in Berlin. In der Regel treffen wir uns alle 14 Tage abends online sowie zwei bis drei Mal im Jahr übers Wochenende in einer angestammten Ferienwohnung.
Bei uns herrscht kein Stillstand, es gab stets irgendeine Entwicklung. (Nur das frauenbefreite Furzen, insbesondere durch mich, ist eine Konstante.) Natürlich wird bemerkt, dass jeder so seine Schwerpunkte, Vorlieben, Stärken und Schwächen hat, und es gibt gewisse Vektoren, die daraus entstehen und leicht zu Festschreibungen führen könnten. Aber wir lassen das Experimentieren ganz bewusst zu.
Die Nutzung moderner Medien am Tisch musste gemeinsam gefunden werden. (Nur beim Abspielen von Musik sind die echt ein Fall frei von Hoffnung!
Plötzlich probieren wieder drei Leute gleichzeitig, das nächste "absolut passende" Stück auf den Bluetooth-Lautsprecher zu bringen! Das ist (meistens) so ulkig. Wenn es nach mir ginge, würden wir übrigens gar keine Hintergrundbeschallung haben, aber ich stehe mit diesem Asketismus allein im Erdloch.)
Meiner Meinung nach befinden sich nicht alle Beteiligten auf demselben Niveau der bewussten Durchdringung des Hobbies. Es wurde aber schon bemerkt, dass wir durchaus unterschiedliche Vorlieben haben, also Einstellungen dazu, wie Rollenspiel aussehen muss. Sehr positiv dabei ist, dass es einen gewissen Raum für Flexibilität gibt. Jeder weiß jetzt zB, dass ich anders leite und anderes Verhalten der Spieler "fördere" (fordere?), als ich es an den Tag lege, wenn ich als Spieler auftrete (weil ich mich dann durchaus graduell den Vorlieben des SL anpasse.)
Nachteile:
# Wir sind nur sehr bedingt kompatibel zu anderen Spielern.
# Trotz einer gewissen Toleranz spielt man - oder ich - nicht unbedingt das Rollenspiel, welches man sich in seinen Träumen ausmalt.
Vorteile der Langjährigkeit konkret unserer Runde sind:
# Wir sind sehr, sehr stabil.
# Wir wissen, was wir an einander haben.
# Die "Bubenrunde" hält alle Beteiligten zusammen.
Zum letztgenannten Vorteil möchte ich noch etwas ergänzen. Er ist der Grund, weshalb "qualitative" Abstriche in der Ausführung des Hobbies für mich nicht ins Gewicht fallen. Ich hatte abseits vom Rollenspiel schon etwa 2004 gemerkt, dass eine verbindende Tätigkeit Wunder vollbringen kann, die jeder gute Vorsatz und jede noch so innige vormalige Verbindung allein nicht vollbringen können. So spiele ich zB ganz bewusst mit einigen Leuten von einst Ego-Shooter, ganz früher per LAN, aber das wurde zu umständlich und die Internetverbindung immer besser. Zombies metzeln im Coop-Modus zB. Banken ausrauben im Coop-Modus. Was auch immer, und eigtl immer im Coop. Und unser aller Rollenspiel ist eigtl auch eine wilde Was-auch-immer im Coop-Modus. Darüber erlebe ich mich seit fast 20 Jahren mit einigen meiner ältesten Freunde in einer gemeinsamen, abgegrenzten, kooperativen Umgebung wieder. Die leichte und routinierte Wiederherstellbarkeit und die Option, sich dabei auch über alles andere austauschen zu können, haben mir mE viele alte Freundschaften bewahrt. Und das zählt für mich so viel mehr als irgendwelche Dellen in der Haube: zB ob ein Freund, der zu Schulzeiten rundheraus der bessere "Gamer" war, heutzutage ein ganz liderlicher Causal ist, den man ständig vor Zombies aus leichtfertig herbeigeführten Situationen retten muss. Oder ob der eine Bube als Spielleiter immer wieder die Gefühle und Gedanken der SC beschreibt. Oder ob der nächste Spieler wieder das Mantra bringt "Wir reisen stets in Plotgeschwindigkeit!" (er ist eben der Dramaturg und denkt in Kurven). Oder ob der eine mich (Spieler) so oft unterbricht, wenn ich mal wieder zu bedächtig rede (weil er denkt, dass mein SC jetzt eigtl das und dies sagen müsse). Oder wenn schon wieder die Diskussion und Auswahl der Musik nicht nur einen, sondern zwei, nein drei Spieler beschäftigt. Oder wenn man mich als Spielleiter schon wieder nicht aussprechen lässt (weil der einzige SL, der SC eiskalt über die Klinge springen lässt, offensichtlich der mit den Abenteuern mit dem höchsten Quatschfaktor ist). Denn es ist trotzdem ein Quell der Freude. Und es erhält mir
aktive Freundschaften. Und wenn ich etwas "Besseres" benötige, dann verschaffe ich mir dies andernorts, was nicht schwierig ist. Dort mag ich "gut" sein, hier will ich einfach nur "gemeinsam" sein.