So, ich muss das jetzt mal loswerden! Ich habe vorgestern Finsterworld geguckt. Hauptsächlich, weil es auf meiner Prime-Wunschliste war. Mich hatte der Trailer wohl seinerzeit nachhaltig beeindruckt. Indes: Jetzt, wo ich den Film durchstanden habe, kann ich nicht mehr objektiv sagen, warum.
Ich habe nach wie vor das starke Bedürfnis auf einen unreflektierten Rundumschlag - also rein in den RANT und zwar mit Anlauf
Dieser Film ist.. so... so... so DEUTSCH. Und zwar im schlechteren Sinne. Und bevor ihr jetzt schon wutentbrannt loshämmert: Ich habe (nach jahrelanger Psychofolter mit deutschen Komödien der 80er und 90er durch meine Eltern und daraus entwachsenen Vorurteilen) meinen Frieden mit
deutschen Filmen gemacht - Achtung: deutsch, kleingeschrieben! Ich bin nämlich nach wie vor der Meinung, dass es einen bestimmten Konsens der deutschen Filmindustrie
TM *verschwör* gibt, nach denen man sich als Filmpreis-gierender RegisseurIn gefällgst zu halten hat, wenn man (a) bestimmte Schauspieler haben möchte (b) auf einen zweitrangingen Filmpreis spekuliert oder (c) irgendwas mit Fördergeldern, Mauschelei, yaddayadda murmelmurmel...
Und was man dann bekommt, nenne ich den
Deutschen Film - D für Deutsch und großgeschrieben, weil er sich groß macht.
Früher dachte ich mal, wir könnten nix Anderes. Aaaaaaber dann habe ich
Lola rennt gesehen! Und
Knockin on Heavens Door! Und dann kamen noch ein paar Underdogs wie
Absolute Giganten,
Für den unbekannten Hund..
Gegen die Wand,
Oi Warning hab ich noch vor mir, sollen ja auch gut sein.
Und Später:
Thore tanzt und
Vikoria haben mir die intensivsten Filmerlebnisse der letzten 10 Jahre beschert! Gute deutsche Filme halt.
Die gibts.
Und dann gibt es noch, die, die "man" kennt. Betroffenheitsschmonzetten (
Schindlers Liste, Der Untergang, etc) und bessere Schmierenkomödien (Der Schuh des Manitu, (T)Raumschiff Surprise, etc).
Früher war es einfach, um diese Art von Filmen einen Bogen zu machen: Man musste einfach nur drauf achten, das weder Götz George, Mario Adorf oder Veronica Ferres mitspielte, dann war man schon einigermaßen sicher.
Ich dachte ja, heute würde "irgendwas mit Schweig..." als Warnsignal ausreichen. Aber es gibt jetzt eine zweite Riege mittelguter Fernsehfilm-DarstellerInnen, die man immer mal wieder sieht und die schon an ihrem eigenen Klischee festkleben. Und die landen dann auch mal in so einem Ding wie:
- Ab hier: Mit
SPOILER ! -
FinsterworldKurz zum Inhalt: Ein Episodenfilm, der eine handvoll persönlicher Geschichten locker miteinander verbindet:
- Ein etwas weirder Fußpfleger, der eine ebenso weirde Verbindung zu einer einsamen, älteren Dame aufbaut
- Ein reiches, arrogantes und dauernörgelndes Ehepaar (er der Sohn der o.g. Dame) auf Reise
- Eine Schulklasse (hauptsächliche Protagonisten: der Klischee-Comicnerds nebst Lucius Malfoy Sohn-des-Nörgelpaares und überforderten Lehrer) auf Schulausflug im KZ
- Ein Einsiedler im Wald auf Rachefeldzug
- Eine überforderte Möchtegern-Regisseurin mit einem Freund, der ihr seinen Furry-Leidenschaft gestehen will[/i]
Am Ende geht fast alles kaputt, nur Fußpfleger und alte Dame bekommen sich. Der Einsiedler auf Rachetour (jemand hat seine Hütte verwüstet und seinen Vogel abgeschoßen, haha!) schießt wahllos mit seinem Gewehr ein Auto ab und trifft den Nerd (=>Schulklasse), der im Auto des Nörglerpaares (=>Eltern des Bullies, der seine Freundin geknutscht hat, weshalb sich der Junge von der Gruppe getrennt hat und das Paar zufällig beobachet hat, wie sie im Feld pinkeln war , woraufhin sich der Nörgelmann mal eben vergessen hat und den Jungen etwas hart tritt. Und sie ihn dann im Auto mitnehmen) - der Nerd stirbt an der Verletzung.
Wie gesagt: So ungefähr gehen die Stories fast alle aus. Am Ende sitzt man da und denkt sich "Und was sollte das jetzt?". Dieser bitterzynische Film gewürzt ohne das, was wir Deutschen ja klischeebedingt eben auch nicht können: einer feine Prise Humor, entbehrt jegliches, emotionales Payoff. Mir ist schleierhaft, wie der Film auf so positive Rezensionen kommt. Meine Vermutung: Die Rezensenten haben nie einen GUTEN Episodenfilm geguckt...
Finsterland bleibt am Ende nur eine belanglose Folge belangloser Szenen, von einem konstruierten Zufall zusammengeführt welcher nur ein Regisseurin so herbeiführen konnte, die wirklich gute Episodenfilme wie Babel, L.A. Crash, Magnolia, oder Running Scared vielleicht mal gesehen aber sicher nicht verstanden hat - oder einfach nur dem Drang zur Bedeutungsüberladung nicht wiederstehen konnte. Der Zuschauer darf sich dann vor Rapsfeld-Standbildern die tiefsinnigen Gedanken machen, welche die Hauptfiguren nur auf Stammtischniveau andeuten dürfen.
Leider wurde dabei dabei vergessen, dass ein Film ja auch mal gerne unterhalten darf.
Und das hat Finsterworld bei mir gar nicht geschafft! Es ist wirklich lange her, dass ich eine Film so oft pausiert habe. Nicht, weil mir die Szenen selbst zu unangenehm gewesen wären - sondern weil mir die Art, wie die Szenen gezeigt wurden, die ätzenden Charaktere, die merkwürdigen Dialoge es mir teilweise schwer gemacht haben, weiterzugucken. Irgendwie dachte ich wohl, da kommt noch was...
Ich weiß nicht, was mir dieser zutiefst zynische Blick auf die Menschen in einer etwas finstereren Version Deutschlands am Ende sagen möchte. Für mich bleibt das eine einzige Wichtigtuerei.
Dass dabei eine Episode ausgerechnet im KZ spielen muss (weil, nä? Deutsche Film, nä? Verstehste?!) und das dann als Aufhänger für ebenso vorhersehbare wie krampfhaft provokante Sprüche dienen darf, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.
Die einzige Metaaussage mag da vielleicht der Charakter der Regisseurin sein, die an dem Anspruch, den sie an ihrer Film hat, verzweifelt und welcher letzten Endes Finsterworld leider nur vergessenswert macht.
Ich wollte jetzt noch was zum
Deutschen Film schreiben, aber ich hab vergessen was und der Ärger ist auch langsam verpufft
Nur so viel: Ob Corinna Harfouch und Bernhard Schütz als Nörgelreiche oder Sandra Hüller als dauerbetroffene und überforderte Regisseurin: Keiner schafft es, aus dem Charakterkorsett der ihnen auf den Leib geschriebenen Klischees etwas herauszuholen - genausowenig, wie das die o.g. "Alte Riege" schaffte. Möglicherweise tue ich da einigen unrecht, möglicherweise habe ich hier einen starken Bias. Aber das Gefühl, was ich hier hatte kenne ich noch von früher, als ich Filme wie den damals groß beworbenen "Rossini" im TV gesehen habe - ein großes WTF? und die Frage "Und das soll gutes Schauspiel sein? Und das soll ein guter Film sein?"