Autor Thema: [Spielbericht][ARdI/ZdR]3 ältere Knacker spielen das ZdR-Einsteigerset.  (Gelesen 857 mal)

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Offline treslibras

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Wir spielen endlich wieder!   ~;D :headbang:

Wir, das sind 3 Leute jenseits der 40. Mit einer Ausnahme haben wir seit Jahrzehnten nicht mehr aktiv gespielt. Und wir haben nun vor ein paar Tagen unsere erste Session SW ARdI hinter uns gebracht! *Yay!*
Es war mein erstes Mal als Spielleiter.
Gespielt wurde der ZdR-Starter (war halt das erste Einsteigerset, das wir gekauft haben), mit eigenen Charakteren. Die Charaktererstellung mit Regelerklärung dauerte knapp 2 Stunden (für 3 Charaktere), die Spielsession selbst 2 Wochen später dauerte ca. 3 Stunden.
Charaktere: 1 Twilek Outlawtech, 1 aus dem Schrott geretteter KX-Droide, 1 menschlicher  Powertech Kopfgeldjäger (mit Aspirationen auf Machtnutzer).
Der Droide als 3. SC bot sich als Teamverstärkung an, um das (gefühlte) Manko von nur 2 Spielern etwas auszugleichen. Er fungiert ein bisschen wie ein Lastenesel und hört auf die Befehle der beiden anderen, und aufgrund seiner fehlerhaften Persönlichkeitsmatrixrestaurierung nebst Dunkler Vergangenheit™, kann ich als GM aber immer mal wieder kurzzeitig das Ruder übernehmen (mit lustigen Sprüchen / komischem Verhalten).

Uns war bewusst, dass uns ein sehr railroadiges Tutorial erwartete.

Als vorgezogenes Fazit sei gesagt, dass der Tutorial-Charakter genau richtig für uns war, und wir uns total freuen, endlich mal wieder gespielt zu haben! Aber wir haben auch schmerzlich gemerkt, dass Rollenspiel wie alles Übung und Erfahrung bedarf (und eine Auseinandersetzung und Vertiefung der Beziehung mit dem eigenen Charakter).

Vorbereitung: Das Einlesen in das GRW (ARdI) hat 3-4 Abende in Anspruch genommen, das eigentliche Vorbereiten des Abenteuers ca. 3 Stunden. Ich habe mir eine Liste gemacht mit weiteren Ideen und genauen Beschreibungen von Situationen/Orten. Ansonsten habe ich mich auf die klassischen 4 Eckpfeiler des Storytellings gestützt (Wo sind wir? Was erleben wir? Was ist der Twist? Wie kommen wir zum Abschluss?). Wobei das Tutorial ja so sequentiell geplant und einfach in der Beschreibung ist, dass ich mich vor allem auf die Einführung konzentriert habe. 

Chargen: Die Charaktererstellung ging flott von der Hand, und die Punkte "Verpflichtung" und "Motivation" fanden wir alle hilfreich, die Hintergründe schnell auszuformen, und ihnen echte Relevanz im Spielen zu geben.

Regeln, Würfel und das Narrative: Die grundlegenden Spielprinzipien waren nach 10 Minuten erklärt und verstanden. Der Hammer!  
Der Mangel an Rechnerei wurde auch sehr dankbar aufgenommen. Less calculating, more raiding!  :d

Die Würfel haben uns sehr gut gefallen! Die Würfelpools waren recht schnell zusammengestellt, die Ergebnisse klar. Einzig die Schwierigkeit erschien mir anfangs einen Tick zu niedrig, was prompt zu Frotzeleien über die Ungenauigkeit der Imperialen Blaster führte. Es mag aber einfach auch am Tutorialcharakter gelegen haben, und für einen ersten Schritt zurück ins Hobby war das aus pädagogischen Gesichtspunkten genau richtig so.
Beim Thema „Handlanger“ konnten wir dann später auch sehen, wie schnell Kämpfe ungemütlich werden können. Han Solo jagt die Sturmtruppen/Leeroy Jenkins-Momente werden wir wohl eher wenige haben in Zukunft. ;D

Allerdings war es anfangs doch etwas schwierig, schnell und passende Effekt-Beschreibungen der Vorteile / Bedrohungen zu finden. Da merkte man auch ein bisschen den „Rost“-Effekt (s.u.).
Ein Spieler wünschte sich fürs nächste Mal daher gerne eine Tabelle mit „Nutzungsmöglichkeiten“. Ich bin da hin und her gerissen, glaube eigentlich, dass solche Listen der Spieler-Kreativität entgegenstehen, aber es mag die anfängliche Unsicherheit etwas ausgleichen. Generell fanden wir es aber alle super, dass durch diese Konstellationen („Gelungen mit Bedrohungen“, „Gescheitert mit Vorteilen“) die Spieler und ich motiviert wurden, Situationen genauer auszugestalten, ohne das Gefühl von Beliebigkeit oder „God mode“ zu bekommen.
Es gab auch erste Momente von Verhandlung um Spielervorteile. („Also ganz ehrlich, so schnell wie ich hier gerade um die Ecke komme, bekomme ich doch mindestens 1 Blauen dazu, oder!?“)

Erlebnis: Es kam tatsächlich recht schnell Star Wars Feeling auf!  Inklusive „Pew Pew“ und einige mehr oder weniger gelungene Imitationen von Droidenpiepslauten, und der gemeinschaftlichen Vereinbarung, dass Kritische Verletzungen im Star Wars Universum grundsätzlich ohne Splatter ablaufen. Obwohl wir so eingerostet waren, hatten die Spieler doch ein paar tolle Ideen und es gab einige sehr lustige Momente. Ich musste die Spieler ein-zwei Mal auf die Schienen zurückholen, aber da wir um den Tutorialcharakter wussten, hat sich niemand beschwert. Das Endgame erzeugte, bedingt durch das Format auch noch mal echte Spannung.

Hindernisse und Selbstkritik: Es dauerte eine Weile, bis die Spieler anfingen, aktiv rollenzuspielen und Handlungen schnell abzustimmen. Ich habe mich bemüht, die Beschreibungen ausreichend detailliert und atmosphärisch zu gestalten, aber die Reaktionen waren zumindest am Anfang doch sehr verhalten, und es gab kaum Rückfragen. Das war einerseits zu erwarten, wir haben seit Jahrzehnten nicht gespielt. Aber es war auch und vielleicht vor allem ein Kampf gegen eine eingefahrene Konsumentenhaltung. Etwas, dass ich durch mehr Angebote von Handlungsoptionen vielleicht verbessern könnte.
Ich hadere auch noch etwas mit dem "atmosphärischen Beschreiben".
Hinzu kam eine echte Hürde, ingame / incharacter zu sprechen. Auch das war zu erwarten, die instant immersion Fähigkeit von vor 30 Jahren erreichen wir nur noch selten. Trotzdem war ich erstaunt, wieviel Überwindung es beide kostete, auch wenn wir uns seit Jahren kennen und bei uns eine klare und sehr wertschätzende „Hier muss man nichts, hier darf man (fast) alles“ Direktive gilt. Das hängt sicherlich auch mit der „Konsumentenhaltung“ zusammen und mit der trotzdem vorhandenen Scham, sich „öffentlich zu verstellen“. Vielleicht hatte es aber auch etwas damit zu tun, dass es noch keine Auseinandersetzung und Identifikation mit den eigenen Charakteren gab.

Fazit: Wie gesagt, war das Tutorial-Format insgesamt genau richtig für uns. Es hat uns dahingehend entlastet, dass wir den Fokus auf das Wiederlernen von Rollenspiel und Kreativität richten konnten. Unser Ziel war, endlich einmal wieder zu spielen, und keine Zeit mit langem Regelwälzen zu vergeuden. Beides hat geklappt, und insofern hat das Einsteigerspiel alle Erwartungen erfüllt! Ich bin sehr angetan vom System! (So angetan, dass wir jetzt schon überlegen, Genesys zu kaufen, um dann gleich ins Fantasy einzusteigen. Aber erstmal Star Wars weiter!)

Ausblick / Lehren
1. Ich habe die Spieler gebeten, sich noch mal etwas tiefer mit ihren Charakteren auseinanderzusetzen und die Persönlichkeiten zu schärfen. Explizit auch mit dem Hinweis, dass es total OK ist Arche- bzw. Stereotypen zu spielen. Ziel ist es, möglichst schnell und selbstsicher in einen Spielflow zu kommen, und das funktioniert anfangs, glaube ich, besser, je formelhafter der Charakter angelegt ist (Man kann das hinterher ja immer noch brechen).
2. Ich werde für die Spieler noch ein paar Hilfestellungen erstellen, Regelkurzerklärungen, Kopien der Talentbäume und bestimmte Regeln, die sie besonders interessieren (Tinkern und Modden für den Outlawtech, Machtnutzung für den Powertech).
3. Und ich habe mir fest vorgenommen, meine Beschreibungen noch mehr auszuschmücken und öfter auch einfach klare Optionen anzubieten, wenn ich das Gefühl habe, dass die Spieler keinen Plan haben.

Ansonsten heißt die Aufgabe einfach: Weiter, solange es Spaß macht, Erfahrung und Expertise kommt dann ganz automatisch.

Das nächste Abenteuer wird Operation Schattenpunkt, macht ja Sinn. Danach würden wir gerne stärker in die ARdI-Dimension einsteigen, d.h. etwas weniger militärisch spielen.


EDIT für Fragen:

Habt Ihr Erfahrung damit, "Spiels heute" Spieler zu mehr ingame-Spiel zu motivieren?

Und welche Tipps könnt Ihr einem Noob-SL geben, um die Spieler "mitzureißen"?
« Letzte Änderung: 25.02.2020 | 15:10 von treslibras »
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Vielen Dank für den Spielbericht!
Gefällt mir sehr gut.

Habt Ihr Erfahrung damit, "Spiels heute" Spieler zu mehr ingame-Spiel zu motivieren?

Und welche Tipps könnt Ihr einem Noob-SL geben, um die Spieler "mitzureißen"?

Zu ersterem nutze ich zwei Mittel: 1. Konsequentes Anspielen und selber vorleben; 2. Ständiges Ermahnen und Einfordern. Heißt, dass ich mit Beschreibungen und ausspielen den anderen Spieler*innen zeige, wie es gehen kann, aber auch dann und wann schlichtweg fordere in der Art:"Mach doch mal..." oder so. Könnte man vielleicht auch Zuckerbrot und Peitsche nennen.

Zur zweiten Frage: Mittlerweile frage ich einfach die Spieler*innen, was die denn mitreißt und versuche, darauf einzugehen. Ansonsten teste ich es aus, mit verschiedenen Charakteren oder Plotaufhängern. Das ist etwas, dass sich mit der Zeit einpendelt. Spätestens, wenn du am Spieltisch merkst, wo die Leute mitgehen und wo eben nicht (Feedback kann da sehr helfen, auch wenn das manchmal einfach nicht so ergiebig ist).

Ansonsten würde ich die Spieler*innen selber für gewisse Dinge sorgen lassen, zB. für Kopien der Talentbäume etc., ich denke, dass die Beschäftigung damit schon hilft, sich in den Charakter und die Möglichkeiten reinzudenken (ich finde auch, dass eine gewisse Sicherheit bei den Regeln zu besserem Rollenspiel insgesamt führt - man hat einfach mehr Hirnschmalz für andere Dinge frei, aber vielleicht geht das auch nur mir so). Das könnte man auch auf eine Liste der möglichen Auswirkungen von Vorteilen ausweiten. Die finde ich nämlich gar nicht so schlecht, um Inspiration zu haben.
Ich möchte mir auch noch eine Liste mit beschreibenden Adjektiven anlegen, damit ich da eine Hilfe habe, wenn ich die Szene oder Umgebung oder was auch immer beschreiben will.

Ansonsten: Die Erfahrung mit dem Rost hab ich auch gemacht, ich finds aber toll, dass ihr wieder dabei seid! Keep rolling! Und gerne mit Bericht hier :)
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Offline treslibras

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Vielen Dank für die Tips! Die Liste mit Adjektiven (oder überhaupt "cinematischen" Wörtern) finde ich eine gute Idee! :d
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