In einer Leseprobe war zu Lesen, das Sam von Frodo als meinem Chef spricht
Ja. Dafür gab's sogar eine ausführliche Begründung und Erklärung, die was mit den verschiedenen Sprachregistern zu tun hatte, die Tolkien für die Hobbitwelt und für die "Mythenwelt" des restlichen Mittelerde verwendet (der Kontrast zwischen den "modernen" Hobbits mit ihren Tick-Tack-Uhren auf dem Kaminsims und dem archaischen Rest der Welt ist ja deutlich). Trotzdem war das offenbar nicht gerade ein Glücksgriff, der Bruch war einfach zu groß, egal, wie gut man ihn begründet ... also wurde das in der Überarbeitung wieder rückgängig gemacht.
Jedenfalls sollte man nicht glauben, dass einem Übersetzer wie Krege, der wie gesagt das Silmarillion ganz und gar Chef-frei übersetzt hat, so was einfach als "Fehler" unterläuft, weil er keine Ahnung von Fantasy oder vom HdR hätte. Und dass sich alle dann an diesem Wort (und an den berüchtigten "Imbissen") aufhängen, um dann über ihn herzuziehen (während man ja andernorts, insbesondere unter Rollenspielern, bereit ist, den größten Sprachmüll als Übersetzung hinzunehmen, weil "es ist ja klar, was gemeint ist"), finde ich schon extrem unfair.
Zur Frage, ob es die Neuübersetzung gebraucht hat: Ja, die muss man sich natürlich stellen, und da werden vor allem die geschäftlichen Überlegungen des Verlags hinterstecken. Wobei ich auch gehört habe, dass die Carroux-Übersetzung in vielen Einzelheiten nicht so originalgetreu sei. Das kann ich nicht beurteilen, weil ich mir nie die Zeit genommen habe, mir beide Übersetzungen und das Original nebeneinanderzulegen und abzugleichen - es würde mich aber nicht wundern, weil mein Eindruck ist, dass ältere Übersetzungen allgemein dazu neigen, freier zu sein (und sich dabei gelegentlich nicht nur in den Formulierungen, sondern auch inhaltlich ein Stück vom Original wegzubewegen). Ich vermute, dass der schlichte Grund dafür ist, dass es "früher" noch keine Textverarbeitungsprogramme gab, die es uns heute so leicht machen, mit extrem kleinen Bausteinen zu arbeiten. Bei älteren Übersetzungen stelle ich mir vor (ohne wirklich Erfahrungen mit der damaligen Arbeitsweise zu haben), dass viele Übersetzer*innen viel eher einen Absatz zurechtpoliert haben, bis er in ihren Augen gut war, und dann war und blieb er so. Und das hatte sicher auch seine Vorzüge, wenn man sich schlechtere Übersetzungen von heute im Vergleich ansieht, die in ihrer Kleinteiligkeit dahinholpern und den Satzbau der Originalsprache nachahmen.
Mal so nebenbei: Tolkien ist einer der wenigen englischsprachigen Autoren, die ich bevorzugt auf Deutsch lese. Hat allerdings schlicht mit meiner Lesebiographie zu tun. Dabei bin ich sowohl von Carroux-HdR als auch von Krege-Silmarillion als auch vom Scherf-Hobbit geprägt und finde eigentlich, dass das alles gute Texte sind. Kein Vergleich zu den Abgründen, die sich bei anderen Übersetzungen auftun ...