Seit die Kinder im Homeschooling sind und sich dadurch unser Tagesrhythmus etwas verschoben hat, lese ich leider (noch) ein Eckchen langsamer als zuvor... spätestens Mitte Februar will ich aber mit allen wichtigen Kapiteln durch sein, dann kann ich meine persönliche Einschätzung dazu abgeben.
So, mittlerweile habe ich den Wälzer durch. Zugegebenermaßen bin ich immer noch ein wenig ratlos, worauf das Spiel jetzt eigentlich hinauswill. Wobei, das stimmt nicht so ganz. Ich bin immer noch ein wenig ratlos, wer das wirklich spielen will
. Es hinterläßt bei mir den gleichen zwiespältigen Eindruck wie "Schwarzer Kreuzzug" von Warhammer 40k - da schlüpfte man in die Rolle von Chaos Space Marines (oder anderen Chaosanhängern) und konnte ständig munter imperiale Bürger opfern, um den Chaosgöttern zu huldigen. Ich habe mich immer gefragt, ob das wohl wirklich auf Dauer Spaß macht. Bei "Unaussprechliche Kulte" ist das so ähnlich.
Das Regelwerk, der SL-Teil und die integrierten Start-Abenteuer bieten so eine Art "Cthulhu verkehrt" an. Man spielt also einen Kult, der auf den Mythos stößt, seine Macht erkennt, für eigene Zwecke einsetzt und dabei zusehends rücksichtsloser wird und degeneriert. Man intrigiert und kämpft dabei auch durchaus gegen andere Kulte - aber eben nicht, weil diese "böser" sind oder "noch schlimmere" Sachen wollen, sondern - ganz einfach -weil die Sachen haben, die man lieber selbst hätte. Artefakte oder Bücher zum Beispiel.
Ich sehe drei Einsatzmöglichkeiten für das Buch:
1. Das Drama: Man beginnt "im guten Glauben", z.B. um gute Freunde vor einem schlimmen Schicksal (durch Krankheit oder so) zu bewahren. Und wenn das gelungen ist, steckt man schon so tief drin im Mythos-Sumpf, dass die gleichen guten Freunde drei Abenteuer später als Opfergabe für's nächste Ritual verbraucht werden. Macht das Spaß? Mich erinnert das irgendwie an "Vampire" in einer Mythos-Variante, was so gar nicht zusammenpasst.
2. Die Entdeckung: Man beginnt unbedarft und entdeckt dann den "okkulten Untergrund" und versucht sich mit diesem zu arrangieren. Damit wären wir bei einer Art von "Unknown Armies", nur mit Mythos-Hintergrund. Das Problem daran ist aber die ständige Abwärtsspirale, die regelseitig (natürlich) eingebaut ist und die SC mehr und mehr degenerieren lässt. Macht das Spaß? Warum dann nicht lieber direkt zu UA greifen?
3. Der One-Shot: Einfach mal die Seiten wechseln und richtig auf die Kacke hauen. Als One-Shot bestimmt lustig, aber dafür hätte es nun wirklich kein Regelwerk gebraucht (Cold War, ich gucke auf Dich).
Mir fehlt die Idee und die Inspiration - trotz reichlich Hintergrundmaterial - wie ich das Spiel auf Dauer in eine Kampagne verwandeln wollen würde. Neben persönlichem Machtgewinn gibt es nämlich nichts zu gewinnen - und der hängt wiederum an der Entfremdung von der Menschheit und dem baldigen Ende der Kampagne. Das Hintergrundmaterial in Summe ist allerdings solide und wenigstens für andere CTHULHU-Rollenspiele brauchbar; immerhin gibt es neue Beispielkulte und Mythoskrams, der sich in mancher NOW-Kampagne ganz gut machen würde.
Eines noch: das Regelwerk. Es bietet in meinen Augen zwar ein solides Regelwerk nebst "stylisch-modernen" narrativen Elementen (inkl. Meta-Ebenen-Geschacher um Gummipunkte und Einsatzfähigkeit von "Aspekten", wie bei FATE eben auch), aber überhaupt keinen Grund, dieses System allen anderen vorzuziehen. Die von mir oben beschriebenen Einsatzmöglichkeiten kriege ich mit CoC genauso hin.