Autor Thema: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)  (Gelesen 2280 mal)

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Offline Hewisa (gone for good)

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Ein wenig OT:

Das ist die überzeugendste definition von misery tourism, die ich bislang gelesen habe!
Das find ich jetzt wieder, ich sage mal, nicht zur Gänze gutwillig.
"Mysery Tourism" unterstellt ja, dass man sich in diese Lage nur deswegen fiktiv hineinversetzt, um sich daran zu ergötzen - wahlweise am Elend anderer und an der eigenen glücklichen Situation, dass man eben dieses Elend nicht durchleiden muss.

Können die Motive denn nicht auch ein wenig "lauterer" sein? Vielleicht hilft einem das Spiel ja auch dabei, diesen Blickwinkel bewusst einzunehmen, um sich besser in die Lage hineinversetzen und danach entsprechend mehr Empathie aufbringen zu können? Ich mache solche Gedankenspiele tatsächlich auch alleine "wie würde ich mich fühlen, wenn ich in dieser Situation wäre"?

Und wenn man das einen Schritt weiter treiben will, kann man dazu durchaus Rollenspiel als Werkzeug nutzen. Rollenspiel ist ja bekanntlich - bzw. vielmehr kann sein -  ein probates Mittel um fiktive Situationen in einer sicheren Umgebung zu simulieren. Warum nicht eben eine solche Situation des Zwangs und der Hilflosigkeit?
Klar: Immer und dauernd braucht das keiner.
Und auch klar: Letztlich geht es darum, mittels Rollenspiels Geschichten zu erfinden und zu erleben.

Aber die besten Geschichten sind doch oft* die, aus denen ich auch etwas mitnehme, irgendeine Art von Lektion. Und sei es nur das fiktive Erleben einer solchen Zwangssituation und daraus vielleicht ein Anflug des Verstehens, wie sich das für einen *echt* betroffenen anfühlen muss.

Ich meine: Ab wann wird eine Geschichte denn zu "Misery Tourism"? Ist es das Ausmaß des geschilderten Schreckens? Wäre dann "Im Westen nichts Neues" Misery Tourism? "Schindlers Liste"? "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo"?
Oder ist es das Medium? "In Buch und Film ist's ok, aber im Rollenspiel nicht mehr"?
Wie unterscheidet sich dieser "Misery Tourism" denn von "FSK18"-Runden, wie sie ja auch im PESA-Umfeld stattfinden? Ab wann wird eine Runde denn zu "Misery Tourism"?

Das ist zugegebenermaßen alles ein wenig plakativ in den Raum hineingefragt; aber andererseits ist ja auch der Begriff "Misery Tourism" plakativ und auch gleich mit einer kräftigen mitschwingenden Wertung versehen.

Falls Du das diskutieren möchtest, würde ich aber einen eigenen Thread vorschlagen (kann ein Mod ja dann abtrennen); sonst gleitet das hier tatsächlich zu sehr ins OT. Falls nicht, auch ok. Aber so einfach stehen lassen kann ich das nicht.



*selbstverständlich nicht zwingend - es gibt auch ganz großartige Geschichten, die hervorragend ohne solche Lektionen auskommen.
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Offline Settembrini

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #1 am: 25.05.2020 | 18:18 »
Hewisa, Deine Fragen sind alle berechtigt. Deswegen sagte ich ja, daß mich die Formulierung (die Tat vlt. nicht, ich war ja nicht dabei) vom Dead Operator wie ein glasklarer, der klarste Fall bisher, was das angeht, liest. Ich habe es gesagt, weil ich, wie Du ja ausführst, es auch so sehe, daß Empathie Komma und Mitleid Komma und gönnerhaftes gar selbstgerechtes Mitleid ggf. schwer zu unterscheiden sind.

Ich für meinen Teil begebe mich im Rahmen meiner Figuren, Personnagen oder auch Charakterwahl eher nicht absichtlich in eine Position, die ich von vorneherein als eine zu erforschende, bemitleidenswert schwache, empfinde. Das ist mir einigermaßen fremd, aber mir ist auch Heavy Metal fremd und deswegen lasse ich den nicht verbieten.

Ich habe Kagematsu gelesen und keinerlei vibe gehabt, ich müßt mich jetzt in jemand schwaches und mir ganz Fremdes reinversetzen zu meiner persönlichen Läuterung oder Persönlichkeitsformung. Deswegen traf mich diese pointierte Formulierung vom Dead Operator, deswegen dachte ich er WOLLTE es so lesen. Mein erster Gedanke war, wie ich den Ronin umbringen kann. Aber das geht ja nicht so recht, dann habe ich das weitergereicht und gesagt: "Wo issn das Abenteuer, ich peils nich mal." Also ich gebe genre zu und wiederhole es: ICH habe Kagematsu nicht verstanden. Aber die, die es verstanden haben, sagen sachen, wie sie eben sagen.

https://www.system-matters.de/spiele/kagematsu/

Da finde ich jetzt nichts dazu.
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Offline Alexandro

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #2 am: 25.05.2020 | 18:32 »
Mein erster Gedanke war, wie ich den Ronin umbringen kann. Aber das geht ja nicht so recht,

Es geht schon. Nur löst es halt nicht das Problem, welches das Dorf hat.

So eine Aktion ist eher auf dem Niveau, als wenn jemand bei Tomb of Horrors sagen würde "Ich verführe den Lich" - Jo, kannst du machen. Ich warne dich schonmal, dass es wahrscheinlich nichts bringen wird, aber ich schreibe dir nicht vor, wie du zu spielen hast.
« Letzte Änderung: 25.05.2020 | 18:48 von Alexandro »
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Offline Jiba

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #3 am: 25.05.2020 | 18:33 »
Ich für meinen Teil begebe mich im Rahmen meiner Figuren, Personnagen oder auch Charakterwahl eher nicht absichtlich in eine Position, die ich von vorneherein als eine zu erforschende, bemitleidenswert schwache, empfinde.
Warum nicht?

Zitat
Mein erster Gedanke war, wie ich den Ronin umbringen kann.
Ist das ein üblicher erster Gedanke, den du beim Rollenspiel hast? Oder ist es auf die Ausgangssituation im Dorf bezogen? Ich meine, Kagematsu ist ein eng umrissenes Szenario.
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Offline ghoul

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #4 am: 25.05.2020 | 19:15 »
Witzig, mein erster Gedanke war, ihn zur Rede zu stellen, was er sich so einbildet, ehrbare Dorffrauen für seine Gelüste einzuspannen, die sich in ihrer Not nicht anders zu helfen wissen, und ich gehe jetzt los und organisiere mit den anderen Frauen die Abwehr, ganz ohne Herrn Robin, und wenn ich sterbe, dann wenigstens ehrbar, soll er mit sich selber ausmachen, in er die  Dorffrauen alleine kämpfen lässt usw.
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Zitat
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Offline Hewisa (gone for good)

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #5 am: 25.05.2020 | 19:22 »
@Settembrini:
Alles klar, danke :)

Mir reicht das als Antwort auch tatsächlich schon.

Ich lass den Thread offen, falls andere hier noch Diskussionsbedarf besteht. Aber da ich hier aufgrund der Abtrennung der Threadersteller bin, wird das Ding naturgemäß in meinen ungelesenen Antworten auftauchen. Daher behalte ich mir vor, hier zuzumachen, wenn es mir zu viel und/oder zu hässlich wird - in diesem Falle dürfte dann woanders weiter diskutiert werden.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #6 am: 25.05.2020 | 19:36 »
Witzig, mein erster Gedanke war, ihn zur Rede zu stellen, was er sich so einbildet, ehrbare Dorffrauen für seine Gelüste einzuspannen, die sich in ihrer Not nicht anders zu helfen wissen, und ich gehe jetzt los und organisiere mit den anderen Frauen die Abwehr, ganz ohne Herrn Robin, und wenn ich sterbe, dann wenigstens ehrbar, soll er mit sich selber ausmachen, in er die  Dorffrauen alleine kämpfen lässt usw.
Klappt oder klappt nicht um sein Interesse zu wecken, ist nicht spannend genug, dass ich es noch ausspielen müsste.

Genau, Widerstand formieren.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #7 am: 25.05.2020 | 19:40 »
Warum nicht?
Ist das ein üblicher erster Gedanke, den du beim Rollenspiel hast? Oder ist es auf die Ausgangssituation im Dorf bezogen? Ich meine, Kagematsu ist ein eng umrissenes Szenario.

1. Weiß nicht.

2. Nein.
Es war so: ich dachte, man soll den umbringen, das sei die Aufgabe. ich sagte ja mehrfach: ich habe es nicht verstanden. Die Konstruktion, daß nur der EINE Ronin das kann und das dann magisch klappt, will mir immer noch nicht in das Hirn. Und warum kann ich den nicht zwingen? Es wird ja nichtmal das Gefecht modelliert. Da sind so viele faule Setzungen, daß ich es halt nich raffe.
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Offline KhornedBeef

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #8 am: 25.05.2020 | 19:48 »
Nochmal zum Thema: Intiuiere ich richtig, dass misery tourism begrifflich nur Sinn macht, wenn man auch die Rezeption einbezieht, und nicht nur das Werk?
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #9 am: 25.05.2020 | 19:56 »
Vom Konzept geht es darum, eine Rolle einzunehmen, die du jederzeit ablegen kannst, um Dir selber oder anderen gegenüber deine Empathie mit vermeintlich Schwächeren oder Leidenden zu versichern/vorzuführen.

Wenn man es so nennt, findet man es anstößig, weil scheinheilig. Wenn Rollstuhlfahrer dazu auffordern, mal einen Tag sich auch reinzusetzen, ist das was anderes, als wenn Du das unaufgefordert nach Deinen eigenen Regeln Samstag abend machst, zum pullern aber einfach aufstehst, um danach darüber berichten zu können wie empathisch Du bist, if you get my drift.

Die Formulierung oben war so gehalten, daß einerseits überhaupt erstmal "die Frauen" als machtlose Geschöpfe kategoirsiert wurden, was mir erstmal so nicht klar war in dem Spiel, weil im Rollenspiel da kein Unterschied ist. Und dann halt noch, in der Formulierung, wer weiß wie er wirklich gespielt hat, das als große läuternde Selbstopferung dargestellt wurde.

Für mich paßte da misery tourism wie die Faust aufs Auge, mehr nicht.
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Offline Alexandro

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #10 am: 25.05.2020 | 20:03 »
Zitat
Witzig, mein erster Gedanke war, ihn zur Rede zu stellen, was er sich so einbildet, ehrbare Dorffrauen für seine Gelüste einzuspannen, die sich in ihrer Not nicht anders zu helfen wissen,

Im Szenario ist es ja so, dass Kagematsu anfangs kein Interesse (weder sexuell noch sonstwie) an den Dorffrauen hat und entsprechend auch keine Motivation, das Dorf zu beschützen (an seine Ehre zu appellieren ist allerdings möglich und kann ihn u.U. - ganz ohne Verführung - auf die Seite des Dorfes ziehen).
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #11 am: 25.05.2020 | 20:19 »
Die Formulierung oben war so gehalten, daß einerseits überhaupt erstmal "die Frauen" als machtlose Geschöpfe kategoirsiert wurden, was mir erstmal so nicht klar war in dem Spiel, weil im Rollenspiel da kein Unterschied ist. Und dann halt noch, in der Formulierung, wer weiß wie er wirklich gespielt hat, das als große läuternde Selbstopferung dargestellt wurde.

Meinst Du mit "er" in dem Fall mich, dann kann ich gerna was dazu schreiben. Oder war das allgemein auf das Spiel bezogen?
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #12 am: 25.05.2020 | 20:57 »
Ich meinte Dich. Aber ich kenne Dich nicht und weiß nciht was und wie Du spielst, deswegen bitte nicht persönlich nehmen. Es war rein die Formulierung, ich unterstelle Dir rein gar nichts. Außer diese Buchstaben in der Reihenfolge getippt zu haben.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #13 am: 25.05.2020 | 21:00 »
Es war so: ich dachte, man soll den umbringen, das sei die Aufgabe. ich sagte ja mehrfach: ich habe es nicht verstanden. Die Konstruktion, daß nur der EINE Ronin das kann und das dann magisch klappt, will mir immer noch nicht in das Hirn. Und warum kann ich den nicht zwingen? Es wird ja nichtmal das Gefecht modelliert. Da sind so viele faule Setzungen, daß ich es halt nich raffe.

Es wird am Ende gewürfelt, ob der Ronin das schafft (er kann durchaus auch scheitern bzw. fliehen, wenn die Bindung an das Dorf nicht stark genug ist). Ob er der einzige ist, der das kann wird nicht gesagt - auf jeden Fall ist er der einzige, der gerade verfügbar ist.  ;)
Und es wird zum Einstieg gesagt, dass jeder Bewohner des Dorfes der irgendwie kämpfen kann im Krieg ist. Was an dieser Setzung jetzt "fauler" sein soll, als an jedem anderen Abenteuer, ist mir ehrlich gesagt nicht klar.
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Offline DeadOperator

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #14 am: 25.05.2020 | 21:10 »


bitte nicht persönlich nehmen. Es war rein die Formulierung, ich unterstelle Dir rein gar nichts.

Keine Sorge. Ich fühle mich gar nicht angegriffen.

Das Spiel muss ja auch keiner gut finden. Mein Lieblingsspiel ist es auch nicht.

Ich kann nur nicht leiden, wenn in solchen Diskussion einfach falsche Aussagen über ein Spiel öffentlich rausgehauen werden.


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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #15 am: 25.05.2020 | 21:12 »
Da muss ich aber doch auch wieder einhaken:

Vom Konzept geht es darum, eine Rolle einzunehmen, die du jederzeit ablegen kannst, um Dir selber oder anderen gegenüber deine Empathie mit vermeintlich Schwächeren oder Leidenden zu versichern/vorzuführen.
Dann hatte ich das richtig verstanden - "Misery Tourism" wäre es demnach, wenn man sich selbst "erheben" möchte oder, um es allgemeiner zu formulieren, die Motive unlauter sind.
Aber offen gestanden käme ich gar nicht auf die Idee, meinem Gegenüber so etwas zu unterstellen, denn man kann ja nicht in den Kopf anderer Leute hineinschauen. Wenn mir also mein Gegenüber sagt "Nein, meine Motive waren wie folgt....", dann muss ich ihm das glauben, denn ich habe ja gar keine Möglichkeit, das Gegenteil zu beweisen.

Generell scheint mir da die Abgrenzung gar nicht wirklich möglich zu sein. Ich meine, eine Vielzahl von Geschichten aus diversesten Genres und Medien erzählen von großem Leid, ein paar Beispiele hatte ich im Startpost genannt. Es erscheint mir einigermaßen absurd, den Vorwurf des "Misery Tourism" automatisch an jeden Konsumenten der eines der von mir genannten Bücher oder Filme zu erheben.

Wenn man jetzt mittels des Mediums Rollenspiel entsprechende Genres emuliert und auch damit Geschichten von Leid erzählt, wieso hätte das eine andere Qualität, unterstellt, dass nicht plötzlich die Motivation sich ändert, wenn man das Medium wechselt.

Ich habe in Runden - insbesondere deziderten Drama-Storyrunden - Charaktere gewählt, denen Leid widerfährt oder widerfahren ist.
Hinterbliebene eines Mordopfers. Zu Unrecht Inhaftierte. Gewaltopfer. Kriegsveteranen. Der Grund dafür war nie, sich irgendwie an diesem Elend zu ergötzen oder auch sich dadurch irgendwie empathisch zu fühlen (auch wenn ich in der glücklichen Situation bin, dass mir nichts von diesen Dingen leibhaftig widerfahren ist) - der Grund war immer, einen passenden Protagonisten zum bespielten Genre, zur angedachten Geschichte zu finden.
Und wenn man sich ein paar Stunden intensiv in so eine Situation hineingedacht hat, dann kriegt man auch tatsächlich einen andern Blickwinkel darauf; den leisen Anflug einer Ahnung, wie sich das tatsächlich anfühlt. Im Idealfall hat man durch diese Beschäftigung mit der Ausgangssituation tatsächlich den Hauch des Anflugs einer Ahnung bekommen, wie Menschen in der entsprechenden Situation sich wirklich fühlen.

Aber letztlich geht's nicht darum, wenn, dann ist das ein Nebeneffekt. Es geht darum, eine Genregeschichte zu spielen mit Genreprotagonisten (und -antagpnisten).

Ab wann die Grenze zum "Misery Tourismus" überschritten ist, das kann nur ich entscheiden, niemand sonst. Denn niemand außer mir kennt mein Innenleben und meine Motivation, solche Geschichten und Charaktere zu spielen.

Langer Rede kurzer Sinn:
Glaube, verstanden zu haben was der Begriff "Misery Tourism" bedeutet, halte ihn aber mangels Beleg- und Abgrenzbarkeit für unbrauchbar. Zumindest zur Beschreibung und Kategorisierung; um eine gefühlsmäßig wahrgenommene Geschmacksrichtung eines Spielstils zu beschreiben mag er taugen, aber dafür könnte so ziemlich jeder beliebige Begriff herhalten.


Postscriptum:
Ich höre schon förmlich den Vorwurf "Besserspieler", und möchte dem gleich entsprechend begegnen: Auch ich fälle hier keine Werturteile. Wenn man Geschichten/Genres lieber mag, in denen der Fokus auf anderen Dingen liegt, wenn man andere Aspekte des Mediums Rollenspiel stärker hervorhebt, dann ist das eine absolut legitime und valide Vorliebe. Tue ich übrigens auch - ich spiele derzeit in einer D&D-Runde (Tomb of Annihilation) und leite eine andere (Dragon Heist) und habe an beiden enorm viel Freude.
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Offline Alexandro

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #16 am: 25.05.2020 | 21:18 »
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Wenn man es so nennt, findet man es anstößig, weil scheinheilig. Wenn Rollstuhlfahrer dazu auffordern, mal einen Tag sich auch reinzusetzen, ist das was anderes, als wenn Du das unaufgefordert nach Deinen eigenen Regeln Samstag abend machst, zum pullern aber einfach aufstehst, um danach darüber berichten zu können wie empathisch Du bist, if you get my drift.

Das widerspricht sich irgendwie mit dem Vorwurf, dass man aus der machtlosen Situation nicht raus kommt und mit einer ungünstigen Machtkonstellation arbeiten muss.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #17 am: 25.05.2020 | 21:49 »
Im Szenario ist es ja so, dass Kagematsu anfangs kein Interesse (weder sexuell noch sonstwie) an den Dorffrauen hat und entsprechend auch keine Motivation, das Dorf zu beschützen (an seine Ehre zu appellieren ist allerdings möglich und kann ihn u.U. - ganz ohne Verführung - auf die Seite des Dorfes ziehen).

Na dann - Abenteuer in 5 min gelöst, jetzt kann ich was Gescheites spielen.
« Letzte Änderung: 25.05.2020 | 21:58 von ghoul (im Exil) »
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #18 am: 25.05.2020 | 21:54 »
Zitat
Na dann - Abenteuer zu in 5 min gelöst, jetzt kann ich was Gescheites spielen.

Schon klar. Dann erschlage ich inzwischen mal Acerak - Tomb of Horror erledigt, in 5min. gelöst. Jetzt kann ich etwas vernünftiges spielen gehen.  ;)
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Offline Jiba

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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #19 am: 25.05.2020 | 22:17 »
Es war so: ich dachte, man soll den umbringen, das sei die Aufgabe. ich sagte ja mehrfach: ich habe es nicht verstanden. Die Konstruktion, daß nur der EINE Ronin das kann und das dann magisch klappt, will mir immer noch nicht in das Hirn. Und warum kann ich den nicht zwingen? Es wird ja nichtmal das Gefecht modelliert. Da sind so viele faule Setzungen, daß ich es halt nich raffe.

Okay, kann es sein, dass derjenige, der das Spiel angeschleppt hat, dir nicht gesagt hat, wie das Spiel funktioniert. Also, so mechanisch und vom Ablauf her. "Macht euch mal Charaktere" ist keine Aussage, mit der du bei einem konzisen Storygame weit kommst. Wenn du dachtest, man soll den "umbringen", dann hat dein Host mit euch wohl nicht die Karten auf den Tisch gelegt: Das ist das Dorf, das ist der Ronin, das ist die Bedrohung, das sind die Mechaniken, diese Möglichkeiten habt ihr. Und dann spielt man sich Szene für Szene weiter bis zum Endpunkt. Und der kann so oder so ausfallen, eben im Rahmen der Mechaniken. Ist natürlich eingeschränkter als ein Hex-Crawl, aber nicht unbedingt eingeschränkter als ein Dungeon. Da kann dein Zwergenkrieger im Zweifelsfall halt auch nicht fliegen.

Also, meine Frage: Hat derjenige, der dir das Spiel erklärt hat, denn erklärt, wie es funktioniert? Ich meine über "Du spielst eine Dörflerin im feudalen Japan" hinausgeht?

Und, falls es hilft: Man spielt hier kein Abenteuer, sondern ein Szenario.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #20 am: 25.05.2020 | 22:26 »
Ich habe das Spiel bekommen und es gelesen, zweimal. Und dann noch weiteren Leuten zum Lesen gegeben.
Es ergibt hinten und vorne keinen Sinn, es sei denn für genau diesen einen Zweck. Ich bin ja nicht blöde.

Und der juckt mich halt nicht, genau eine einzige Sache mit einer Situation machen zu könne, die noch nichtmal glaubwürdig transportiert ist. Ist ja auch nicht viel Text drinne.

Ich wollte es Probespielen, aber die anderen Jurymitglieder wollten nicht, auch auf mehrfache Nachfrage.

Werdet glücklich damit, aber wenn alle anderen Methoden außer Dorffrauen müssen einem engen Rollenkorsett folgen um eine Botschaft des AUTORS zu transportieren verboten oder unmöglich sind, dann ist das ein sehr dünnes Brett, spielerisch gesehen, was da gebohrt wurde.

Und weil das so ein Kikifax von Text ist, bin ich hier auch fertig damit. Ich habe schon mehr getippt und gedacht, als die Vögel die es gemacht haben, und das ist mir zu doof.
« Letzte Änderung: 25.05.2020 | 22:28 von Settembrini »
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #21 am: 25.05.2020 | 22:32 »
Ja, ist doch alles gut. Du hast es halt nicht hingekriegt. Ist vollkommen okay. Ich kriege auch nicht jedes Spiel hin. Jeder hat seine Schwächen.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #22 am: 25.05.2020 | 22:39 »
Werdet glücklich damit, aber wenn alle anderen Methoden außer Dorffrauen müssen einem engen Rollenkorsett folgen um eine Botschaft des AUTORS zu transportieren verboten oder unmöglich sind, dann ist das ein sehr dünnes Brett, spielerisch gesehen, was da gebohrt wurde.

Sorry, aber wenn "können sich nicht in wenigen Tagen nennenswerte Kampffertigkeiten antrainieren oder die Vorurteile ihrer Gesellschaft komplett beseitigen" bereits ein "enges Rollenkorsett" ist, dann ist dir echt nicht zu helfen.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #23 am: 25.05.2020 | 22:41 »
Nein, was Kagematsu angeht ist mir nicht zu helfen. Habe ich auch nie behauptet.
caveat lusor, sie befinden sich in einer Gelben Zone - Der PESA RHD warnt!

Abenteuerpunkt. das fanzine des autorenkollektivs.
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Re: Misery Tourism (war RoboGasm-Gate eure Meinung?)
« Antwort #24 am: 25.05.2020 | 22:48 »
Mir ging's hier nicht um konkrete Spiele, auch nicht um Kagematsu - das kenne ich nicht und das interessiert mich auch ehrlich gesagt nur marginal. Die Volte, durch die das im Usprungsthread Thema wurde, konnte ich schon dort nicht nachvollziehen.

Worum es mir ging, war Begriff "Misery Tourism" -  was ich mir darunter vorzustellen habe, wie ich das einzuordnen habe. Ersteres wurde mir erklärt (danke), letzteres habe ich danach alleine geschafft.


Da meine Frage geklärt ist und jetzt die unnötigen Spitzen anfangen zu fliegen werde ich meine Ankündigung wahr machen und den Thread hier schließen.
Die Endlosdiskussion, wer welches Spiel doof findet und die Spitzen mag ich in meinen ungelesenen Antworten nicht sehen, wenn Ihr da noch weiter Bedarf habt, werdet Ihr Euch eine andere Arena suchen müssen. ;)

Dank an Settembrini für die Beantwortung meiner Frage.
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