Autor Thema: Psychologische Zustände  (Gelesen 7613 mal)

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Offline ArneBab

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #50 am: 24.06.2020 | 11:00 »
Finde beide Gedanken witzig  ~;D
Das zieht noch weitere Kreise, wenn andere Wissenschaftler antworten: Bei uns klappt das auch :-)
(Bei Physik z.B., auf dem Level an Physik, das für praktisches Rollenspiel nützlich ist)
1w6 – Ein-Würfel-System — konkret und direkt, einfach saubere Regeln.
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Offline ArneBab

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #51 am: 24.06.2020 | 11:25 »
Martin Bohus ist Psychiatrieprof. in Heidelberg und in Deutschland einer der wichtigsten Vertreter der Dialektisch-Behavioralen Therapie, kurz DBT (ein Borderline-Therapieansatz, der ursprünglich von Marsha Linehan aus den USA stammt und in dem auch Achtsamkeit eine Rolle spielt) bekannt.
Danke!
Zitat
Nagel auf den Kopf  ;). Ich wollte dir nur mal ein Grundbedürfniss Modell skizzieren, das gut empirisch fundiert ist. Letztlich leiten sich daraus aber Persönlichkeitstypen ab (-> meine Buchempfehlung) und mit etwas Arbeit könnte man für jeden Persönlichkeitstyp Triggersitutationen bestimmten, auf die ein NSC/Char stark positiv/negativ reagiert. Allerdings wäre mir persönlich das schon zu kleinteilig.
Schätzt du aktuelle Entwicklungen in der Psychologie so ein, dass weniger kleinteilige, aber konkretere Erkenntnisse in Arbeit sind, oder ist der aktuelle Stand eher statisch?

Mein persönlicher Eindruck ist, dass "wir" (Menschen) die Bandbreite an psychologischen Reaktionen noch weitaus weniger verstehen als z.B. Reaktionen auf Verletzungen oder die möglichen Leistungen im Sport — oder die in einem Gewaltmarsch zurücklegbaren Entfernungen. Passt das soweit, oder ist das nur meine fachfremde Blindheit? :-)

Wird da inzwischen eigentlich in signifikanter Menge mit Daten aus Sozialen Netzwerken gearbeitet? Ich weiß, dass das die Grundlage für die Propaganda von Cambridge Analytica ist (es wurde gezeigt, dass Werbung auf Grundlage der Big 5 etwa 14x so effektiv ist wie ungezielte Werbung). Läuft die Grundlagenforschung in dem Bereich weiter?
Zitat
Genau richtig verstanden. Und dein Einwand bezüglich Attraktivität stimmt ebenfalls. Natürlich kann jeder was aus sich machen und auch die Schönheitsideale für Körperformen haben sich im Laufe der Zeiten/Kulturen gewandelt. Allerdings kann man den Körper (und v.a. das Gesicht), mit dem man geboren ist, nur begrenzt verändern. Daher schrieb ich von "hoher genetischer Determination", noch besser wäre "relevant hoher" gewesen  ;D.
Das klingt danach, als bräuchte eine detaillierte Modellierung einerseits das Attribut, das dann eine Grundlage für Selbstgestaltungs-Proben für den Tag gibt, die wiederum die Grundlage für die sozialen Proben des Tages liefern.

Im Endeffekt temporäre Modifikationen des Attributs. Dann beginnen allerdings soziale Runden mit der Frage "was zieh ich heute an?" — ich befürchte, der Teil könnte mir so verhasst werden, wie anderen ein detailliertes Kampfsystem ;-)
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Offline nobody@home

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #52 am: 24.06.2020 | 12:04 »
Im Endeffekt temporäre Modifikationen des Attributs. Dann beginnen allerdings soziale Runden mit der Frage "was zieh ich heute an?" — ich befürchte, der Teil könnte mir so verhasst werden, wie anderen ein detailliertes Kampfsystem ;-)

Nun, es soll ja durchaus soziale Kreise geben, in denen die Antwort auf genau diese Frage tatsächlich mindestens so wichtig ist wie die Wahl der Waffen. ;)

Offline flaschengeist

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #53 am: 24.06.2020 | 22:24 »
Danke!Schätzt du aktuelle Entwicklungen in der Psychologie so ein, dass weniger kleinteilige, aber konkretere Erkenntnisse in Arbeit sind, oder ist der aktuelle Stand eher statisch?

Mein persönlicher Eindruck ist, dass "wir" (Menschen) die Bandbreite an psychologischen Reaktionen noch weitaus weniger verstehen als z.B. Reaktionen auf Verletzungen oder die möglichen Leistungen im Sport — oder die in einem Gewaltmarsch zurücklegbaren Entfernungen. Passt das soweit, oder ist das nur meine fachfremde Blindheit? :-)

Ich denke, es ist eine Mischung aus: 1. Der Forschungsgegenstand ist, im Vergleich zu Schmerzphysiologie oder Chemie, schwerer valide zu untersuchen 2. Man weiß schon viel (Menschen sind nicht so unterschiedlich/einzigartig, wie sie aus Gründen der Selbstwerterhöhung gerne wären ;)), aber das in realistischen Regeln abzubilden, ist zu kompliziert (für meinen Geschmack zumindest).

Wird da inzwischen eigentlich in signifikanter Menge mit Daten aus Sozialen Netzwerken gearbeitet? Ich weiß, dass das die Grundlage für die Propaganda von Cambridge Analytica ist (es wurde gezeigt, dass Werbung auf Grundlage der Big 5 etwa 14x so effektiv ist wie ungezielte Werbung). Läuft die Grundlagenforschung in dem Bereich weiter?

Dazu kann nichts fundiertes sagen. Zu den Big 5 aber noch, dass die Big 3 (Extraversion/Introversion, Emotionale Stablität/Neurotizismus, Verträglichkeit/Unverträglichkeit) auch bei verschiedensten Tierarten nachgewiesen wurden. Diese drei Faktoren haben damit offenbar eine starke biologische Grundlage, während die anderen Faktoren (manche Modelle haben mehr als 5) eher kulturell bedingt (und variant) scheinen.

Das klingt danach, als bräuchte eine detaillierte Modellierung einerseits das Attribut, das dann eine Grundlage für Selbstgestaltungs-Proben für den Tag gibt, die wiederum die Grundlage für die sozialen Proben des Tages liefern.

Lustigerweise habe ich das genau so geregelt  ;D: Sich "hübsch machen" generiert eine Hilfe (ähnlich zur D&D5 Vorteils/Nachteils-Mechanik) auf (viele) soziale Fertigkeitsproben (die wiederum wesentlich auf Charisma basieren).
« Letzte Änderung: 24.06.2020 | 22:27 von flaschengeist »
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
Hier findet ihr mein mittelgewichtiges Rollenspiel-Baby, das nach dieser Philosophie entstanden ist, zum kostenfreien Download: https://duodecem.de/

Offline ArneBab

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #54 am: 27.06.2020 | 20:14 »
Ich denke, es ist eine Mischung aus: 1. Der Forschungsgegenstand ist, im Vergleich zu Schmerzphysiologie oder Chemie, schwerer valide zu untersuchen 2. Man weiß schon viel (Menschen sind nicht so unterschiedlich/einzigartig, wie sie aus Gründen der Selbstwerterhöhung gerne wären ;)),

Lustigerweise habe ich das genau so geregelt  ;D: Sich "hübsch machen" generiert eine Hilfe (ähnlich zur D&D5 Vorteils/Nachteils-Mechanik) auf (viele) soziale Fertigkeitsproben (die wiederum wesentlich auf Charisma basieren).
Sehr cool! :-) Danke für deine ganzen fundierten Antworten hier!
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #55 am: 27.06.2020 | 20:22 »
Nun, es soll ja durchaus soziale Kreise geben, in denen die Antwort auf genau diese Frage tatsächlich mindestens so wichtig ist wie die Wahl der Waffen. ;)
Ich weiß gar nicht, was du meinst  ~;D

Ernsthaft: Ich verstehe das nur auf intellektueller Ebene, kann es aber nicht nachfühlen. Ich trage entweder, was mir gefällt, oder was notwendig ist. Ich befürchte, dass das bedeutet, dass soziale Konflikte für mich kein bewusster Teil meines Lebens sind, und ich sie eher von außen betrachte. Bin ich dadurch ungeeignet, um solche Regeln zu entwickeln, oder geeignet, weil ich wenige Grundannahmen habe?
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #56 am: 27.06.2020 | 20:48 »
Ich weiß gar nicht, was du meinst  ~;D

Ich rede natürlich in erster Linie von der Hai-...äääh, High Society. Wo man im Zweifelsfall zur großen Gala besser nicht nach subtilen und oft willkürlichen Standards beurteilt "unpassend" gekleidet auftaucht, weil man sonst unter Umständen das Risiko eingeht, gerade bei den Leuten, die man eigentlich beeindrucken will, erst mal Minuspunkte zu sammeln, bevor auch nur das erste Wort gewechselt ist. ;)

(Und ja, klar ist das oberflächlich. Aber wenn ausgerechnet die Baroneß, der gegenüber mein Charakter mit seinem Charme glänzen will, um ein paar Informationen aus ihr herauszuleiern, nun mal wirklich so gestrickt sein sollte...?)

Und dabei habe ich von ähnlich gepolten Teenager-Cliquen und dergleichen noch gar nicht mal angefangen...

Offline ArneBab

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #57 am: 28.06.2020 | 10:19 »
Und dabei habe ich von ähnlich gepolten Teenager-Cliquen und dergleichen noch gar nicht mal angefangen...
Oder Kollegen, die sich den Mund über Leute zerreißen, die nicht passend gekleidet sind. Ich bin froh, dass ich von sowas bei meinem Arbeitgeber nichts mitbekomme. Ich hoffe, dass das bedeutet, dass das auch nicht passiert  ^-^.
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #58 am: 28.06.2020 | 12:46 »
Das sind aber wohlgemerkt auch meistens die Leute, die selbst leicht zu manipulieren sind und sich nicht gerade in der Königsklasse sozialer Interaktionskompetenz bewegen.
"Kannst du dann bitte mal kurz beschreiben, wie man deiner Meinung bzw. der offiziellen Auslegung nach laut GE korrekt verdurstet?"
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #59 am: 29.06.2020 | 14:33 »
Sehr cool! :-) Danke für deine ganzen fundierten Antworten hier!

Gern geschehen :).
Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (frei nach Antoine de Saint-Exupéry). Ein Satz, der auch für Rollenspielentwickler hilfreich ist :).
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #60 am: 5.07.2020 | 22:34 »
So, nachdem die Diskussion hier ja abgeschlossen zu sein scheint, hab ich auch endlich die Zeit, etwas beizutragen ;)

Wenn auch nur ein wenig.

Letzten Endes sind es für mich glaube ich sogar zwei getrennte Themen, das eine sehr komplex, das andere uU deutlich einfacher zu lösen. Psychologische Zustände im Sinne von Emotionen, Bindungen, Motivationen und solchen Dingen finde ich tatsächlich (noch) relativ schwer in Regeln zu gießen, die dann auch tatsächlich hilfreich sind. Ich habe mir hier in der Vergangenheit schon öfters Gedanken darüber gemacht, ich glaube aber, das ist etwas Erklärungsbedürftiger und daher einen eigenen Post wert.

Der zweite Punkt ist der mit den Prinzipien.

Hierzu eine kleine Anekdote:
Ich spiele in meiner Hauptgruppe mit einem guten Freund zusammen, des Charakter sich selbst als sehr Göttertreu beschreiben würde. Eigentlich ist er überzeugt davon, stets und immer nach den Grundsätzen und Prinzipien der Götter zu handeln.
Wenn man sich aber sein tatsächliches Handeln ansieht, widerspricht dies den göttlichen Prinzipien in geradezu fundamentaler Weise. Eigentlich müsste man sagen, dass er nahezu permanent die Regeln beugt, biegt und bricht, wenn es ihm einen Vorteil verschafft oder in den Kram passt.

Das brachte mich auf die Idee für folgendes Prinzipien-System:
In der Psychologie gibt es das sehr mächtige Konzept der kognitiven Dissonanz. Vereinfacht und laienhaft ausgedrückt besagt es, dass wir Menschen oft nicht so handeln, wie wir eigentlich denken oder glauben, dass wir handeln würden. Das geht solange gut, bis es uns selbst bewusst wird, dass es diesen Widerspruch gibt und sobald er uns einmal aufgefallen ist, fühlen wir uns solange schlecht, bis wir es schaffen diesen Konflikt irgendwie aufzulösen.

Meine erste Grundannahme war nun, dass dem Charakter meines Kumpels gar nicht bewusst war, dass das, was er sagte und das, was er tat, im Widerspruch steht. Also haben wir ihn irgendwann in game darauf angesprochen. Sein Char zuckte nur mit den Schultern und konnte uns glasklar erklären, dass dies kein Problem sei, weil es eben ein anderes Prinzip gäbe, das noch wichtiger sei.

Seitdem habe ich das System der hierarchischen Prinzipien im Hinterkopf.

Vorneweg: Ich habe es noch nie am Spieltisch ausprobiert, sondern bisher nur als Gedankenexperiment. Aber eigentlich müsste es ganz gut funktionieren.

Wie sieht das System aus:
Jeder Charakter startet in das Spiel mit einem Set aus definierten Prinzipien. Das können ganz einfache, generelle Sachen sein, soetwas wie "du sollst nicht töten", "du sollst nicht Ehebrechen" und "du sollst nicht stehlen." Es kann aber auch durchaus spezifischer sein, soetwas wie "als Diener der Gottheit X bin ich dazu verpflichtet für jede Leistung, die ich erbringe, eine Gegenleistung zu verlangen."
Diese Prinzipien werden in eine Rangreihenfolge gebracht.
Für die meisten Menschen wäre zum Beispiel: "Du sollst nicht töten" wichtiger als "du sollst nicht stehlen", auch wenn dies nicht zwangsläufig der Fall sein muss.

Kommt der Charakter nun im Spiel in eine Situation, in der Stehlen könnte, kann er sich jederzeit entscheiden: Verhalte ich mich meinen Prinzipien konform, geht alles seinen normalen Weg. Er kann sich aber auch entscheiden, sein Prinzip zu brechen. Tut er dies, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Möglichkeit 1: er bricht das Prinzip, weil er damit ein anderes, höher liegendes Prinzip (z.B. nicht zu töten) aufrecht erhält. In diesem Fall ist alles gut und die Tat hat keine Konsequenzen, weil er sich letztendlich Prinzipienkonform verhält - nur das halt in dieser speziellen Situation die Prinzipien in Widerspruch stehen. Dies ist, was bei meinem Kumpel meist der Fall zu sein scheint.
Möglichkeit 2: Er bricht das Prinzip, ohne damit ein höher liegendes Prinzip auszuführen. Es kommt zu besagter kognitiver Dissonanz, die sich beispielsweise in grundsätzlichen probenerschwernissen regeltechnisch äußern kann. Diese bleiben so lange erhalten, bis
a) das Prinzip so umgeschrieben wird, dass es im vorliegenden Fall nicht gebrochen worden wäre. Beispielsweise kann aus "du sollst nicht stehlen" ein "du sollst nicht ohne dringende Not stehlen" werden
b) ein in der Prinziphierarchie niedriger platziertes Prinzip gefunden wird, dass den Bruch des wichtigeren Prinzips geschützt worden wäre. In diesem Fall steigt das niedrigere Prinzip im Rang, bis es wichtiger ist als das gebrochene.
c) er für den Prinzipienbruch in irgendeiner Art und Weise buße getan hat

Das schöne ist, mit einer so relativ einfach zu handhabenden Liste kriegt man sofort einen Charakter relativ detailiert beschrieben, weil man auf einen Blick sieht, was ihm wichtig ist, und das Rollenspiel bekommt eine neue Dimension, weil man tatsächlich Konflikte auslösen kann, die im Charakter selbst liegen.

So, soviel erstmal dazu.

Und an dieser Stelle nochmal danke für die bisherige Diskussion, fand ich sehr spannend zu lesen!
 aus freien Stücken. Es kommt zu besagter Dissonanz und damit zu Abzügen auf weitere Proben führt.
Bricht er das Prinzip, gibt es
Power Gamer: 33% Butt-Kicker: 21% Tactician: 67% Specialist: 42% Method Actor: 88% Storyteller: 75% Casual Gamer: 42%

Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

Würde gern spielen: Altered Carbon, Shadowrun, Cyberpunk, irgendetwas aus diesem Genre... außerdem The Witcher, Nesciamus, Vampire, ... irgendwas

Offline ArneBab

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #61 am: 10.07.2020 | 23:32 »
So, nachdem die Diskussion hier ja abgeschlossen zu sein scheint, hab ich auch endlich die Zeit, etwas beizutragen ;)
:-)

Zitat
Wenn auch nur ein wenig.

Ist doch einiges zusammen.

Zitat
Letzten Endes sind es für mich glaube ich sogar zwei getrennte Themen, das eine sehr komplex, das andere uU deutlich einfacher zu lösen. Psychologische Zustände im Sinne von Emotionen, Bindungen, Motivationen und solchen Dingen finde ich tatsächlich (noch) relativ schwer in Regeln zu gießen, die dann auch tatsächlich hilfreich sind. Ich habe mir hier in der Vergangenheit schon öfters Gedanken darüber gemacht, ich glaube aber, das ist etwas Erklärungsbedürftiger und daher einen eigenen Post wert.
Zum Spiel mit Bindungen, zumindest unter SCs, gibt es im Nachbarthread gerade schöne Ideen: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,115781.0.html
Zitat
Meine erste Grundannahme war nun, dass dem Charakter meines Kumpels gar nicht bewusst war, dass das, was er sagte und das, was er tat, im Widerspruch steht. Also haben wir ihn irgendwann in game darauf angesprochen. Sein Char zuckte nur mit den Schultern und konnte uns glasklar erklären, dass dies kein Problem sei, weil es eben ein anderes Prinzip gäbe, das noch wichtiger sei.

Seitdem habe ich das System der hierarchischen Prinzipien im Hinterkopf.

Vorneweg: Ich habe es noch nie am Spieltisch ausprobiert, sondern bisher nur als Gedankenexperiment. Aber eigentlich müsste es ganz gut funktionieren.

Jeder Charakter startet in das Spiel mit einem Set aus definierten Prinzipien.…
Für die meisten Menschen wäre zum Beispiel: "Du sollst nicht töten" wichtiger als "du sollst nicht stehlen", auch wenn dies nicht zwangsläufig der Fall sein muss.
Ich habe schon mit Leuten diskutiert, die das anders sehen; das sind dann z.B. Leute, die Generika verbieten wollen *schüttel*.
Zitat
Möglichkeit 1: er bricht das Prinzip, weil er damit ein anderes, höher liegendes Prinzip (z.B. nicht zu töten) aufrecht erhält. In diesem Fall ist alles gut und die Tat hat keine Konsequenzen, weil er sich letztendlich Prinzipienkonform verhält - nur das halt in dieser speziellen Situation die Prinzipien in Widerspruch stehen. Dies ist, was bei meinem Kumpel meist der Fall zu sein scheint.
Soweit ich es verstehe, brauchst du hierfür Grundprinzipien — also die höchstliegenden Prinzipien, auf die du immer zurückfallen kannst, wenn du ein weniger wichtiges brechen willst. Das ist was, mit dem ich auch spiele — dafür habe ich die Grundantriebe übernommen: Jeder Char hat 3 der 18 Grundprinzipien, allerdings bisher nur als Hinweis und ohen Regeln.
Zitat
Möglichkeit 2: Er bricht das Prinzip, ohne damit ein höher liegendes Prinzip auszuführen. Es kommt zu besagter kognitiver Dissonanz, die sich beispielsweise in grundsätzlichen probenerschwernissen regeltechnisch äußern kann. Diese bleiben so lange erhalten, bis
a) das Prinzip so umgeschrieben wird, dass es im vorliegenden Fall nicht gebrochen worden wäre. Beispielsweise kann aus "du sollst nicht stehlen" ein "du sollst nicht ohne dringende Not stehlen" werden
b) ein in der Prinziphierarchie niedriger platziertes Prinzip gefunden wird, dass den Bruch des wichtigeren Prinzips geschützt worden wäre. In diesem Fall steigt das niedrigere Prinzip im Rang, bis es wichtiger ist als das gebrochene.
A und B klingen wie eine spannende Grundlage für ein spezialisiertes Spiel, das genau diese Aspekte erkundet.
Zitat
c) er für den Prinzipienbruch in irgendeiner Art und Weise buße getan hat

Und an dieser Stelle nochmal danke für die bisherige Diskussion, fand ich sehr spannend zu lesen!
Geht mir auch so — auch von mir danke!
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #62 am: 12.07.2020 | 14:18 »
Zum Spiel mit Bindungen, zumindest unter SCs, gibt es im Nachbarthread gerade schöne Ideen: https://www.tanelorn.net/index.php/topic,115781.0.html

Ja, habe ich auch schon gesehen.
Bin auch schwer am überlegen, mir das eine oder andere dort genannte System mal näher anzusehen... wenn das Geld nicht nur schon anderweitig verplant wäre und ich mehr Zeit hätte...

Ich habe schon mit Leuten diskutiert, die das anders sehen; das sind dann z.B. Leute, die Generika verbieten wollen *schüttel*.

Das ist ein tolles Beispiel für Möglichkeit A. Aus: "Du sollst nicht töten" wird dann halt schnell "du sollst nicht aktiv töten, aber unter gewissen (im Zweifel flexiblen) Bedingungen ist es legitim lebensrettende Hilfe zu verweigerm."

Soweit ich es verstehe, brauchst du hierfür Grundprinzipien — also die höchstliegenden Prinzipien, auf die du immer zurückfallen kannst, wenn du ein weniger wichtiges brechen willst. Das ist was, mit dem ich auch spiele — dafür habe ich die Grundantriebe übernommen: Jeder Char hat 3 der 18 Grundprinzipien, allerdings bisher nur als Hinweis und ohen Regeln.

Exakt.
Und das schöne ist: Du kannst sogar einfach mit 3 Prinzipien anfangen und im Laufe des Spiels erweitern.
Hab sogar überlegt, ob man den Spielern nicht einen kleinen Bonus in irgendeiner Form gibt, wenn sie sich auf Basis bisheriger Verhaltensweisen dazu entscheiden, ein neues Prinzip festzuschreiben. Immerhin regt es das Charakterspiel an. Hab es aber bisher nicht ausprobiert (und bin auch eigentlich kein Freund davon, irgendwelche Belohnungen für Spielmechaniken einzuführen...)
Power Gamer: 33% Butt-Kicker: 21% Tactician: 67% Specialist: 42% Method Actor: 88% Storyteller: 75% Casual Gamer: 42%

Spielt zur Zeit: DSA Briefspiel, sowie 3-6 DSA Larps pro Jahr. Am Tisch: derzeit nix ;D

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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #63 am: 12.07.2020 | 17:08 »
Hab sogar überlegt, ob man den Spielern nicht einen kleinen Bonus in irgendeiner Form gibt, wenn sie sich auf Basis bisheriger Verhaltensweisen dazu entscheiden, ein neues Prinzip festzuschreiben. Immerhin regt es das Charakterspiel an. Hab es aber bisher nicht ausprobiert (und bin auch eigentlich kein Freund davon, irgendwelche Belohnungen für Spielmechaniken einzuführen...)
Ich habe für mich eine Mechanik, über die Charakterentwicklung schneller geht; eigentlich nur für das Vernarben von Wunden: Wenn deine Wunden überhand nehmen, kannst du sie vernarben lassen, indem du einen Vorteil und einen gleichwertigen Nachteil nimmst. Der Vorteil zeigt, wieso du weitermachst, der Nachteil zeigt die Narbe, die bleibt.

Diese Option könntest du eröffnen, wenn jemand einen Grundwert ändert. Dadurch wird der Char nicht insgesamt stärker (es ist also keine echte Belohnung), kann aber in bestimmten Gebieten an Macht gewinnen. Er wird fokussierter. Die Schwäche macht ihn dabei angreifbarer (und damit interessanter).
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Re: Psychologische Zustände
« Antwort #64 am: 12.07.2020 | 17:10 »
Und das schöne ist: Du kannst sogar einfach mit 3 Prinzipien anfangen und im Laufe des Spiels erweitern.
Genau so fängt das an. Die 3, die du hast, werden aus achtzehn ausgewählt, um eine gemeinsame Grundlage zu haben. Du hast davon aber nur die 3 (ich denke, dass mehr unübersichtlich würden — gehe davon aus, dass eins der Prinzipien dominant werden wird).
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