Autor Thema: „Play to find out“ versus tiefgründige Story  (Gelesen 9974 mal)

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Offline ArneBab

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #100 am: 6.10.2020 | 16:50 »
Aber das "gedanklich befassen" muss ja nicht die Form einer szenischen Ausarbeitung haben; natürlich überlege ich mir vorher, wie die Charaktere mit verschiedenen Elementen des Szenarios interagieren und welche Möglichkeiten sich ihnen dabei jeweils eröffnen (und dass es mehr als eine Möglichkeit geben sollte, weiterzukommen). Aber das muss doch nicht über den Umweg stattfinden, dass ich schon vorher überlege, was wann wo mit Wem stattfindet.
Das ist für mich kein Umweg zu "was können sie machen", sondern wie ich mich in die Stimmung der Szene einfühle, um Stimmung besser vermitteln zu können — egal wie die genaue Ausgestaltung dann wird.
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Achamanian

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #101 am: 6.10.2020 | 17:02 »
Das ist für mich kein Umweg zu "was können sie machen", sondern wie ich mich in die Stimmung der Szene einfühle, um Stimmung besser vermitteln zu können — egal wie die genaue Ausgestaltung dann wird.

Hm, Stimmung vermitteln ist noch so ein anderes Reizthema für mich. Stimmung überlege ich mir als SL nur sehr begrenzt vorher, sondern versuche das aufzunehmen, was im Spiel entsteht. Nichts Schlimmeres als Kaufabenteuer, die einem vermitteln, man sei als SL ne Null, weil die Spieler aus der superstimmungsvollen Grusel-Szene vielleicht eine Splatterkomödie machen ...

Offline Lord Verminaard

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #102 am: 6.10.2020 | 18:05 »
Das hatte aber in meinen Augen nichts mit unterschiedlichen Auffassungen von Spaß oder unterschiedlichen Wellenlängen zu tun, sondern nur mit der klassischen Betriebsblindheit der SL, die natürlich das, was sie sich ausdenkt, auch plausibel und nachvollziehbar findet.

Und je mehr ich in Szenen vorbereite, desto mehr Laufe ich für mein Gefühl immer wieder in genau diese Betriebsblindheits-Falle.

Ja okay, das kann ich nachvollziehen, so was ist mir natürlich auch schon passiert. Ist natürlich auch bei Improvisation nicht ausgeschlossen, aber bei geplotteten Abenteuern in Verbindung mit Flaschenhälsen ist das eine Gefahr, derer man sich bewusst sein sollte. Hätte ich jetzt weniger unter "Plausibilität" gefasst aber sei's drum.

Es könnte ja aber auch sein, dass deine Wendung total originell und cool ist und einer der Spieler kommt dann sogar drauf, vielleicht sogar früher als du erwartet hattest, und das ist dann halt das, was ich persönlich am Rollenspiel geil finde. Könnt ihr jetzt natürlich wieder behaupten, das kriegt ihr auch improvisiert hin, und ich ziehe dann skeptisch eine Augenbraue hoch, aber an der Stelle waren wir ja vor zwei Seiten schon mal. ;)
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Achamanian

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #103 am: 6.10.2020 | 18:12 »
Es könnte ja aber auch sein, dass deine Wendung total originell und cool ist und einer der Spieler kommt dann sogar drauf, vielleicht sogar früher als du erwartet hattest, und das ist dann halt das, was ich persönlich am Rollenspiel geil finde. Könnt ihr jetzt natürlich wieder behaupten, das kriegt ihr auch improvisiert hin, und ich ziehe dann skeptisch eine Augenbraue hoch, aber an der Stelle waren wir ja vor zwei Seiten schon mal. ;)

Na ja, dass jemand von deinen Spielern früher als erwartet drauf kommt, kriegst du wahrscheinlich weder vorbereitet noch improvisiert hin (EDIT: Das kann der Spieler nur selbst hinkriegen ...)  ;)

Offline Maarzan

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #104 am: 6.10.2020 | 18:16 »
Na ja, dass jemand von deinen Spielern früher als erwartet drauf kommt, kriegst du wahrscheinlich weder vorbereitet noch improvisiert hin (EDIT: Das kann der Spieler nur selbst hinkriegen ...)  ;)

Vor allem schießt er dir damit die Folgeszenen, und dann?

Wir haben bei der Verschwörung von Gareth (nicht mehr OriginalDSA) den Hauptverschwörer mehr oder weniger aus Versehen am ersten Abend gekillt. Das war dann grandios zu Ende improvisiert worden, aber wie hätte das dann geplant werden sollen?
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Offline Crimson King

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #105 am: 6.10.2020 | 18:23 »
Vor allem schießt er dir damit die Folgeszenen, und dann?

Wir haben bei der Verschwörung von Gareth (nicht mehr OriginalDSA) den Hauptverschwörer mehr oder weniger aus Versehen am ersten Abend gekillt. Das war dann grandios zu Ende improvisiert worden, aber wie hätte das dann geplant werden sollen?

Zwischen dem ersten und zweiten Abend ist üblicherweise genügend Zeit, die Planung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Genauso zwischen dem zweiten und dritten etc.

Du planst mit szenischer Vorbereitung nicht die Kampagne durch. Du hast eine Grobplanung für die Kampagne und eine Detailplanung für die Ereignisse, die nach Ermessen der Spielleitung zeitnah anstehen.
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Offline Maarzan

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #106 am: 6.10.2020 | 18:28 »
Zwischen dem ersten und zweiten Abend ist üblicherweise genügend Zeit, die Planung an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Genauso zwischen dem zweiten und dritten etc.

Du planst mit szenischer Vorbereitung nicht die Kampagne durch. Du hast eine Grobplanung für die Kampagne und eine Detailplanung für die Ereignisse, die nach Ermessen der Spielleitung zeitnah anstehen.

Ersten Abend in der Spielwelt, nicht des Spiels als Spieler... Auftrag bekommen, nach Sonnenuntergang rumgeschnüffelt,  im falschen Zelt beinahe erwischt worden, mit etwas Glück direkt und still abgemurkst. Und das war meiner groben Erinnerung nach auch ein 10to10 Game.


« Letzte Änderung: 6.10.2020 | 18:33 von Maarzan »
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Achamanian

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #107 am: 6.10.2020 | 18:29 »
Vielleicht muss man auch noch mal klären, was wir unter Twists verstehen?

Für mich ist ein Twist der Moment, der plötzlich alle Ereignisse in einem neuen Licht erscheinen lässt. Das geht vom klassischen "Unser Auftraggeber hat uns über's Ohr gehauen" (was in manchen Rollenspielen ja schon erwartet wird) bis zu "Moment, das ist gar kein Dämonenanbeter, sondern nur ein missverstandener Priester einer anderen Ausprägung der Weisheitsgöttin."

Diesen Moment der Erkenntnis in eine Szene fest "reinzuplanen" halte ich für bestenfalls fragwürdig, denn wenn man sich darauf erst mal eingeschossen hat, ist man dauernd damit beschäftigt, ihn entweder zu verheimlichen oder den SC dann im richtigen Moment unter die Nase zu reiben.

Den Twist in der Hintergrundgeschichte anzulegen ist m.E. wunderbar - und man kann und sollte sich dann auch gerne viele Möglichkeiten überlegen, wie die SC das spitzkriegen können. Aber mein Rat wäre immer: Niemals das Abenteuer daran aufhängen, dass die SC eine bestimmte, entscheidende Information nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt bekommen.

Offline Crimson King

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #108 am: 6.10.2020 | 18:42 »
Ersten Abend in der Spielwelt, nicht des Spiels als Spieler... Auftrag bekommen, nach Sonnenuntergang rumgeschnüffelt,  im falschen Zelt beinahe erwischt worden, mit etwas Glück direkt und still abgemurkst. Und das war meiner groben Erinnerung nach auch ein 10to10 Game.

Ich vermute trotzdem, dass ein großer Teil der Planung weiterhin verwendet werden konnte.

Improvisation findet im Rollenspiel ja immer statt. Die Kernthese ist, dass denkwürdige Momente eher entstehen, wenn die Improvisation über ausreichenden Mengen geplanten Materials erfolgt.
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Achamanian

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #109 am: 6.10.2020 | 18:45 »
Improvisation findet im Rollenspiel ja immer statt. Die Kernthese ist, dass denkwürdige Momente eher entstehen, wenn die Improvisation über ausreichenden Mengen geplanten Materials erfolgt.

Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.

Offline Maarzan

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #110 am: 6.10.2020 | 18:48 »
Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.

Exakt, es kommt darauf an, WAS da vorbereitet wurde.
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Offline ArneBab

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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #111 am: 6.10.2020 | 18:52 »
Hm, Stimmung vermitteln ist noch so ein anderes Reizthema für mich. Stimmung überlege ich mir als SL nur sehr begrenzt vorher, sondern versuche das aufzunehmen, was im Spiel entsteht.
Stimmung bereite ich vor — wenn ich genug Zeit habe mit der passenden Musik und vielen kleinen Details. Dass das dann so wird ist nicht garantiert, ohne Vorbereitung sind die Situationen aber deutlich weniger intensiv. Dann fehlen mir die Versatzstücke, die ich zusammenfüge.
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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #112 am: 6.10.2020 | 19:00 »
Da bin ich voll deiner Meinung.
Würde das aber - einmal mehr - nicht mit szenischer Vorbereitung gleichsetzen.

Ich auch nicht. Die ist meines Erachtens vor allem für charakterzentriertes Spiel geeignet, bei dem es vor allem anderen um die Story der Protagonisten gehen soll, und bereitet spezifisch Szenen vor, die für die Protagonisten von Relevanz sind, so dass sich der Handlungsverlauf recht gut vorhersagen lässt. Das ist auch der Hauptgrund für mich, keine Fertigabenteuer zu leiten. Die sind definitiv nicht auf die Charaktere meiner Spieler zentriert.

OSR-Fans werden dagegen definitiv nicht szenisch vorbereiten, und denen will ich deshalb nicht absprechen, im positiven Sinne denkwürdige Spielerlebnisse zu produzieren.
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Re: „Play to find out“ versus tiefgründige Story
« Antwort #113 am: 6.10.2020 | 21:02 »
OSR-Fans werden dagegen definitiv nicht szenisch vorbereiten, und denen will ich deshalb nicht absprechen, im positiven Sinne denkwürdige Spielerlebnisse zu produzieren.
:d
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