Autor Thema: Louise Glück?  (Gelesen 5280 mal)

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Offline Coltrane

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Louise Glück?
« am: 8.10.2020 | 13:10 »
Hat jemand schon mal was von ihr gelesen? Immerhin erhält sie ja den Literaturnobelpreis für 2020. Ich habe noch nie von ihr gehört. Es würde mich interessieren, ob es nur mir so geht.

Offline Niniane

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Re: Louise Glück?
« Antwort #1 am: 8.10.2020 | 13:23 »
Nein, genau das war eben auch mein Gedanke.
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Offline Faras Damion

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Re: Louise Glück?
« Antwort #2 am: 8.10.2020 | 13:25 »
Ich kannte sie auch nicht und habe eben ein paar ihrer Gedichte gelesen.

Aber ich komme mit  Lyrik in fremden Sprachen nicht klar (auch wenn es "nur" Englisch ist).
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Offline Flamebeard

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Re: Louise Glück?
« Antwort #3 am: 8.10.2020 | 13:30 »
Und wenn ich mir die Beschreibung auf Wikipedia so durchlese, hört sich das für mich nach 'Free Jazz, nur als Gedicht' an. Also eher nicht so meine Baustelle.
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Offline Jiba

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Re: Louise Glück?
« Antwort #4 am: 8.10.2020 | 13:35 »
Wenn man "Louise Glück poems" googelt, erhält man in der Google Bildersuche (!) einige Ergebnisse mit ihren Gedichten. Find ich nett, was sie schreibt. Aber bei moderner Lyrik fällt es mir insgesamt oft schwer, das prätentiöse vom tiefsinnigen zu unterscheiden.  :P
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Coltrane

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Re: Louise Glück?
« Antwort #5 am: 8.10.2020 | 13:39 »
Danke euch erstmal. Auch für die Texthinweise.

Offline Little Indian #5

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Re: Louise Glück?
« Antwort #6 am: 8.10.2020 | 16:00 »
Bei uns in Dortmund gibt es eine Straße,  die "Luisenglück" heißt.


Hat aber wahrscheinlich eher nichts mit dem Literaturnobelpreis zu tun...
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Offline Huhn

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Re: Louise Glück?
« Antwort #7 am: 8.10.2020 | 16:29 »
Ich kenne nicht nur Louise Glück nicht, sondern habe zu meiner Schande feststellen müssen, dass ich überhaupt nur von einem Bruchteil der Preisträger und Preisträgerinnen jemals was gehört habe. Und tatsächlich gelesen habe ich bewusst nur von zweien etwas (Sartre, der den Preis nicht angenommen hat, und im Studium sicherlich mal in Ausschnitten Mommsen). Zu Herta Müllers Dichtung hab ich mal nen Vortrag gehört und ... hab festgestellt ... äh ... dass ich damit nicht so viel anfangen kann. Für mich ist es eher ein Abstandhalter, wenn jemand diesen Literaturpreis gewonnen hat. Was weiß ich, was da prämiert wird - jedenfalls nicht der Unterhaltungswert, dessentwegen ich Bücher für gewöhnlich in die Hand nehme.

Edit:
Zitat von: Tante Wiki
Nach Nobels Testament, das den Statuten der Nobel-Stiftung zugrunde liegt, soll mit dem Preis für Literatur ausgezeichnet werden, wer „das Vorzüglichste in idealistischer Richtung geschaffen hat“.
Naja ok, dann geht mir "Vorzüglichkeit" beim Lesen scheinbar ab. Ich les jedenfalls keinen uninteressanten Krempel, nur weil ein Haufen alter Leute in Schweden der Meinung sind, dass da der Menschheit "der größte Nutzen" geleistet worden sei. ;D
« Letzte Änderung: 8.10.2020 | 16:52 von Huhn »

Offline Sashael

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Re: Louise Glück?
« Antwort #8 am: 8.10.2020 | 17:57 »
Haben mich ziemlich umgehauen.
Warum?
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Offline JS

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Re: Louise Glück?
« Antwort #9 am: 8.10.2020 | 18:07 »
Ich habe noch nie von ihr gehört. Es würde mich interessieren, ob es nur mir so geht.

Das muß ich leider von fast jedem Literaturnobelpreisträger behaupten, was aber eher gegen mich spricht und nicht gegen die Bekanntheit dieser Personen. Fachbuch- und Rollenspielautoren werden offenbar nicht berücksichtigt, sonst sähe das ganz anders aus.
 ^-^
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Offline Niniane

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Re: Louise Glück?
« Antwort #10 am: 8.10.2020 | 18:31 »
Von Peter Handke hatte ich im Vorfeld schon gehört, "Die Angst des Torwarts vorm Elfmeter" ist ja durchaus ein Titel, den man vielleicht schon gehört hat. Ansonsten geht es mir aber wie Huhn: Irgendwelche Literaturpreise sind für mich kein Grund, das Buch zu kaufen. Ich habe nämlich häufig auch den Eindruck, dass da die schwurbeligsten Texte prämiert werden, weil kein Jurymitglied zugeben will, dass es den Text eigentlich nicht verstanden hat :D
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Offline tartex

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Re: Louise Glück?
« Antwort #11 am: 8.10.2020 | 18:43 »
Irgendwelche Literaturpreise sind für mich kein Grund, das Buch zu kaufen. Ich habe nämlich häufig auch den Eindruck, dass da die schwurbeligsten Texte prämiert werden, weil kein Jurymitglied zugeben will, dass es den Text eigentlich nicht verstanden hat :D

Naja, beim Großteil der Literatur-Nobelpreise kann den Preis gut nachvollziehen. Wobei ich z.B. mit Handke nix anfangen kann. Dafür bin ich aber umso größerer Jelinek-Fan.
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Offline Jiba

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Re: Louise Glück?
« Antwort #12 am: 9.10.2020 | 08:59 »
Ich bleibe mal bei "Dead End".

Was dort geschildert wird, ist ein gnadenloser Rückblick auf eine Verbindung von zwei Menschen, die katastrophal gescheitert ist. Mich trifft vor allem dieses Nebeneinander von Brutalität und Nichtigkeiten.

Dass es die Autorin dann aber noch hinbekommt, in den letzten drei Versen die vorausgegangene Bitterkeit zu relativieren und zu einem offenen Ende zu kommen, finde ich bemerkenswert.

Ich glaube, es gibt im Leben viel weniger Eindeutigkeit, als es uns die meisten Texte glauben machen wollen. Dieser Text zeigt genau das. Hat mich beeindruckt.

Und doch destillierst du eine für dich eindeutige Bedeutung aus diesem Text. In Wahrheit zeigt er genau das nicht. Er spiegelt das, was man selbst als Leser mit in ihn hineinträgt. Dort wird nicht ein "gnadenloser Rückblick auf eine Verbindung von zwei Menschen, die katastrophal gescheitert ist" geschildert. Dort werden Assoziationsräume ausgebreitet, die diesen Schluss zulassen. Es gibt eben auch keine Eindeutigkeit in der Textinterpretation.
Engel – ein neues Kapitel enthüllt sich.

“Es ist wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Rollenspielern gibt, die unterschiedliche Vorlieben und Perspektiven haben. Es ist wichtig, dass alle Spieler respektvoll miteinander umgehen und dass keine Gruppe von Spielern das Recht hat, andere auszuschließen oder ihnen vorzuschreiben, wie sie spielen sollen.“ – Hofrat Settembrini

Offline Jiba

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Re: Louise Glück?
« Antwort #13 am: 9.10.2020 | 10:18 »
Ganz so beliebig, wie du das hier darstellst ist die Sache aber mit Sicherheit nicht. Gedichte haben einen Interpretationsspielraum, das sicherlich, aber du kannst auch nicht alles mit ihnen machen.

Die Aussage "In Wahrheit zeigt er genau das nicht" ist falsch. Korrekt ist "In Wahrheit zeigt er genau das auch, aber nicht nur." Sagst du ja hinterher selbst.

Das habe ich auch nicht gesagt. Ich habe nicht gesagt, dass es beliebig ist, aber schon, dass es auf die Verfasstheit des Interpretierenden mit ankommt.

Zu dem letzten Satz: Zustimmung. So lässt es sich besser auf den Punkt bringen.
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Offline Sashael

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Re: Louise Glück?
« Antwort #14 am: 9.10.2020 | 14:39 »
Das kann man aber auch aus Texten, die beim automatischen Schreiben entstehen.

Ich gebe zu, dass ich den Gedichten sehr skeptisch gegenüberstehen, weil Frau Glück teilweise eine Technik nutzt, die ich bei Gedichten geradezu verachte.
Um den Reim zu bewahren, macht sie einen Umbruch mitten im Satz, weil sich das dort stehende Wort für einen Reim eignet.

Für manche ist das anscheinend toll und intellektuell anregend, aus dem natürlichen Satzrythmus herausgerissen zu werden, ich sehe das als lazy writing.

Das haben andere Dichter besser hinbekommen.

Ich weiß nicht, was sonst an Nominierungen zur Debatte stand, aber die mir zur Verfügung stehenden Gedichte weisen für mich(!) bei der Wahl in die Richtung, die Niniane vermutet. ;)
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Offline ghoul

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Re: Louise Glück?
« Antwort #15 am: 9.10.2020 | 15:00 »
Ah, eine Seelenverwandte! Mir macht man die gleichen Vorwürfe.
Dabei sehe ich den Fluss gerade nicht gestört, weil der weiterführende Satz die Verse tarnt. Also weniger Brüche des Leseflusses, wenn man flüssig liest.
Die Verse sind dann weniger aufdringlich, subtiler.
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Offline Sashael

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Re: Louise Glück?
« Antwort #16 am: 9.10.2020 | 15:50 »
Die Verse sind dann weniger aufdringlich, subtiler.
Wenn man flüssig liest, sind die Verse nicht subtil, sondern schlicht nicht vorhanden.
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Offline ghoul

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Re: Louise Glück?
« Antwort #17 am: 9.10.2020 | 16:26 »
Dann lies doch halbfluessig!  ~;D
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Re: Louise Glück?
« Antwort #18 am: 11.10.2020 | 14:56 »
Wenn es um Inhalte geht, melde ich mich vielleicht wieder. Bis dahin noch viel Spaß.
Also, so sehr man deiner Herleitung auch zustimmen kann (und das tue ich grundsätzlich – der Ausflug durch die „Versgeschichte“ ist ausgesprochen kenntnisreich)... der Abgang, quasi eine Art Mic-Drop am Ende, aus dem spricht  eine gewisse Trotzigkeit. Ich glaube nicht, dass du so jemanden überzeugen wirst, sich näher mit Lyrik zu beschäftigen.

Wenn Sashael über Form reden will, dann reden wir eben zuerst über Form.
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Re: Louise Glück?
« Antwort #19 am: 11.10.2020 | 17:54 »
Warum spricht hier niemand über Inhalte?
Ich habe die beiden Gedichte gelesen, die du verlinkt hast. Aber in mir lösen die nicht wirklich was Erhellendes aus. Eventuell sind die von der Sorte, dass man sie sehr oft lesen und wirklich reflektieren muss, damit sie einem ans Herz wachsen. Aber das glaube ich in dem Fall, zumindest für mich, nicht.

Soweit ich das der Biographie der Autorin auf Wikipedia entnehme, hat sie einige schwere Schicksalsschläge hinter sich, die wohl großen Einfluss auf ihre Weltsicht und damit ihre Dichtung haben. Damit ist sie in einer Ausgangslage, die ich so nicht mitbringe.

Die beiden verlinkten Gedichte lesen sich für mich bestenfalls melacholisch, schlimmstenfalls etwas hoffnungslos: Gescheiterte Beziehungen halt. Oder so.

Mich hat der Tonfall der Gedichte an die sowjetische Frauendichtung erinnert, die ich mal vor Jahren in einem Seminar lesen musste. Da ging es am laufenden Band um alkoholkranke Frauen und Männer, zerrüttete Verhältnisse, graue Betonwände und Hoffnungslosigkeit. Blaaah. Ich finde das bestenfalls auf einer "musealen Ebene", als Betrachterin von außen, vage interessant. Ansonsten bevorzuge ich Texte mit aktiv an Problemen arbeitenden und irgendwie hoffnungsvoll vorwärts blickenden Protagonist*innen. Oder wenigstens tragisch zum Scheitern verurteilten Sagen/Heldengestalten. Aber dieses dumpfe, graue, hoffnungslose, belanglose Nichts, das mir aus solchen Gedichten wieden verlinkten entgegenschlägt. Das finde ich nur bedrückend, nicht bereichernd, nicht originell, nicht unterhaltsam. Mag ein Spiegel der Lebensumstände Mancher sein - aber was bringts mir, mich mit der Depression anderer zu befassen?

Mich würde ja interessieren, ob auch mal fröhliche Texte einen Nobelpreis wert waren oder ob auch hier zutrifft, dass Elend offenbar immer "lyrisch wertvoller" ist als Freude.

Offline Jiba

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Re: Louise Glück?
« Antwort #20 am: 11.10.2020 | 19:07 »
Mich würde ja interessieren, ob auch mal fröhliche Texte einen Nobelpreis wert waren oder ob auch hier zutrifft, dass Elend offenbar immer "lyrisch wertvoller" ist als Freude.
Wann ist das letzte Mal eine Komödie Bester Film bei den Oscars geworden?

Eben.
Ich muss aber sagen, dass sich das Komische auch für viele Kritiker wesentlich unrealistischer und ferner der echten Probleme anfühlt. Man muss sich als Künstler halt auch mehr emotional nackig machen, wenn man über die schlechten Dinge schreibt, denke ich...
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Re: Louise Glück?
« Antwort #21 am: 11.10.2020 | 20:05 »
Wann ist das letzte Mal eine Komödie Bester Film bei den Oscars geworden?
Sie redete nicht von Komödien, sondern von föhlichen und optimistischen Texten und da gabs einige bei den Oscars.

Ich habe allerdings wirklich den Eindruck, dass heutzutage oft gilt "Drama sells". Eine Entwicklung, die ich persönlich nicht toll finde.
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Offline Coltrane

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Re: Louise Glück?
« Antwort #22 am: 11.10.2020 | 21:32 »


Manchmal fragen mich meine Schüler übrigens, warum es so viele traurige Gedichte gibt.
Ich sage dann oft: "Wenn du glücklich bist, warum solltest du ein Gedicht schreiben?"
Einige zumindest verstehen das.

Naja, dann schreibt man eine "Ode an die Freude".

Offline Huhn

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Re: Louise Glück?
« Antwort #23 am: 11.10.2020 | 21:54 »
Ich sage dann oft: "Wenn du glücklich bist, warum solltest du ein Gedicht schreiben?"
Ach so ein Humbug! Warum sollte man nur dichten, wenn man traurig ist? Joachim Ringelnatz konnte auch die Stimmung bedichten, die man hat, wen man einfach mal so richtig gut gelaunt aufwacht.  ^-^ Ok, ist in diesem Beispiel natürlich lang nicht so anspruchsvoll, aber hey - das verlinkte Gedicht blieb mir im Kopf, macht mich seit Jahren froh und spricht mich sowas von an!

Und man, wie viele Liebesgedichte gibt es! Die sind ja zumeist auch in Höchststimmung verfasst worden!

Achteinhalb Verse lang bekommen wir Leser erzählt, wie sehr das lyrische Ich von der Beziehung die Nase voll hat... dass es die albernen Zwanghaftigkeiten und die geschmacklose Dekoration der Wohnung des Partners nicht mehr ertragen kann und dass es keine Lust mehr auf den Abwasch und den Standard-Sex hat.

Dann schreibt es davon, dass es die Hände und das Haar des Partners und die damit empfundene Lebendigkeit vermisst.

Das Gedicht stellt eine mangelhafte Situation einer anderen gegenüber.
Die Beziehung war nicht gut, also Trennung.
Ohne die Beziehung fehlt Lebendigkeit, also besser doch keine Trennung?

Das klingt verzweifelt, aber andersherum heißt das doch auch, dass beide Situationen etwas für sich haben:
Wenn ich mich trenne, muss ich die schlechte Beziehung nicht mehr ertragen: Yay!
Wenn ich mich nicht trenne, kann ich weiter an dieser Lebendigkeit teilhaben: Yay!
So wie ich das Gedicht verstehe, liegt die Trennung bereits hinter ihr. Und jetzt, wo die verstaubte Beziehung vorbei ist, heult sie ihr nach. "Hach, war zwar alles Scheiße, aber nun will ich ich doch zurück, weil ich mich so bequem ans Elend gewöhnt hatte". Ich mag keine Leute, die nicht zu ihren Entscheidungen stehen wollen. Was denn nun? War die Beziehung nun am Ende oder nicht? Hätte sie sich vor der Trennung überlegen müssen. So ists sinnloses Jammern über verschüttete Milch. Statt loszuziehen und etwas Besseres oder wenigstens Neues zu suchen.

Offline Coltrane

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Re: Louise Glück?
« Antwort #24 am: 11.10.2020 | 21:58 »
Ja, es mag auch ein paar Gegenbeispiele geben.

Die Ode an die Freude nennt es übrigens einen "großen Wurf" einen Freund errungen oder ein holdes Weib gefreit zu haben.
Die Freude ist preiswürdig, weil sie alles andere als selbstverständlich ist.
:d