Autor Thema: Improvisieren vs. Illusionismus  (Gelesen 58728 mal)

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Offline Rorschachhamster

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #225 am: 5.11.2020 | 12:15 »
Nein.  Aber so wie in dem beispiel genannt zu verlieren ist immer schlimm.
Ja, die Aussage "Jetzt ist er weg. Den Ausgang sieht das Szenario nicht vor. Mehr könnt Ihr nicht tun. Ihr habt verloren. Ende." ist natürlich Blödsinn. Siehe auch meine Ausführungen, aber das klang auch eher kindisch, als eine echte Situation mit jemandem, mit dem man ein zweites Mal spielt.  :P
Vor allem weil die Spieler ja vielleicht noch eine Idee hätten, wie sie den Kerl trotzdem einholen könnten -eine Lawine auslösen, auch ohne Skifahrenskill es zu versuchen, dann halt mit Schlitten oder was -vollkommener quatsch. Und wenn sie dann unten ankommen, und der Bösewicht hat den Todesstrahl aktiviert -ist halt so. Coole Geschichte. Fast, Fast...  ;)
Rorschachhamster
DMG Pg. 81 " The mechanics of combat or the details of the injury caused by some horrible weapon are not the key to heroic fantasy and adventure games. It is the character, how he or she becomes involved in the combat, how he or she somehow escapes — or fails to escape — the mortal threat which is important to the enjoyment and longevity of the game."

Offline ArneBab

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #226 am: 5.11.2020 | 12:19 »
Welchen Zweck hat ein Sichtschutz sonst?
Der Sichtschutz kann je nach Intention dafür sorgen, dass Fakten nur etabliert werden, wenn die SL sie explizit sichtbar macht.

Was hinter dem Sichtschirm steht ist nicht real. Es wird erst real, wenn es im Spiel auftaucht. Entsprechend kann über Dinge hinter dem Sichtschirm nur dann getäuscht werden, wenn es explizit die Erwartung gibt, dass die SL sich an ihre privaten Notizen hält.

Ich habe meine Notizen üblicherweise offen (aber unlesbar, verschlüsselt durch die Macht von 30 Jahren Handschriftentwicklung …). Da sieht die Gruppe dann auch mal, dass ich was durchstreiche oder hektisch anfange, neue Namen zu sammeln.

(Beispiel: „OK, den treffen sie also nicht mehr, dann können sie von da keine Informationen erhalten“ — Person weggestrichen.)
« Letzte Änderung: 5.11.2020 | 12:21 von ArneBab »
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Offline felixs

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #227 am: 5.11.2020 | 12:22 »
@felixs: Spricht du in deiner Verteidigung des Wuerfeldrehens edit: Plotschubsens als Spielleiter oder als Spieler?

Beides.
Als Spieler stört es mich nicht.
Als Spielleiter mache ich das, weise aber meist explizit darauf hin. "Ihr müsst das nicht machen, aber dann gibt's keinen Plot." Und vielleicht auch: " nächstes Mal darf jemand anders die Vorbereitung machen."
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Offline Crimson King

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #228 am: 5.11.2020 | 12:23 »
Ganz allgemein schützt der Sichtschutz die Spieler davor, sich zu spoilern, indem er ihnen nicht bekannte Informationen vor ihren Augen verbirgt.
Nichts Bessers weiß ich mir an Sonn- und Feiertagen
Als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Man steht am Fenster, trinkt sein Gläschen aus
Und sieht den Fluß hinab die bunten Schiffe gleiten;
Dann kehrt man abends froh nach Haus,
Und segnet Fried und Friedenszeiten.

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Offline ArneBab

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #229 am: 5.11.2020 | 12:25 »
Ist es nicht. Denn Du weißt es. Und wenn es jemals rauskommt, dann steht deine eigene Integrität, jeder Gewinn den deine Spieler ehrlich gewonnen haben, jede gute Szene ohne Schummeln auch im Verdacht... das ist nicht gut. Kann auch im Nachhinein schöne Erinnerung vergiften.  :-\
Bei mir gilt explizit die Setzung: Es existiert nur, was eingeführt wurde. Was in meinen Notizen steht ist irrelevant und eure Herausforderungen sind über das definiert, was ihr wisst.

(innerhalb gewisser Grenzen: Wenn ich einen NSC eingeführt habe und ihm Werte gegeben habe, die schon irgendwie in eine Beschreibung eingeflossen sind, dann gelten die auch)

Wenn etwas eingeführt wurde, geht es nur über ein explizites „ah, verdammt, das war ein Fehler, können wir das wegmachen oder machen wir an dem jetzigen Stand weiter?“ wieder weg.
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Offline Der Läuterer

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #230 am: 5.11.2020 | 12:30 »
Und zu verlieren ist immer schlimm? Wo ist denn der Wert des Gewinns wenn du immer gewinnst?
Es geht nicht ums Gewinnen wollen oder um das Verlieren können.
Wenn ein Plot vorschreibt, dass der Gegner entkommen muss oder eben nicht entkommen darf, dann ist das etwas, was ich korrigiere bzw. variiere.

Und "Mehr könnt Ihr nicht tun" stimmt ja sowieso nicht - man kann doch immer noch was tun, selbst wenn der Bösewicht gewinnt. Die Auswirkungen reduzieren, weiterkämpfen und halt auch unter Umständen gewaltig Untergehen. Ich verstehe diese "Nee, nicht gewonnen, scheiße" Mentalität überhaupt nicht.
Jetzt bin ich verwirrt.

Du schreibst doch gerade, dass Du den Ausgang des Plots jetzt weiterführst, variierst, improvisierst, wenn das Szenario das nicht vorsieht.

Gibt es demnach ein gutes und ein schlechtes Improvisieren?
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Offline felixs

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #231 am: 5.11.2020 | 12:33 »
Und: Es gibt überhaupt kein "ehrliches Gewinnen". Also, kein objektives Gewinnen der Spieler gegenüber objektiven Herausforderungen.
Das Problem des subjektiven SL mit subjektiven Entscheidungen ist doch bekannt. Mit diversen Graustufen, bis hin zu dunkelschwarz.
Was einem dann Spaß macht, ist Geschmackssache.
Mir geht auf den Keks, dass hier ständig absolut gewertet wird. Die Diskussion über die Möglichkeiten und über weitere Entwicklungen der verschiedenen Formen des Spiels finde ich sehr interessant und produktiv. Die Form ist leider ziemlich destruktiv.
Und, nein, ich sage das nicht, weil irgendjemand argumentativ "gewonnen" hat.
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Offline felixs

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #232 am: 5.11.2020 | 12:35 »
Vielleicht ist das der zentrale Punkt: Gewinnen interessiert mich im Rollenspiel nicht. Es gibt mir nichts.
Möglicherweise hakelt es an der Stelle.
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Offline Issi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #233 am: 5.11.2020 | 12:38 »
Ist es nicht. Denn Du weißt es. Und wenn es jemals rauskommt, dann steht deine eigene Integrität, jeder Gewinn den deine Spieler ehrlich gewonnen haben, jede gute Szene ohne Schummeln auch im Verdacht... das ist nicht gut. Kann auch im Nachhinein schöne Erinnerung vergiften.  :-\
Wenn es rauskommt,  dann .....ja.
(Das Risiko ist da)
Wenn es nicht rauskommt....dann.... nein.
(Es sei denn die SL wird selbst von schlechtem Gewissen geplagt)

Es kann natürlich auch SPL geben, für die das auch nachträglich Ok wäre a la.."Ok es war geschummelt, dafür wurde ich aber gut unterhalten" (Gibt es auch)

Daher mMn. grau.
« Letzte Änderung: 5.11.2020 | 12:41 von Issi »

Offline Ninkasi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #234 am: 5.11.2020 | 12:38 »
.. (aber unlesbar, verschlüsselt durch die Macht von 30 Jahren Handschriftentwicklung …).

scheint mir eine weit verbreitete Methode zu sein. :)

Neuere Entwicklung sind jedoch auch Notizen in digitaler Form.

ErikErikson

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #235 am: 5.11.2020 | 12:39 »
Und: Es gibt überhaupt kein "ehrliches Gewinnen". Also, kein objektives Gewinnen der Spieler gegenüber objektiven Herausforderungen.
Das Problem des subjektiven SL mit subjektiven Entscheidungen ist doch bekannt. Mit diversen Graustufen, bis hin zu dunkelschwarz.

Das finde ich auch. Im Rollenspiel von "Gewinnen" zu reden, ist eine Täuschung, genauso wie wenn ich bei einem Railroading-SL glaube, ich hätte das Abenteuer gelöst. Die Regeln sind zu vage. Beim tabletop ist gewinnen und verlieren möglich, weil die Frage, ob man gewonnen oder verloren hat, theoretisch unabhängig vom referee ist. Die regeln sind so geschreiben, das es so wenig Spielraum wie möglich gibt. Beim Rollenspiel ist das nicht der Fall, der SL entscheidet subjektiv. 

Offline Issi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #236 am: 5.11.2020 | 12:40 »
Zitat
Was hinter dem Sichtschirm steht ist nicht real. Es wird erst real, wenn es im Spiel auftaucht. Entsprechend kann über Dinge hinter dem Sichtschirm nur dann getäuscht werden, wenn es explizit die Erwartung gibt, dass die SL sich an ihre privaten Notizen hält.
Die gibt es aber recht häufig.
Gerade dann, wenn es darum geht eine Lösung zu finden, von der man erwartet, dass sie bei Spielbeginn bereits existiert, da es sonst eine "Fake - Ermittlung" wäre.

Offline Koruun

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #237 am: 5.11.2020 | 12:49 »
Ich habe gelernt: Zum "Illusionismus" muss nur zurückgreifen, wer nicht genügend eigene Werkzeuge zum Improvisieren hat.
Dabei belasse ich es dann auch, da ich den Eindruck habe, vielen geht es nicht darum neue Methoden zu erlernen, sondern die eigene Meinung und den eigenen Stil zu rechtfertigen, um sich nicht schlecht zu fühlen.
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Offline Issi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #238 am: 5.11.2020 | 12:51 »
Ich habe gelernt: Zum "Illusionismus" muss nur zurückgreifen, wer nicht genügend eigene Werkzeuge zum Improvisieren hat.
Dabei belasse ich es dann auch, da ich den Eindruck habe, vielen geht es nicht darum neue Methoden zu erlernen, sondern die eigene Meinung und den eigenen Stil zu rechtfertigen, um sich nicht schlecht zu fühlen.
Ich denke, der Hauptgrund für Täuschung ist ein schlechter Plot (inklusive mangelnder Werkzeuge für die SL) und/oder mangelnde Vorbereitung.

Edit. Letzteres kann auch bewusst gewählt werden- a la "statt mir einen echten Fall mit Lösung auszudenken, lasse ich meine Spieler selbst den Fall bauen (ohne, dass sie es merken)."
Auch das ist Täuschung- Sofern die Spielenden glauben, dass es zu Spielbeginn bereits eine Lösung gibt, die sie auch finden können.
« Letzte Änderung: 5.11.2020 | 12:59 von Issi »

Offline felixs

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #239 am: 5.11.2020 | 12:55 »
Und ich weiß nicht, warum sich irgendjemand schlecht fühlen sollte.
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Offline Koruun

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #240 am: 5.11.2020 | 13:08 »
Ich denke, der Hauptgrund für Täuschung ist ein schlechter Plot (inklusive mangelnder Werkzeuge für die SL) und/oder mangelnde Vorbereitung.

Mangelnde Vorbereitung oder lückenhaftes Abenteuerdesign können natürlich auch dazu führen, klar.
Im Grunde ist "Illusionismus"/Täuschung (oder wie man es nennen mag) eine Reaktion auf unerwartete Handlungen/Entscheidungen der Spieler. Womit du als SL nun auf solche unerwarteten Aktionen vorbereitet bist, ist ja zweitrangig, solange du etwas hast, das dich die freien Entscheidungen der Spieler respektieren lässt. Auf unerwartete Spieleraktionen spielwelttechnisch kohärent und schlüssig zu reagieren ist mMn die Kunst. Sie dagegen auf unsichtbaren Gleisen dennoch zum vorbereiteten Part zu führen? Kann man machen, kann je nach Spielertyp aber auch ganz schlecht ankommen (und früher oder später merken Spieler das, gerade wenn sie selbst auch leiten).
Sich die nötigen Werkzeuge anzulegen und zu experimentieren was brauchbar ist und was nicht, ist aber auch Arbeit. Dafür hat nicht jeder Zeit oder Lust.
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Offline ghoul

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #241 am: 5.11.2020 | 13:14 »
Ich habe gelernt: Zum "Illusionismus" muss nur zurückgreifen, wer nicht genügend eigene Werkzeuge zum Improvisieren hat.
Dabei belasse ich es dann auch, da ich den Eindruck habe, vielen geht es nicht darum neue Methoden zu erlernen, sondern die eigene Meinung und den eigenen Stil zu rechtfertigen, um sich nicht schlecht zu fühlen.

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Offline Der Läuterer

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #242 am: 5.11.2020 | 13:21 »
Ich war mal als Spieler bei einem Spiel dabei, bei dem (fast) all unsere Vorhersagen und Befürchtungen eintraten.
Wir kamen uns echt clever vor.
Hinterher habe ich dann erfahren, dass der SL alles, anhand unserer Ideen und Einwürfe, innerhalb der Rahmenhandlung, improvisiert hatte.

Das war ein super Spiel, vor allem, weil nicht ständig in den Unterlagen geblättert wurde. Alles war sehr, sehr rund und lief ausgesprochen flüssig.

Ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb ich diese Art von Spiel mag.
Es kommt ohne Brüche aus, die entstehen, wenn der SL in seinen Unterlagen und Regelwerken sucht und blättert...
und dann oft genug, weil er nicht findet, was er gesucht hat, dann doch improvisieren muss.
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Offline Issi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #243 am: 5.11.2020 | 13:31 »
Ich glaube, das ist auch der Grund, weshalb ich diese Art von Spiel mag.
Es kommt ohne Brüche aus, die entstehen, wenn der SL in seinen Unterlagen und Regelwerken sucht und blättert...
und dann oft genug, weil er nicht findet, was er gesucht hat, dann doch improvisieren muss.
Das ist doch dann aber in den meisten Fällen auch "mangelnde Vorbereitung." und/oder "Aufbereitung"
In manchen vielleicht auch nur ein schlechtes Gedächtnis.
Aber in den meisten Fällen doch eher Ersteres.

Man merkt als SPL doch z.B. in vielen Fällen auch ob ein NSC Tiefe hat (Hat der einen Charakter? Passt der zum Abenteuer? Hängt er sinnvoll mit dem Rest zusammen?).- Oder ob der schnell mal eben aus dem Hut geschüttelt wurde.

Edit. Wenn ich z.B. einen NSC ausgearbeitet habe, kann ich ihn entsprechend spielen. Ich kann selbst kleinste Hinweise und Andeutungen machen, die auf "Mehr" hinweisen, als er Preis gibt.
Ich kann meine Darstellung entsprechend anpassen. Wenn ich seine Ziele kenne, seine Schwächen, kann ich ihn ebenfalls entsprechend reagieren lassen.- Anders als wenn ich mir noch nicht im geringsten im Klaren bin, welche Rolle der im Abenteuer einnehmen soll.
« Letzte Änderung: 5.11.2020 | 13:46 von Issi »

Offline Alexander Kalinowski

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #244 am: 5.11.2020 | 13:43 »
Wenn die das so wollen, muss man die nicht täuschen. Ich verweise mal auf Alexander Kalinowskis KotBL, wo ein spezielles Gummipunktsystem für Transparenz statt Täuschung sorgen soll.
Man kann natürlich problematische Situationen (wie das ungeplante, vorzeitige Ableben des Oberbösewichts am Anfang der Kampagne) auch einfach so durch Schummeln handhaben. Die klassische Methode. Den Unterschied machen meine (und auch andere, denke ich) Gummipunkte in dreierlei Hinsicht:
1. Sie kompensieren die Spieler direkt für so eine Art von... ich denke der englische Ausdruck "Fuckery" trifft es am Besten.
2. Sie limitieren für alle Beteiligten, Spieler und Spielleiter, sichtbar wie oft der Spielleiter so eine Nummer abziehen kann. Wenn der Spielleiter 5 Gummipunkte hat und 2 dafür verbraucht (1, damit der Angriff den Oberschurken verfehlt, plus 1, damit er auch sicher entkommen kann), na, dann weiß jeder Spieler, dass der weitere Ausnahmerahmen des SLs weiter beschränkt wird.
3. Sie sind, wie erwähnt, offen. Das Schummeln wird dadurch quasi gamifiziert, zu einem geregelten Spielelement gemacht.

Es ist damit auch so eine Art Exception Handling, um mal auf einen Begriff aus der Software-Entwicklung zurückzugreifen.

Denn Täuschung ist unredlich und sorgt für schlechteres Spiel (Link).

Also dieser Link ist das direkte Gegenstück zum Läuterer. Hier wird, sehr einseitig, das spielerische Element in den Vordergund gestellt. Es wird aber wiederum, nun von der anderen Seite, keine explizite Güterabwägung vorgenommen. Was ist mit der Dramaturgie des Abenteuers? Würfelwürfe können die Dramaturgie des Abenteuers unglaublich verstärken, wenn sie tatsächlich, per Zufall, die dramatischsten Ergebnisse produzieren.

Dies ist aber ganz eindeutig nicht immer der Fall. Manchmal produzieren Würfelwürfe die langweiligsten Resultate - und damit Handlung. Es ist völlig okay zu sagen, dass einem das egal ist, weil einem der Spielaspekt wichtiger ist. Aber das ist kein allgemeingültiges Prinzip, sondern beschränkt auf Spieler mit denselben Präferenzen. Andere Spieler mögen ab und an (oder sehr oft) in so einem Fall, dass Eingegriffen wird durch die Spielleitung.
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Offline Isegrim

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #245 am: 5.11.2020 | 13:47 »
Ich war mal als Spieler bei einem Spiel dabei, bei dem (fast) all unsere Vorhersagen und Befürchtungen eintraten.
Wir kamen uns echt clever vor.
Hinterher habe ich dann erfahren, dass der SL alles, anhand unserer Ideen und Einwürfe, innerhalb der Rahmenhandlung, improvisiert hatte.

Das war ein super Spiel, vor allem, weil nicht ständig in den Unterlagen geblättert wurde. Alles war sehr, sehr rund und lief ausgesprochen flüssig.

Da würd ich mir vermutlich mehr verarscht vorkommen als beim klassischen Illusionismus.

Wirft aber eine Frage auf: Ist Improvisieren Betrug/Täuschung/Whatever, wenn die Spieler davon ausgehen, dass die SL etwas vorbereitet hat?
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Offline Alexander Kalinowski

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #246 am: 5.11.2020 | 13:51 »
Nehmen wir als Beispiel den Film 'Jäger des Verlorenen Schatzes'. Den Chars wird wieder und wieder übel mitgespielt, manchmal haben sie die Oberhand, manchmal nicht. Für das Ende des Films sind ihre Aktionen jedoch unerheblich.

Und wie aufs Stichwort argumentierst du mit... Dramaturgie.  ;D
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Offline Issi

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #247 am: 5.11.2020 | 13:52 »
Wirft aber eine Frage auf: Ist Improvisieren Betrug/Täuschung/Whatever, wenn die Spieler davon ausgehen, dass die SL etwas vorbereitet hat?
Wenn Du mich fragst: Ja Kein klassischer- aber Ja.

Das wirft für mich wiederum die Frage auf: Wie schlimm ist das?

Und da gibt es dann vermutlich verschiedene Antworten, von:
Gar nicht schlimm bis ganz schlimm.

Offline unicum

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #248 am: 5.11.2020 | 14:10 »
Ich war mal als Spieler bei einem Spiel dabei, bei dem (fast) all unsere Vorhersagen und Befürchtungen eintraten.
Wir kamen uns echt clever vor.
Hinterher habe ich dann erfahren, dass der SL alles, anhand unserer Ideen und Einwürfe, innerhalb der Rahmenhandlung, improvisiert hatte.

Das ist eigentlich auch meine Herangehensweise ans Spielen,... ich werfe den Spielern ein Problem hin und wenn sie mit einer Lösung kommen die nur halbwegs okee ist - dann ist das auch okee für mich.

Zur Zeit wollen sie aber eine Kaufkampange spielen weil die ja so toll sein soll,... das mag ja auch sein - alleine ist es für mich etwas eine qual gewesen da ich mich wirklich einlesen musste und mehr vorbereiten muss als wie wenn ich improvieiert vor mich hinspielen kann,...

Offline nobody@home

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Re: Improvisieren vs. Illusionismus
« Antwort #249 am: 5.11.2020 | 14:12 »
Wirft aber eine Frage auf: Ist Improvisieren Betrug/Täuschung/Whatever, wenn die Spieler davon ausgehen, dass die SL etwas vorbereitet hat?

Ich würde sagen: erst einmal nicht. Was die Spieler insgeheim so denken mögen, ist erst mal ihre Privatsache, und wenn sie ohne Rückfrage einfach von sich aus von falschen Voraussetzungen ausgehen, dann ist das schlichtweg Selbsttäuschung ihrerseits.

Interessant wird's erst, wenn die Spieler tatsächlich danach fragen sollten und die Antwort der SL dann von den Tatsachen abweicht...