Zur Einordnung: Unsere über 20jährige 3.5E-Kampagne neigt sich dem Ende zu - bei unserer Spielfrequenz dauert das aber sicher noch ein paar Jahre. Jetzt sind die SCs 16. bis 17. Stufe.
Hier habe ich ein wenig davon erzählt.Als Grundantwort kann ich sagen, dass ich zu Kampagnenbeginn sehr grob die Mythologie, die Chronologie, die spielrelevanten Parteien und ihre ungefähre Lage in der Welt zu Beginn wusste, und sie die Spielgruppe nur die Ausschnitte kannte, die in ihrem Heimatbereich bekannt sind. Mit dem Entdecken der Welt entdeckten sie auch immer mehr über Mythologie, Chronologie und (potentielle) Antagonisten - und ich selbst verfeinerte beim Spielen mein Hintergrundwissen.
1. Woraus sind deine Abenteuer gemacht? Leute, Orte, Ereignisse... Zu welchen Teilen?- Am häufigsten und wirkungsvollsten sind Ereignisse. Meine multiethnische Spielgruppe fühlt sich zuständig für die Geschicke der Welt und ist daher immer neugierig, wenn etwas neues auftaucht - auch weil sie wissen, dass es große Zusammenhänge gibt, die sie entdecken wollen.
- Als zweites nutze ich Leute (auch mal Drachen, Götteravatare etc), die entweder Gegenspieler sind, oder die an die Gruppe herantreten.
- Ab und an hat die Spielgruppe Luft zu überlegen, was sie als nächstes besichtigen/wen sie als nächstes kennen lernen möchten. Orte, die mit Tabus belegt sind, sind für sie natürlich besonders interessant.
Daraus ergibt sich (gefühlt) ein Verhältnis von 5 (Ereignisse) zu 3 (NSCs) zu 2 (Orte).
2. An Hand welcher Kriterien wählst du spezifische Details aus?Entweder: Was als nächstes gebraucht wird, weil die Gruppe meint, sie müsse dorthin/diesen Punkt untersuchen/diesen NSC befragen. Dabei kann ich meinen Plot, in dem sich vier große und viele weitere kleine antagonistischen Parteien tummeln, fast immer vorantreiben. Oder ich nehme die Zügel in die Hand und biete ihnen ein Abenteuer an, von dem ich sicher bin, dass es den Plot weiter erzählt. Kriterium: Was gerade anliegt.
3. Wie viele unabhängige Abenteuer hast du gleichzeitig laufen?Da wir mittlerweile selten spielen (drei bis vier Mal im Jahr), wäre es zu unübersichtlich, mehrere Abenteuer gleichzeitig laufen zu lassen. Was sich im ersten und zweiten Akt lebendig anfühlt - verschiedene Fäden parallel zu bespielen - gehört für mich eigentlich auch nicht mehr ins Finale: Hier kommen die Fäden zusammen zum großen Endkonflikt.
4a. Wie komplex sind einzelne Abenteuer? Unterschiedlich. Ich denke, dass wir nur etwa zwei bis fünf Spieltage an einem Abenteuer spielen, bevor sich das nächste Abenteuer ergibt.
4b. Wie sind sie unterteilt?Die Gruppe sucht sich eigentlich immer eine Quest, das heißt, wenn nicht ganz klar ist, worauf ihre Untersuchung hinausgeht, dann arbeitet sie während des Spielens hart daran, sich einen klaren Auftrag zu geben. Manchmal erfüllen sie diesen Auftrag, und selten müssen sie erkennen, dass die Welt ganz anders tickte, als sie glaubten, und ihr selbst gewählter Auftrag so gar nicht existierte. In beiden Fällen ist das Abenteuer abgeschlossen, hat aber idR genügend Fragen und Anhaltspunkte für eine weitere Queste geliefert. Natürlich bemühe ich mich, ihnen Kontraste zu liefern: Spielte das letzte Abenteuer im Untergrund einer geheimen Zwergensiedlung, so spielt das nächste auf der "Insel der Drachen", zu der Ungeschuppte eigentlich keinen Zutritt haben, und das übernächste am Hof der Kaiserin, die sich immer mehr als Marionette von dunkelelbischer Weltpolitik entpuppt.
5. Wie kommt man von einem (Unter-)Abenteuer zum anderen?Die Verwobenheit von allem und die ihnen nun enthüllten Ziele der Antagonisten sind der Spielgruppe mittlerweile so deutlich, dass sie aus jedem Abenteuer etwas inhaltliches mitnimmt, mit dem sie selbst bei anderen Parteien Vorteile erlangt: "Hier in den Farnwäldern hat sich der große Gegenspieler der Götter eine Basis errichtet? Das müssen wir der Kaiserin erzählen!" - Drei Spieltage später - "Unter welchen Zaubern steht die Kaiserin? Warum haben die Dunkelelben alle Ratgeber ersetzt? - Was sagen die Hochelben dazu, lass uns zu denen reisen!" usw.
6. Was tust du, wenn Spieler mit einem Abenteuer nicht zu spielen anfangen?Da wir selten spielen, möchten alle vorankommen.
Zwei Abenteuer verweigerten sie aber in den 20 Jahren: Sie wollten partout nicht nach Trollheim; sie wollten die Sklavenhändlerkarawane nicht aufhalten: Runterschlucken; aufs Gute achten, die Ideen zurücklegen. Der Mindesteffekt im Positiven ist, dass sich die Spielgruppe nicht bevormundet fühlt, wenn ich als SL nachgebe. Und vielleicht taucht Trollheim ja später nochmal auf.
7. Was tust du, wenn du spontan neues Abenteuermaterial einbringen musst?Der Satz "Diesen Handlungsort, zu dem Ihr Euch überraschend begeben möchtet, habe ich noch gar nicht vorbereitet." ist quasi ein Sandbox-Qualitätsmerkmal: Er beweist, dass die Welt so lebendig ist, dass die Gruppe überall hinreisen darf, und sie nicht einem dicken roten Faden des Spielleiters folgt. Ich versuche trotzdem, das zu vermeiden, indem ich die Session, in der die Idee zum neuen Handlungsort auftaucht, in die Länge ziehe. Dann kann ich bis zum nächsten Mal diesen Ort vorbereiten.
8. Welche Methoden benutzt du, um deine Abenteuer vorab für dich aufzubereiten? Und 9. Welche Methoden benutzt du, um sie am Spieltisch zu präsentieren?Am meisten Sicherheit gibt mir, einige Tage vorher die NSCharaktere zu durchdenken, ihre Motivationslagen, ihre möglichen Rollen in der Dramaturgie (Enthüllen sie etwas schockierendes? Geben sie sich als Doppelagenten auf der Seite der SCs zu erkennen? Werden sie von einem der BigBads gekillt?). Wenn die Mission der SCs eine Undercovermission ist, dann überlege ich mir, wie ich sie für die Spielgruppe stark mit überraschenden Schauwerten und Herausforderungen interessant machen kann.
Ich versuche, die Spielerin und Spieler auch dann einzubeziehen, wenn ihre Figuren eigentlich nur Zuschauer sein wollen, Beispiel:
Als sie von einer großen Prozession hörten, die in einem alten Amphitheater für den nun immer deutlicher agierenden "Gegner der Götter" (Zardos) abgehalten wurde, wollten sie dabei sein, um mehr von der Motivationslage dieser Bewegung mitzubekommen. Zu ihrer Verunsicherung war Zardos selbst vor Ort, und ihm wurden gefangene Priester vorgeführt: Sie sollten sich von den alten Göttern abwenden, Zardos die Treue schwören oder Opfer zu Ehren von Zardos werden.
Die SCs saßen im Publikum und taten ihr bestes, nicht aufzufallen. Ich bat die Spielerin und Spieler, für diese NSCs zu sprechen, die unten in der Arena ihre Wahl treffen mussten. So waren sie nicht nur Zuschauer sondern dabei, sondern sie konnten aus Zardos noch die eine oder andere Information herausbringen, ihn anpöbeln und Helden spielen, die ihre heldenhaften Entscheidungen mit dem Tode bezahlten. Das ist einfacher, wenn es nicht die eigenen Figuren sind.
Ein wichtiger Effekt war, dass sie Zardos als BigBad direkt erlebten und zu einem guten Teil auch weiter hassen lernten.
Karten denke ich mir selbst aus, oder ich finde bei Reddit wahre kleine Meisterwerke. Die bringe ich zusammen mit den Spielwerten der SCs natürlich auch mit. Bei uns ist alles analog auf Korkplatte mit Stecknadeln.